Käufliche Liebe 9
Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden, Ähnlichkeiten rein zufällig.
Der Inhalt dieses Buches sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Covermodels aus.
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Text: Sissi Kaiserlos
Foto von shutterstock – Design Lars Rogmann
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Johannes will in die Karibik, aber nicht allein. Als vermögender Mann ist er durchaus in der Lage, sich Begleitung zu kaufen. Er lässt drei Callboys zur Auswahl antreten. Titus, Adrian und Santander sollen um die Gunst buhlen, zwei Wochen an seiner Seite verweilen zu dürfen. Wer bekommt den Hauptpreis? Oder ist es am Ende Johannes, der der Verlierer ist?
~ * ~
Johannes hatte sich einen Urlaub redlich verdient. Seine Arbeitstage begannen früh und endeten spät, ein Umstand, der auch daran lag, dass er ein Kontrollfreak war. Allerdings hätte er wohl sonst kaum die Hohenzollern Holding dorthin gebracht, wo sie nun stand: An der Spitze deutscher Konzerne. Nach vielen Jahren, in denen er auf Ferien verzichtet hatte, wollte er endlich mal raus. Zwei Wochen Karibik, im Hyatt Regency auf Curaçao.
Da er sich im Laufe seiner Karriere wohl mehr Feinde denn Freunde geschaffen hatte, mangelte es ihm nun an einem Begleiter. Da man mit Geld bekanntlich alles kaufen konnte, sollte das kein Problem darstellen. Er rief bei der Escort-Agentur Begleiterscheinung an, schilderte, was er sich vorstellte und man versprach ihm, am kommenden Sonntag drei Männer zur Auswahl vorbei zu schicken. Johannes war daran interessiert, einen angenehmen Reisegefährten zu finden, wobei dessen Aussehen natürlich auch eine Rolle spielte. Es sollte also ein Kerl sein, der ihn nicht langweilte, sexy war und auch mal den Mund halten konnte. Wie er die Kandidaten testen sollte, wusste er noch nicht. Da heute erst Freitag war, würde ihm bis Sonntag schon etwas einfallen.
Am nächsten Morgen setzte er sich an den Schreibtisch und tüftelte einen Fragebogen aus. Der Agentur hatte er gesagt, für welchen Zweck er einen Begleiter brauchte und darum gebeten, dass die Kandidaten darüber informiert wurden. Es erschien ihm daher logisch, Fragen zum Reiseziel zu stellen.
Kannst du dir vorstellen, wieso es ausgerechnet nach Curaçao geht?
Wie lange fliegt man dorthin?
Wie heißt die Hauptstadt?
Das sollte wohl reichen um rauszufinden, ob man sich mit der Reise befasst hatte. Johannes grübelte weiter. Ein Mann, mit dem er vierzehn Tage verbringen wollte, sollte wenigstens annähernd seine Hobbys teilen. Da er kaum welche pflegte, dürfte das schwierig sein.
Welche Hobbys hast du?
Besondere sexuelle Vorlieben?
Sprichst du Englisch?
Mehr brauchte er eigentlich nicht zu wissen. Er zählte ohnehin darauf, dass er intuitiv spüren würde, welcher der Männer am geeignetsten war. Immerhin ging er jeden Tag mit Kollegen, Untergebenen und Geschäftspartnern um und glaubte ausreichend Menschenkenntnis zu besitzen. Zufrieden druckte er den Bogen dreimal aus und schloss das Notebook. Zeit, dass er sich ein bisschen in seinem eigenen Schwimmbad im Souterrain entspannte.
Johannes‘ Villa verfügte über zehn Zimmer auf drei Ebenen. Dank der Hanglage war das Untergeschoss auf der Hausrückseite ebenerdig zugänglich. Darüber befand sich ein großzügiger Balkon, den eine Treppe mit dem Garten verband. Das Haus war deutlich zu groß für ihn und an manchen Tagen kam er sich darin verloren vor. In solchen Momenten dachte er über ein Haustier nach, doch das kam bei seinen Arbeitszeiten einfach nicht infrage. Wenn, dann sollte es nämlich ein Hund sein und der brauchte nun einmal Zuwendung.
Nachdem er träge ein paar Bahnen gezogen hatte, setzte er sich für eine Weile in den Whirlpool. Anschließend folgte sein regelmäßiges Trainingsprogramm. Johannes legte Wert auf einen gepflegten Körper, dazu gehörte auch ein flacher Bauch und wenigstens angedeutete Muskeln. Er fand, dass er für seine Anfang vierzig gut in Form war. Die Haare, die er stets akribisch kurz hielt, damit sie sich nicht ringelten, wiesen zwar schon ein paar graue Strähnen auf, aber das fand er ganz sexy.
Während er sich auf dem Stepper abarbeitete, sah er sich auf dem Monitor, der gegenüber an der Wand hing, Zeichentrickfilme an. Seine Leidenschaft galt den alten Meisterwerken, mit Mickey Mouse, Goofy und Donald Duck. Er besaß nicht nur eine riesige Sammlung von Filmen, sondern auch ein großes Comic-Archiv. Etwas, was niemand von ihm vermutete, da er sonst als überaus nüchterner Mensch galt. Nun, jeder brauchte seine kleinen, schmutzigen Geheimnisse.
Für den Abend stand der Besuch eines Musicals an, was er eigentlich verabscheute. Da jedoch ein Geschäftsfreund aus München in Hamburg weilte, wollte er etwas bieten und hatte sich dazu durchgerungen, Karten für den König der Löwen zu besorgen. Vorher war ein feines Dinner im Restaurant des Hotels, in dem der Mann abgestiegen war, geplant.
Johannes war heilfroh, als er kurz vor Mitternacht wieder zu Hause eintraf. Weder Handlung noch Musik hatten ihn gefesselt und die letzte Stunde war zur Qual geworden, da er drohte einzuschlafen. Müde pellte er sich aus dem Anzug, ließ ihn einfach auf den Boden fallen und begab sich, nach einem kurzen Intermezzo im Bad, sofort ins Bett. Voller Vorfreude auf den nächsten Tag schlief er ein.
Die drei Escort waren für ein Uhr bestellt. Johannes hatte vor, zuerst ihre Tischmanieren zu prüfen, bevor er die Fragebogen verteilte. Der Cateringservice traf gegen zwölf ein. Vier Angestellte transportierten die Behälter mit dem Drei-Gänge-Menü in die Küche, zwei von ihnen blieben, um die Tafel im Wohnzimmer zu decken und später zu servieren.
Um kurz vor eins standen die beiden ersten Kandidaten vor der Tür, ein kleiner Blonder und ein etwas größerer Braunhaariger. Johannes bat die zwei herein und führte sie ins Wohnzimmer, wo er sie auf der Couch Platz nehmen ließ. Er wollte erst wenn sie vollzählig waren mit dem Vorstellen beginnen. Das war effizienter, als alles zweimal sagen zu müssen. Der dritte Kandidat kam um fünf nach eins. Ein südländisch wirkender Typ, der sich nur mit einem knappen ‚hab den Bus verpasst‘ für den Fauxpas entschuldigte. Damit hatte der Knabe sich bereits den ersten Minuspunkt eingehandelt. Wobei dieser Ausdruck wohl eher auf den Blonden zutraf, denn der Zuspätkommer war eindeutig der Älteste der drei.
Nachdem nun alle da waren, baute Johannes sich vor der Couch auf. Sein Blick wanderte von einem Mann zum nächsten, wobei seine Intuition im Moment schwieg. Er konnte sich vorstellen mit jedem der Escort ins Bett zu steigen, aber ob er zwei Wochen mit einem von ihnen aushielt, wusste er echt nicht.
„Danke für euer Erscheinen. Ich bin Johannes und hoffe, dass ihr wisst, worum es hier geht.“
Der kleine Blonde hob, als wäre er in der Schule, die Hand.
„Ja?“ Johannes sah den Mann an.
„Zwei Wochen in der Karibik. Curaçao. Eine Niederländische Kolonie, die als sehr schwulenfreundlich gilt. Hauptstadt ist …“
„Danke“, unterbrach er den Kleinen, bevor der auch noch den Rest verriet, und somit den Fragebogen unnütz machte.
Der Braunhaarige maß den Blonden verächtlich, während der Mann mit südländischem Einschlag amüsiert grinste. Wieder verteilte Johannes im Geiste Plus- und Minuspunkte. Diesmal bekam der Spätkommer einen Bonus, dafür der andere ein klares ‚geht gar nicht‘. Es handelte sich hier nicht um einen Wettbewerb, sondern darum, sich selbst in einem guten Licht dastehen zu lassen. Wobei … war das nicht das Gleiche?
„Vielleicht stellt ihr euch kurz vor, damit ich weiß, mit wem ich es zu tun habe. Fängst du bitte an?“ Er nickte dem zuletzt Angekommenen zu.
„Santander, siebenunddreißig, 16*5 cm.“
„Sehr aufschlussreich, wobei … die letzte Angabe interessiert mich eigentlich am wenigsten. Ich bin erklärter Top.“ Johannes schüttelte innerlich den Kopf über den Kerl. Was glaubte der Mann denn, wo er hier war? Auf einer Sex-Messe? Es ging um Urlaub und – klar – auch um vögeln, aber nicht vorrangig. Schließlich wollte er die Ferien nicht mit dem Schwanz des Kerls verbringen und sich mit dem unterhalten, sondern vorwiegend mit dessen Eigentümer. „Nun du.“ Er guckte den in der Mitte sitzenden Braunhaarigen an.
„Adrian, dreißig. Ich arbeite als Kellner und bin häufig im Fitnessstudio.“
Damit bekam der Mann einen Punkt zurück. Johannes lächelte ihm zu und wandte sich an den Blonden.
„Titus Falk, fünfundzwanzig. Ich studiere Mathematik und würde furchtbar gern in die Karibik.“ Aus aufgerissenen blauen Augen himmelte der Blonde ihn an.
Süß. Sehr süß, aber auch sehr jung. Zudem völlig unerfahren. Seinen ganzen Namen preiszugeben war gefährlich, gerade in diesem Gewerbe. „Danke. Ich lege Wert auf gute Manieren, daher habe ich ein Drei-Gänge-Menü vorbereiten lassen.“ Johannes wies auf die gedeckte Tafel vor der breiten Glasfront, hinter der der Balkon lag. „Wenn ihr also bitte Platz nehmen wollt.“
Er selbst kümmerte sich darum, dass das Gespräch lief. Mal fragte er den einen Kandidaten etwas, mal den anderen. Im Ganzen wurde während des Essens klar, dass Titus die besten Tischmanieren und Santander die größte Allgemeinbildung besaß.
„Was machst du beruflich?“, wandte Johannes sich an Letztgenannten.
„Ich schreibe.“ Argwöhnisch betrachtete Santander ein grünes Blatt, das am Tellerrand lag. „Ist das nicht Unkraut?“
„Ja. Giersch, wenn mich nicht alles täuscht. Essbar ist es allemal.“
„Also, mir schmeckt’s“, ließ Adrian sich vernehmen, der sowohl Vorspeise, als auch das Hauptgericht quasi inhaliert hatte.
„Ich find’s auch lecker“, meldete sich Titus.
„Was schreibst du? Bücher?“, fragte Johannes neugierig.
„Artikel.“ Santander schaute auf. „Freiberuflicher Journalist. Reicht weder zum Leben, noch zum Sterben.“
Das erklärte seine Anwesenheit hier, wobei sein Benehmen eher die Frage aufwarf, ob er überhaupt Interesse hatte. Johannes musterte den Mann nachdenklich. Äußerlich entsprach er dem Klischee eines Latin-Lovers, doch wie war es innerlich um ihn bestellt?
„Ich find’s total übel, dass Bayern schon wieder verloren hat“, warf Adrian in die Stille. „Sorry, bin totaler FC Bayern Fan.“ Er grinste breit und lehnte sich zurück.
„Als alter Hamburger stehe ich eher hinterm HSV“, meinte Titus empört.
„Diese Gurkentruppe?“ Santander gluckste. „Okay, da bin ich auch patriotisch.“
Johannes hatte sich für Fußball noch nie erwärmen können. Er winkte dem Kellner, damit die Nachspeise serviert wurde.
„Ich habe Fragebögen vorbereitet, aber keine Sorge, sie sind kurz. Bitte füllt sie aus und danach geht’s ins Schwimmbad“, verkündete er, nachdem alle bekundet hatten, dass sie satt waren.
„Ich hab keine Badesachen dabei“, meldete Santander mit zusammengezogenen Augenbrauen an.
„Handtücher gibt’s hier in Hülle und Fülle. Was brauchst du noch?“ Johannes merkte selbst, dass er süffisant klang, aber das war wohl sein gutes Recht als zahlender Kunde.
„Mir macht’s nichts aus, nackt zu schwimmen“, tönte Adrian und zwinkerte ihm vertraulich zu.
„Mir auch nicht“, mischte sich sogleich Titus ein.
„Dagegen hab ich auch nichts, aber der Schwanzvergleich stört mich.“ Santander verschränkte die Arme vor der Brust. „Was willst du? Einen Begleiter oder geht’s hier eher um körperliche Attribute?“
„Beides“, gab Johannes zu. „Ich möchte mal anmerken, dass ich eine Reise im Wert von rund 4.000 Euro spendiere und zusätzlich …“ Er legte eine Kunstpause ein, in der er seine Gäste nacheinander ansah. „… zusätzlich 150 Euro pro Tag zahle.“
Er konnte förmlich sehen, wie es in den Köpfen der Escort zu rattern begann. Titus – kein Wunder, bei seinem Studienfach – kam als Erster auf ein Ergebnis und fing zu strahlen an. „Oh. Mein. Gott!“, stammelte der Kleine.
„Ich hänge bei zehn mal 150 fest“, gestand Adrian, die Stirn angestrengt gerunzelt.
„Heidewitzka“, murmelte Santander und das erste Mal, seit er eingetroffen war, spiegelte sich so etwas wie Interesse auf seiner Miene.
Inzwischen hatte der Cateringservice dafür gesorgt, dass der Tisch frei war. Johannes holte die Fragebögen, teilte sie aus und legte einen Stift neben jeden Zettel. Santander zog ihn magisch an, wohl weil der Kerl so mürrisch und unkooperativ handelte. Wieso prostituierte er sich, wenn ihm die Sache so zuwider war? Es gab andere Jobs, beispielsweise … Gerade wollte ihm nichts einfallen. Ah! Pizzabote. Oder Kurier. In jedem Fall brauchte niemand seinen Arsch zu verkaufen, wenn es ihn so anekelte.
„Lasst euch Zeit“, sagte er.
Die drei Kandidaten senkten ihre Köpfe und lasen, während er in die Küche ging, sich bei den Catering-Mitarbeitern bedankte und beiden ein Trinkgeld in die Hand drückte. Als die zwei, samt sämtlichen Behältern und sonstigem Kram, verschwunden waren, kehrte er ins Wohnzimmer zurück. Wie erwartet war Santander bereits fertig, saß zurückgelehnt da und studierte die Decke, dabei wirkte er gelangweilt. Adrian und Titus hingegen kritzelten eifrig. Johannes entschied, dass er die Bögen später lesen würde, nahm wieder Platz und wartete geduldig.
Nachdem alle fertig waren, sammelte er die Zettel ein und legte sie auf seinen Schreibtisch. „Dann folgt mir bitte.“ Er machte eine einladende Handbewegung in Richtung Tür.
Johannes ging voraus, eine Treppe hinunter und durch einen kleinen Vorraum. Warme Luft und Chlorgeruch schlug ihm entgegen, als er die Tür zum Schwimmbad aufstieß. Nacheinander traten die Kandidaten ein, wobei sie sich neugierig umsahen. Johannes folgte als Letzter.
Der Pool maß fünfzehn mal sieben Meter, daneben standen einige Liegen. Durch die Fensterfront hatte man einen prächtigen Ausblick in den Garten. Im hinteren Bereich befanden sich ein Whirlpool und eine Sauna, dahinter führte ein offener Durchgang zu dem Raum mit den Fitnessgeräten.
„Wow.“ Titus‘ Augen waren vor Staunen kugelrund. Wirklich niedlich, der Kleine.
Adrian begann sich ohne Umschweife auszuziehen. Seine muskulöse Brust war beeindruckend und machte seine charakterlichen Mängel durchaus wett. Auch Santander entledigte sich seiner Kleidung. Immer mehr olivfarbene Haut über schwach definierten Muskeln kam zutage, ein durchaus reizvoller Anblick. Während Johannes sich auszog, wanderte sein Blick von einem Escort zum anderen. Jeder von ihnen besaß eine ganz eigene Anziehungskraft, vor allem Titus. Dessen schmaler Körper war komplett blank, sogar im Schambereich, wo die beiden anderen gestutzte Härchen vorwiesen. Die Kandidaten musterten sich gegenseitig, wobei auffiel, dass ihr Hauptaugenmerk auf den Geschlechtern lag.
Titus sprang als erster ins Becken, dicht gefolgt von Adrian. Santander blieb abwartend stehen und guckte ihn fragend an. „Was erwartest du von uns? Einen Dreier im Wasser?“
„Nette Idee.“ Johannes lachte leise. „Nein. Plantscht einfach ein bisschen herum.“
Santander ließ sich gemächlich am Beckenrand nieder und prüfte mit den Füßen die Wassertemperatur. Johannes setzte sich neben ihn. „Darf ich fragen, woher du die schöne Hautfarbe hast?“
„Ja.“
„Also?“
„Mein Vater stammt aus Spanien.“
Titus tauchte vor ihnen auf. „Hey. Kommt ihr auch rein?“ Er spritzte sie übermütig nass.
Grinsend strich sich Santander ein paar Strähnen aus dem Gesicht, bevor er ins Becken glitt und dem wegschwimmenden Titus hinterher kraulte. Eine Weile guckte Johannes zu, wie die drei miteinander balgten und versuchten, sich gegenseitig unter Wasser zu drücken. Dabei fiel auf, dass Santander klar auf Titus‘ Seite stand und zusah, dass der Kleine nicht allzu viel Chlorwasser schluckte. Schließlich gesellte er sich zu den Kandidaten und setzte dem Treiben ein Ende, indem er nach Titus‘ Hand griff und ihn zur Leiter bugsierte. Er wollte nun herausfinden, welcher der Männer ihm vom Duft her am besten gefiel. Außerdem war es wichtig, dass sie körperlich wenigstens einigermaßen harmonierten, also keine generelle Ablehnung herrschte.
Titus stieg aus dem Wasser, dabei präsentierte er seine entzückende Kehrseite. Johannes folgte ihm die Leiter hoch, nahm ein Handtuch von einer der Liegen und warf es dem Kleinen zu. Er selbst schnappte sich auch eines, wickelte sich darin ein und nickte in Richtung des Fitnessraumes. „Komm mit.“
Wollte Johannes nun nacheinander mit jedem von ihnen eine Nummer schieben? Santander sah den beiden hinterher, die durch den Torbogen in den Nebenraum verschwanden. Die Agentur hatte das hier lediglich als eine Art Vorstellungsgespräch deklariert, nicht als echten Termin. Dafür gab es auch nur hundert Euro Aufwandsentschädigung.
„Warum bist du eigentlich hier? Du siehst nicht so aus, als wenn du Interesse an der Reise mit dem Alten hast“, sprach Adrian ihn von hinten an.
„Geld stinkt nicht. Außerdem …“ Er wandte sich langsam um. „Johannes ist nicht alt.“
„Für mich schon.“ Adrian grinste breit. „Allerdings mag ich reife Männer. Du könntest mir auch gefallen.“ Spielerisch spritzte er Santander Wasser ins Gesicht.
„Hey!“ Santander wich zurück. „Lass bloß deine Hände bei dir.“
„Klemmschwester.“ Grinsend schwamm Adrian auf ihn zu, woraufhin er noch weiter zurückwich, bis er den Beckenrand erreicht hatte. Der Muskelprotz baute sich vor ihm auf. „Wenn du dich immer so anstellst wundert es mich, dass du in diesem Job überlebst.“
„Ich bin eben wählerisch.“ Er schubste den blöden Kerl weg, hangelte sich rüber zur Leiter und stieg aus dem Pool. Rasch griff er nach einem Handtuch und wickelte es um seine Mitte. Diese Fleischbeschau gefiel ihm nicht. Santander brauchte sich seines Körpers zwar nicht zu schämen, aber er suchte sich gern aus, wem er ihn zeigte. Adrian gehörte in jedem Fall nicht zu den Auserwählten.
In diesem Moment kehrten Johannes und Titus zurück. Der Kleine strahlte, als hätte er bereits den Hauptgewinn gezogen. Santander würde dem sympathischen Kerl die Reise gönnen. Titus war wirklich niedlich und der einzige von ihnen, der sich gründlich vorbereitet hatte. Er selbst hätte schon Lust auf den Luxusurlaub, aber als Spielzeug für Johannes zu dienen konnte er sich nicht recht vorstellen. Der Mann gefiel ihm schon, doch es ging auch eine gewisse Härte von ihm aus. Er konnte sich gut vorstellen, dass Johannes stets den Ton angab und zu keinerlei Kompromissen bereit war.
„Santander?“ Johannes winkte ihn heran, legte eine Hand zwischen seine Schulterblätter und dirigierte ihn so zum Torbogen.
Einige Fitnessgeräte standen in dem Raum. Durch eine Kasematte drang Sonnenlicht herein. Im Vergleich zum luxuriös ausgestatteten Schwimmbad wirkte hier alles eher karg. Als sie außer Sichtweite der anderen waren, hielt Johannes an, zog ihn näher und legte beide Arme um seine Taille. Unwillkürlich machte sich Santander steif, da er nicht wusste, was nun kam.
„Keine Sorge, ich will keinen Sex. Ich möchte nur prüfen, ob wir harmonieren“, murmelte Johannes, wobei er den Kopf senkte und an ihm schnupperte. „Mhm. Du riechst gut.“
Santander kam sich ein bisschen dämlich vor, als wäre er eine Ware, die es zu prüfen galt. Sanft fuhren Johannes‘ Finger über seinen Rücken. Die Berührung löste eine dicke Gänsehaut aus, was Johannes mit einem leisen Lachen kommentierte. „Also stoße ich dich nicht ab“, resümierte er.
„Nein“, gab Santander zu.
„Ich wünsche mir einen Begleiter, der was im Kopf hat. Außerdem sollte er Sex mögen. Ach ja, küssen tue ich nicht.“
Ein absoluter Minuspunkt. Für Santander gehörten Küsse zum Bettsport, aber der Kunde war König.
„Gut. Dann teste ich jetzt noch Adrian und dann könnt ihr gehen.“ Johannes ließ ihn los, ging zum Torbogen und wartete dort, bis Santander zu ihm aufschloss. Zusammen kehrten sie zu den anderen zurück. Titus hatte es sich auf einer Liege gemütlich gemacht. Adrian saß auf dem Beckenrand und stand auf, als er sie näher kommen sah. Gleich darauf verschwand er mit Johannes im Fitnessraum, ohne sich die Mühe zu machen, vorher ein Handtuch umzulegen. Wahrscheinlich wollte er mit seinen körperlichen Attributen, die er durchaus besaß, das musste Santander zugeben, punkten.
„Ich würde so gern nach Curaçao“, sinnierte Titus mit verträumtem Blick. „Ich würde sogar auf das Geld verzichten, allerdings …“ Er zog eine süße Schnute. „Allerdings nur ungern, weil ich es echt brauchen kann.“
„Ich drücke dir die Daumen.“ Santander sammelte seine Klamotten ein, warf sie auf eine Liege und begann sich anzuziehen.
„Das ist lieb von dir. Ich mag Johannes.“
„Er scheint ganz okay zu sein“, stimmte er zu.
„Ist doch eigentlich komisch, dass ein Mann wie er sich Begleitung kaufen muss. Er könnte doch bestimmt an jeder Hand zehn Kerle haben, mit seinem Aussehen und dem Vermögen.“
„Tja. Ich kann zwar nicht aus eigener Erfahrung reden, mir aber vorstellen, dass Geld eher hinderlich ist. Da weiß man doch nie, ob man nur deswegen geliebt wird.“ Santander schloss seine Jeans und griff nach dem T-Shirt. „Du siehst, arm zu sein birgt tatsächlich Vorteile.“ Er zwinkerte Titus zu, zog sich den Stoff über den Kopf und schlüpfte in die Ärmel.
„Ach Quatsch. Liebe gibt’s eh nicht.“ Das klang ziemlich frustriert.
Erstaunt musterte er den Kleinen, fragte aber lieber nicht nach, woher diese Erfahrung rührte. Er hatte genug eigene Sorgen. Titus den Rücken zugewandt, setzte er sich auf die Liege und streifte seine Socken über. Gerade als er in seine Schuhe stieg, kehrten Johannes und Adrian zurück.
Während sich die anderen anzogen, guckte Santander durchs Fenster in den gepflegten Garten. Bestimmt beschäftigte Johannes eine ganze Armee von Angestellten, die sich um Haus und Grundstück kümmerten. Er war darauf nicht neidisch. Besitz bedeutete zugleich, stets um den Verlust des selbigen zu bangen. Darauf konnte er gut verzichten.
Wenig später verabschiedete Johannes sie nacheinander mit Handschlag an der Haustür. Zuvor hatte er die ausgelobte Aufwandsentschädigung ausgeteilt. „Ich melde mich im Laufe der Woche“, erklärte er auf Titus‘ Frage hin, wie es nun weiterginge. Es war absolut nicht ersichtlich, wer von ihnen der Favorit war.
***
Nachdem die drei das Haus verlassen hatten, zog es Johannes zu den Fragebögen. Mit einem Becher Kaffee machte er es sich auf der Couch gemütlich und nahm sich zuerst Titus‘ Blatt vor. Der Kleine war in seinem Eifer einfach entzückend, allerdings verdammt jung. Nun, Johannes wollte ihn ja nicht heiraten, daher war das egal.
Er las: „Kannst du dir vorstellen, wieso es ausgerechnet nach Curaçao geht? Die Karibikinsel gehört zu den niederländischen Antillen und ist für ihren liberalen Umgang mit Homosexuellen bekannt. Außerdem ist sie berühmt für ihre schönen Strände. Wie lange fliegt man dorthin? Rund 14 Stunden, wenn man einen direkten Flug bucht. Wie heißt die Hauptstadt? Willemstad. Nahezu die gesamte Stadt steht unter dem Schutz des UNESCO Welterbes. Welche Hobbys hast du? Fotografieren, Schwimmen, Tauchen, Reisen. Besondere sexuelle Vorlieben? Ich bin bevorzugt passiv. Sprichst du Englisch? Yes, I do.“
Schmunzelnd ließ er den Bogen sinken. Da hatte sich jemand gründlich vorbereitet. Er griff nach Adrians Fragebogen.
„Kannst du dir vorstellen, wieso es ausgerechnet nach Curaçao geht? Sommer, Sonne, Strand und schwulenfreundliches Klima. Wie lange fliegt man dorthin? Wohl mindestens 24 Stunden. Wie heißt die Hauptstadt? Wellington. (Hier hatte er wohl falsch bei Titus abgeguckt, nahm Johannes jedenfalls an und lachte leise.) Welche Hobbys hast du? Sport, Musik, Kino, alles, was Spaß macht. Besondere sexuelle Vorlieben? Nein. Ich mag alles, bin auch für einen Dreier offen. Ab und zu darf es gern etwas härter zugehen. Sprichst du Englisch? Nicht besonders gut. Ich verstehe aber das meiste.“
Nun kam das Blatt, was ihn am meisten interessierte. Santander war sowieso sein Favorit. Der Kerl hatte irgendetwas an sich, das ihn magisch anzog.
„Kannst du dir vorstellen, wieso es ausgerechnet nach Curaçao geht? Weil dort das Wetter gut ist. Wie lange fliegt man dorthin? Schätzungsweise 20 Stunden, für genauere Angaben müsste ich mein Smartphone befragen. Wie heißt die Hauptstadt? Curaçao? Keine Ahnung. Welche Hobbys hast du? Hauptsächlich Schreiben, ansonsten nutze ich jede Gelegenheit, um faul abzuhängen. Besondere sexuelle Vorlieben? Küsse. Sprichst du Englisch? Praxistauglich.“
Kopfschüttelnd und über Santanders freche Antworten grinsend, warf er das Papier auf den Couchtisch und trank einen Schluck Kaffee. Vom Verstand her sollte er Titus wählen. Warum nur sagte sein Bauchgefühl etwas anderes? Santander war ein bärbeißiger Kerl, der kaum die Zähne auseinander bekam, zudem wirkte er nur mäßig an der Reise interessiert. Wahrscheinlich war es genau das, was ihn an dem Mann reizte. Außerdem … Johannes schloss die Augen und glaubte noch den sexy Duft zu riechen, der von dem attraktiven Kerl ausging. Die Gänsehaut, durch sein Streicheln ausgelöst, fiel ihm wieder ein. Santanders Haut hatte sich seidenglatt angefühlt und es reichte, den Anblick seines hübschen Geschlechts heraufzubeschwören, um Johannes‘ Libido zu wecken. Entschlossen holte er das Telefon und wählte die Nummer der Escort-Agentur.
Zufrieden legte er wenig später wieder auf. Man hatte ihm zugesichert, dass Santander gegen sieben erneut herkam. Natürlich wollte er seinen Reisebegleiter auch im Bett testen, schließlich kaufte er keine Katze im Sack. Johannes war zuversichtlich, dass er Santander von sich überzeugen konnte, und das obwohl er Küsse ablehnte.
Gegen sechs bereitete er ein leichtes Abendessen zu, bestehend aus grünem Salat und einem Baguette. Anschließend holte er sein Notebook und ging auf Curaçaos Homepage, um in der Vorfreude auf die Reise zu schwelgen. Außerdem musste er noch rausfinden, wie es auf der Insel mit Mietfahrzeugen aussah. Er hatte vor einen Wagen oder Quad zu leihen, um auf eigene Faust Curaçao zu erkunden.
Um kurz vor sieben nahm seine Unruhe zu. Er konnte sich nicht mehr konzentrieren, sah alle naslang auf die Uhr und klappte schließlich genervt das Notebook zu. Ständig musste er an diese Kuss-Sache denken. Johannes küsste schon, allerdings keine käuflichen Liebesdiener. Seinen letzten längeren Partner hatte er gern geküsst. Okay, diese Bezeichnung war wohl eher ein Witz für die gerade mal einen Monat anhaltende Liaison mit Andreas. Am Ende hatte sich herausgestellt, dass es eher Johannes‘ Geld war als er selbst, auf das Andreas flog. Daraufhin hatte er sein Herz verschlossen und sich geschworen, nie wieder einen Mann hereinzulassen.
Diesmal betrug Santanders Verspätung zehn Minuten. Johannes war entsprechend sauer, ließ seinen Gast wortlos eintreten und verschränkte die Arme vor der Brust. „Was war’s diesmal?“
„Die Bahn kam nicht.“ Ungerührt zuckte Santander die Achseln.
„Pünktlichkeit ist so etwas wie Höflichkeit gegenüber dem Gastgeber.“
„Du bist mein Kunde, kein Gastgeber. Jedenfalls meinte die Agentur, dass du mich für Sex buchen willst.“
Ungläubig schüttelte Johannes den Kopf. Santanders Kaltschnäuzigkeit imponierte ihm einerseits, andererseits verunsicherte sie ihn. „Sag mal, kannst du auch anders? Ich meine: Kannst du ein bisschen zugänglicher sein? Immerhin bist du meine erste Wahl als Reisebegleiter.“
„Echt?“ Kurz bogen sich Santanders Mundwinkel hoch. „Ich dachte, Titus hätte das große Los gezogen.“
„Der wäre mir auf jeden Fall gerade um den Hals geflogen.“
„Soll ich das jetzt auch tun?“ Der blöde Kerl machte Kulleraugen.
„Tu dir keinen Zwang an.“ Johannes musste grinsen. „Ach nein, das würde bei dir lächerlich wirken.“
„Hast du mich zum Quatschen oder Bumsen herbestellt?“
„Was bist du noch gleich von Beruf? Fäkalakrobatiker?“
„Freiberuflicher Journalist. Ist ja fast das Gleiche.“ Santander gluckste. „Ehrlich gesagt käme mir die Reise gerade recht. Könnte hinterher versuchen, einen Bericht darüber irgendwo unterzubringen.“
„Okay. Das hört sich doch schon ganz anders an. Lass uns ins Schlafzimmer gehen.“ Johannes war erleichtert über Santanders Einlenken. Der Kerl war wirklich eine harte Nuss, dabei aber amüsant. „Zieh bitte vorher die Schuhe aus.“
Der Schlafraum lag, genau wie das Wohnzimmer, auf der hinteren Seite der Villa. Johannes hatte ihn in hellen Farben einrichten lassen. Anerkennend ließ Santander den Blick umherschweifen, setzte sich auf die Bettkante und zog die Socken von seinen Füßen. Anschließend entledigte er sich dem Rest seiner Kleidung. Wieder faszinierte Johannes die schöne Hautfarbe. Während auch er sich auszog, konnte er den Blick nicht von dem sexy Kerl lassen. Selbstvergessen spielte Santander an seinem Geschlecht herum, dabei betrachtete er den Kunstdruck, der über dem Bett hing.
„Endlich mal kein männlicher Akt“, meinte er lobend.
„Hängen bei all deinen anderen Kunden nur Akte?“ Johannes ließ die Shorts bis auf seine Füße fallen, stieg heraus und gesellte sich zu Santander.
„Berufsgeheimnis.“ Anscheinend merkte er endlich, dass er sich im Schritt herumfummelte, denn er zog mit einem verlegenen Grinsen die Hand weg. „Wie willst du mich?“
„Weich und nachgiebig“,
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Sissi Kaiserlos
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Tag der Veröffentlichung: 10.05.2015
ISBN: 978-3-7368-9731-1
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