Cover

Positiver Sommer, Hitze und Herzglühen

Die HomoSchmuddelNudeln präsentieren:

 

Positiver Sommer, Hitze und Herzglühen


Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden, Ähnlichkeiten rein zufällig.

 

Der Inhalt dieses Buches sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Covermodels aus.

 

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder eine andere Verwertung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autoren.

 

Ebooks sind nicht übertragbar und dürfen nicht weiterveräußert werden. Bitte respektieren Sie die Arbeit der Autoren und erwerben eine legale Kopie. Danke!

 

Texte: siehe Inhaltsverzeichnis, alle Rechte liegen bei den Autoren

 

Foto von shutterstock, Design Lars Rogmann


Für die Korrekturen ein Danke an Aschure und Ginva.


Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser,

 

dieses Buch beinhaltet Geschichten rund um den Sommer, die Liebe und einige Storys beschäftigen sich mit HIV. Es handelt sich immer um Liebe unter Männern. Alle Autoren, Korrektoren und Helfer arbeiten ehrenamtlich und spenden den gesamten Erlös einem gemeinnützigen Verein, hier wieder den Schwestern der Perpetuellen Indulgenz e.V. in Berlin.

Ich möchte allen Mitstreitern danken und natürlich im Vorwege auch denen, die das Buch kaufen und damit der Sache zum Erfolg verhelfen.

 

Viel Spaß mit den Storys wünscht

 

Für die HomoSchmuddelNudeln - Sissi Kaiserlos


Sissi Kaipurgay - Fünf vergeudete Jahre?


Ein Treffen an der Alster, nachdem fünf Jahre Funkstille geherrscht hat. Akim weiß nicht worauf er hoffen soll. Vorläufig wäre er froh, wenn Harry wirklich erscheint.

~ * ~


Der Platz am Alsterlauf hatte sich stark verändert, zahlreiche Büsche waren inzwischen gewachsen, nur die alte Linde stand unverändert da. Damals hatten sie ihre Namen in deren Rinde geschnitzt. Natürlich war Akim schon vor einigen Tagen hier gewesen, um zu prüfen, ob er die Stelle überhaupt wiederfand. Trotz der fünf Jahre, die er nicht mehr hier gewesen war, entdeckte er sie rasch. Bei der Gelegenheit hatte er ein paar Schösslinge entfernt und Steine gesammelt, um sie ringförmig als provisorische Feuerstelle anzuordnen. Akim stellte seinen Rucksack ab und ließ den Nylonbeutel mit dem Zelt ins Gras fallen. Der Himmel war bedeckt und die Wettervorhersage kündigte Regen an. Strahlender Sonnenschein wäre ihm natürlich lieber, aber im Grunde war ihm das Wetter egal. Nur das Wiedersehen mit Harry zählte und er hoffte sehr, dass es wirklich stattfinden würde.

Zwei Monate nach ihrer Trennung hatten Harry und er sich getroffen und relativ vernünftig miteinander gesprochen. Zu dem Zeitpunkt waren die Emotionen etwas abgekühlt, daher konnten sie überhaupt einigermaßen gelassen miteinander reden. Es war Harrys Vorschlag gewesen, fünf Jahre Gras über die Sache wachsen zu lassen. Wieso es genau dieser Zeitraum sein sollte, wusste Akim nicht. Vielleicht nahm Harry an, dass sie nach dieser langen Periode erwachsen sein würden. Jedenfalls schlug er vor, dass sie sich nach dieser Zeitspanne hier treffen sollten. Akim hatte zugestimmt und sie verabschiedeten sich mit Handschlag.

Seitdem war vieles passiert. Nachdem er sein BWL-Studium abgeschlossen hatte, fand Akim eine Stelle als Controller in einem Konzern. Der ständige Geldmangel war einem dicken Bankkonto gewichen, Liebhaber kamen und gingen. Keiner von ihnen konnte Harry das Wasser reichen. Sie waren sich zwar aus dem Weg gegangen, aber über gemeinsame Freunde erfuhr Akim das eine oder andere. Insbesondere Harrys Infektion mit dem HIV-Virus hatte sich natürlich wie ein Lauffeuer verbreitet. Damals, als er davon hörte, wäre er am liebsten zu seinem Ex-Freund gegangen und hätte ihm Trost gespendet. Das war inzwischen drei Jahre her, dennoch tat ihm der Gedanke immer noch weh, dass Harry ganz allein mit der Diagnose zurechtkommen musste. Natürlich stimmte das nicht ganz. Harry hatte genug andere Freunde, die ihm halfen.

Darüber, wie das überhaupt passieren konnte, gab es unterschiedliche Gerüchte. Die einen munkelten, dass es ein Sexunfall gewesen wäre, andere sprachen von einer infizierten Injektionsnadel. Harry hatte seinen Zivildienst in einem Hospiz absolviert und auch später, während des Studiums, dort ausgeholfen. Unter den Kranken befanden sich viele HIV-Infizierte, weshalb die zweite Möglichkeit durchaus in Betracht kam. Vielleicht würde Harry heute das Geheimnis lüften, sofern er überhaupt erschien.

Akim holte die Isomatte aus dem Rucksack, legte sie auf den Boden und ließ sich darauf nieder. Sie hatten keine Uhrzeit vereinbart, nur den Tag festgelegt. Es war erst kurz nach drei, weshalb er sich auf eine lange Wartezeit einrichtete. Früher, als sie noch ein Paar waren, hatten sie diesen Ort meist gegen Abend aufgesucht. Akim war zu ungeduldig gewesen und einfach aufgebrochen. Nun, wo das ersehnte Treffen endlich anstand, hatte er Hummeln im Arsch.

Er legte sich auf den Rücken, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und starrte hoch in den grauen Himmel. Seine Gedanken wanderten zurück zu der Zeit, in der Harry und er ein glückliches Paar waren. Mit Anfang zwanzig hatten sie sich in einem Club kennen gelernt. Es war Liebe auf den ersten Blick. Sie landeten im Bett und zogen schon bald zusammen in eine winzige Bude. Damals nannte man sie die siamesischen Zwillinge, weil sie genau wie diese förmlich aneinander klebten. Zwei Jahre ging das gut, dann begannen die Streitereien. Gott, waren sie damals jung und naiv gewesen. Harry wollte mehr Freiraum, eine offene Beziehung führen und Erfahrungen sammeln. Akim wehrte sich vehement dagegen. Es kam, wie es kommen musste: Harry ging fremd. Das dritte Jahr ihrer Beziehung bestand aus Streit und Versöhnungen, bis Akim einfach nicht mehr konnte. Er zertrümmerte ihr gesamtes Geschirr, packte seine Sachen und verließ Harry.

Die Zeit danach war ein Tal aus Tränen und Kummer. Akim brauchte Monate, bis er einigermaßen mit der Trennung klarkam. Selbst heute, nach so langer Zeit, schmerzte die verschorfte Wunde immer noch, wenn er daran rührte. Gerade tat sie wieder weh, daher stand er auf, griff nach dem Zeltsack und sah sich nach einer geeigneten Stelle um. Er musste sich ablenken und irgendwie beschäftigen, sonst wurde er noch verrückt.

Direkt neben der Linde war der Boden von dicken Wurzeln durchzogen. Akim breitete das Zelt in einigem Abstand zu dem Baum auf dem Boden aus. Nachdem er die flexiblen Stangen durch die Schlaufen des Außenzeltes geschoben hatte, konnte er es ganz einfach aufstellen und mit Heringen befestigen. Die Innenkabine war schnell eingehängt und schon war er wieder ohne Beschäftigung. Akim zog sein Handy hervor, prüfte die Uhrzeit und seufzte genervt. Halb vier. Sollte er Harry anrufen und sich auf diese Weise vielleicht ein vergebliches Warten ersparen? Er suchte die Nummer in seinem Adressbuch, bis ihm einfiel, dass er sie damals wütend gelöscht hatte. Tja. Nun blieb ihm nichts anderes übrig, als hier so lange herum zu hocken, bis der Kerl auftauchte.

Akim holte eine Flasche Wasser aus dem Rucksack, trank einen Schluck und musterte wieder kritisch den Himmel. Noch war zwischen den Wolken vereinzelt blau zu erkennen. Sein Magen knurrte, da er seit dem Frühstück nichts gegessen hatte. Er beschloss ein Feuer zu machen und ein paar Würstchen zu grillen. Eine Tüte Holzkohle hatte er dabei, so dass er kein Holz suchen brauchte. Dank eines Grillanzünders schlugen bald Flammen aus der Kohle. Akim kniete sich auf die Isomatte, kramte einen Grillrost hervor und legte ihn ins Gras.

„Hallo Akim.“ Erschrocken fuhr er herum und entdeckte Harry, der, mit einem unsicheren Lächeln auf den Lippen, einige Meter entfernt stand. „War nicht sicher, ob du noch daran denken würdest.“

„Ich wusste auch nicht, ob du wirklich kommst.“ Akim spürte, dass seine Mundwinkel hochwanderten. Harrys Anblick versetzte ihn in Hochstimmung. „Fünf Jahre sind eine verdammt lange Zeit.“

„Mhm.“ Harry kam näher, wobei er seinen Rucksack von den Schultern gleiten ließ. Neben Akim blieb er stehen und betrachtete das Feuer. „Kommt mir aber gerade vor, als wären nur Tage vergangen. Die Feuerstelle, das Zelt …“ Er nickte in Richtung des Halbtonnenzeltes. „Ist irgendwie genauso wie damals. Sogar die Linde mit unseren Schnitzereien.“

Akim griff nach einem Stock und stocherte in der Kohle herum. Seine Kehle war gerade zu eng zum Sprechen. Das Wiedersehen wühlte viele Erinnerungen auf, schöne als auch schlechte. Harry sah noch besser aus als damals, irgendwie männlicher und reifer. Funken stoben hoch. Er wich ein Stück zurück, griff nach dem Grillrost und legte ihn über die Feuerstelle. Anschließend zog er eine Packung Würstchen aus dem Rucksack und riss sie auf. „Magst du …“ Akim musste sich räuspern, um den Kloß aus dem Hals zu bekommen. „Magst du auch ein paar Würstchen?“

„Gern.“ Harry kniete sich neben ihn, wobei er seinen Rucksack ins Gras neben der Matte stellte. „Ich hab auch welche dabei. Vielleicht hätten wir uns absprechen sollen.“

„Hab deine Handynummer nicht mehr“, gab Akim leise zu.

„Ich hatte deine auch nicht mehr. War damals so sauer, dass ich sie gelöscht habe. Vorsichtshalber hab ich sie mir von Dirk geben lassen.“

„Wahrscheinlich hast du dir dafür einen blöden Spruch eingefangen.“ Akim packte ein Würstchen nach dem anderen auf den Rost.

„Nö. Er meinte sogar, dass er es gut findet, wenn wir wieder Kontakt haben.“

Eine plötzliche Windböe ließ Funken auffliegen. Akim sah nach oben und bemerkte, dass die Wolkendecke inzwischen ganz dicht war. „Wir hätten uns wohl besser einen anderen Tag für das Treffen ausgesucht.“

„Ich finde ihn perfekt.“ Harry holte zwei Bierflaschen hervor. „Auf unser Wiedersehen“, sagte er leise, reichte Akim eine der Flaschen und ließ den Verschluss aufplöppen. Sie stießen an und tranken. Akims Blick hing an den Würstchen, auf deren Haut sich Blasen bildeten. Mit dem Stock begann er sie zu wenden, bis alle einmal gedreht waren. Leichter Wind blies den Qualm und Geruch in Richtung Fluss.

„Warum eigentlich fünf Jahre?“ Die Frage brannte ihm schon lange auf der Seele.

„Keine Ahnung. Das hab ich damals einfach so festgelegt, ohne darüber nachzudenken. Ehrlich gesagt hatte ich gehofft, dass wir uns eher wiedersehen.“

Akim sah zu Harry rüber, der nur wenige Zentimeter entfernt auf der Isomatte hockte. Die braunen Haare waren für seinen Geschmack etwas zu kurz. Damals hatte Harry sie länger getragen und er wusste noch, wie weich sie sich anfühlten. Sein Blick wanderte über das kantige Profil seines Ex-Freundes und blieb an dem Mund hängen. Ihre Küsse waren stets der Wahnsinn gewesen. Kein Mann küsste wie Harry, der es fertigbrachte, allein damit Akims Lust in schwindelerregende Höhen zu treiben. Bloß jetzt nicht daran denken, ermahnte er sich, guckte wieder zum Grill und fand, dass die Würstchen dunkel genug aussahen.

An Senf oder Ketchup hatte er nicht gedacht, dafür aber an Teller und Besteck. Während er die Würstchen auf zwei Papptellern verteilte, kramte Harry eine Tube Senf hervor, außerdem eine Papiertüte mit frischen Brötchen.

Akim begab sich in den Schneidersitz, platzierte den Teller auf seinem Schoß und drückte einen dicken Strang Senf darauf. Während er eines der Würstchen aufspießte und in die gelbe Gewürzmasse tunkte, musste er über Harrys Worte nachdenken. „Wieso wolltest du mich eher wiedersehen?“, fragte er kauend.

Harry zuckte die Achseln, biss von seinem Brötchen ab und schubste mit der Gabel die Würstchen hin und her.

„Du hättest dich melden können“, bohrte Akim weiter nach.

„Wer hat denn wen verlassen?“ Harry schaute auf. „Ich wollte mich nicht von dir trennen.“

„Nun fang nicht wieder so an. Für mich funktioniert eine Beziehung nur monogam.“ Akim schnaubte, stopfte den Rest des Würstchens in den Mund und griff nach der Brötchentüte. „Hast du dir das Scheiß-Virus beim Ficken zugezogen?“ Er war absichtlich grob, da er gerade Lust hatte Harry zu verletzen.

„Mhm.“ Sein Gegenüber nickte, schlug die Augen nieder und pulte mit einem Finger das Innere des Brötchens heraus, formte es zu einer Kugel und steckte sie in den Mund. „War ein Unfall“, nuschelte er undeutlich.

„Ach? Zuviel Alkohol?“, ätzte Akim, dem plötzlich der Appetit vergangen war.

„Geplatztes Kondom. Ich würde nie ohne …“ Harry pfefferte das ausgehöhlte Brötchen auf die Matte. „Ich hau wohl besser ab. Keinen Bock mich von dir so anmachen zu lassen.“ Er sprang auf, schnappte sich seinen Rucksack und marschierte einfach los. Sprachlos starrte Akim dem Davongehenden hinterher. Gut, er hatte übertrieben, aber weglaufen war nicht okay. Nicht nach all den Jahren, die er auf das hier warten musste.

„Harry! Bitte! Komm zurück.“ Ein Tropfen landete auf seiner Wange, ein zweiter auf seinem Scheitel. Ausgerechnet jetzt musste es anfangen zu regnen. Akim sammelte rasch die Sachen zusammen, stellte alles ins Zelt und rannte Harry hinterher. Der leichte Regen steigerte sich zu Bindfäden und ging unversehens in einen gewaltigen Schauer über. Die Wassermassen durchtränkten Akims dünne Kleidung, während er dem sturen Kerl nachhetzte. Endlich erreichte er Harry und griff nach dessen Handgelenk.

„Harry, bitte. Ich meinte das nicht so. Ich hab mich so auf dich gefreut“, stieß er atemlos hervor.

Wie in Zeitlupe drehte sich Harry um. Akim wurde prüfend gemustert, dann zuckten Mundwinkel hoch. „Ich mich auch“, sagte Harry so leise, dass Akim es durch den strömenden Regen kaum verstehen konnte.

„Dann lass uns zurückgehen. Oder besser rennen“, bat er.

Als sie am Zelt ankamen, war seine Kleidung bis auf die Unterwäsche durchnässt. Rasch krabbelte Akim ins Trockene. Harry reichte ihm den Rucksack und folgte. Trotzdem es erst halb fünf sein konnte, war es dunkel wie sonst zur Dämmerung. Schweigend hockten sie eine Weile da, bis sich ihre Lungen von dem Sprint erholt hatten.

„Mist! Ich hab mich, glaub ich, in die Würstchen gesetzt“, fluchte Harry leise, robbte ein Stück zur Seite und betrachtete die Bescherung.

„Ich hab eine Rolle Klopapier dabei.“ Akim kramte schon in seinem Rucksack. „Dreh dich auf die Seite“, befahl er, riss ein paar Stücke Papier ab und machte sich daran, Harrys Hosenboden zu säubern. Die Würstchen allein wären halb so wild, aber der Senf war eine ziemliche Schweinerei. Es fühlte sich seltsam vertraut an, Harry so nah zu sein und an seiner Jeans herum zu wischen. Leider übertünchte der intensive Wurst-Senf-Geruch den körpereigenen Duft, den Akim immer so gern gemocht hatte. Er beendete die Säuberungsmaßnahme, packte die benutzen Tücher zu den Würstchen und schob den Pappteller in die äußerste Zeltecke neben dem Ausgang. Immer noch prasselten Wassermassen auf das Nylondach. Das Zelt hatte schon mehrere Unwetter wie dieses überstanden, daher fürchtete Akim kein Durchlecken.

Um sich zu beschäftigen, sortierte er die umherliegenden Sachen. Vorhin musste es schnell gehen, daher lag alles kreuz und quer. Unter der Isomatte fand er den anderen Pappteller mit Würstchen sowie die Brötchentüte. Die Matte legte er auf die linke Bodenhälfte, den anderen Kram verfrachtete er in die Ecke, in der das Innenzelt hinten spitz auslief. Als nächstes kam der Rucksack dran. Schlafsack, Teelichter, ein Kissen und ein Handtuch landeten nacheinander auf dem Boden. Als er kurz aufschaute, begegnete er Harrys Blick. Im Dämmerlicht schimmerten dessen braune Augen wie sehr dunkle Topase. So hatten sie auch immer ausgesehen, wenn sie sich liebten und Harry kurz vorm Höhepunkt stand. Schnell senkte Akim die Wimpern.

„Darf ich mir dein Handtuch leihen?“

Er nickte, reichte Harry das Frotteetuch und rollte anschließend den Schlafsack auseinander. Ob sie überhaupt hier übernachten würden wusste er nicht, musste aber einfach irgendetwas tun. Auf derart engem Raum mit Harry zusammengepfercht zu sein machte ihn hypernervös. Hoffentlich hörte der Regen bald auf. Als er die Teelichter zu der Brötchentüte packte merkte er, dass er zitterte. Die nasse Kleidung wurde allmählich klamm in der sich rasch durch den Regen auskühlenden Luft. Ersatzklamotten hatte er nicht dabei. Wer rechnete schon damit, mitten im Juli komplett nass zu werden?

„Mir ist kalt“, meldete nun auch Harry an.

Dafür gab es nur eine Lösung. Akim streifte die Schuhe von den Füßen. Anschließend zog er sich ganz aus und kletterte in den Schlafsack. Dass Harry dabei zusah störte schon, aber er hatte keine Lust den Schamhaften rauszukehren. Der Mann kannte jede Stelle seines Körpers und hatte sie sowohl mit Händen, als auch seinen Lippen erforscht. Warum sollte er ihn nun bitten wegzusehen? Gleich darauf war auch Harry nackt, warf eine Isomatte neben Akims, danach einen Schlafsack. Im nächsten Moment lagen sie nebeneinander, bis zum Kinn unter wärmenden Daunen eingemummelt. Langsam ließ das Zittern nach und machte einem wohligen Gefühl Platz.

„Weißt du noch damals? Wir beide in Dänemark und es wollte einfach nicht aufhören zu regnen?“, flüsterte Harry.

„Ja. Wir haben uns die Zeit mit Sex vertrieben, damit keine Langeweile aufkam.“ Akim seufzte übertrieben. „Mir brannte danach wochenlang der Hintern.“

Das stimmte natürlich nicht. Nach dem Wochenende in einem winzigen Ferienhaus hatte es nur zwei Tage gedauert, bis er wieder vernünftig sitzen konnte.

„Das gehört zu meinen schönsten Erinnerungen. Ach, Quatsch. Die ganze Zeit mit dir war schön.“

„Fand ich auch.“ Akim lächelte versonnen. „Erinnerst du dich an unsere Rodelpartie, nach der du vier Wochen gehumpelt bist? Nur weil du unbedingt die steilste Piste im Sturzflug nehmen musstest?“

„Hör bloß auf.“ Harry gluckste. „Das war auch schön. Du hast mich umsorgt wie eine Glucke.“

Einen Moment sahen sie einander stumm an, dann wandte Akim den Blick ab, damit er nichts Dummes tat. Am liebsten hätte er Harrys Wange gestreichelt oder … oder ihn geküsst. Das durfte er nicht. Der Kerl zog ihn immer noch magisch an und er musste alle seine Sinne beisammenhalten, damit ihm das Herz nicht wieder ausbüxte. „Sag mal“, flüsterte er, die Augen starr aufs Zeltdach gerichtet. „Magst du mir erzählen wie das passiert ist? Ich meine, wie du dich infizierst hast?“

„Eigentlich nicht.“ Harry schwieg einen Augenblick. „Okay, aber nur die Kurzfassung: Er war richtig sexy und ich scharf. Wir sind zu ihm nach Hause und erst da hat er mir gebeichtet, dass er positiv ist. Ich war zu dem Zeitpunkt schon so rattig, dass ich das Risiko unbedingt eingehen wollte. Das Gummi riss und schon saß ich in der Notfallambulanz. Die PEP-Therapie hat nicht geholfen. Tja. Das war’s auch schon.“

„Und …“ Akim sah zu Harry rüber. „Wie geht’s dir damit?“

„Geht so. Muss eben meine bunten Pillen regelmäßig schlucken. Ansonsten …“ Harry verzog das Gesicht zu einer traurigen Grimasse. „Bin jetzt eben Sondermüll.“

„Bist du nicht.“ Bevor Akim das verhindern konnte, kroch seine Hand aus dem Schlafsack und legte sich auf Harrys Wange. „Du bist ein wundervoller Mensch.“

„Der dich verletzt hat.“ Akim konnte hören, dass Harry schwer schluckte. Erst nun ging ihm auf, dass der Regen nachgelassen hatte. „Ich wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen. Ich war so dumm und hab alles wegen ein paar Ficks weggeworfen.“

„Anscheinend hast du die gebraucht. Oder brauchst sie immer noch.“ Akim machte sich nichts vor. Harrys überbordende Libido hatte ihn anfangs entzückt, bis genau diese zur Trennung führte. Bestimmt tickte er immer noch so. Kein Mensch änderte sich innerhalb von fünf Jahren. Vielleicht hatten sie in zehn eine Chance, aber ob er dann noch wollte, wusste er nicht. Er wusste nicht einmal, ob er sie jetzt wahrnehmen würde. Das Misstrauen saß tief. Es gab Wunden, die ließen sich eben nicht heilen. Er zog die Hand weg.

„Ich wollte damals zu dir und dich trösten, aber irgendwie … irgendwie konnte ich nicht. Dirk meinte, du hättest genug Freunde und ich sollte mich lieber um mich selbst kümmern.“

Harry lachte freudlos auf. „Tja. Damals war plötzlich niemand mehr da. Als hätte ich Lepra oder die Krätze. Nach und nach kamen sie wieder an, aber erst, als ich mir wochenlang die Seele aus dem Leib …“ Er hielt plötzlich inne. „Tschuldige. Das wollte ich nicht erzählen. Du kannst nichts dafür und wahrscheinlich hätte ich dich eh weggeschickt.“

Akims Hand wollte partout wieder zu Harry rüber. Die scharfen Linien streicheln, die sich in dessen Gesicht gegraben hatten. Aus der Nähe sah Harry älter aus als 29. Er wirkte verhärmt und abgeklärt, ganz anders als der stets fröhliche Mann, mit dem Akim einst so glücklich war. Geblieben war Harrys Humor, auch wenn er ihn nun dazu nutzte, sich selbst runterzumachen. Akim mochte sich nicht vorstellen, durch welches Höllenfeuer Harry nach der Diagnose gegangen war. Ihm erschien der eigene Liebeskummer dazu fast profan.

„Der Regen hat aufgehört“, sagte er leise, um das Thema zu wechseln.

„Mhm. Schade. Es ist gemütlich im Schlafsack, wenn Tropfen aufs Zeltdach fallen.“ Harry drehte sich auf den Rücken und starrte nach oben. „Noch gemütlicher, wenn man jemand im Arm hält.“

„Hast du …“ Akim fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. „Hast du aktuell jemand?“

„Nein. Du?“ Harry wandte ihm das Gesicht zu.

„Nichts Festes.“ Das war glatt gelogen. Akims Sexleben lag seit langem brach. Er hatte keine Lust auf anonyme Ficks und es gab niemanden, der sein Herz in Gefahr brachte. Bis auf Harry.

„Aha.“ Harry sah wieder an die Zeltdecke.

Das kleine Wort klang merkwürdig. Es hatte den Anschein, als wäre Harry enttäuscht. Akim kuschelte sich tiefer in den Schlafsack und hing seinen Gedanken nach. Das letzte Mal Sex war mit Dirk gewesen. Eine Art Mitleidsfick, da sie beide solo waren. Gefunkt hatte es nicht und besonders schön war es auch nicht. Im Vergleich zu dem, was zwischen Harry und ihm einst lief, hatte keines der Sexabenteuer bestehen können. Der Mistkerl hatte Akim für alle Zeit für die Männerwelt verdorben. Er konnte nur hoffen, dass irgendwann ein Kerl auftauchte, der ihn Harry vergessen ließ.

„Wollen wir uns die restlichen Würstchen teilen?“, riss Harrys Stimme ihn aus der Grübelei.

Akim fiel auf, dass es inzwischen richtig hell im Zelt geworden war. Sonnenstrahlen prallten auf das Nylon und die Temperatur stieg langsam wieder an. „Gern. Ich hänge mal eben unsere Sachen zum Trocknen auf.“ Er sammelte die Klamotten ein, krabbelte ins Freie und entdeckte einen Regenbogen. In schillernden Farben erstreckte er sich über den Horizont. Während er die Kleidungsstücke auf den Zeltleinen verteilte, verschwand die farbenfrohe Erscheinung. Man sagte, dass am Ende eines Regenbogens ein Topf Gold zu finden sei. Ob am Ende dieses Treffens ein Eimer Kummer übrigblieb?

Akim ließ den Blick über die in der plötzlichen Wärme dampfende Natur schweifen, bevor er auf allen Vieren ins Zelt zurückkehrte. Harry saß im Schneidersitz da, den Schlafsack über seine Mitte drapiert und taxierte Akims Körper. Ob Harry ihn immer noch sexy fand? Ach, war das nicht egal? Schließlich hatten sie sich nicht getroffen, um die Beziehung wieder aufleben zu lassen oder Sex zu haben. Akim betrachtete das Treffen eher als einen Versuch, freundschaftlich miteinander umzugehen und die alte Wunde endlich ganz zu heilen.

„Tadaa!“, kündigte Harry in feierlicher Tonlage an. „Würstchen mit Butterkeksen, Brötchen und Senf. Ich kann auch noch einen Müsliriegel dazu anbieten.“

Akim gluckste, während er sich hinsetzte und den Schlafsack über seinen Schoß zog. „Lecker. Ich glaube, ich hab irgendwo noch ein paar getrocknete Aprikosen.“ Er angelte nach seinem Rucksack, wühlte darin herum und tatsächlich: Ganz unten ertastete er eine Tüte. Als er sie hervorzog, beförderte er versehentlich noch etwas anderes aus der Tasche. Ein Streifen Kondome fiel auf die Matte. Akim spürte, dass Hitze seinen Hals hochkroch und sich in den Wangen ausbreitete. Die verdammten Dinger stammten von seinem letzten Ausflug, vor ungefähr einem Jahr. Sie mussten sich in einem Winkel versteckt haben und ausgerechnet jetzt kamen sie ans Tageslicht. Hoffentlich dachte Harry nicht, dass er sie mit Hintergedanken eingepackt hatte.

„Öhm. Also … an die hab ich gar nicht mehr gedacht. Die sind bestimmt abgelaufen, so lange, wie die schon in dem Rucksack liegen.“ Er schnappte sich den Streifen und las das Haltbarkeitsdatum. Es blieben ihm noch zwei Jahre, die Gummis ihrer Bestimmung zuzuführen.

„Ich hab auch welche dabei.“ Harry zuckte mit den Achseln. „Ich hab immer welche dabei. Falls sich jemand findet, der Lust hat, mit einem verseuchten Gruftie zu bumsen, will ich gerüstet sein.“

Akim schluckte schwer. Das hörte sich ganz so an, als ob Harry nur noch wenig Gelegenheit zum Ficken bekam. Er stopfte die Kondome in den Rucksack und riss die Tüte Aprikosen auf. Schweigend teilten sie sich das Essen, während die Luft im Zeltinneren immer wärmer wurde. Die Sonne gab sich wirklich alle Mühe, das anfangs schlechte Wetter in Vergessenheit geraten zu lassen. Akim warf einen Blick durch den offenstehenden Zelteingang. In den Gräsern entdeckt er noch einige glitzernde Wassertropfen. Es war unwahrscheinlich, dass der Boden bis zum Einsetzen der Dämmerung wieder ganz trocken wurde, dazu war der Regenguss zu heftig gewesen.

„Hast du noch Holzkohle dabei? Wenn ja, könnten wir später meine Würstchen grillen.“ Harry leckte die Finger seiner Rechten ab. „Das hier reichte ja mal gerade für den hohlen Zahn.“

„Kohle: Ja. Grillanzünder: Nein.“ Akim seufzte. „Wie sieht’s mit Papier aus?“

„Oh Mann! Du verlangst, dass ich mein Farbmagazin opfere?“ Entsetzt riss Harry die Augen auf. Akim war völlig perplex, dass sein Gegenüber eine Wichsvorlage dabei hatte und guckte wohl auch so, denn Harry gluckste amüsiert. „Nein. Es ist nur eine Zeitung. Wollte gerüstet sein, falls ich auf dich warten muss.“

Da war Harry weitsichtiger als er selbst gewesen. „Hast du fest damit gerechnet, dass ich komme?“

„Nein.“ Bedächtig schüttelte Harry den Kopf. „Ehrlich gesagt war ich ziemlich erstaunt, als ich dich hier gesehen habe.“

„Wieso? Es war doch abgemacht.“

„Fünf Jahre sind eine lange Zeit und bei den Gelegenheiten, bei denen wir uns gesehen haben, hast du mich ignoriert. Stichwort: Dirks Geburtstagspartys, um nur ein Beispiel zu nennen. Ich dachte, du hast mich komplett aus deinem Leben gestrichen.“

„Hätte ich Smalltalk mit dir machen sollen? Fand ich irgendwie unpassend.“

„Du hast recht.“ Harry zupfte mit gesenktem Blick an dem Stoff seines Schlafsacks herum. „Hör mal …“ Er sah wieder hoch. „Lass uns die alten Kamellen vergessen. Erzähl mal lieber, was du so machst.“

Beide hatten sie BWL studiert und Akim arbeitete inzwischen als Controller in einem Konzern, während Harry im elterlichen Betrieb als Juniorchef fungierte. Damit gab es genug Stoff über den sie reden konnten, ohne gefährliches Terrain zu betreten. Ab und zu lachte Harry, wenn Akim irgendeine Anekdote aus seinem Berufsalltag zum Besten gab. Die Stimmung war friedlich und es fühlte sich für den Moment so an, als wären sie tatsächlich Freunde. Akim wusste natürlich, dass der Schein trog. Zwischen ihnen herrschte immer noch eine latente Spannung, die jenseits der Grenzen von reiner Freundschaft lag.

„Ich muss dringend pissen.“ Harry befreite sich von seinem Schlafsack und kroch aus dem Zelt. Akim musste mehrfach blinzeln, da er kurz mit dem geilsten Arsch der Welt und zwei richtig scharfen Eiern konfrontiert wurde. Er brauchte einen Augenblick, um sich von diesem Anblick zu erholen, dann folgte er Harry nach draußen. Auch seine Blase war bis zum Bersten gefüllt.

Die Luft war, im Gegensatz zu der im Zelt, angenehm frisch. Nach dem Stand der Sonne zu urteilen, dürfte es inzwischen sieben sein. Akim verrichtete seine Notdurft hinter einem Busch, kehrte zum Zelt zurück und holte die Isomatte daraus hervor. Die Feuerstelle war leider komplett ersoffen, da sie in einer Mulde lag. Er ließ die Matte davor aufs Gras fallen, nahm seine klammen Shorts von der Leine und stieg mit Todesverachtung hinein. Anschließend suchte er nach einem geeigneten Stock, kniete sich auf die Isomatte und entfernte ein paar Steine der Umrandung, damit er die nasse Kohle aus der Vertiefung schieben konnte.

„Hast du etwa keinen Klappspaten dabei?“, erklang Harry Stimme in seinem Rücken.

„Ausnahmsweise nicht. Die Axt hab ich auch zu Hause vergessen“, scherzte Akim, sah über die Schulter und verschluckte sich an der eigenen Spucke. Genau auf Augenhöhe befand sich Harrys Glied. Schnell wandte er den Blick ab, aber es war schon zu spät. In seiner Mitte sammelte sich Blut und kündigte eine Erektion an. „Scheiße! Zieh dir was an.“

„Warum? Du kennst meinen Schwanz, ich deinen. Soll ich mir eine Erkältung holen, nur weil du plötzlich schamhaft bist?“

Wie hatte er nur vergessen können, dass für Harry ein Infekt lebensbedrohlich war? Jedenfalls nahm er das nach seinem Kenntnisstand über HIV an. Voller Reue stand er auf und drehte sich ganz zu Harry um. „Tut mir leid. Du könntest mein Handtuch umbinden … oder so“, endete er lahm.

„Wenn’s dir hilft.“ Harrys Miene drückte Unverständnis aus, dennoch kroch er ins Zelt und kam mit dem Handtuch in der Hand wieder daraus hervor. Er wickelte den Frottee um seine Hüften und verknotete ihn seitlich. „Besser?“

„Mhm.“ Akim wandte sich wieder der Feuerstelle zu. Nachdem er die Holzkohlereste aus der Mulde entfernt hatte, legte er die Steine wieder an Ort und Stelle. Anschließend sammelte er einige Kiesel, füllte die Kuhle damit auf und betrachtete zufrieden sein Werk.

„Brauchst du nun die Zeitung?“, meldete sich Harry, der die Aktion stumm verfolgt hatte, zu Wort.


Wenig später brannte die Holzkohle. Harry hatte seine Isomatte neben die von Akim gelegt und Würstchen, sowie zwei Flaschen Bier aus seinem Rucksack hervorgezaubert. Es war angenehm in der warmen Sonne zu sitzen und zuzugucken, wie die Kohle langsam durchglühte. Akim liebte Camping. Harry war eher der Typ für Hotelbetten, hatte aber ihm zuliebe damals jeden Ausflug mitgemacht. Dass ihr Treffen ausgerechnet in der freien Natur stattfand, wertete er als ein besonderes Zugeständnis vonseiten Harrys. Eine Art Entgegenkommen und Bitte um Verzeihung. Natürlich konnte er mit dieser Interpretation völlig falsch liegen, aber sie gefiel ihm, daher fragte er nicht nach dem wahren Grund.

„Mein Magen knurrt“, maulte Harry, der neben ihm auf der Matte hockte.

„Geht ja gleich los.“ Akim stocherte mit einem Stock in der Kohle, griff nach dem Grillrost und legte ihn über die Steine. Anschließend verteilte er die Schinkenwürstchen darauf. Die Hitze war so groß, dass einige der Würstchen mit einem Zischen aufplatzten. „Warst du je wieder zelten, nachdem wir …?“ Er warf Harry einen kurzen Blick zu, um sich dann wieder auf den Grill zu konzentrieren.

„Nein. Du kennst mich doch.“

„Bist du überhaupt in Urlaub gefahren?“ Akim wendete die Würstchen mit dem Stock. Fett tropfte auf die Kohle, zischte und Qualm stieg auf. Er rutschte ein Stück von der Feuerstelle weg, um das Zeug nicht in die Augen zu bekommen.

„Klar. Mehrmals.“


Während sie die Würstchen verspeisten, berichtete Harry von seinen Reisen nach Thailand, Australien und Indien. Akim hörte gern zu, schon weil er Harrys tiefe Stimme sehr mochte. Von ihm aus hätte er den ganzen Abend dem sexy Organ lauschen können. Als alle Schinkengriller verputzt waren, öffnete Harry die Bierflaschen und reichte ihm eine.

„Auf die schöne Zeit, die wir miteinander hatten.“ Er prostete Akim zu und trank.

„Ja, auf die schöne Zeit“, murmelte Akim, drehte die Flasche in seinen Händen und starrte in die glühenden Kohlen.

„Meinst du, dass wir noch zusammen wären, wenn ich meinem Drang nach Freiheit nicht nachgegeben hätte?“

Darüber hatte Akim schon mehrfach nachgedacht und schüttelte entschieden den Kopf. „Nein, glaube ich nicht. Du wärest unzufrieden gewesen.“

„Aber du bist trotzdem sauer, weil du mir nicht genügt hast“, riet Harry.

„Klar. Ich meine, wie hättest du dich gefühlt?“ Akim setzte die Flasche an die Lippen, trank einen Schluck und wandte sich Harry zu. „Du weißt, dass Sex für mich einen besonderen Stellenwert hat.“

„Ja, weiß ich.“ Harry schlug die Augen nieder. „Für mich inzwischen auch.“

„Weil er so selten ist?“, fragte Akim direkt.

„Zum einen, weil er selten ist, zum anderen, weil ich nicht mehr gedankenlos herumvögele.“

„Ach? Was soll das denn heißen? Lässt du dir von deinen Fickpartnern jetzt vorher einen Ausweis zeigen, oder was?“

„Haha“, machte Harry lahm. „Nein. Ich hab nur festgestellt, dass es schöner ist, wenn ich meinen Partner mag.“

„Na, Heidewitzka! Was für eine Erkenntnis.“ Akim prostete seinem Gegenüber zu. „Auf deine Erleuchtung.“

„Arschloch.“ Harry drehte ihm den Rücken zu, wobei sich das Handtuch löste. Er fluchte, stellte das Bier ins Gras und zog den Stoff mit einem Ruck unter seinem Hintern hervor. „Könntest du bitte aufhören so ätzend mit mir zu reden?“

„Tut mir leid. Ich fürchte, da ist immer noch ganz viel Wut in mir, trotz all der Jahre“, gab Akim leise zu.

„Das verstehe ich schon, aber ich kann die Vergangenheit nicht ändern.“ Harry guckte über die Schulter. „Wollen wir uns prügeln, damit du deinen Zorn an mir auslassen kannst?“

„Schlammcatchen? Nein, das würde auch nichts nützen.“

Beklemmendes Schweigen entstand. Akims Blick war auf Harrys nackten Rücken gerichtet. Im Grunde war er nicht wütend wegen damals, sondern auf sich selbst. Er hasste sich für die Gefühle, die er nicht für Harry hegen wollte. Hegen durfte. Die Sehnsucht, den verdammten Mistkerl zu berühren, wuchs mit jeder vergehenden Minute. Akim musste sich zwingen woanders hinzusehen, damit er dem nicht nachgab. Mit hastigen Zügen leerte er die Flasche, stellte sie neben die Feuerstelle und nahm den Rost von den Steinen. Die glühenden Kohlen strahlten immer noch Hitze aus. Er stocherte darin herum, bis ein paar Funken aufflogen. Der elektrische Signalton eines Handys durchbrach die Stille. Seines konnte es nicht sein, das klang anders.

Als Harry aufstand und zum Zelt ging, musste Akim einfach hinsehen. Die strammen Hinterbacken waren anbetungswürdig, so wie der Rest von dem sexy Kerl. Harry war immer noch anzusehen, dass er einst Leistungssport betrieben hatte. Seine gut definierten Muskeln bewegten sich geschmeidig unter der glatten Haut. Akim wandte sich wieder der Feuerstelle zu. Gleich darauf kehrte Harry zurück, ließ sich neben ihm auf die Matte fallen und legte das Handtuch nachlässig über seinen Schoß.

„Zeit für die bunten Pillen“, murmelte er.

„Was für Pillen?“ Akim beäugte die bunten Dragees, die Harry aus einer kleinen Dose in seine Handfläche schüttete.

„Die, die dafür sorgen, dass meine Viruslast niedrig bleibt.“ Harry griff nach seinem Bier, warf die Pillen in den Mund und spülte sie runter.

„Bedeutet das, dass du nicht ansteckend bist?“ Akim hatte sich natürlich im Internet umgesehen, nachdem er von Harrys Infektion erfuhr. Richtig schlau war er nicht aus den verwirrenden Informationen geworden.

„Genau.“

„Wie oft musst du die Dinger schlucken?“

„Alle 12 Stunden, möglichst immer zur gleichen Zeit.“ Harry schüttelte das Döschen. „Hier drin ist die Ration für morgen früh, falls du Lust hast, mit mir hier zu übernachten.“

Mit ihm zu übernachten. Akim musste lächeln. Das klang total süß. „Ich guck mal, ob unsere Klamotten inzwischen trocken sind.“ Er musste etwas tun, sonst würde er Harry um den Hals fallen und ihn küssen. Die Sachen waren noch ein wenig klamm, aber bis zum nächsten Morgen bestimmt trocken. Er sammelte sie ein und legte sie ins Zelt. Da die Luft langsam kühler wurde, nahm er die Schlafsäcke und kehrte zur Feuerstelle zurück. Einen warf er Harry zu, den anderen schlang er um seine Schultern und setzte sich wieder hin.

„Du hast nicht zufällig noch ein Bier dabei?“, erkundigte er sich hoffnungsvoll. Er selbst hatte nur Wasser eingepackt.

„In meinem Rucksack.“ Harry machte Anstalten aufzustehen.

„Ich hol ihn“, kam Akim ihm zuvor. Im Moment konnte er Harrys nackten Anblick nicht verkraften. Er holte den Rucksack und stellte ihn auf der Isomatte ab. Gleich darauf hielt er ein neues Bier in der Hand. Die Sonne hatte sich inzwischen hinter hohen Bäumen verkrochen und näherte sich immer mehr dem Horizont. Akim schätzte, dass es ungefähr in einer Stunde dunkel werden würde.

„Meinst du, dass du in fünf Jahren weniger sauer auf mich bist?“, fragte Harry leise, schob den Rucksack beiseite und sah ihm direkt in die Augen.

„Ich bin nicht sauer auf dich“, gestand Akim, nahm einen kräftigen Schluck aus der Flasche und fügte hinzu: „Eher auf mich.“

„Wieso das denn?“ Harry hob erstaunt die Augenbrauen.

„Weil ich dumm bin“, wich Akim aus. Er hätte besser den Mund gehalten. Harry brauchte von seiner Schwäche nichts wissen.

„Das ist mir neu.“

„Was hast du dir eigentlich vor fünf Jahren vorgestellt, wie dieses Treffen hier laufen soll?“ Akim musste das einfach fragen, selbst wenn dadurch unangenehme Wahrheiten ans Tageslicht kamen. Sie konnten schließlich nicht ewig um den heißen Brei herumtanzen.

„Ich glaube …“ Harry hielt den Blick auf seine Flasche gesenkt und knibbelte an deren Etikett herum. „Ich glaube, ich wollte dich irgendwie an mich binden. Dass du auf mich wartest. Klingt blöde, oder?“ Er sah kurz hoch. „Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dich für immer zu verlieren.“

Puh! Das war schwer zu verkraften. Akim musste die Worte erstmal sacken lassen. Wieso wollte Harry, dass er auf ihn wartete? Glaubte er wirklich, nach allem was vorgefallen war, dass Akim ihm erneut Vertrauen schenkte? „Du spinnst“, murmelte er, setzte die Flasche an die Lippen und trank sie zügig aus.

„Ich weiß.“ Auch Harry leerte sein Bier, stellte es weg und zog sich den Schlafsack enger um die Schultern. „In den letzten Monaten hab ich diesen Tag immer mehr herbeigesehnt. Ich wollte dich sehen und rausfinden, ob da noch Gefühl ist.“

Akims Kehle wurde ganz eng. „Und?“, brachte er mühsam hervor.

„Da ist noch was. Da ist noch ein ganzer Haufen davon.“ Harrys Augen glänzten, als würden Tränen dahinter lauern.

„Und nun?“ Akims Herz klopfte immer schneller. Die Sehnsucht nach einem Kuss nahm in beängstigendem Tempo zu.

„Na ja. Jetzt weißt du es eben.“ Sein Gegenüber fummelte mit hängendem Kopf an dem Schlafsack herum.

„Und … und wieso erst jetzt?“ In seinem Kopf schwirrten tausend Fragen herum. Warum hatte Harry sich nicht eher gemeldet, wenn er doch angeblich noch Gefühle hegte? Wollte er nur Sex und log ihn deshalb an? Ach nein, so interessant war er, Akim, nun auch wieder nicht. Oder fand sich kein anderer, der mit einem HIV-Infizierten bumsen wollte?

Harry zuckte die Achseln. „Ich hab mich nicht getraut. Du weißt doch, dass ich ein Feigling bin.“

Akim erhob sich schwerfällig. Er brauchte eine Auszeit, sonst würde sein Schädel platzen. „Ich geh eine Runde spazieren“, murmelte er.

Eine Weile schritt er schnell durch das Gras, bis sich das Chaos in seinem Kopf etwas legte. Harry hatte noch Gefühle für ihn. Das war doch eigentlich schön. Akims Liebe war nie erloschen, hatte all die Jahre überdauert und nun gab es vielleicht eine Chance für sie. Er wäre ein Narr, wenn er diese ungenutzt verstreichen ließe. Akim kehrte um.

Harry lag ausgestreckt, in seinen Schlafsack gewickelt, auf den Matten. Mittlerweile war die Sonne ganz verschwunden, erste Sterne blinkten am Firmament. Akim kniete sich vor Harry hin, streckte die Hand aus und streichelte seine Wange mit dem Bartschatten. Die raue Haut kribbelte unter seinen Fingerspitzen. „Darf ich dich küssen?“, erkundigte er sich flüsternd.

„Mhm.“ Harry drehte leicht den Kopf. Seine braunen Augen, die eben noch traurig geguckt hatten, begannen zu schimmern. Bei der ersten Berührung knisterte ein Funke zwischen ihnen, als wären sie statisch aufgeladen. Akim zuckte zurück, rieb sich über den Mund und versuchte es erneut. Warm und fest schmiegten sich Harrys Lippen an seine. Der Duft und Geschmack war noch genau wie damals, nur das Gefühl war anders. Reifer. Geduldiger. Akim kostete die Berührung mit allen Sinnen aus. Als er den nächsten Kuss initiierte, war sein ganzer Körper bereits in Mitleidenschaft gezogen. Eine Gänsehaut nach der anderen überlief ihn. Sein steifes Glied hob den Stoff der Shorts wie ein Zeltdach nach oben.

„Kommst du zu mir in den Schlafsack?“, nuschelte Harry, klappte ihn auf und sorgte mit seinem nackten Luxuskörper für noch mehr Aufregung in Akims Unterwäsche.

„Lass uns deinen als Unterlage benutzen und meinen als Decke.“ Akim wich ein Stück zurück, damit Harry den Schlafsack auf den Matten ausbreiten konnte. Anschließend legte er sich zu ihm und deckte sie mit seinem Daunenschlafsack zu. Es war herrlich in der warmen Hülle zu liegen, die Sterne über ihnen und Harrys Duft in seiner Nase. Wieder trafen sich ihre Münder, während Hände zögernd auf Erkundungstour gingen. Für Akim war Harrys Körper einerseits vertraut, andererseits kam er ihm nach all der Zeit etwas fremd vor. Seine Finger glitten über Muskelstränge, die Wirbelsäule, seidenglatte Hinterbacken und an den empfindlichen Seiten wieder hoch. Ihm widerfuhr die gleiche Behandlung. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er seit ihrer Trennung nicht mehr gestreichelt worden war.

Unter dem allmählich von dunkelblau zu tiefschwarz wechselnden Sternenhimmel fiel Akim in einen verzückten Rauschzustand. Harry machte keinen Versuch die Boxer zu entfernen, ließ nur ab und zu die Finger unter deren Bund gleiten. Gerade diese Zurückhaltung turnte Akim an. Damals, als sie jung waren, hatten sie sich die Klamotten ohne Umschweife runtergefetzt und waren übereinander hergefallen. Das war auch geil gewesen, aber das hier gefiel ihm im Moment weitaus besser. Er wünschte sich mehr Licht, um Harry besser sehen zu können. Es war zwar Vollmond, aber noch hatte der Erdtrabant seinen höchsten Stand nicht erreicht.

„Hab so oft hiervon geträumt“, murmelte Harry, eine Hand an seine Wange gelegt und streichelte ihm mit dem Daumen über den Nasenflügel. „Ist so schön.“

„Mhm.“ Akims Hals war total ausgedörrt. Er leckte sich über die wunden Lippen und schob das Becken vor, bis ihre Mitten aufeinandertrafen. Der Wunsch nach Sex gewann immer mehr Oberhand. Wann war er das letzte Mal derart erregt gewesen, dass er seinen rechten Arm für einen Orgasmus hergeben würde? Ewig her. Fünf Jahre. Fünf verfickte Jahre Einsamkeit. „Schlaf mit mir“, bat er mit belegter Stimme, schob sich selbst die Shorts runter und strampelte sie von den Beinen.

„Bist du sicher?“ Im Mondschein funkelten Harrys Augen wie zwei Onyxe.

Akim nickte, griff zwischen sie und schloss die Hand um Harrys Schwanzspitze. Bisher hatte er ihn dort nicht berührt. Es war wie ein Schock, die seidig glatte Haut und das Vorejakulat zu spüren. Harrys Lider sanken auf Halbmast, während Akim die Nässe mit dem Daumen verrieb und die Faust ein Stück runterrutschten ließ. Gleich darauf bewegte er sie wieder nach oben und schob die Vorhaut dabei hoch. Bei der nächsten Abwärtsbewegung ließ er sich Zeit und spielte an dem schmalen Bändchen. Harry stöhnte ungehalten, schubste seine Hand weg und beugte sich über ihn, um an den Rucksack zu gelangen.

„Fuck“, fluchte er und fummelte hektisch an den Außentaschen herum. „Ich hab nur Kondome. Kein Gleitmittel.“

„Egal. Spucke reicht.“ Akim fuhr mit der Hand über Harrys geilen Arsch. Er war nicht auf die Bottomrolle festgelegt und hatte schon ein paar Mal in diesem sexy Hintern gesteckt. In diesem Moment ersehnte er jedoch nichts mehr, als Harrys Schwanz in seinem Inneren. Vorfreudig leckte er sich über die Lippen, während weitere Flüche erklangen, bis ein erleichterter Seufzer von dem Ende der Suche kündete.

„Hab sie“, flüsterte Harry, ließ sich auf die Fersen sinken und hielt triumphierend einige Folienpäckchen hoch.

Nun würde es also endlich geschehen. Das, was seit ihrem Aufeinandertreffen vor einigen Stunden irgendwie in der Luft gehangen hatte. Akims Herzfrequenz stieg. Mit Harry zu schlafen war immer etwas Besonderes gewesen. Würde es wieder so sein? Plötzlich krampfte Angst seinen Magen zusammen. Was, wenn er hinterher enttäuscht war? Harry schien seine Bedenken zu bemerken und ließ die Kondome fallen.

„Wir können auch einfach weiter kuscheln“, bot er leise an, griff nach Akims Gesicht und sah ihm fest in die Augen. „Wir müssen nicht …“

„Will aber.“ Er wollte es unbedingt. Allein schon, um rauszufinden, ob er in den vergangenen Jahren einem Phantom hinterhergetrauert hatte. Falls die Sache schief ging, wäre er vielleicht endlich frei. „Los, leck mich“, forderte er, schlug den Schlafsack zurück, ging auf alle Viere und bot Harry seinen Hintern an.

Kühle Nachtluft fächelte über seine erhitzte Haut. Hände legten sich um seine Backen und zogen sie auseinander. Als nächstes spürte er eine heiße, nasse Zunge. Sie wanderte durch die Ritze, neckte den kleinen Muskelkranz, fuhr über seinen Damm und kehrte sogleich zurück. Oh Mann! Harry hatte seine Technik noch verbessert. Akim zwang sich nicht daran zu denken, wie viele Männer bereits in den Genuss dieser geilen Liebkosung gekommen waren. Er richtete seine Sinne allein aufs Ziel aus: Harrys Schwanz in seinem Hintern.

Er hätte gern die ganze Nacht im Vierfüßlerstand verbracht, mit Harry Zunge im Arsch, aber seine Geilheit übermannte ihn irgendwann. „Steck ihn endlich rein“, forderte er heiser.

Etwas sehr Dickes drang durch den äußeren Ring und rutschte schnell tiefer. Akim hielt den Atem an. Endlich. Warme Hände spannten sich um seine Hüften, dann wurde er mit einem Ruck ganz ausgefüllt. Einen winzigen Moment tat es weh, bis der Druck in ihm nachließ und er zugleich die angehaltene Luft ausprustete. Harrys Schwanz in ihm drin. Fast hätte er losgelacht vor Freude. Die folgenden Stöße sorgten dafür, dass aus der überbordenden Freude pure Lust wurde. Akim keuchte seine Geilheit hemmungslos in die Nacht. In seinen Ohren pulste das Blut und er war einzig auf ihre Vereinigung konzentriert, die ihm nicht die Ekstase von einst, sondern eine noch viel intensivere bescherte.

„Akiiiim“, stöhnte Harry, dabei legte er die Betonung ganz besonders aufs ‚i‘ und weckte Erinnerungen. Nur Harry nannte ihn so und es klang verdammt sexy. „Fass … fass dich an. Kann nicht mehr … mehr lange.“

An den ungeduldigen Worten und hektischen Atemzügen erkannte Akim, dass sich Harry auf dem Weg ins Ziel befand. Die zunehmend härteren Stöße waren ein weiteres Indiz. Wenn doch nur das doofe Gummi nicht wäre. Harrys Samen zu empfangen, zu fühlen, wie er sich tief in ihm ergoss … es wäre der Himmel auf Erden. Akim verdrängte die unerwünschten Gedanken, die ohnehin in seinem blutleeren Gehirn kaum Platz fanden. Er legte den Unterarm auf den Schlafsack, presste die Stirn dagegen und griff sich zwischen die Beine. Sein strammes Glied lag gut in der Hand. Es pochte und wartete nur darauf, dass er ein paarmal auf und ab rieb. Die Erlösung machte jeden einzelnen Muskel hart. Er stöhnte erstickt Harrys Namen und fühlte heiße Sahne in Schüben über seine Finger quellen. Während die Spasmen verebbten, tobte sich Harry richtig an seinem Hintern aus. Unter wiederholt gekeuchtem ‚Oh ja‘ wurde er regelrecht durchgerammelt. „Ich komm“, stieß Harry hervor, gefolgt von einem langgezogenen Stöhnlaut. Akim spürte, wie Harry sich krampfartig ein paarmal in seinen Hintern presste und dann allmählich nach vorn sank. Ein Arm wurde um seine Brust geschlungen und Harrys tiefe Stimme erklang direkt an seinem Ohr: „Das war … war unglaublich … unglaublich schön.“

Harry sank auf die Seite, zog Akim dabei mit und blieb noch einen Moment in der Löffelchenstellung in ihm drin. Halleluja! Für dieses Gefühl, diese innige Verbundenheit, lohnte es sich zu sterben. Leider dauerte sie nicht lange an. Harry löste sich aus ihm und Bewegungen in seinem Rücken verrieten, dass er das Gummi entsorgte. Gleich darauf schloss sich wieder ein Arm um Akims Brust und der Schlafsack wurde über sie gezogen.

„Akim? Bist du okay?“

Aber so was von! Wenn du mich jetzt noch lieben würdest, wäre ich der glücklichste Mensch auf Erden. Akim sprach diese Worte lieber nicht aus. Der Moment war auf seine eigene Weise perfekt, warum also sollte er ihn zerstören? „Ich bin sehr zufrieden.“

„Sobald du wieder kannst, möchte ich dir einen blasen“, flüsterte Harry ihm ins Ohr. „Bin verrückt nach deinem Saft.“

~ * ~

Ein nerviges Geräusch weckte Akim. Im Zelt war es bullig warm. Neben ihm regte sich Harry, stieß einen leisen Fluch aus und krabbelte unter der Decke hervor. Während er im Rucksack wühlte, hatte Akim einen fantastischen Ausblick auf straffe Hinterbacken und einen schönen Rücken. Das entschädigte ihn doch glatt dafür, so unsanft aus dem Schlaf gerissen zu werden. Endlich hörte das elektronische Piepsen auf. Harry seufzte, beugte sich vor, um an die Wasserflasche zu gelangen und bot dabei tiefen Einblick in seine Ritze. Lecker. Akim musste schmunzeln.

Die halbe Nacht hatten sie, in allen nur erdenklichen Stellungen, Liebe gemacht. Sein Hintern brannte, genau wie seine Lippen. Er gähnte, setzte sich hin und zog mit den Zehen den Klamottenhaufen näher heran. Nachdem er seine Shorts übergestreift hatte, öffnete er den Reißverschluss des Zeltes und kroch nach draußen. Die Sonne blendete. Akim hielt eine Hand schützend über seine Augen, sah zur Feuerstelle und anschließend einmal rundum. Er liebte dieses Fleckchen Erde und nach dem, was hier in den vergangenen Stunden passiert war, umso mehr.

„Du hast nicht zufällig Kaffee dabei?“ Harry tauchte neben ihm auf.

„Leider nein.“ Bedauernd zuckte Akim die Achseln. „Lass uns einpacken und abhauen. Ich stinke und klebe am ganzen Körper.“

Es dauerte nicht lange, bis das Zelt abgebaut und die Rucksäcke fertig gepackt waren. Akim schaufelte mit einem Pappteller die Holzkohlereste in eine Plastiktüte, anschließend zerstreute er die Steine der Feuerstelle. In wenigen Tagen würde die Stelle so aussehen, als wären sie nie hier gewesen.

Schweigend bahnten sie sich durch Büsche und Bäume einen Weg zur Straße. Damals, als sie den Platz entdeckten, befand sich hier noch ein Trampelpfad, der inzwischen vollkommen zugewachsen war. Der kleine Parkplatz für Ausflügler, die einen Spaziergang im Wald unternehmen wollten, war bis auf ihre Autos leer. Harry öffnete den Kofferraum seines Golfs, warf den Rucksack hinein und klappte ihn wieder zu. Akim sah zu, unfähig sich zu bewegen. War das hier der endgültige Abschied?

„Ich würde dich gern wiedersehen, aber nicht erst in fünf Jahren“, sagte Harry leise, den Blick auf den Boden gesenkt und seine Hände in die Gesäßtaschen der Jeans gesteckt.

„Wann denn?“ Akim klang rau. Ein dicker Kloß hatte sich in seiner Kehle gebildet und Tränen drückten hinter seinen brennenden Augen.

„So bald wie möglich. Sobald du mir verziehen hast, wenn du das überhaupt je kannst. Ich warte auf deinen Anruf. Wenn nötig für den Rest meines Lebens.“ Harry sah kurz hoch, lächelte traurig, zog die Hände aus den Taschen und ging um seinen Wagen herum.

Bevor Akim darauf hinweisen konnte, dass er keine Telefonnummer besaß, hatte Harry sich schon hinters Lenkrad geschwungen. Er sah dem davonfahrenden Golf hinterher, das Herz voller Hoffnung. So wie Harry eben geklungen hatte, wollte er mehr als diese eine Nacht. Also schnell nach Hause, duschen, Dirk anrufen und Harrys Nummer besorgen. Akim stopfte den Rucksack in den Kofferraum, kletterte auf den Fahrersitz und fuhr los.

Rund eine Stunde später war er bereit und wahnsinnig nervös. Seine Finger zitterten, während er Harrys Nummer wählte. Gespannt lauschte er auf den Rufton und betete dabei stumm, dass nicht die blöde Mailbox ranging. Harry meldete sich mit einem knappen: „Ja?“

„Akim hier. Ich …“ Er musste tief durchatmen und presste eine Hand auf seinen Brustkorb, dort, wo sein Herz wie wild gegen die Rippen wummerte. „Ich hab dir schon lange verziehen.“

Stille. Akim hörte das Blut in seinen Ohren pochen. Schließlich räusperte sich Harry. „Bist du dir sicher?“

„Was unsere Trennung angeht, ja. Immerhin warst du ehrlich. Dass du mich fünf Jahre hast warten lassen, kann ich schlechter verschmerzen, aber … aber vielleicht brauchten wir die Zeit, um endlich erwachsen zu werden.“

„Darf ich zu dir kommen?“ Harry klang ganz demütig.

„Bitte. Schnell.“ Akim wechselte das Smartphone in die andere, nicht so schwitzige Hand.

„Ich bin auf dem Weg. Halt! Wo wohnst du überhaupt?“

Er gab Harry seine Adresse, murmelte „bis gleich“ und unterbrach die Verbindung. Hatte er das Richtige getan? Würde die Vergangenheit wirklich irgendwann vergeben und vergessen sein? Aber welche Wahl hatte er denn? Harry war seine zweite Hälfte und tief im Herzen verankert. Akim warf das Handy auf den Couchtisch, fuhr sich durchs Haar und ließ den Blick prüfend durchs Wohnzimmer schweifen. Oh mein Gott! Harry kam her. Er musste unbedingt aufräumen.

Etwas später war das Bett frisch bezogen, das Bad geputzt und ein frischer Kaffee stand bereit. Auf dem Heimweg hatte Akim Brötchen besorgt. Er deckte den Tisch, stellte nach kurzer Überlegung eine Kerze in dessen Mitte und warf einen Blick zur Uhr. Wo blieb Harry nur? Wohnte er am anderen Ende von Hamburg? Wieso hatte er Dirk vorhin nicht danach gefragt? Mann! Er war so aufgeregt wie vor seinem ersten Mal. Das Telefonat war inzwischen eine halbe Stunde her. Hatte Harry einen Unfall gebaut? Akim selbst würde sich im Moment nicht hinters Steuer setzen, dazu war er zu aufgewühlt. Endlich läutete es und obwohl er darauf wartete, zuckte er zusammen.

Harry sah umwerfend aus, als er die Stufen hochgelaufen kam. Die Haare wild zerstrubbelt, das Kinn glattrasiert und ein hoffnungsvolles Lächeln auf den Lippen. Vor Akim blieb er stehen, hielt ihm eine einzelne Rose hin und wirkte plötzlich verzagt. „Danke. Danke dafür, dass du mir verzeihst.“

Diese Geste war so rührend, dass Akims Knie ganz weich wurden. Er nahm die Rose an, ließ Harry eintreten und schloss die Tür. „Ich hab Kaffee gekocht. Möchtest du welchen?“

„Mhm. Du hast nicht zufällig irgendetwas zu essen? Bin noch gar nicht zum Frühstücken gekommen.“

Stumm ging Akim voraus in die Küche, kramte ein hohes Glas aus dem Schrank und stellte die Rose hinein. Harry war im Türrahmen stehengeblieben, den Blick auf den gedeckten Tisch gerichtet. Sein Adamsapfel bewegte sich, als ob er schwer schluckte. „Mit Kerze“, flüsterte er.

„Übertrieben?“ Akim stand unsicher da, verknotete die Finger miteinander und suchte in Harrys Blick nach einem Zeichen. Nach irgendetwas, was ihm verriet, wie es mit ihnen weitergehen würde.

„Schön. Zauberhaft.“ Harry kam näher. „Weißt du, ich hab nie aufgehört an dich zu denken. Du warst immer hier drin.“ Er klopfte gegen seine linke Brusthälfte. „Bist es immer noch. Ich liebe dich. Ich möchte mit dir schlafen. Ich will dir in die Augen sehen, mit dir zu den Sternen fliegen und wieder landen. Das ist mein größter Wunsch neben dem, dass wir … dass wir zusammen sind. Fest. Monogam. Ein Paar. Wir beide.“

Im nächsten Moment klebten ihre Lippen aufeinander. Der Kuss war ungestüm und voller Verlangen, obwohl sie die ganze Nacht Sex hatten, aber das hier war anders. Der Beginn von etwas wunderbarem Neuem.

„Heißt das, du bist einverstanden?“, fragte Harry rau.

„Mit dem Ficken?“ Akim grinste breit.

„Mann! Sei nicht so unromantisch. Magst du mich noch? Reicht es für eine Partnerschaft?“

„Denke schon. Ich liebe dich.“ Er strich Harry über die Wange. „Erst Frühstück oder erst bumsen?“

Als Antwort wurde er aus der Küche bugsiert.


Kaffee kochte er später lieber frisch, da das alte Zeug nicht mehr genießbar war. Harry saß am Küchentisch und sah ihm dabei zu. Akim fühlte sich mit Blicken gestreichelt. Bestimmt war er gerade der glücklichste Mann auf dem Planeten, abgesehen von Harry natürlich. Dessen grenzdebiles Grinsen bewies, dass der Kerl ihm total verfallen war. Akim würde ihn nie wieder hergeben und irgendwann, wenn Harry es zuließ, wollte er ohne Gummi mit ihm schlafen. Vorher mussten sie an ihrem gegenseitigen Vertrauen arbeiten. Es gab noch vieles, was unausgesprochen war, aber sie hatten ja Zeit bis an ihr Lebensende. Akim war überzeugt, dass sie es diesmal zusammen schaffen würden.


ENDE


Epilog – Harrys Gedanken



Damals hatte Harry sich inständig gewünscht, dass Akim seinen Freiheitsdrang teilte. Schließlich waren sie beide jung und ziemlich unerfahren gewesen. Was war schon dabei ein bisschen draußen zu naschen, um hinterher in den sicheren Hafen zurückzukehren? Es ging doch lediglich um Sex. Was alles andere anbetraf war Akim der einzige Mann, mit dem er sich vorstellen konnte alt zu werden.

Nach seinem Geständnis, Akim mit der Aussicht auf das Treffen an sich zu binden, war dieser davongelaufen. Harry hockte traurig da und hasste sich selbst. Er war ein selbstsüchtiger Trottel und hatte Akim schon wieder verletzt. Es wäre wohl das Beste, wenn er seine Sachen packen und gehen würde, aber er fühlte sich wie gelähmt. So wie damals, als er sich mit diesem positiven Kerl in einem Provinznest verabredete und die Sache passierte. Der Arsch hatte ihm erst hinterher verraten, wie es um ihn stand. Harry war zu betrunken, nicht in der Lage Auto zu fahren und selbst wenn … er hätte nicht gewusst wohin er sollte. Der Typ war wenig hilfsbereit gewesen und noch besoffener als er selbst. Während der Kerl laut schnarchend seinen Rausch ausschlief, hatte Harry auf der Couch gehockt und versucht einen klaren Gedanken zu fassen. Der Alkohol sorgte dafür, dass in seinem Kopf totale Verwirrung herrschte. Irgendwann war er weggedämmert und erst am nächsten Mittag wieder zu sich gekommen. Er erinnerte sich noch, dass die Heimfahrt katastrophal verlief, da der Kater ihn fest im Griff hatte. Es war reines Glück, dass er heil zu Hause ankam. Am nächsten Morgen hatte er seinen Hausarzt aufgesucht, weil ihm die Sache keine Ruhe ließ und … Tja, da war es bereits zu spät.

Wäre er doch nur so schlau gewesen und hätte einen Unfallwagen gerufen. Wäre, hätte, was für überflüssige Worte. Sein Arzt hatte ihm damals schwere Vorwürfe gemacht. Wenn er gleich nach dem Sexunfall eine Ambulanz aufgesucht hätte, wäre er heute nicht positiv. Harry seufzte. Die Gedanken an die schwärzesten Stunden seines Lebens hatten ihn ein wenig von der aktuellen Katastrophe abgelenkt. Ein frischer Windhauch brachte gerade in Erinnerung, wo er sich befand.

Ganz in den Schlafsack gerollt streckte er sich auf den Isomatten aus. Jedes Geräusch ließ sein Herz schneller schlagen in der Hoffnung, dass Akim zurückkehrte. Er versuchte die Dinge realistisch zu sehen: Bestimmt endete dieser Abend mit einem neuen Zerwürfnis. Es wäre blauäugig zu hoffen, dass Akim ihm je verzieh.

Wie lange er blicklos ins Dämmerlicht starrte, wusste er nicht. Plötzlich hörte er bloße Fußsohlen, die übers Gras näher kamen. Akim tauchte vor ihm auf, hockte sich hin und etwas, womit er überhaupt nicht rechnete, geschah: Finger streichelten seine Wange.

Harrys Herz wummerte mit dumpfen Schlägen gegen seine Rippen. Sie hallten in seinen Ohren, weshalb er erst nicht verstand, was Akim sagte. Als dessen Blick sich zu Harrys Mund bewegte, ging ihm auf, dass es wohl um Küsse ging. Oh ja, bitte!

Er bot seinen Mund an und zuckte zusammen, als sich bei der ersten Berührung ein Funke zwischen ihnen entzündete. Akim wich zurück, rubbelte mit einem Finger über seine Lippen und beugte sich erneut vor. Diesmal gelang der Kuss. Er war schön, schöner als jeder andere, den Harry je bekommen hatte. Was dann folgte, übertraf alle seine Erwartungen an dieses Treffen. Sie machten stundenlang Liebe. Wenigstens fühlte es sich für Harry so an. Die kleine Stimme in seinem Kopf, die höhnte, dass es sich nur um Sex handelte, ignorierte er. Allerdings nur bis zum nächsten Morgen, an dem er von seinem Pillen-Alarm aus dem Schlaf gerissen wurde.

Was im Dunkel gelungen war, nämlich ihm Liebe und Nähe vorzugaukeln, verpuffte im hellen Tageslicht. Nachdem er seine Bonbons geschluckt hatte, krabbelte er aus dem Zelt und stellte sich neben Akim. Harry wagte nicht einmal ihn zu berühren.

„Du hast nicht zufällig Kaffee dabei?“, fragte er, nur um irgendetwas zu sagen.

„Leider nein.“ Bedauernd zuckte Akim die Achseln. „Lass uns einpacken und abhauen. Ich stinke und klebe am ganzen Körper.“

Also wollte Akim so schnell wie möglich den Duft ihrer gemeinsamen Nacht abwaschen. Harrys Herz sackte ihm in die Hose. Schweigend packten sie alles ein. Auch auf dem Weg zu den Autos sagte Akim keinen Ton und Harry hätte ohnehin nichts aus seiner zugeschnürten Kehle hervorbringen können. Nachdem er den Rucksack im Kofferraum seines Wagens verstaut hatte, zwang er sich zum Sprechen.

„Ich würde dich gern wiedersehen, aber nicht erst in fünf Jahren.“ Mit gesenktem Blick, die zitternden Finger in den Hosentaschen versteckt, stand er da. Er benahm sich wieder absolut unverschämt, dennoch musste er den Vorstoß einfach wagen. Noch mochte er die Hoffnung nicht ganz aufgeben.

„Wann denn?“ Akims Stimme klang belegt, als wenn auch ihm die Situation naheging. Das gab Harry ein wenig Zuversicht und machte es leichter, die nächsten Worte auszusprechen.

„So bald wie möglich. Sobald du mir verziehen hast, wenn du das überhaupt je kannst. Ich warte auf deinen Anruf. Wenn nötig für den Rest meines Lebens.“ Das vielleicht sowieso bald vorbei ist, wenn die Scheiß-Pillen versagen, setzte er in Gedanken hinzu. Das war ziemlich unwahrscheinlich, so lange er sie regelmäßig nahm, aber im Augenblick überwog sein Selbstmitleid.

Damit Akim keine Gelegenheit bekam ihm den Todesstoß zu versetzen, indem er ihn zum Beispiel auslachte, begab er sich schnell hinters Lenkrad und fuhr los. Er sah nicht einmal in den Rückspiegel, es hätte nur wehgetan.

In seiner Wohnung angekommen, packte er den Rucksack aus. Als nächstes stellte er sich unter die Dusche, auch wenn er Akims Duft nur ungern abwusch. Während er im Bademantel vorm Spiegel stand und sich rasierte, liefen die Ereignisse des Vortages vor seinem inneren Auge ab. Die Freude, als er Akim entdeckte. Ihre Gespräche, die sich um die wunde Stelle herumtasteten bis zu dem Moment, in dem Harry seine noch vorhandenen Gefühle eingestand. Das danach war einfach nur der Wahnsinn gewesen. Akims Hingabe erschien so echt. Harrys Kehle wurde erneut eng, als er sich an den Ausdruck in den blauen Augen erinnerte. Wahrscheinlich war es nur Wunschdenken, aber es hatte nach tiefen Gefühlen ausgesehen.

Er schlüpfte in frische Klamotten, holte den Schlafsack aus dem Nylonbeutel und ging ins Wohnzimmer. Die Schlafhülle gegen sein Gesicht gepresst, um ein wenig von Akims Duft zu erhaschen, ließ er sich auf die Couch sinken. Das Gewebe roch nach Sex. Er würde es so lange nicht waschen, bis der Geruch verflogen war. In heiße Träume versunken saß er da, beide Arme um den Schlafsack geschlungen, als würde es sich um ein Kuscheltier handeln.

Irgendwann riss ihn der Klingelton seines Smartphones aus der Versunkenheit. Harry zuckte zusammen, griff nach dem Gerät, das er vorhin auf dem Couchtisch abgelegt hatte und meldete sich. Er bekam nur ein ‚Ja?‘ heraus, da seine Lunge von Hoffnung und Angst zusammengepresst wurde.

„Akim hier. Ich …“ Die folgende Pause verschlimmerte die Atemnot noch. „Ich hab dir schon lange verziehen.“

Harry krallte die Finger um das Handy. Er brauchte eine Weile, bis er seine Stimme wiederfand und musste sich räuspern, bevor er leise fragen konnte: „Bist du dir sicher?“

„Was unsere Trennung angeht, ja. Immerhin warst du ehrlich. Dass du mich fünf Jahre hast warten lassen, kann ich schlechter verschmerzen, aber … aber vielleicht brauchten wir die Zeit, um endlich erwachsen zu werden.“

Das klang nach einer Chance! Vor Aufregung wurde ihm ganz heiß. „Darf ich zu dir kommen?“ Am besten mit dem Helikopter. Konnte er im Moment überhaupt fahren? Seine Hände zitterten und das Herz veranstalte Kapriolen, als würde es ihm aus der Brust hüpfen wollen.

„Bitte. Schnell.“

Das klang gut. Verdammt gut! „Ich bin auf dem Weg. Halt! Wo wohnst du überhaupt?“ Harrys Gehirn war kaum in der Lage, die Adresse zu speichern, aber schreiben konnte er gerade noch weniger. Leise sagte er den Straßennamen immer wieder vor sich hin, während er in den Flur lief und in ein Paar Schuhe stieg. Oh Mann. In seinem Zustand konnte er unmöglich fahren. Harry presste beide Hände auf seine Brust, als könnte das seinen Herzschlag beruhigen. Langsam drehte er einige Runden in der Wohnung, wobei er weiter Akims Anschrift vor sich hin murmelte. Allmählich sank sein Puls und nun hielten ihn keine zehn Pferde mehr in der Wohnung.

Auf dem Weg fiel ihm ein, dass er unbedingt eine Rose besorgen musste. Aber wo? Sonntags hatten nur wenige Blumenläden geöffnet. Er würde sein Glück an einer Tankstelle versuchen. Die erste, die er ansteuerte, bot nur hässliche Sträuße an. Auch an der zweiten gefiel ihm keines der Buketts. Es war reiner Zufall, dass er gleich darauf einen Floristen entdeckte, vor dessen Tür ein Schild ‚geöffnet‘ verkündete. Er erstand eine einzelne Rose.

Auf der Weiterfahrt bereute er diese Entscheidung. Selbst 100 Rosen waren noch zu wenig, um auszudrücken, was er empfand. Während er vor Akims Wohnhaus nach einer Parklücke suchte, knurrte sein Magen. Noch nicht einmal Kaffee hatte er getrunken, was eingedenk seines schon wieder schnell schlagenden Herzens wohl auch gut war. Endlich fand er eine Lücke, in der er seinen Wagen abstellen konnte. Mit der Rose in der Hand rannte er auf das Haus zu, läutete und wartete ungeduldig darauf, dass der Türöffner summte. Gleich darauf lief er die Treppe hoch, wobei seine Lippen sich automatisch zu einem Lächeln kräuselten. Akim stand in der offenen Wohnungstür und sah ihm mit großen Augen entgegen. Der Anblick versetzte Harrys ganzen Körper in Alarmbereitschaft. Am liebsten wäre er Akim um den Hals gefallen, aber erst musste ein Zeichen von ihm kommen.

„Danke. Danke dafür, dass du mir verzeihst.“ Ungeschickt streckte er Akim die Rose entgegen. Vor Nervosität verschwand sein Lächeln.

Akim nahm ihm die Blume ab, ohne dass er erkennen konnte, ob sie ihm gefiel. Gleichzeitig trat er einen Schritt zurück, was Harry als Einladung auffasste. Als er im Flur stand, schloss Akim die Tür und fragte leise: „Ich hab Kaffee gekocht. Möchtest du welchen?“

Das erinnerte Harry an seinen leeren Magen. „Mhm. Du hast nicht zufällig irgendetwas zu essen? Bin noch gar nicht zum Frühstücken gekommen.“

Ohne ein Wort verschwand Akim durch eine Tür zur Linken. Harry folgte ihm, stoppte im Türrahmen und starrte den gedeckten Tisch an. Rührung stieg in ihm auf. „Mit Kerze“, brachte er heiser hervor. Das hatte doch etwas zu bedeuten, oder? Wer frühstückte sonst bei Kerzenlicht, wenn nicht zwei Verliebte?

„Übertrieben?“ Akim stand die Verunsicherung ins Gesicht geschrieben.

„Schön. Zauberhaft.“ Langsam wagte er sich in die Küche. „Weißt du, ich hab nie aufgehört an dich zu denken. Du warst immer hier drin.“ Mit der flachen Hand schlug er auf die Stelle, wo sein Herz heftig schlug. „Bist es immer noch. Ich liebe dich. Ich möchte mit dir schlafen. Ich will dir in die Augen sehen, mit dir zu den Sternen fliegen und wieder landen. Das ist mein größter Wunsch neben dem, dass wir … dass wir zusammen sind. Fest. Monogam. Ein Paar. Wir beide.“

Akim flog ihm förmlich entgegen. Harry legte all sein Gefühl in den Kuss. Nun merkte er den Unterschied zur vergangenen Nacht. Es gab keine Zurückhaltung mehr, nichts, was zwischen ihnen stand. Vor Glück wurde ihm ganz schwindlig. Er legte die Hände an Akims Wangen und sah ihm tief in die Augen.

„Heißt das, du bist einverstanden?“ Er wollte es hören, nicht nur fühlen.

„Mit dem Ficken?“ Ein übermütiges Grinsen spielte um Akims Lippen.

„Mann! Sei nicht so unromantisch. Magst du mich noch? Reicht es für eine Partnerschaft?“ Vor Ungeduld hätte er den Kerl am liebsten durchgeschüttelt.

„Denke schon. Ich liebe dich. Erst Frühstück oder erst bumsen?“

Anscheinend wollte Akim die Situation unbedingt ins Lächerliche ziehen. Das würde Harry ihm schon austreiben. Wortlos packte er Akim am Arm und zerrte ihn in den Flur. Nach kurzer Erkundung fand er das Schlafzimmer, schubste Akim aufs Bett und warf sich hinterher. Unter Küssen verloren sie ihre Kleidung, bald darauf lag Harry unten und gab sich Akims wildem Rhythmus hin. Die ganze Zeit sahen sie sich in die Augen, während sie zusammen Stufe um Stufe den Olymp erklommen. Harry fühlte, wie seine Grenzen schwanden und er zu einem Teil von Akim wurde. Auf dem Höhepunkt explodierte die Welt, um sich als wunderbar neuer Planet wieder zusammenzufügen. Ein Planet, auf dem nur Akim und er existierten. Nichts sollte sie je wieder trennen.

Befriedigt brummend hielt er Akim in den Armen. Wie hatte er Sex je so einen geringen Stellenwert beimessen können? Mit Akim war es mehr, eine Verbindung ihrer Seelen und Körper. Zärtlich wuschelte Harry ihm durchs Haar.

„Ich wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen“, murmelte er.

„Nein. Bitte nicht. Nicht noch mal so jung sein.“ Akim seufzte. „Ich mag mich heute lieber.“

„Ich dachte eher an ein paar Minuten, damit ich noch mal deinen Schwanz spüren kann.“

„Oh.“ Akim riss die Augen auf. „Warte lieber einen Moment. Vielleicht geht bald wieder was.“ Er schnappte sich Harry Hand und legte sie auf sein Glied. „Hilf doch einfach ein bisschen dabei.“

Das war auch eine Idee. Harry musste grinsen, während seine Finger sanft über das weiche Geschlecht streichelten. Akim war hinreißend und der Gedanke an die Zeit, die vor ihnen lag, machte ihn irrsinnig glücklich. Er würde alles dafür tun, dass Akim ihn behielt.



ENDE



Alexa Lor - Das Leben stinkt!

 

Man denkt ja immer, wenn man erstmal eine bestimmte Sprosse der Karriereleiter erklommen hat, wenn man auf einer gewissen Stufe der Gesellschaftstreppe steht, kann einem nichts mehr passieren. Man hat ausgesorgt, braucht sich keine Gedanken mehr machen.

Ich dachte das auch mal.

Und dann kommt dieser eine Moment, der alles verändert. Man ist zur falschen Zeit am falschen Ort, und plötzlich ist nichts mehr, wie es vorher war.

Mir ist das passiert.

 

Aber vielleicht sollte ich mich erstmal vorstellen:

Mein Name ist Christopher – der Nachname tut nichts zur Sache – ich bin Anfang vierzig und eine der so genannten gescheiterten Existenzen. Arbeitslos und, durch das Raster der gesellschaftlichen Auffangmöglichkeiten gerutscht, seit Kurzem obdachlos. Ich gehöre zu jener Randgruppe der Gesellschaft, auf die diejenigen, denen es besser geht, verächtlich herabsehen. Naserümpfend, den Blick abwendend und denkend, wie glücklich sie sich schätzen können, nicht dazu zu gehören. Über die die anderen urteilen, sie hätten sich das selbst zuzuschreiben, wären selber schuld an ihrer Misere, weil in unserem Sozialstaat doch niemand derart tief sinken muss.

Ich weiß das, weil ich selbst zu denjenigen gehört habe. Mein Leben war auch mal anders. Komplett anders.

Kaum zu glauben, aber ich habe tatsächlich zur Münchner High Society gehört. Ist noch gar nicht lange her.

Abitur mit Numerus Clausus. Erfolgreich abgeschlossenes Wirtschaftsstudium, von dem ich die letzten sechs Semester an einer Eliteuniversität absolvierte. Harvard. Meine ersten Erfahrungen im Arbeitsleben habe ich deshalb in der Bostoner Industrie gesammelt. In Boston habe ich übrigens auch Sophia, meine Frau, kennengelernt. Als Tochter meines Chefs. Wir haben relativ schnell geheiratet. Ich gebe zu, beide nicht ohne Hintergedanken.

Erste verantwortungsvolle Anstellung in einem namhaften deutschen Großkonzern als Abteilungsleiter mit Mitte Dreißig, kurz nachdem ich aus den Staaten zurück war. Dort bin ich die Karriereleiter nicht hochgeklettert, sondern hochgeflogen. Bis in die oberste Managementebene.

Jahresgehalt: etwa 600.000 Euro brutto zuzüglich Bonus und Incentives. Macht unterm Strich ein jährliches Einkommen von knapp anderthalb Million.

Villa in Grünwald. Drei Autos alleine für mich, eins davon ein Bentley. Zwei weitere für meine Frau.

Super Lebenslauf, nicht wahr? Aber, hey, bitte keine falschen Rückschlüsse. Zugeflogen ist mir das nicht, ich habe hart dafür gearbeitet. Ich bin nicht der Sohn reicher Eltern. Im Gegenteil. Ursprünglich komme ich aus eher ärmlichen Verhältnissen. Den Besuch des Gymnasiums mussten sich meine Eltern vom Mund absparen und es grenzt für mich heute noch an ein Wunder, dass ich es geschafft habe, etwas aus mir zu machen. Schade, dass Mama und Papa es nicht mehr miterlebt haben.

Fragt ihr euch jetzt, was genau schief gelaufen ist, dass ich auf der Straße leben muss?

Tja, wie gesagt, falsche Zeit, falscher Ort.

 

An den Abend selbst kann ich mich kaum erinnern. Nur bis zu einem bestimmten Punkt. Danach – gähnende Leere in meinem Kopf. Ich weiß noch, dass mir die Bar, in der ich mich mit Andreas treffen wollte, nicht gefallen hat. Ich war zum ersten Mal dort und das Ambiente war ... schrecklich. Von der Zusammensetzung der Gäste nicht zu reden. Wieso sich Andreas ausgerechnet diese Lokalität ausgesucht hat, ist mir bis heute ein Rätsel. Wahrscheinlich, um auch nicht den Hauch eines Verdachts zu erregen.

Andreas, Mitte Dreißig, gutaussehend. Wir haben uns in der Firma kennengelernt, ein paar Tage, nachdem er dort angefangen hat. Zum Glück nicht in meiner Abteilung, sondern in einer, mit der ich nicht viel zu tun hatte. Die typische Erstbegegnung in der Kantine. Ein Klassiker. Ich hab mich sofort in ihn verknallt. Ein erster Blick hat genügt und – bang! – um mich war‘s geschehen.

Andreas war mein Traummann, und ich konnte mein Glück kaum fassen, als sich herausstellte, dass er ähnlich empfand. Der einzige Wermutstropfen: Er bestand darauf, es geheim zu halten

Im Gegensatz zu mir – ich weiß seit meiner Teenagerzeit, dass ich bisexuell mit deutlicher Präferenz für Männer bin – kommt Andreas mit seiner Homosexualität nicht klar. Ich stehe zu dem, was und wie ich bin. Er kann es nicht. Was mich angeht, weiß in der Firma jeder, der mit mir zu tun hat, Bescheid. Sophia ebenfalls. Bei Andreas hat niemand eine Ahnung davon. Auch seine Ehefrau nicht. Nicht mal seine Eltern. Und wenn es nach ihm geht, bleibt das auch so. Nur immer schön den Schein wahren, auch wenn es einem dabei noch so miserabel geht. Meins ist das nicht, aber wenn man vor der Wahl steht, sein Glück hinauszuposaunen und es genau dadurch zu zerstören, oder das Maul zu halten und wenigstens ein paar schöne Stunden zur Belohnung zu bekommen ...

 

Das Letzte, an das ich mich bezüglich dieses Freitagabends erinnere, ist, dass ich mich geärgert habe, weil Andreas zu spät war. Und dass mein Drink irgendwie komisch geschmeckt hat.

Als mein Bewusstsein wieder einsetzte, befand ich mich in einer dreckigen Nebengasse. Hinter Müllcontainern liegend, mit meiner Hose, die erstaunlicherweise nur noch an einem Knöchel hing. Ich hatte keinen Plan, was passiert war. Eine erste Auskunft darüber, was es gewesen sein könnte, gab mir mein brennender Hintern. Das Blut, das ich an meinen Fingern sah, als ich mich dort abtastete, bestätigte die grausame Ahnung. Ohne Zweifel, ich war vergewaltigt worden. Auf brutale Art und Weise – nicht, dass ich denke, es gäbe unbrutale Möglichkeiten der Vergewaltigung.

Und, was tut man als vernünftiger, rational denkender Mensch, sobald man den ersten Schreck und Schock überwunden hat? Richtig, man geht zur Polizei und erstattet Anzeige. Anschließend geht man zum Arzt, der als erstes die Beweise in Form von Abstrichen sichert. Für spätere DNA-Vergleiche, falls sich ein Verdächtiger findet. Dann pfeift man sich die Medikamente zur Postexpositionsprophylaxe – kurz liebevoll PEP genannt – rein, um die Gefahr einer Ansteckung mit HIV zu minimieren. Die Nebenwirkungen sind zwar gruselig, zuweilen kotzt man sich die Seele aus dem Leib, aber das ist immer noch besser, als ...

Ja, als vernünftiger, rational denkender Mensch tut man exakt das.

Ich habe es vorgezogen, nach Hause zu gehen, mich zwei Stunden in die Badewanne zu setzen und es nicht wahrhaben zu wollen. Sowas passiert anderen. Mir doch nicht.

Schön blöd. Schön naiv. Schön leichtsinnig.

Das Offensichtliche zu verdrängen funktioniert prima, bis man mit der Nase auf die Realität gestoßen wird.

Bei mir fing es damit an, dass Andreas meine Anrufe unbeantwortet ließ, mich einfach wegdrückte. Montag die Überraschung – er hatte sich krankgemeldet. Es bestand keine Möglichkeit mit ihm zu sprechen, dabei war das doch genau das, was ich am dringendsten gebraucht hätte.

Nach wie vor redete ich mir ein, dass mein Peiniger einen Stock oder eine Flasche oder ähnliches benutzt hatte. Anders waren für mich die Verletzungen nicht zu erklären. Wer sowas verursacht, muss doch Höllenschmerzen erleiden, wenn er es mit seinem Schwanz macht. Diese Illusion konnte ich aufrechterhalten, bis es mir gelang, Andreas zu stellen. Ich habe ihn vor seiner Haustür abgefangen.

„Was ist los? Wieso sprichst du nicht mehr mit mir? Hab ich dir was getan?“

Ich werde den Blick von ihm wohl nie vergessen. Diese Mischung aus Empörung und Verblüffung, mit der er mich anstarrte. „Das fragst du noch? Da komme ich grade mal ein paar Minuten zu spät, und du meinst gleich, dich von ner ganzen Horde anderer Kerle ficken lassen zu müssen. Danke, aber mir sowas anzusehen, brauch ich ungefähr so dringend wie einen Kropf.“

Unnötig zu erwähnen, dass er mir nicht glaubte, nichts davon zu wissen und dass mir irgendjemand irgendwas in den Drink getan haben musste, wies er mit einem spöttischem Grinsen als Fiktion ab. K.o.-Tropfen würden einen bewusstlos machen, meinte er, und ich wäre ihm nicht bewusstlos vorgekommen.

Andreas war jedoch nur der erste Verlust.

 

Einige Wochen später dann der Supergau. Ärztlicher Routinecheck mit desaströsem Ergebnis. Die niederschmetternde Diagnose: HIV positiv.

Ich wusste gar nicht, dass die bei einem Routinecheck auch darauf testen.

Von da ab ging es Schlag auf Schlag.

 

Wie mein Vorgesetzter davon erfuhr, weiß ich nicht. Dass es damit zusammenhängen könnte, dass er und mein Arzt zusammen Tennis spielen, fällt in den Bereich der Spekulation.

Sophia erfuhr es von der Frau meines Vorgesetzten. Zu sagen, sie hätte mich gebeten auszuziehen, wäre die Untertreibung des Tages. Sie hat mir ein Messer an die Brust gesetzt. Ich würde ja die Kinder nicht in Gefahr bringen wollen. Und natürlich musste ich aus der Villa raus, weil es undenkbar wäre, die Kinder aus ihrem gewohnten Umfeld herauszureißen. Was blieb mir anderes übrig? Ich bin ausgezogen, denn ich liebe meine beiden Kleinen. Mehr als sonst irgendetwas oder jemand. Bis auf Andreas. Na ja, das hatte sich ja wohl erledigt.

Wiederum ein paar Tage später legte mir mein Vorgesetzter nahe zu kündigen. Dann würde ich eine großzügige Abfindung erhalten. Andernfalls ...

Er hat das Sonst nicht ausgesprochen, ich konnte es mir denken.

Muss ich erwähnen, dass ich keine andere Anstellung fand? Wohl kaum, nicht wahr? Und dass die Begründungen, die in den Absagen standen, mehr als an den Haaren herbeigezogen klangen, ebenfalls nicht. Tja, in diesen Kreisen spricht man eben miteinander, wenn man sich in irgendwelchen Clubs trifft, und nicht ausschließlich übers Geschäftliche. Tatsächlich werden beim Tennisspielen lukrativere Geschäfte an Land gezogen, als während offizieller Verhandlungen am runden Tisch. Und nebenbei wird über das Schicksal von Personen entschieden. Wie über meines.

Das Dumme daran ist, man bekommt kein Arbeitslosengeld, wenn man selbst kündigt. Und wenn man vermeintlich reich ist, und zu diesem Zeitpunkt traf das auf mich noch zu, erst recht nicht.

Was die Behörden in meinem Fall kein bisschen interessiert hat, ist, dass ich an mein Geld nicht mehr herankam, weil Sophia die Konten hat einfrieren lassen. Gleich, nachdem sie mit den Kindern in die USA zurückgekehrt war. Soviel zum Thema Kinder nicht aus der gewohnten Umgebung reißen. Dort hat sie umgehend die Scheidung eingereicht. Wir waren amerikanisch getraut worden – wir wurden amerikanisch geschieden. Die Villa, die Autos, der überwiegende Großteil des Vermögens ging an sie, weil ich ja nicht in der Lage war, Unterhalt für sie und die Kids zu bezahlen. Arbeitslos, wie ich nun mal war.

Dass ich also gar nicht mehr zu den Reichen zählte, interessierte die deutschen Behörden einen Scheißdreck, als sie meinen Antrag auf Sozialhilfe ablehnten.

Ich hatte mich in der neuen, kleinen Wohnung noch nicht richtig eingelebt, als ich schon wieder rausflog, weil ich die Miete nicht mehr bezahlen konnte.

 

Von jetzt auf gleich auf der Straße. So schnell kann das gehen.

Man kann es sich nur schwer vorstellen, und man möchte es sich eigentlich auch gar nicht vorstellen, aber es passiert. Jeden Tag. Nicht bloß mir, obwohl mein Absturz bestimmt eins der krasseren Beispiele ist.

Vom gern gesehenen Gast in Münchens Nobelrestaurants zum regelmäßigen Bedürftigen der Münchner Tafel. Und das innerhalb weniger Monate. Wenn’s mir jemand erzählen würde ...

Dabei kann ich noch froh sein, dass es Einrichtungen wie die Tafeln gibt. Da bekommt man wenigstens einmal pro Tag eine warme Mahlzeit. Keiner stellt blöde Fragen. Hier bin ich einer von vielen. Erschreckend vielen, doch daran habe ich mich längst gewöhnt. An die Kinder nicht. Das finde ich nach wie vor gruselig. Wenn der Staat darin versagt, unsere Kinder aufzufangen ... Was soll man dann als Erwachsener von ihm erwarten können?

Als Erwachsener ohne Job, ohne Aussicht, jemals wieder eine Anstellung zu bekommen, ohne Dach über dem Kopf und mit der Diagnose HIV positiv. Die Antwort ist einfach: Nichts.

Das Schlimmste daran ist, dass ständig das Damoklesschwert eines Ausbruchs über mir schwebt. Ich habe eine Heidenangst davor, dass aus HIV+ irgendwann Aids wird. Da ich keine Medikamente einnehme, die dies verhindern, ist das lediglich eine Frage der Zeit.

Gott, ich will nicht sterben. Nicht daran. Nicht so. Das ist kein Sterben, das ist Verrecken.

Aber die Krankenkassen kommen doch für die Medis auf. Oder nicht? Ja, solange man Beiträge bezahlt. Wenn man das nicht mehr tut, weil man keine Einkünfte mehr hat und auch das Sozialamt nicht einspringt, sieht es düster aus. Da sind sich die Kassen auch alle einig. Egal ob privat oder gesetzlich. Das Argument, dass man jahrelang richtig viel Geld eingezahlt hat, mehr, als der Durchschnittsverdiener und mehr, als man verbraucht hat, dass man im Grunde genommen also ein Guthaben hätte, zieht da nicht. Dieses "Guthaben" wurde ja für andere ausgegeben (wollen wir wetten, ein Großteil davon ging als Bonus in die Managertaschen? Ich weiß, wovon ich rede!). Was interessieren mich die anderen? Mein Geld, meine Erkrankung, mein Bedarf an Hilfe. Oder, der offiziellen Seite folgend, eben nicht.

 

Life sucks – das Leben stinkt. Sagen die Amerikaner, und ich kann nicht umhin, ihnen Recht zu geben. Life sucks and then you die. Dem ist nichts hinzuzufügen. Trefflicher kann man es nicht ausdrücken.

 

„Hey, Christopher, du siehst heute richtig scheiße aus.“

Bruno, ein fünfzigjähriger ehemaliger Bauarbeiter, den ich regelmäßig bei der Tafel treffe, ersetzt jeden Spiegel. Er sagt einem immer unverblümt und ungefragt, was er sieht. Ob man es hören will oder nicht.

„Danke, du hast auch schon mal besser ausgesehen.“ Damit spiele ich auf das Veilchen und die geplatzte, angeschwollene Lippe an, die Bruno zur Schau trägt.

„Ach“, winkt er ab. „Ein paar Halbstarke wollten ihre überschüssige Energie an mir loswerden. Und ich war zu blau, um sie anständig abzuwehren.“

Kein Wunder. Wann begegnet man Bruno nüchtern, vor allem um diese Uhrzeit, kurz nach sieben am Abend? Ich hab’s noch nicht erlebt. Das trifft übrigens auf fast alle zu, die sich zur Essensausgabe hier versammeln. Ich bin die rühmliche Ausnahme. Weder hänge ich an der Flasche noch pfeife ich mir Drogen rein. Die meisten tun das, um der Ausweglosigkeit ihrer Situation zu entfliehen. Im Rausch erträgt es sich leichter, was aus einem geworden ist. Dabei bringt Verdrängung doch nichts. Sag ausgerechnet ich ...

Artig reihe ich mich in die Schlange ein. Heute gibt es Fleischpflanzerl mit TK-Erbsen und Kartoffelpü. Keine Haute Cuisine, aber besser als gar nichts im Magen. Salat wäre schön und gesund obendrein, aber der ist schon weg. Während ich darauf warte, dass mein Teller gefüllt wird, hänge ich weiter meinen trüben Gedanken nach.

„Chris?“

Oh Gott, nein. Nicht das. Mein Leben ist so schon beschissen genug, jetzt auch noch ...

Ich hebe den Kopf. Tatsächlich. Er ist es. Andreas, der mich von der anderen Seite der Ausgabetheke anstarrt, als wäre ich ein rosa Känguru.

Andreas, der immer noch so toll aussieht, wie ich ihn in Erinnerung habe. Vielleicht sogar noch ein bisschen besser. Andreas, der mein Herz immer noch höher schlagen lässt.

Scheiße. Verdammte.

Hätte ich noch einen Beweis gebraucht, dass das Leben wirklich stinkt, jetzt wäre er erbracht.

Dass Andreas mich als treulosen Hirnlos-durch-die-Gegend-Ficker in Erinnerung hat, war als Vorstellung eh schon schrecklich genug. Dass er dem jetzt noch ein übel nach Schweiß stinkend, weil lange nicht mehr ordentlich gewaschen und völlig abgewrackt hinzufügen kann, ist beinahe unerträglich. Ich wünschte, ich könnte mich in Luft auflösen.

Wieso habe ich mir meine heutige Ration nicht mittags geholt? Dann wäre ich ihm nicht begegnet. Wieso erst am Abend?

Ja, das Leben stinkt – und zwar gewaltig! Zum Himmel hoch und zum Steine erweichen.

„Mensch, Chris. In der Firma wird gemunkelt, du hättest einen tollen Job im Ausland angenommen. Was machst du denn hier?“

Na, was wohl?

„Nach was sieht es denn aus?“

„Hey, geht’s hier jetzt mal weiter, oder was? Soll Leute geben, die sind hier, um Essen zu bekommen. Nicht zum Quatschen.“

Ich werde den Teufel tun und dem widersprechen. Wortlos schnappe ich meinen Teller und gehe zu einem der Tische.

„In ner halben Stunde bin ich hier fertig, dann können wir reden“, ruft Andreas mir hinterher.

Reden? Darauf kann er lange warten. Bis er fertig ist, bin ich längst weg. Ich hab keinen Bock, mir irgendwelchen Blödsinn von ihm anzuhören oder mir Löcher in den Bauch fragen zu lassen. Ein bisschen Stolz hab ich mir dann doch bewahrt.

 

Dummerweise ist Andreas schneller als ich. Noch ehe mein Teller leer ist, steht er neben mir. Nein, setzt er sich mir gegenüber.

Ich sollte ihn wegschicken. Rigoros. Aber, Himmel, es ist schön, ihn zu sehen. Schmerzhaft, aber schön. Er hat mir gefehlt.

„Was ist mit dir passiert, Chris?“

„Nichts Besonderes“, gebe ich kaltschnäuzig zurück. In seinem blutdrucksteigernden Anblick zu versinken, ändert schließlich nichts an den Tatsachen. „Ich wurde nur unter Drogen gesetzt und vergewaltigt, was mir neben dem Verlust meines Freundes, der das als ich betrüge ihn missinterpretiert hat, eine nette kleine HIV-Infektion einbrachte. Die mich ganz nebenbei und ohne Anstrengung meinen Job, meine Ehe, mein Vermögen und alles andere, kurz mein Leben, gekostet hat. Kein Grund, sich deswegen einen Kopf zu machen.“

Andreas starrt mich an, als hätte er mich nie zuvor gesehen. Im Grunde stimmt das sogar. Diesen Christopher hat er noch nie gesehen.

„Das tut mir leid“, haucht er nach ein paar Sekunden.

„Dein Mitleid kannst du dir sonst wohin stecken. Ich hab keinen Bedarf daran.“ Ich sehe, wie er zusammenzuckt. Na ja, bei dem kalten Klang meiner Stimme würde ich ebenfalls zusammenzucken, wäre ich der Adressat. „Als ich dich gebraucht hätte, wirklich gebraucht, Andreas, warst du nicht da. Da hast du mich im Stich gelassen. Jetzt brauch ich dich nicht mehr.“

Was überhaupt nicht stimmt. Wie mir erschreckend klar wird, während ich in seine blauen Augen blicke, die unerwartet traurig aussehen. Den Tisch, der zwischen uns steht, würde ich am liebsten zur Seite schieben. Damit es keine Barriere mehr gibt. Gott, ich wünschte mir, er würde mich in den Arm nehmen und einfach nur halten.

„Jeder braucht jemanden. Manchmal hilft es, darüber zu reden. Also ...“

„Erspar mir das, Andi. Bitte. Ich hab versucht, mit dir zu reden. Du hast es vorgezogen, mich der Lüge zu bezichtigen. Damit hast du mir ziemlich eindeutig klar gemacht, wie ernsthaft unsere Beziehung in Wirklichkeit gewesen ist. Für dich. Jetzt hast du dein Samariterherz entdeckt. Schön. Dramatisiere das bei jemand anderem aus. Okay?“

„Ich bin nicht hier, weil ich meine karitative Ader entdeckt habe, sondern weil ich vom Gericht zur Ableistung von Sozialstunden verurteilt wurde.“

Und dann sprudelt es aus ihm raus. Ganz plötzlich befinde ich mich in der Rolle des Zuhörers. Die Worte fließen aus Andreas wie Wasser, das über eine Klippe schießt.

Wie er in das Lokal gekommen ist und mich dort in einem der Hinterzimmer gefunden hat. Mit fünf Kerlen, die mich abwechselnd gevögelt haben. Wie weh dieser Anblick getan hat, vor allem die Tatsache, dass ich mich dem Schwanz, der gerade in meiner Kehrseite versenkt wurde, winselnd und stöhnend entgegen gebogen habe. Wie seine Welt in Scherben brach, als er sich anhören musste, wie ich um mehr gebettelt habe, wenn ich nicht gerade einen der anderen Schwänze im Mund hatte. Ein paar Minuten lang hat er sich das angesehen, konnte den Blick einfach nicht davon abwenden.

Himmel, was auch immer mir in den Drink getan wurde, klassische k.o.-Tropfen waren es wohl nicht, sondern eher etwas, das massive Halluzinationen ausgelöst hat.

Er hätte danach tagelang unter Schock gestanden. Verwirrt und zutiefst verletzt. Mein Leugnen dessen, was er als Zeuge doch mit eigenen Augen gesehen hatte, hätte dem noch die Krone aufgesetzt. Das hätte sich für ihn angefühlt, als hätte ich ihm nicht nur das Herz gebrochen, sondern wäre anschließend auch noch auf den Einzelteilen herumgetrampelt.

Scheiße. Ich habe nie versucht, es aus seiner Warte zu betrachten. Immer nur an mich gedacht, meinen eigenen Schmerz, meine eigene Verletztheit gesehen.

Das alles hatte ihm einen solchen Schlag versetzt, dass er sich davon bis heute noch nicht erholt hätte. Der krönende Abschluss war, seine Frau mit einem anderen im Bett zu erwischen. Er hat den Kerl kurzerhand krankenhausreif geprügelt. Nicht, weil der seine Frau gevögelt hat, sondern weil er nicht mehr hatte aufhören können. Der Kerl war das Ventil, das Andreas benutzte, um all den Frust loszuwerden, den er meinetwegen durchlebt hatte. Tja, und diese Körperverletzung hatte ihm die Verurteilung zu Sozialstunden eingebracht.

Als erste Konsequenz, mit der sich ein Gericht befasste. Die zweite würde in knapp vier Monaten, nach Ablauf des Trennungsjahres, die Scheidung sein, die seine Frau eingereicht hatte.

„Aber nicht etwa, weil ich ihren Stecher vermöbelt habe. Oh nein. Das fand sie noch toll. Als ich ihr in meiner Wut aber an den Kopf warf, dass ich nicht fassen kann, wegen einer Hure wie ihr den Mann meiner Träume verleugnet zu haben, empfand sie das nicht mehr als lustig.“

Das mit der Hure finde ich nicht okay, weil er sie ja ebenfalls betrogen hat – mit mir. Gleichzeitig muss ich zugeben, die Formulierung "Mann meiner Träume" fährt mir in den Magen und lässt meine Knie weich werden. Zum Glück sitze ich noch. Ich gehe allerdings nicht darauf ein, hake nicht nach, weil ich nicht sehen will, wie er sich herauszuwinden versucht. Bestimmt sind diese Worte unbedacht ausgesprochen worden.

Ich höre ihm noch eine Weile zu, wie er darüber spricht, dass das den Knoten zum Platzen gebracht habe. Er erzählt von seinem Coming-Out, das weit weniger schlimm ausfiel, als er es sich immer ausgemalt hatte. Sogar seine Eltern hätten einigermaßen cool darauf reagiert. Nicht begeistert, klar, aber auch nicht abweisend. Als er schweigt, fange tatsächlich ich an zu erzählen. Ich rede und rede und rede. Es tut wahnsinnig gut, das alles loszuwerden.

Wir wären wahrscheinlich noch stundenlang sitzen geblieben, hätte man uns nicht freundlich darauf hingewiesen, dass Feierabend sei, und wir uns einen anderen Ort zum Aufhalten suchen müssten.

 

Kurzerhand nimmt mich Andreas mit zu sich. Meine Einwände prallen an ihm ab. Er lässt sie einfach nicht gelten.

Seine Wohnung ist toll. Altbau. Ganz in der Nähe des Englischen Gartens. Definitiv nicht billig. Ich komme mir schrecklich deplatziert vor in meinem jetzigen Zustand.

„Wenn du duschen willst, kein Problem.“ Ein sehr dezenter Hinweis auf den von mir ausgehenden Geruch, den ich selbst kaum noch wahrnehme. Meine Nase hat sich leider bereits daran gewöhnt. „Oder lieber baden?“

Danke, Dusche reicht. Fürs erste. Wann habe ich zum letzten Mal geduscht? Ist ne Weile her.

„Ich leg dir Klamotten von mir raus, die du anziehen kannst.“

Andreas und ich sind gleich groß, mit ähnlicher Statur, was bedeutet, wir haben dieselbe Kleidergröße. Gerade ziemlich praktisch, weil ich frisch gewaschen nicht in meine alten, stinkigen, versifften Lumpen steigen möchte. Die sind nur noch für eins zu gebrauchen: Um in schwungvollem Bogen in einer Mülltonne entsorgt zu werden.

„Oder falls du dir selbst was raussuchen möchtest?“

Nicht nötig. Andreas hat einen hervorragenden Geschmack. Ich vertraue ihm da völlig.

Was vielleicht ein bisschen übereilt war, wie ich feststelle, als ich nach gefühlten Stunden, in denen ich mir das warme Wasser über den Körper habe laufen lassen, sehe, dass er mir ein T-Shirt und eine Jogginghose zum Anziehen hingelegt hat. Feste Straßenklamotten, die eine Weile halten, wären mir lieber. Na ja, das können wir später noch klären.

Als ich aus dem Bad komme, schlägt mir ein leckerer Geruch nach gebratenem Fleisch entgegen. Ich finde Andreas in der Küche, am Herd, auf dem er irgendetwas brutzelt. Welch verführerischer Duft, und damit meine ich nicht nur den, der aus den Töpfen strömt oder aus der Pfanne kommt. Der Tisch ist bereits gedeckt. Sieht aus, als würde ich heute zweimal warm bekommen.

Nach dem Essen setzen wir uns ins Wohnzimmer. Der riesige LED-Fernseher bleibt aus. Wir reden. Über Gott und die Welt und was uns sonst noch einfällt. Gütiger Himmel. Erst jetzt fällt mir auf, dass wir nie wirklich geredet haben, als wir noch "zusammen" waren. Wir waren viel zu beschäftigt damit, übereinander herzufallen, wenn wir uns in irgendwelchen Hotelzimmern getroffen haben.

Erst jetzt lerne ich Andreas kennen. Erfahre etwas aus seinem Leben, über ihn. Seine Kindheit, seine Jugend. Was er gerne mag und was er überhaupt nicht ausstehen kann. Das alles wusste ich vorher nicht.

 

Es ist schon spät, irgendwann mitten in der Nacht, wahrscheinlich sogar schon Richtung Morgen. Nachdem er mir eine endlos weiche Kuscheldecke zum Zudecken hingeworfen hat, wünscht er mir eine Gute Nacht. Selbstredend schlafe ich auf dem Sofa. Einem irre gemütlichen Sofa. In den letzten paar Monaten habe ich unbequemer geschlafen, meistens auf dem blanken Boden. Es dauert keine zwei Sekunden, bis mir die Augen zufallen.

 

Als ich zu mir komme, brauche ich erstmal einen Moment, um mich zu orientieren. Wo bin ich hier? Ah, stimmt. In der Wohnung von Andreas.

Alles ist ruhig. Entweder ist er bereits weg – immerhin haben wir einen stinknormalen Arbeitstag, zumindest für Leute mit einem

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: jeder für sich
Bildmaterialien: shutterstock Design Lars Rogmann
Lektorat: Aschure, Ginva
Tag der Veröffentlichung: 18.03.2015
ISBN: 978-3-7368-9281-1

Alle Rechte vorbehalten

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