Käufliche Liebe 11
Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden, Ähnlichkeiten rein zufällig.
Der Inhalt dieses Buches sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Covermodels aus.
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Text: Sissi Kaiserlos
Foto von shutterstock – Design Lars Rogmann
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Seit Johannes in Therapie ist, hat er an Selbstbewusstsein gewonnen. Immer öfter behauptet er sich gegen seine Mutter und flüchtet dann, wenn er nicht in den Goldenen Hirsch geht, in Hendriks WG. Dort ist immer was los und vor allem hat Boris es ihm angetan, ein Hengst mit russischen Wurzeln. Der Mann imponiert ihm und er verliebt sich. Damit er nicht dumm dasteht, nimmt er Nachhilfe bei einem Callboy, der ihn in die Raffinessen körperlicher Liebe einführen soll. Für irgendetwas muss sein Sparbuch ja gut sein.
~ * ~
„Hast du die Wäsche aufgehängt?“ Zusammen mit der Stimme seiner Mutter drang eine Rauchwolke in den Flur, als sie die Tür zum Flur öffnete.
„Hab ich.“ Johannes, der vor der Garderobe stand, seufzte innerlich. Als wenn er je etwas vergaß. „Ich muss jetzt los.“
„Immer lässt du deine alte Mutter allein.“
„Ich war gestern zu Hause.“ Und hab in meinem Zimmer in die Glotze geguckt, weil das Wohnzimmer stinkt wie ein Rauchersalon, setzte er stumm hinterher. Doch selbst wenn es nicht so wäre, würde er trotzdem nicht dort verweilen, da ihr Geschmack, was das Programm anbetraf, grundverschieden war.
„Ich könnte hier tot umfallen und keiner merkt es.“
„Mama! Bitte!“
„Um zwölf bist du wieder hier.“ Sie knallte die Tür zu.
Im trüben Licht der Deckenleuchte konnte Johannes die Wolke erkennen, die sich langsam auflöste. Es war ein Wunder, dass seine Mutter nicht in dem Mief erstickte. Sie lüftete nur selten, da sie schnell fror. Er griff nach seiner Jacke, schlüpfte in die Ärmel und schnappte sich den Haustürschlüssel. Während er die Treppe hinunterlief, kam Vorfreude auf. Heute fand in Hendriks WG eine kleine Feier statt, was bedeutete, dass er Boris sehen würde. Jedenfalls ging er davon aus. Hendrik hatte gesagt, dass alle WG-Bewohner daran teilnehmen würden und einige Gäste geladen waren.
Vor einigen Monaten wäre es undenkbar gewesen, seine Mutter einfach so für einige Stunden abends allein zu lassen. Nur heimlich traute sich Johannes nachts mal davonzuschleichen. Bei einer dieser Gelegenheiten hatte er Zander im Goldenen Hirsch getroffen. Sie waren, nach einem Besuch des Darkrooms, ins Gespräch gekommen, wobei rauskam, dass Zander Therapeut war. Nach einigen Wochen des Zögerns hatte Johannes einen Termin bei dem Doktor vereinbart. Inzwischen fruchtete die Therapie und er fühlte sich weniger mies, wenn er seiner Mutter Paroli bot. Himmel Herrgott! Er war einunddreißig und besaß das Recht auf ein bisschen eigenes Leben.
Johannes stieß die Haustür auf und trat in die warme Mailuft hinaus. Allerlei Gerüche strömten auf ihn ein, angefangen bei der Zigarette, die ein vorbeigehender Mann rauchte. Als der verhasste Gestank verflogen war, kam der Duft der explodierenden Natur wieder durch. Er liebte das frische Grün, das überall die vormals kahlen Hecken und Zweige überzog. Mit langen Schritten ging er in Richtung Bahnhof und zog dabei sein Smartphone hervor, um die Uhrzeit zu checken. Dabei entdeckte er die SMS, die seine Mutter eine Sekunde zuvor abgeschickt haben musste.
„Vergiss meine Zigaretten nicht. IL-DM.“ Agathe Winterberg mochte in mancherlei Hinsicht rückständig sein, aber was Technik anging, war sie stets auf dem neuesten Stand. Auch was fantasievolle Kürzel anbetraf. IL-DM hieß übersetzt: In Liebe – Deine Mutter. Johannes schüttelte den Kopf und kniff verärgert die Lippen zusammen. Er hatte ihr doch erst kürzlich eine ganze Stange der geliebten Zippen besorgt. Ach, Scheiß drauf. Hauptsache, sie machte ihm nicht mehr die Hölle heiß, wenn er mal unterwegs war.
Er erreichte den Bahnhof, wetzte die Stufen zu den Gleisen hinauf und kam in dem Moment dort an, als der Zug einfuhr. Um diese Zeit, kurz vor neun, war noch ziemlich viel los. Johannes nahm zwischen einer schwangeren Schwarzen und einem biederen Rentnerehepaar Platz. Während ihn von links etwas abgestandener Geruch alter Pomade oder ähnlichem und von rechts starker Knoblauchduft einhüllte, wanderten seine Gedanken wieder zu Dr. Zander Kunststein. Der Therapeut hatte ihn nach und nach mit der Nase darauf gestoßen, dass es weniger seine Mutter, denn sein schlechtes Gewissen war, das ihn davon abhielt, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Im Prinzip war Agathe zwar nervig und herrisch, doch hatte sie ihm nie mit Rauswurf oder anderweitig gedroht. Er war es selbst, der sich ein Gefängnis schuf, aus dem er nun nach und nach etwas Freigang nahm, um irgendwann den letzten Schritt zu tun.
Auf dringendes Anraten von Zander hatte Johannes inzwischen aufgehört, sich wahllos im Goldenen Hirsch vögeln zu lassen. Er ging zwar noch hin, aber eigentlich nur, um Hendrik zu treffen und wenn es zu einem sexuellen Kontakt kam, dann erst nach reiflicher Überlegung. Das hatte dazu geführt, dass diese Art der Begegnung zu einer Seltenheit geriet. Lieber lehnte Johannes beim geringsten Zweifel ab, als sich hinterher über schlechten Sex zu ärgern. Zander nannte das eine weitere Stufe zu seiner Selbstbefreiung.
Mittlerweile sorgte der Pomadenduft – oder war es ungewaschener alter Mann? – für leichte Übelkeit. Johannes stand auf, da es eh nur noch zwei Haltestellen bis zum Hauptbahnhof, wo er umsteigen musste, waren. Mittlerweile ging er nur noch alle vierzehn Tage zu Zander, da der meinte, dass das genügen würde. Sie hatten wirklich viel erreicht, woran auch die Freundschaft mit Hendrik, einem ehemaligen Patienten von Zander, schuld war. Trotz des Altersunterschieds verstanden sie sich prächtig und das auf rein platonischer Ebene. Hendrik war der Freund, den Johannes immer vermisst hatte, mit dem man durch dick und dünn ging und dem man alles erzählen konnte.
Was Hendrik allerdings nicht wusste: Johannes stand auf Boris. Der Mann wohnte seit einigen Wochen in der WG, angeblich, weil er gerade klamm war. Es musste ganz schön bitter sein, mit Mitte dreißig zu dieser Lebensform zurückzukehren. Johannes fand es zwar toll, dass in der Wohngemeinschaft ständig was los war, konnte sich selbst diese Art des Wohnens aber nicht vorstellen. Bad und Küche waren meist ziemlich dreckig. Zudem bevorzugte er ein eigenes Klo. Manchmal hatte er harten Stuhlgang und verbrachte in solchen Fällen gut und gern mal eine Stunde auf der Klobrille, wobei er gern Zeitschriften studierte. Das war der Vorteil in der Wohnung seiner Mutter: Eine separate Toilette. Nun gut, ein eigenes Heim brächte dies auch mit sich, schon deshalb, weil er es mit niemandem teilen müsste. Irgendwann würde Johannes diesen Schritt wagen.
Der Zug hielt. Er stieg aus und wechselte in die Regionalbahn. Erst als er sich schon hingesetzt hatte, fiel ihm der Wunsch seiner Mutter ein. Ach, die Zigaretten konnte er später noch besorgen. Am Hauptbahnhof gab es viele Geschäfte, die rund um die Uhr geöffnet hatten. Er lehnte sich zurück und seine Gedanken wanderten zu Boris.
Der Kerl war ein echter Schrank mit Muskeln, die zum Niederknien geil waren. Neulich hielt Johannes sich in der WG auf und hockte in der Küche, als Boris, nur mit einem Handtuch bekleidet, vom Bad zu seinem Zimmer ging. Das war der Moment, in dem seine Hormone aufjubelten und sein Herz mit dem Finger auf den Mann wies: Den oder keinen! Hendrik, Raimund und er spielten gerade Skat und er verlor natürlich, weil er in Gedanken in Boris‘ Zimmer weilte und zusah, wie das Stück Frottee fiel.
Noch nie hatte sich Johannes derart von einem Mann angezogen gefühlt. Boris mochte eine unterkühlte Art haben, aber in seiner Fantasie wartete der Kerl nur darauf, seine weiche Seite zu zeigen. In seinem Kopfkino gestand der Muskelprotz unter Tränen, dass er nur auf den Einen, auf Johannes, gewartet hatte, damit dieser ihn von seiner Einsamkeit erlöste. Dieses Bild hatte sich inzwischen so fest verankert, dass er sicher war, unter der rauen Schale einen weichen Kern zu finden. Johannes freute sich so auf diesen Abend. Vielleicht kam er Boris ein bisschen näher und … Ein freudiges Prickeln lief über seine Haut. Verklärt starrte er aus dem Fenster und seufzte leise.
Die Bahn wurde langsamer. Er stand auf, ging vorsichtig durch die Sitzreihen und blieb hinter der kurzen Schlange vorm Ausstieg stehen. Vom Bahnhof aus waren es nur noch fünf Minuten zu Fuß bis zur WG. Inzwischen war Johannes so aufgeregt, dass er sich lebendiger fühlte, als je in seinem Leben.
Die Sonne hatte sich im Laufe der Fahrt hinter den Häuserfronten verkrochen und eine leichte Brise vertrieb die Wärme. Er schlug den Kragen seiner Lederjacke hoch und stopfte die Hände in die Taschen, während er den Bahnhof verließ. Echt Mist, dass die Party erst so spät begann. Ihm war klar, dass er besser bis Mitternacht wieder heimkam, sonst würde seine Mutter alle paar Minuten eine SMS schicken. Trotz seines neuen Selbstvertrauens war er nicht in der Lage, das einfach zu ignorieren. Idiotisch, aber er konnte nicht von heute auf morgen aus seiner Haut.
Die WG hauste in einem fünfstöckigen Wohnblock. Auf Johannes‘ Läuten hin passierte erstmal gar nichts. Erst nach mehrmaligem Klingeln ertönte der Türöffner. Er stieg die Treppe ins Hochparterre hinauf, wo Raimund, einer der anderen Bewohner, in der Tür stand und ihn freudig begrüßte. „Hey, Alter. Schön, dass du kommst.“
Anscheinend lief die Feier schon, denn Raimunds Stimme klang etwas betrunken. Laute Musik schallte ins Treppenhaus. „Bin ich der letzte?“
„Keine Ahnung. Musst du Hendrik fragen.“ Raimund ließ ihn eintreten und warf die Tür ins Schloss.
Johannes streifte seine Jacke ab, legte sie nach kurzem Zögern auf den Haufen vor der Garderobe und machte sich auf die Suche nach Hendrik. Den Mittelpunkt der WG bildete die geräumige Wohnküche, wo er fündig wurde. Hendrik empfing ihn mit einer überschwänglichen Umarmung. „Mein Lieblingsjohannes.“ Auch seine Zunge hörte sich so schwer wie Raimunds an.
„Feiert ihr schon länger?“ Johannes wuschelte seinem Freund durchs Haar.
„Mhm. Boris meinte, wir sollten uns schon mal warm trinken.“ Hendrik ließ von ihm ab und zeigte auf ein Bowlengefäß, das, neben etlichen anderen Schüsseln und Tellern mit Salaten und belegten Broten, auf der Arbeitsfläche stand. „Geiles Zeug.“
„Ich glaube, ich halte mich lieber an Bier.“ Johannes trank selten und wenn, dann kein hartes Zeug.
„Dann musst du ins Bad. Da lagert das Bier in der Wanne.“
Leider war das Klo besetzt. Johannes lehnte sich im Flur an die Wand und musterte die Leute, die zwischen Küche und Hendriks Zimmer, von dem der Balkon abging, hin und her liefen. Einige kannte er vom Sehen, die meisten waren jedoch Fremde für ihn. Früher, bevor er sich in den Goldenen Hirsch traute, hätte ihn das verunsichert, doch inzwischen konnte er damit umgehen. Ein bisschen verstimmt war Johannes schon, dass Hendrik ihn erst für halb zehn eingeladen hatte. Da er im Nachhinein jedoch nicht sicher war, vielleicht einfach nicht genau zugehört zu haben, würde er seinem Freund keinen Vorwurf machen. Endlich ging die Badezimmertür auf und ein Pärchen kam heraus. Die Frau kicherte albern, beide hatten erhitzte Gesichter.
Im Bad stank es nach Sex. Johannes rümpfte die Nase, schnappte sich eine Flasche und verließ fluchtartig den kleinen Raum. Er ließ den Verschluss aufploppen, trank einen Schluck und schlenderte langsam in Richtung Balkon. Wie schon vermutet, tummelten sich dort die Raucher, unter ihnen auch Boris. Er blieb vor der Balkontür stehen und beobachtete seinen Schwarm, der cool an einer Fluppe zog und sich mit einer Blondine unterhielt. Jemand stieß ihn von hinten an. „Hey, Jo. Du stehst im Weg.“ Er erkannte Torstens Stimme, der vierte im Bunde der WG-Bewohner.
„Sorry.“ Er räumte seinen Platz, wanderte in die Küche und beäugte das Buffet. Hunger hatte er keinen und angesichts der teils arg zermatschten Salate kam kein Appetit auf.
„Was macht deine Alte?“ Hendrik hängte sich an seinen Arm.
„Hör bloß auf. Ich muss um zwölf zu Hause sein.“
„Ts. Zieh bloß irgendwann aus. Kannst ja hier unterkommen, wenn Boris was Neues hat.“
„Sucht er?“ Panik keimte auf.
Hendrik zuckte die Achseln. „Keine Ahnung. Der kriegt ja selten die Zähne auseinander, außer …“ Er hob sein Glas und wedelte vielsagend damit herum.
„Ehrlich gesagt werde ich mir wohl lieber was Eigenes suchen.“
„Wir beide könnten doch eine WG aufmachen.“ Begeistert von seiner Idee fing Hendrik an, ihr Zusammenleben in den schönsten Farben auszumalen, während Johannes‘ Blick zum Flur irrte. Gerade noch konnte er sehen, wie sich die Tür zu Boris‘ Zimmer schloss.
„Sag mal …“, unterbrach er seinen Freund. „Ist Boris bi?“
„Der bumst doch alles, was ein Loch hat.“ Hendrik lachte und trank einen Schluck Bowle. „Was da manchmal an Geräuschen aus seinem Zimmer dringt, könnte man meinen, der fickt auch Schafe und Stuten.“
Johannes setzte die Flasche an und leerte sie in einem Zug. Er war plötzlich wahnsinnig durstig. In seinem Kopf entstanden Bilder, die ihm gar nicht gefielen. Boris, wie er die Blonde von hinten nahm. Er befreite sich aus Hendriks Klammergriff. „Brauche Nachschub.“
„Am besten besorgst du dir gleich ein paar Flaschen. Das Klo ist ständig besetzt. Wirklich eine blöde Idee, ausgerechnet dort das Bier zu lagern.“
Erneut bezog Johannes Aufstellung neben dem Bad, wobei er Boris‘ Zimmertür im Blick behielt. Der Abend hatte seinen Glanz verloren. Die Hände in die Hosentaschen versenkt überlegte er, ob er die Party besser verließ. Im Grunde war er nur wegen Boris hier. Na ja, und wegen Hendrik und weil er nicht wusste, wo er sonst hinsollte. Die Badezimmertür ging auf und ein Mann kam heraus. Da sich hinter ihm bereits eine kleine Schlange gebildet hatte, beeilte sich Johannes und nahm – Hendriks Rat folgend – gleich zwei Flaschen aus der Wanne.
Zurück in der Küche, deponierte er eine davon auf der Fensterbank. Vielleicht sollte er dazu übergehen Bowle zu trinken, damit er den Mut aufbrachte Boris anzusprechen, wenn der mit der Blondine fertig war. So schnell würde er nicht aufgeben und im Prinzip sprach Boris‘ Verhalten sogar dafür, dass seine Vermutung stimmte. Wenn der Mann so verzweifelt war, wahllos herumzuvögeln, musste er innerlich einsam sein, so Johannes‘ These.
Er suchte sich einen Platz, von dem aus er Boris‘ Zimmertür sehen konnte. Hendrik knutschte unterdessen heftig mit einem groß gewachsenen Kerl. Johannes mochte gar nicht hinsehen, da ihn bei diesem Anblick heftiger Neid überfiel. Er wollte auch endlich richtig küssen. Bislang beschränkten sich seine Erfahrungen auf ein paar nichtssagende Küsse, die er bekommen hatte, bevor er sich bücken durfte. Ach ja, da war noch die Knutscherei mit der Nachbarstochter. Damals war er vierzehn und es hatte ihm nicht gefallen. Seitdem ließ er die Finger von Frauen, allerdings auch von Männern. Erst vor ungefähr zwei Jahren hatte er sich getraut, war nachts heimlich aus der Wohnung geschlichen und in den Goldenen Hirsch gegangen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit wurde die Tür zu Boris‘ Zimmer einen Spalt geöffnet. Erst schlüpfte die Blonde heraus, dann folgte Boris. Beide waren zerzaust und es war ihnen deutlich anzusehen, was sie getrieben hatten. Während Boris in Richtung Balkon verschwand, stellte sich die Blondine vor der Badezimmertür auf. Johannes entschied, dass es Zeit für die erste Zigarette seines Lebens war. Er leerte seine Flasche, schnappte sich die andere von der Fensterbank und schlenderte betont gelassen aus der Küche.
Eine Schar Raucher bevölkerte den kleinen Balkon. Johannes drängelte sich bis in die Ecke, in der Boris stand und setzte ein bittendes Lächeln auf. „Darf ich dich um eine Zigarette anschnorren?“
„Bist du denn schon achtzehn?“ Weiße Zähne blitzten auf und eine Wodkafahne schlug ihm entgegen.
So nahe vor seinem Schwarm zu stehen, setzte Johannes‘ Gehirn außer Betrieb. Verzweifelt suchte er nach einer schlagfertigen Antwort, brachte aber nur ein ‚klar‘ zustande, das auch noch ziemlich dünn klang. Boris fummelte eine Schachtel aus der Brusttasche seines Hemdes und hielt sie ihm hin. Johannes pulte eine Fluppe aus der Packung und steckte sie zwischen seine Lippen. Gleich darauf wurde ihm Feuer gereicht. Vor Aufregung saugte er heftig an dem Filter, füllte seine Lunge mit Rauch und begann heftig zu husten. Er konnte gar nicht wieder aufhören. Wie hielt seine Mutter das nur aus? Die Zigarette wurde ihm aus der Hand genommen und Boris brummelte amüsiert: „Entweder du rauchst zu viel, oder es ist deine erste.“
„Wusste nicht …“, krächzte Johannes. „… dass die so stark ist.“
„Mhm. Schon klar.“ Boris warf seinen Stummel in einen Aschenbecher und löschte die Glut der Zigarette, an der Johannes eben gesogen hatte. Anschließend verstaute er sie wieder in der Schachtel. „Ich geh dann mal wieder rein.“
„Warte.“ Johannes stellte sich ihm in den Weg. „Stimmt es, dass du eine Wohnung suchst?“
„Wie kommst du darauf?“ Sein Gegenüber runzelte die Stirn.
„Ist nur eine Frage. Hendrik meinte …“ „Hendrik ist ein Plappermaul“, fuhr Boris ihm über den Mund. „Das geht den gar nichts an.“
Erschrocken über die Vehemenz, mit der er angepflaumt wurde, trat Johannes beiseite. Nun fiel ihm auch auf, dass die anderen Raucher sie neugierig beobachteten. Ihm schoss Hitze in die Wangen. Mit gesenktem Blick verließ er den Balkon, hockte sich auf Hendriks Bett und goss einen Schluck Bier in seine schmerzende Kehle. Das war ja tüchtig in die Hose gegangen. Andererseits verfestigte sich seine Meinung bezüglich Boris immer mehr. Alles in allem sprach seine Reaktion dafür, dass er sehr verletzlich war, warum sonst sollte er über eine simple Frage derart ausrasten.
Johannes‘ Smartphone summte. Er zog es aus der Tasche, checkte schnell die Uhrzeit und las die SMS seiner Mutter: „Denk an meine Zigaretten. USP. DM.“
„Und sei pünktlich“, murmelte er, guckte nach der nächsten Bahnverbindung und seufzte enttäuscht. Da er am Hauptbahnhof Zwischenstation für die Drogenbeschaffung machen musste, durfte er nicht mehr lange bleiben. Einziger Trost war, dass er bei Boris heute wohl kaum noch etwas ausrichten konnte. Er musste sich eine bessere Strategie überlegen, wie er an den geilen Kerl rankam.
Nachdem er Hendrik gefunden und sich bei ihm verabschiedet hatte, fischte er seine Jacke aus dem Kleiderhaufen. Er zog sie beim Treppe runtersteigen über. Vor der Haustür stoppte er kurz, um die Knöpfe zu schließen und den Kragen hochzuschlagen. Eine kühle Brise fuhr ihm durchs Haar, als er den Weg zum Bahnhof einschlug.
Laut Hendriks Aussage ließ Boris also keine Gelegenheit für Sex aus. Das war doch die Lösung. Johannes brauchte sich nur anbieten und schon – schwupps! – landete er in Boris‘ Bett und hatte somit eine Chance, den Mann von sich zu überzeugen. Schließlich war er nicht hässlich und einige seiner Sexpartner hatten seinen Hintern über den grünen Klee gelobt. Einziger Haken war, dass Johannes kaum Erfahrung vorweisen konnte. Nur den Arsch hinzuhalten, würde ihn nicht in Boris‘ Herz schleusen. Er musste schon mit mehr aufwarten, doch wo sollte er das lernen?
Um Viertel nach elf erreichte Johannes den Hauptbahnhof. Da er gut in der Zeit lag, studierte er im Kiosk das Zeitschriftenangebot und entschied sich für ein schwules Magazin mit vielen Kleinzeigen. Nachdem er es, zusammen mit den Zigaretten, bezahlt hatte, stopfte er es in die Innentasche seiner Jacke.
„Ramon, spanischer Hengst mit Stil. 16*4, 187, 85. a/p, kein NS, S/M“, las er später im Bett eine der Anzeigen und ein Lächeln zog seine Mundwinkel hoch. Das klang doch gut.
Das ätzende Summen wollte einfach nicht aufhören. Verschlafen tastete Ramon auf dem Nachtisch herum, bis er das blöde Smartphone gefunden hatte und hielt es an sein Ohr. „Ja?“
„Spreche ich mit Ramon?“
„Si.“
„Ich bin … ähm … Johannes und würde mich gern mit dir treffen.“
„Okay. Ich erkläre dir die Regeln: Da ich ungern die Katze im Sack kaufe, treffen wir uns an einem öffentlichen Ort. Wenn die Chemie stimmt, verhandeln wir über das Weitere.“ Ramon hatte genug schlechte Erfahrungen gesammelt, um diese Vorsichtsmaßnahme zu ergreifen. Zweimal war er in seiner Wohnung überfallen worden und konnte von Glück reden, dass die Übergriffe ohne ernsthafte Folgen blieben. In beiden Fällen hatte er in dem Moment, in dem er die Tür öffnete, gewusst, dass mit dem Freier etwas nicht stimmte. Seitdem verließ er sich auf seine Menschenkenntnis und guckte sich die Kerle vorher an.
„Wann und wo?“
Ramon schmunzelte über den Eifer in Johannes‘ Stimme. Anscheinend konnte der Kerl es kaum erwarten. „Um eins in dem Stehcafé an der Hoheluftbrücke?“
„Das passt. Wie erkenne ich dich?“
„Wichtiger ist, dass ich dich erkenne. Beschreib dich mal.“ Ramon stopfte sich ein Kissen in den Nacken. Inzwischen war er hellwach. Johannes‘ Stimme gefiel ihm, sie war klar und erfrischend.
„Braune, kurze Locken, blaue Augen, eins siebenundsiebzig, schlank.“
„Okay. Hast du eine auffällige Tasche oder so was?“
Nach kurzem Schweigen meinte Johannes: „Ich kann die geblümte Einkaufstasche meiner Mutter mitnehmen.“
So, so. Ein Muttersöhnchen also. Ramon verdrehte die Augen. „Wunderbar. Dann also um eins.“ Er legte auf, warf das Handy auf die Bettdecke und streckte sich. Am Vorabend war es spät im Restaurant geworden. Die letzten Gäste gingen erst gegen zwölf und danach musste er noch aufräumen. Anschließend hatte er sich mit seinem Vater unterhalten, darüber war es zwei geworden. Nun war es neun und eigentlich noch viel zu früh zum Aufstehen, aber da er einmal wach war, würde er nicht wieder einschlafen können.
Während er unter der Dusche stand, ging ihm das Gespräch mit seinem Vater durch den Kopf. Der alte Herr war inzwischen zweiundsechzig und dachte ans Aufhören, was bedeutete, dass das Aqui Espana verkauft werden musste. Eine andere Möglichkeit bestand darin, dass er das Restaurant übernahm und seinen Eltern monatlich einen Betrag X überwies. Ganz klar präferierte sein Vater die zweite Lösung, da das Lokal sein ganzer Stolz war. Ihr Leben lang hatten seine Eltern sich dort abgerackert und Ramon war schon als kleiner Junge zwischen den Tischen herumgerannt. Es war eine Art zweites Zuhause für ihn. Dennoch konnte er sich nicht zu einer Übernahme durchringen, da er die Verantwortung scheute. Immerhin galt es, drei Bedienstete zu bezahlen und sechs Tage die Woche im Laden zu stehen.
Ramon stellte die Brause ab, sah prüfend an sich runter und griff nach dem Rasierer. Falls der Kunde gefiel, wollte er bereit sein. Er zwang seine Gedanken im Jetzt zu bleiben, damit er sich nicht schnitt. Erst nachdem alle Stoppeln beseitigt waren und er die Dusche erneut anstellte, um die Härchen abzuspülen, erlaubte er sich, weiter über die Unterhaltung nachzudenken. Sein Vater hatte ihm vorgeworfen ein fauler Hund zu sein. Das tat er nicht das erste Mal und wenn Ramon ehrlich war, hatte der Alte recht. Er arbeitete vier Tag in der Woche, nur wenn Not am Mann war, machte er mehr. Zum Glück wusste sein Vater nicht, dass und wie er nebenher Geld verdiente. Das wäre zum einen ein Argument, um ihm die Übernahme schon wegen der monetären Knappheit aufzudrängen, zum anderen wäre sein Vater sicher entsetzt. Ramons Eltern waren, obwohl katholisch, liberal und seiner Neigung gegenüber aufgeschlossen, aber seinen Körper zu verkaufen stand auf einem ganz anderen Blatt.
Was Ramon am meisten ärgerte war, dass er selbst keinen Plan hatte, wie sein Leben weiterlaufen sollte. Er konnte sich ja schlecht bis zur Rente – die entsprechend seinem offiziellen Einkommen mager ausfallen würde – prostituieren. Wenn seine Eltern das Lokal verkauften, müsste er sich außerdem woanders einen sozialversicherungspflichtigen Job suchen, was ihm überhaupt nicht schmeckte. Eigentlich blieb ihm gar nichts anderes übrig, als das Aqui Espana zu übernehmen, wenn er aus seinem Leben noch etwas einigermaßen Vernünftiges rausholen wollte.
Er wickelte sich in ein flauschiges Handtuch, guckte in den Spiegel und entschied, dass ihm der Bartschatten gut stand. Auf dem Weg in die Küche stolperte er über ein Paar Schuhe, die er in der Nacht mitten im Flur liegengelassen hatte. Fluchend kickte er sie beiseite. Er war wirklich eine männliche Schlampe und brachte es fertig, den Kleiderschrank komplett zu leeren, bevor er eine Waschmaschine anstellte.
Nachdem die Kaffeemaschine lief, ging er ins Schlafzimmer und zog schwarze Jeans über. Auf Unterwäsche verzichtete er, schlüpfte in ein weißes T-Shirt und suchte anschließend nach sauberen Socken. Fehlanzeige. Egal. Wer brauchte Strümpfe, wenn er schon keine Shorts trug?
Ramon aß eine Scheibe Toast zu dem Kaffee und raffte sich hinterher auf, das Schlafzimmer auf Vordermann zu bringen. Das Bett musste frisch bezogen werden, außerdem sammelte er die herumliegenden Klamotten ein und warf alles in die Waschmaschine. Anschließend holte er den Staubsauger und kam so in Fahrt, dass er die ganze Wohnung durchsaugte. Dabei fiel ihm auf, dass die Topfpflanzen im Wohnzimmer ziemlich schlapp aussahen. Er brauchte eine Haushaltshilfe, ohne Zweifel, oder jemanden, der ihm öfter in den Hintern trat. Womit seine Gedanken wieder bei seinem Vater landeten.
Bis um zwölf sah seine Wohnung ordentlich aus und wie immer, wenn er sich dazu durchgerungen hatte zu putzen, fühlte sich Ramon hinterher erleichtert. War doch eigentlich gar nicht so schlimm, nur das Rangehen stellte eine Hürde dar. Leider durfte er nun noch mal duschen, da sein T-Shirt komplett durchgeschwitzt war.
Zum Stehcafé war es nicht weit, weshalb er sich nach der erfrischenden Brause mit einer Flasche Wasser noch ein bisschen auf die Couch lümmelte. Ramons Blick fiel auf ein gerahmtes Foto, das er in der Karibik aufgenommen hatte. Automatisch musste er an die vielen Jahre im Ausland denken. Inzwischen kam es ihm vor, als hätten sie in einem anderen Leben stattgefunden. Mit siebzehn hatte er eine Ausbildung zum Hotelkaufmann begonnen, und zwar in der Heimatstadt seines Vaters, Barcelona. Das war nur möglich, weil er bei seinem Onkel wohnen konnte. Daran dachte Ramon nicht besonders gern zurück, vor allem nicht an die sexuellen Übergriffe durch den Bruder seines Vaters.
Gleich nach seinem Abschluss hatte er ein Engagement in Brasilien angenommen. Danach wechselte er noch häufig und war, dank seiner Deutsch-Spanisch-Englisch-Kenntnisse, nie arbeitslos. Nach zehn Jahren auf Achse zog es ihn zurück nach Hamburg, wo er nun auch wieder genau zehn Jahre lebte. Im Vergleich zu der vorherigen Periode wirkte sein Alltag fade, aber Ramon war damit zufrieden. Er wollte nicht mehr aus dem Koffer leben und liebte seine Wohnung und die Beständigkeit. Hier war seine Familie, die Eltern, die beiden Schwestern mit den sechs Nichten und Neffen. Nicht zu vergessen das Aqui Espana. Oh Mann! Schon wieder dieses Reizthema. Ramon sah auf die Uhr, sprang auf und steckte Börse, Schlüssel und Handy ein. Nachdem er seine Flipflops gefunden hatte (sie hatten sich unter einer Tasche im Schrank versteckt) machte er sich auf den Weg.
Das Stehcafé befand sich im Eingangsbereich eines Supermarktes. Ramon bestellte einen Cappuccino, liebäugelte mit einem Mettbrötchen und entschied sich dann doch für eines mit Käse. Nichts war fieser, als ein Klümpchen Schweinefett zwischen den Zähnen, vor allem, wenn man Kundschaft erwartete. Von den fünf Stehtischen waren drei belegt. Ramon suchte sich den der zwei freien Tische aus, der am weitesten vom Eingang entfernt war. Er wollte diesen Johannes erst genau taxieren, bevor er sich zu erkennen gab.
Um Punkt eins betrat ein unscheinbarer Mann, der Johannes‘ Beschreibung entsprach, den Supermarkt. Er trug die besagte geblümte Einkaufstasche über der Schulter und – bei Gott! – das Ding war wirklich der Burner! Ramon hatte noch nie eine derart hässliche Tasche gesehen und musste grinsen. Wenn das da Johannes war, dann besaß der Kerl entweder Mut, oder stand komplett unterm Pantoffel seiner Mutter. In diesem Moment wurde der Braunhaarige auf ihn aufmerksam, kam zögernd näher und blieb schließlich vor seinem Tisch stehen. „Codewort: Spanischer Hengst“, flüsterte der Mann und dass er dabei errötete, fand Ramon total niedlich.
„Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen“, erwiderte er ernst.
„Oh. Ein Versehen. Entschuldigung.“ Johannes, es handelte sich eindeutig um ihn, sackten die Schultern runter. Abrupt wandte er sich ab und zog den Kopf ein, als erwarte er ein Donnerwetter.
„Warte. Du bist also Johannes?“
Der Mann guckte über die Schulter und runzelte die Stirn. „Das war nicht witzig.“
„Tut mir leid. Komm, ich spendiere dir einen Latte.“ Ramon setzte sein schönstes Lächeln auf.
„Weiß nicht.“ Johannes drehte sich zwar um, guckte aber unschlüssig und nagte an seiner Unterlippe. Nein, der Kerl war nicht unscheinbar. Er war, aus der Nähe, hinreißend und Ramon spürte, wie sich seine Libido regte. Diesen süßen Kerl wollte er unbedingt nageln oder sich von ihm vögeln lassen, egal. Hauptsache Sex. Heißen, schweißerzeugenden Sex.
„Büddee!“, säuselte er und wackelte mit den Augenbrauen.
„Hm. Na gut.“ Endlich trat Johannes an den Tisch und stellte die grottige Einkaufstasche auf den Boden. Seine Augen waren himmelblau und auf der graden Nase tummelten sich Sommersprossen. Ramon schätzte den Mann auf Anfang dreißig, auch wenn sein Verhalten eher auf das eines zehn Jahre Jüngeren hindeutete. Er schrieb es Schüchternheit zu, dass Johannes die dichten Wimpern senkte und ihn nicht direkt anstarrte. Johannes war etwas kleiner als er und schien auch nur die Hälfte seiner Masse zu besitzen. Kein typischer Twink, sondern nur ein eben sehr schlanker Mann.
„Mir wäre Kakao lieber.“ Johannes linste rüber zu der Tafel, auf der die Getränke feilgeboten wurden. „Oder nein, einen Eistee, bitte.“
Ramon ging zum Tresen, bestellte das Gewünschte und spürte deutlich den Blick im Rücken, mit dem er ausführlich begutachtet wurde. Als er an den Tisch zurückkehrte, fuhr sich Johannes mit einer unglaublich süßen rosa Zungenspitze über die Lippen. Er wirkte nervös und angespannt, zupfte sich ständig am Ohrläppchen. Ob er das wusste?
„Und? Entspreche ich deinen Vorstellungen?“ Ramon stellte den Eistee auf den Tisch.
„Mhm. Ja.“
„Was genau möchtest du denn? Soll ich dich …“ Er guckte sich um, aber es war niemand so nah, als dass er sie hören konnte. „… vögeln oder andersherum? Oder willst du nur einen Blowjob?“
„Ehrlich gesagt …“ Wieder fummelte Johannes an seinem Ohr. „Ich brauche einen Lehrer.“
„Nachhilfe in Sachen Sex?“
„Genau.“ Nun wurde sein Gegenüber etwas ruhiger, was Ramon daran merkte, dass er direkt angesehen wurde und das Gezupfe aufhörte. Johannes‘ Augen bekamen einen versonnenen Ausdruck. „Ich bin in jemand verliebt und will ihn beeindrucken.“
„Oha! Und ich dachte, Liebe geht durch den Magen.“
„Quatsch! Heutzutage läuft das anders. Wobei …“ Sein Gegenüber seufzte. „Ich war mal mit Mama in einem spanischen Restaurant. In den Koch könnte ich mich verlieben.“
„Wie hieß der Laden?“ Ramon rührte in seinem Cappuccino herum und betrachtete die nun in verzückter Erinnerung verzogene Miene.
„Aqui Espana. Ist nicht weit von hier.“
„Ich lach mich schlapp. Das Lokal gehört meinen Eltern.“
„Echt? Vielleich komm ich darauf zurück, wenn’s mit Boris nicht klappt und lass mir von dir den Koch vorstellen. Er kann eine Paella zubereiten, für die ich sterben würde.“ Johannes rollte mit den Augen.
Ganz bestimmt nicht. Manolo war fünfzig, trug eine Wampe und Glatze und war der heterosexuellste Mann, den Ramon kannte. Inzwischen hatte Manolo zig Enkel und das nicht nur von seiner Ehefrau. Er lachte. „Ich kann auch kochen. Vielleicht schmeckt dir meine Paella besser.“
Schlagartig wurde Johannes sehr ernst. „Ich will von dir nur Unterricht.“
„Schon klar. Wann willst du anfangen?“ Ramon hoffte, dass der süße Kerl sofort loslegen wollte. Ihm war verdammt heiß in der Hose und die fehlende Unterwäsche bereute er inzwischen. Bestimmt saute er gerade die Jeans von innen mit Vorejakulat ein.
„Ich muss erst einkaufen und danach kochen. Wie wäre es …“ Johannes begann beim Nachdenken wieder am Ohrläppchen zu zupfen. „… gegen vier?“
Puh! Noch drei Stunden warten. Ramon nickte. „Okay. Ich geb dir meine Adresse.“ Er holte eine Visitenkarte aus der Tasche und reichte sie Johannes. „Bitte, falls du es dir anders überlegst, ruf kurz an. Ich hasse es, vergeblich zu warten.“
„Ich komme in jedem Fall.“ Tiefe Entschlossenheit schwang in Johannes‘ Stimme mit. „Und ich will ganz schnell lernen.“
Da war er wieder, dieser entzückende Eifer. Wie hieß der Kerl noch? Boris, wenn Ramon sich recht entsann, war ein Glückspilz. Ob der Kerl Johannes‘ Geschenk gebührend würdigte, wollte er nur zu gern wissen. Nun ja, vielleicht würde er es erfahren. Vorerst galt es, Johannes sanft in die Liebe … Halt! Ins Sexleben einzuweisen. Ramon war sicher, dass das ein Vergnügen werden würde.
„Gut. Dann sehen wir uns um vier.“ Er trank seinen Becher aus, nickte Johannes zu und verließ den Supermarkt.
Ramon war der perfekte Kandidat als Lehrer. Johannes hegte anfangs Zweifel, nachdem der Typ ihn so verarscht hatte, doch im Laufe des Gespräches war er warm mit dem
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Texte: Sissi Kaiserlos
Bildmaterialien: shutterstock Design Lars Rogmann
Lektorat: Aschure - danke!
Tag der Veröffentlichung: 10.06.2015
ISBN: 978-3-7396-0255-4
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