Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden, Ähnlichkeiten rein zufällig.
Der Inhalt dieses Buches sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Covermodels aus.
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Text: Sissi Kaiserlos
Pixabay und malestockphotos.com by Caro Sodar - Danke!
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Baxter hat einen Anteil an der Gay-Sauna ‚Dampf-Ross‘ erworben. Er ist den Nachtclub-Betrieb leid und überlässt die Geschäftsführung des ‚Sugar Shack‘ inzwischen ganz seinem Kumpel Frank. Nur selten ist er noch als Gast dort. Seit Danny und er sich getrennt haben, hat sich sein Leben total verändert. Er ist ruhiger geworden und unterhält ein lockeres Sexarrangement mit Armand, der den anderen Anteil an der Sauna hält.
~ * ~
Baxter strich die nassen Haare aus seiner Stirn, trat durch den Hintereingang und streifte im Gehen die Lederjacke von den Schultern. In einer halben Stunde öffnete das Dampf-Ross. Vorher wollte er einen Rundgang machen, das Personal begrüßen und nachsehen, ob die neuen Massageliegen endlich angeliefert worden waren. Auf dem Weg zum Büro kam er am Empfang vorbei. Bert, der Herrscher über diesen Bereich, polierte gerade den Tresen und sah auf, als Baxter vor ihm stehenblieb.
„Hi Baxter. Scheißwetter heute.“
„Das ist noch nett ausgedrückt.“ Bindfadenregen bei 18 Grad war wirklich alles andere als sommerlich. „Weißt du, ob die Liegen angekommen sind?“
„Keine Ahnung. Frag Detlev.“
Baxter setzte seinen Weg fort, stieg die Treppe in den ersten Stock hinauf und betrat das Büro, das Armand und er gemeinsam benutzten. Nachdem er seine Jacke im Spind eingeschlossen hatte, machte er sich auf die Suche nach Detlev. Der Sauna-Club residierte auf drei Stockwerken, wobei in der obersten Etage das Restaurant und einige Videokabinen lagen. Zudem gab es einen großzügigen Außenbereich, der teils verglast war. Dort konnten Raucher ihrem Laster frönen und Leute, die Ruhe suchten, zwischen den vielen Kübelpflanzen auf Liegen relaxen.
Die Massageräume befanden sich im gleichen Stockwerk wie das Büro. Rasch fand er Detlev und die beiden neuen Liegen in einem der Räume. „Hi Detlev. Und? Zufrieden mit den Dingern?“
„Sobald ich rausgefunden habe, wie ich die Höhe verstellen kann, ja.“
Schmunzelnd verließ er Detlev, der seine Nase wieder in die mehrseitige Bedienungsanleitung steckte. Nach einem Rundgang durch die zweite Etage begab er sich ins Erdgeschoss. Hinter den Umkleidekabinen begann der Bereich, in dem Straßenschuhe verboten waren, weshalb er am Empfang seine Sneakers gegen Flipflops austauschte. Bert war inzwischen dazu übergegangen, die Spiegel hinter dem Tresen zu putzen. Er behauptete stets, das Reinigungsteam würde die Arbeit nicht gründlich genug machen. Baxter wusste, dass dies nicht stimmte, aber es ergab keinen Sinn mit Bert darüber zu diskutieren. Der Mann gehörte gewissermaßen zum Inventar und leistete gut Arbeit, warum also sollte er sich mit ihm anlegen?
Das Dampf-Ross bestand seit über zwanzig Jahren. Genauso lange war Bert hier beschäftigt. Armand hatte den Laden vor einiger Zeit gekauft und vor einem Jahr war Baxter eingestiegen. Seitdem führten sie den Club gemeinsam, was ihnen beiden mehr Freizeit ermöglichte.
Baxter warf einen Blick in die Umkleidekabinen, ging am Schwimmbad vorbei und begrüßte im Saunabereich Alfred, der hier das Sagen hatte. „Alles klar bei dir?“
„Bis auf die eine Dusche, bei der der Ablauf verstopft ist, soweit ja.“
„Ich sage dem Klempner Bescheid.“ Baxter klopfte dem Mann auf die Schulter und setzte seinen Rundgang fort. Die Rückzugsräume waren blitzsauber, überall standen Gleitgel und Papiertücher bereit. Zufrieden beendete er seine Tour und schlüpfte am Tresen wieder in seine Sneakers. Nun stand der Papierkram an und der Anruf bei dem Handwerker, der die Reparaturen im Club stets diskret und sehr schnell ausführte.
Wie jeden Tag erschien Armand gegen fünf. Sie waren einander auf Anhieb sympathisch gewesen und hatten ab und zu Sex, mehr war da jedoch nicht. Schon allein, weil sie beide auf die aktive Rolle eingeschworen waren, harmonierten sie im Bett nicht besonders.
„Puh! Sauwetter heute, aber wenigstens ist das förderlich fürs Geschäft.“ Armand warf seine Jacke nachlässig auf einen Stuhl und begrüßte ihn mit einem Kuss auf die Wange. „Was sagen die Zahlen?“
„Dass wir verdammte Glückspilze sind.“ Baxter grinste und lehnte sich zurück. „Gestern war der umsatzstärkste Tag des Monats, vorläufig jedenfalls.“
„Wunderbar. Kommst du mit in die Sauna?“ Armand begann seinen Arbeitstag stets mit einem Saunagang und gelegentlich begleitete Baxter ihn dabei. Meist suchten sie hinterher einen der abgeschiedenen Räume auf, um sich gegenseitig Erleichterung zu verschaffen. Manchmal nahm Armand einen anderen Mann mit, was Baxter nicht störte. Sie waren einander keine Rechenschaft schuldig.
„Ja. Kann ein bisschen Entspannung gerade gebrauchen, nach dem Haufen Papier.“ Er stand auf, legte die Hände ins Kreuz und streckte den angespannten Rücken durch.
„Warum lässt du dich nicht massieren?“
„Auch eine Idee. Vielleicht hinterher.“
Armand lachte, steuerte die Tür an und hielt sie für Baxter auf. Sein Geschäftspartner besaß einen Charme, dem kaum ein Mann widerstehen konnte, zudem war er sehr attraktiv. Daher mangelte es ihm auch nie an willigen Sexpartnern.
Rasch tauschte Baxter in einer Umkleidekabine seine Klamotten gegen ein Handtuch aus. Armand wartete schon vor dem Duschen, als er, mit dem Frottee um seine Mitte geschlungen, dort ankam. Es herrschte reger Betrieb. Sie mussten sich eine Brause teilen, da alle anderen besetzt waren. Armand grüßte den einen oder anderen Gast. Baxter kannte auch einige Gesichter, jedoch weitaus weniger als sein Partner, der sich regelmäßig im Spa-Bereich aufhielt.
Hintereinander betraten sie die finnische Sauna. Hitze und eine Dampfwolke schlug ihnen entgegen. Alfred zelebrierte gerade einen Aufguss. Mit feierlicher Miene verteilte er mittels eines Handtuches, das er in alle Richtungen wedelte, den nach Kiefernöl duftenden Wasserdampf im Raum. Baxter ließ sich neben Armand auf eine der Holzpritschen fallen. Außer ihnen befanden sich noch ungefähr fünfzehn Männer in dem zwanzig Quadratmeter großen Raum. Einer von ihnen war Danny.
Baxters Herz setzte einen Schlag aus. Zwei Jahre hatten sie sich nicht gesehen, nun wirkte der Anblick wie ein Schock auf ihn. Danny starrte zu ihm rüber, deutliche Überraschung spiegelte sich auf seiner Miene. Also war dieses Wiedersehen ein Zufall und er schien keine Ahnung zu haben, dass Baxter Teilhaber des Clubs war.
„Kennst du den süßen Blonden?“, flüsterte Armand in sein Ohr.
„Allerdings. Das ist mein Ex.“
„Also ist er jetzt frei?“
„Finger weg!“, zischte Baxter leise.
„Schade.“ Armand gluckste.
Unter gesenkten Wimpern hervor beobachtete er Danny und den Typ, der neben ihm saß. Die beiden tuschelten miteinander und wirkten vertraut. Der Braunhaarige guckte zu ihm rüber und musterte ihn von Kopf bis Fuß. Baxter zog automatisch das Handtuch enger um seine Mitte. „Hast du den Blonden hier schon mal gesehen?“, wandte er sich flüsternd an Armand.
„Ein paar Mal.“
„Zusammen mit dem, der neben ihm sitzt?“
Armand nickte.
„Scheiße. Ich muss hier raus.“ Baxter stand auf, verließ den heißen Raum und begab sich zum Abkühlbecken. Ihm war etwas schwindelig. Normalerweise vertrug er Hitze ganz gut, aber zusammen mit dem aufwühlenden Wiedersehen war es diesmal zu viel des Guten. Nachdem er sein Handtuch an einen Haken gehängt hatte, sprang er ins kalte Wasser, hielt geschockt die Luft an und kletterte gleich wieder aus dem Becken. Sein Herzschlag raste.
Vorsichtig schlurfte er zu einer Liege, von der aus er den Saunaausgang im Auge behalten konnte. Alfred kam gerade vorbei, als er es sich bequem machte und sah ihn besorgt an. „Soll ich dir was zu trinken besorgen? Du bist ganz schön blass.“
„Danke. Das wäre schön.“ Baxter drapierte das Handtuch über seiner Mitte.
Wenig später hielt er einen Energiedrink in der Hand und nippte daran. Sein Puls normalisierte sich allmählich. Während er die Holztür anstarrte, wanderten seine Gedanken zurück zu dem Tag, an dem Danny ausgezogen war.
Damals war ihr Lebensrhythmus grundverschieden gewesen. Nach dem Studium hatte Danny eine Stelle als Controller angenommen und musste morgens früh aufstehen. Baxter, der regelmäßig bis zum Feierabend im Sugar Shack ausharrte, kam dann nach Hause, wenn Dannys Wecker klingelte. Nur am Wochenende hatten sie Zeit für einander. Das sorgte immer öfter für Streit. Danny verstand nicht, wieso Baxter ständig im Club hängen musste. Im Grund hatte er recht, denn der Laden lief auch ohne ihn. Baxter sah es jedoch als seine Pflicht an präsent zu sein.
Dann kam der Morgen, an dem er um halb sechs zu Hause eintraf und Danny auf gepackten Koffern vorfand. Baxter hatte getrunken und reagierte dementsprechend emotional. Er bettelte, fluchte und versuchte schlussendlich Danny zu verführen. Der wehrte sich heftig. Es fielen böse Worte und als Danny damit rauskam, dass er fremdgegangen war, fing Baxter an zu brüllen. Seitdem herrschte Funkstille. Er wusste nicht einmal, wo Danny wohnte.
Die Tür der Sauna schwang auf. Armand kam heraus, sah sich um und entdeckte ihn. Das Handtuch lässig über die Schulter geworfen, schlenderte er näher. „So, wie du aussiehst, hat es wohl keinen Sinn dich nach ein bisschen Sex zu fragen.“
„Richtig geraten.“ Baxter leerte sein Glas und stellte es neben der Liege auf den Boden. „Ich geh lieber nach Hause. Hab Kreislauf.“
„Nimm dir ein Taxi.“ Armand lächelte ihm zu und ging davon.
Wieder wurde die Tür geöffnet. Diesmal verließen gleich mehrere Gäste die Sauna, unter ihnen auch Danny und sein Begleiter. Ohne ihn eines Blickes zu würdigen, ging er an Baxter vorbei. Das tat weh. Unwillkürlich legte er eine Hand auf seinen Brustkorb, dorthin, wo sein Herz schmerzte. Plötzlich kam Leben in ihn. Er stand auf, lief Danny hinterher und wickelte sich dabei das Handtuch um die Hüften. Im Duschraum holte Baxter seinen Ex ein, packte ihn am Arm und riss ihn herum.
„Hey! Du kannst wenigstens Hallo sagen.“
„Hallo Baxter“, sagte Danny tonlos.
„Können wir irgendwohin gehen und reden?“
„Hi, ich bin Steven“, mischte sich der Braunhaarige ein.
„Ist das dein aktueller Lover?“ Baxter maß den Kerl mit einem verächtlichen Blick.
Danny sah zwischen diesem Steven und ihm hin und her. „Ja“, flüsterte er schließlich.
Zögernd ließ er Dannys Arm los, wich einen Schritt zurück und prallte gegen einen nassen Körper.
„Hey. Pass doch auf“, schimpfte der Typ in seinem Rücken.
„Hab hinten keine Augen.“ Baxter ließ den Mann vorbei, ohne den Blick von Danny zu lassen. Er war noch hübscher geworden, gereifter und männlicher. „Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen“, stieß er hervor, drehte sich um und stampfte in Richtung Umkleidekabinen.
Was für ein Abgang! Baxter beglückwünschte sich selbst für seine coole Haltung. Ihm war kreuzelend zumute, während er in seine Klamotten stieg und bei Bert das Handtuch abgab. Langsam stieg er die Treppe hoch, holte seine Jacke aus dem Büro und verließ den Club. Es regnete immer noch, oder schon wieder. Die Schultern hochgezogen, seine Hände in die Hosentaschen gestopft, ging er die Straße entlang. Automatisch steuerte er die Bahnstation an, stoppte plötzlich und guckte einen Moment ins Leere. Vielleicht kam Danny nie wieder ins Dampf-Ross und er verpasste gerade die Chance seines Lebens. Er drehte um, lief zurück und bezog am Empfang Aufstellung. Bert sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an.
„Kann ich was für dich tun, Boss?“
„Gib mir bitte eine Cola.“
Die eigentliche Bar lag im zweiten Stock. Bert bevorratete nur eine kleine Auswahl an Getränken, die sich in einem Kühlgerät neben dem Empfangstresen befanden. Gleich darauf stand das Gewünschte vor Baxter auf der Theke.
„Danke.“ Er setzte die Flasche an die Lippen, trank einen Schluck und beobachte dabei das Treiben vor den Umkleidekabinen. Vor hier aus hatte er einen guten Blick in den Flur, der zu den Duschen führte.
Neue Gäste kamen herein. Baxter räumte seinen Platz, lehnte sich gegen die Wand gegenüber dem Tresen und nahm eine lässige Pose ein. Wenn er Pech hatte, war Danny schon längst über alle Berge oder in einem der Räume, zusammen mit diesem Steven. Der Gedanke sorgte für neue Herzstiche. Er nippte an der Cola, beobachtete das Kommen und Gehen und sah immer wieder auf die Uhr, die über Berts Kopf hing. Endlich tauchte im Gang eine bekannte Gestalt auf und – Oh Wunder! – ohne Steven im Schlepptau. Langsam, den Blick gesenkt, kam Danny näher, gab im Vorbeigehen seinen Spindschlüssel bei Bert ab und blieb vor ihm stehen.
„Ich denke nicht, dass es noch etwas zu besprechen gibt“, sagte er leise, wobei er endlich aufschaute.
Baxter sah noch attraktiver aus, als Danny ihn in Erinnerung hatte. Die tiefen Falten um seine Mundwinkel, die damals noch nicht dagewesen waren, taten dem keinen Abbruch.
„Meinst du nicht, dass wir mal über die Sache reden sollten? Schließlich ist viel Zeit vergangen und vielleicht sieht aus heutiger Sicht einiges anders aus.“
„Was sollte anders aussehen? Du hast damals das Sugar Shack meiner Gesellschaft vorgezogen. Punkt.“
„Und du bist …“ Baxter sah über seine Schulter. „Können wir irgendwo einen Kaffee trinken gehen? Hier haben die Wände Ohren.“
Danny begriff, dass er den alten Mann am Tresen damit meinte. Er zuckte die Achseln. „Meinetwegen.“
„Ich kenn ein nettes Café in der Nähe.“ Baxter umrundete ihn, reichte dem Kerl, den ein Schild am Jackenrevers als ‚Bert‘ auswies, die leere Flasche und kehrte zurück. „Oder hast du einen anderen Vorschlag?“
Stumm schüttelte Danny den Kopf und folgte Baxter zum Ausgang. Trotz der Jahre fühlte es sich unheimlich vertraut an, die sexy Kehrseite zu betrachten. Er hatte seine große Liebe nie vergessen können. Hoffnungen auf ein Wiederaufleben ihrer Beziehung machte er sich allerdings nicht. Sie hatten es einmal gegen die Wand gefahren und würden es wieder tun. Was das anging war Danny Realist.
Der Regen legte gerade eine kurze Pause ein, als sie aus dem Club traten. Zum Schutz gegen den kühlen Wind schlug Danny den Kragen seiner Lederjacke hoch. Baxter tat das Gleiche und steckte die Hände in seine Jackentaschen. Schweigend gingen sie nebeneinander her. Um mit Baxters langen Schritten mithalten zu können, musste sich Danny ganz schön anstrengen. Sie kamen an einem türkischen Gemüseladen vorbei, einer Spielothek, einem Friseur und diversen leerstehenden Geschäften. Danny kannte sich in dieser Gegend nicht besonders aus. Ins Dampf-Ross ging er erst seit wenigen Monaten, auf Stevens Betreiben hin. Sein Arbeitskollege wollte unbedingt dorthin, aber nicht allein. Irgendwann hatte Danny nachgegeben und gleich gefallen an dem schönen Ambiente gefunden. Im Gegensatz zu Steven, der einem Fick nie abgeneigt war, mied er jedoch jegliche sexuellen Kontakte. Seit ihrer Trennung lebte er nicht im Zölibat, suchte sich seine Sexpartner aber lieber sehr genau aus. Um es präzise zu sagen: Sie mussten wenigstens entfernt Baxter ähneln.
„Hier ist es.“ Baxter wurde langsamer und wies auf eine Leuchtreklame. Café Ole stand auf dem Schild, neben einer stilisierten Kaffeetasse.
Im Inneren des Cafés schien die Zeit stehengeblieben zu sein. Plüschsessel, Tische mit schneeweißen Decken. Dicke Samtvorhänge hingen vor den Fenstern und von der Decke baumelten Kronleuchter. Baxter ließ sich an einem Tisch in einer Nische nieder und streifte umständlich die Lederjacke ab, um sie auf einen freien Sessel zu werfen. Danny zog seine Jacke aus, bevor er gegenüber Platz nahm.
„Bist du oft hier?“
„Immer, wenn mir nach einer Sünde ist.“ Baxter wies mit dem Kinn zum Tresen, unter dessen Glashaube sich eine reichhaltige Auswahl an Torten befand. „Der Kuchen ist einfach zum Dahinschmelzen.“
Im Moment hätte Danny keinen Bissen herunterbekommen, obwohl die Sachen lecker aussahen. Baxter leibhaftig vor sich zu haben war überwältigend. Er konnte sich noch genau an den Geschmack der Lippen, die gerade zu einem leichten Lächeln gekräuselt waren, erinnern. Auch den Duft erinnerte er noch und das Gefühl, sie auf seinem Mund zu spüren. Sehnsucht krampfte seinen Magen zusammen.
„Willst du auch einen Espresso? Oder lieber was anderes?“
„Latte Macchiato, bitte.“
Baxter wandte sich an den Kellner, der wie aus dem Nichts vor ihrem Tisch aufgetaucht war. „Einmal Espresso, einen Latte und zwei Brandy.“
„Für mich nicht.“
Eine Augenbraue spöttisch hochgezogen, sah Baxter ihn an. „Möchtest du lieber Apfelsaft?“
Verärgert presste Danny die Lippen zusammen und funkelte sein Gegenüber an.
„Es bleibt also dabei“, sagte Baxter zu dem Ober, der mit einem angedeuteten Diner verschwand. „Wo hast du eigentlich deinen Steven gelassen?“
„Der wollte noch bleiben.“
„Ach? Führt ihr eine offene Beziehung?“
„So in etwa.“ Danny konnte nicht verhindern, dass Blut in seine Wangen schoss. Er hasste Lügen.
„Ihr seid gar nicht zusammen“, schlussfolgerte Baxter, den Blick forschend auf sein Gesicht gerichtet.
„Okay, das war eine Notlüge.“
„Um mir wehzutun?“
„Nein. Eher, um dich auf Abstand zu halten.“ Danny seufzte und ließ sich gegen die Rückenlehne fallen. „Steven ist ein Arbeitskollege.“
Der Kellner brachte die Getränke. Nachdem er sich wieder zurückgezogen hatte, schwiegen sie eine Weile. Danny richtete sich auf, griff nach seinem Löffel und rührte in dem Latte herum. Es war ein Fehler gewesen Baxters Vorschlag zu folgen. Er sollte austrinken und gehen oder besser gleich abhauen.
„Es tut mir leid, dass ich damals so wenig Zeit mit dir verbracht habe. Im Nachhinein bleibt von den zwei Jahren unserer Beziehung nicht mal eines über, wenn ich bedenke, an wie vielen Tagen wir uns nicht, oder nur ganz kurz gesehen haben.“
„Andere Leute führen eine Fernbeziehung und bleiben trotzdem zusammen“, wandte Danny ein.
„Du hattest recht: Ich musste nicht im Sugar Shack stehen und den Leuten beim Arbeiten zugucken. Sicher, manchmal wurde ich gebraucht, wenn Personal ausgefallen war. Doch das bildete eher die Ausnahme.“
Was sollte diese späte Einsicht? Danny musterte Baxters Gesicht. Ein Fehler, da ihn die grünen Augen gefangen nahmen. Wie oft hatte er in sie hineingesehen, wenn Baxter zum Höhepunkt kam? Nicht oft genug, stellte er gerade fest und fühlte, wie seine Libido erwachte. Mit Baxter zu schlafen war immer Besonders gewesen. Der sexy Kerl verstand es, auf seinem Körper wie auf einem gutgestimmten Instrument zu spielen. Danny senkte den Blick und zwang seine Erregung nieder.
„Bist du damals wirklich fremdgegangen, oder wolltest du mich nur verletzen?“
„Ich war so allein und der Kerl sah dir ein bisschen ähnlich. Es ist wirklich passiert.“
„Wo?“
„Im Lila Leguan. Da bin ich oft hingegangen, um ein paar Leute zu treffen.“
„Das wusste ich nicht“, murmelte Baxter. „Was bin ich doch für ein blinder Trottel. Weiß nicht mal, wo sich mein Partner rumtreibt.“
„Du hast nie gefragt.“
„Wie haben eh zu wenig geredet.“
„Wenn man das ganze Wochenende nur vögelt, kein Wunder.“ Danny lachte freudlos. Sie hatten wirklich die meiste Zeit im Bett verbracht, um den verpassten Sex der Wochentage aufzuholen.
„Der Sex mit dir war immer besonders schön.“ Baxter lächelte versonnen, die Augen auf seinen Espresso gerichtet. „Auf die alten Zeiten.“ Er griff nach dem Brandy und hielt ihn hoch. „Darauf, dass die neuen besser werden.“
Danny sparte sich eine Erwiderung. Er war nun froh, dass Baxter zwei spanische Brandys bestellt hatte und kippte seinen in einem Zug runter. Das Zeug brannte in der Kehle, half aber ein bisschen seine Beklemmung zu bekämpfen. So, wie sich Baxter verhielt, war er offenbar an einem Aufleben ihrer Beziehung interessiert. Danny wusste, wie hartnäckig der Kerl sein konnte. Irgendwie musste er Baxter davon überzeugen, dass es keinen Sinn hatte.
„Wie läuft das Sugar Shack?“
„Gut. Inzwischen führt Frank den Laden allein. Ich arbeite nur noch ein paar Stunden täglich im Dampf-Ross.“
„So, so.“ Ein paar Stunden? Seit wann kam ein Baxter Herranda ohne Arbeit aus?
„Ich bin Anteilseigner. Armand und ich teilen uns den Laden.“
„Und das Bett?“ Danny merkte, dass er bitter klang und zwang sich zu einem Lächeln. „Tschuldige. Geht mich nichts an.“
„Klar geht dich das was an, jetzt, wo wir wieder zusammenkommen. Er und …“ „Stopp!“ Danny sprang auf. „Wir kommen nicht zusammen!“
„Nicht?“ Baxter, dessen Augen eben noch lebhaft gefunkelt hatten, sackte in sich zusammen.
„Nein. Himmel Herrgott! Die Sache zwischen uns ist aus.“ Langsam ließ er sich zurück in den Sessel sacken.
„Aber …“ Zitterten Baxters Lippen? „Aber ich liebe dich noch.“
Das zog Danny den Boden unter den Füßen weg. Sprachlos starrte er sein Gegenüber an und schüttelte den Kopf. „Das ist Einbildung.“
„Ist es nicht. Ich vermiss dich jeden Tag.“
„Klar. Das hab ich gemerkt.“
„Empfindest du denn gar nichts mehr für mich?“
Das war gemein. Wenn Danny jetzt etwas sagte, würde er rot anlaufen, daher hielt er den Mund. Anfangs hatte die Trennung ihm schwer zugesetzt und er war mehr als einmal versucht gewesen, zu Baxter zu gehen und um Verzeihung zu bitten. Nur die Erinnerung an all die einsamen Tage hielt ihn davon ab. Irgendwann wurde es leichter und der Kummer erträglich. Im Grunde war er ohne Baxter besser dran, redete er sich ein, bis er es selbst glaubte.
„Das werte ich mal als ‚nein‘“, flüsterte Baxter. In seiner Wange zuckte ein Muskel und seine Augen hatten jegliche Leuchtkraft verloren.
Belastendes Schweigen legte sich über sie, wie ein Leichentuch. Danny nippte an seinem Latte, den Blick beharrlich aufs Tischtuch gerichtet. Nur um etwas zu sagen, fragte er leise: „Hast du noch die Wohnung auf St. Pauli?“
„Nein. Die hab ich verkauft.“
„Schade. Ich mochte sie sehr.“ Und viele Erinnerungen, die mit ihr zusammenhingen. Wie zum Beispiel der Tuntenball, für den John und er dort Engelskostüme genäht hatten. Apropos. „Weißt du, wie’s John und Jules geht?“
„Die sind arschglücklich.“
„Das freut mich.“
Baxter kniff die Lippen zusammen, griff nach seiner Jacke und holte eine Börse hervor. Er warf einen Schein auf den Tisch und stand auf. Mit grimmiger Miene guckte er auf Danny herunter. „Mach’s gut. Ich brauch frische Luft.“
Mit langen Schritten verließ er das Café. Durch das Fenster konnte Danny sehen, dass Baxter einen Moment dastand und sich übers Gesicht wischte. Sein Herz sank und mit einem Mal kam ihm alles falsch vor. Baxter liebte ihn noch. Vielleicht hatten sie doch eine
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Sissi Kaiserlos
Bildmaterialien: Pixabay und malestockphotos.com by Caro Sodar - Danke!
Tag der Veröffentlichung: 03.07.2015
ISBN: 978-3-7396-0518-0
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