Cover

Anzüge mit tierischem Inhalt



Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden, Ähnlichkeiten rein zufällig.


Der Inhalt dieses Buches sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Covermodels aus.


Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder eine andere Verwertung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.


Ebooks sind nicht übertragbar und dürfen nicht weiterveräußert werden. Bitte respektieren Sie die Arbeit der Autorin und erwerben eine legale Kopie. Danke!


Text: Sascha Scheiblette
mit freundlicher Unterstützung von Sissi Kaiserlos


Foto von shutterstock

Covergestaltung: Sissi Kaiserlos

 

Das Schaf im Anzug


Alexis arbeitet bei seinem Vater in der Steuerkanzlei Krüger. Eines Tages stellt dieser ihm einen neuen Mitarbeiter vor: Jordan Smith. Alexis ist verwirrt. Wieso wusste er nichts davon? Und wieso diesmal ein Mann? Ahnt sein Vater etwa, wie es um ihn bestellt ist? Doch die Lage entspannt sich und Jordan erweist sich als lammfromm, bis …

***


Prolog


Es war absoluter Mist, allein als Wolf durch die Gegend zu rennen. Wölfe waren Rudeltiere, wenigstens meistens. Er blieb stehen, hockte sich hin und leckte sich den Schritt. Wenigstens ein Vorteil, den er in Menschengestalt nicht hatte. Nur das verdammte Fell nervte ihn. Rasiert würde er allerdings richtig Scheiße aussehen. Ein Nacktwolf. Er lachte, was sich in seiner aktuellen Gestalt als leises Grummeln in seiner Brust äußerte.

Der Mond schien auf die kleine Lichtung, die er bevorzugt in Nächten wie diesen aufsuchte. Das hohe Gras wogte in einer leichten Brise, der See lag still da. Ein Mann kauerte an dessen Ufer. Er war nackt. Langsam schlich der Wolf näher …


1.



„Alexis? Das ist Jordan Smith, unser neuer Kollege.“ Alexis‘ Vater legte dem großgewachsenen Mann eine Hand auf die Schulter und lächelte verbindlich. „Jordan? Das ist Alexis, mein Sohn und bester Mitarbeiter.“

„Angenehm.“ Kurz gaben sich die Männer die Hand. Alexis warf seinem alten Herrn einen bösen Blick zu, da er es hasste, auf diese Art vorgestellt zu werden. Das provozierte nur Neid.

„Auf gute Zusammenarbeit“, sagte Jordan.

„Wunderbar! Würdest du Jordan bitte herumführen, mein Junge? Ich hab einen Termin.“ Mit einem kurzen Nicken verabschiedete sich Alexis‘ Vater und ging zu seinem Büro. Nun standen sie allein im Flur und in Alexis brodelte Wut. Mein Junge! Ja, ging’s noch schlimmer? Demnächst würde sein Vater gar alte Kosenamen ausgraben, wie Scheißerle oder ähnliche Peinlichkeiten.

„Tja, dann …“, murmelte er und reckte das Kinn hoch. „Beginnen wir mit dem Wichtigsten: Der Teeküche.“

Jordan folgte ihm, als er den Gang hinuntereilte und vor einem kleinen Raum hielt. „Hier können Sie …“

„Jordan, mein Junge“, unterbrach der Kerl ihn grinsend.

„Meinetwegen. Aber für dich bin ich immer noch Alexis“, brummte er, musste aber lächeln, da Jordans Grinsen einfach entwaffnend war. „Also: Hier ist die Teeküche. Kaffee kommt aus der Maschine da und im Kühlschrank findest du Milch und Kekse. Weiter geht’s.“

Alexis zeigte die Toiletten, stellte Jordan einigen Kollegen vor und wanderte schließlich zu seinem Büro. „Hier hause ich“, sagte er, schubste die Tür auf und machte eine ausholende Geste. „Das Reich des Thronfolgers.“

„Nett. Etwas unordentlich“, kommentierte Jordan. „Mein Büro ist nebenan, falls ich die Orientierung nicht verloren habe.

Da die Steuerkanzlei Krüger aus gerade mal zwanzig Mitarbeitern bestand und lediglich ein Stockwerk des Bürobaus belegte, konnte der Spruch nur ein Witz sein. Alexis lachte pflichtschuldigst.

„Gut. Ich geh dann mal an die Arbeit“, sagte er, trat in sein Zimmer und schloss die Tür hinter sich.

Wieso hatte sein Vater ihm nichts von dem Neuen erzählt? Alexis ließ sich in seinen Schreibtischsessel plumpsen und musterte die Papierstapel auf der glatten Fläche. Sonst wurde er sogar in die Auswahl neuer Mitarbeiter einbezogen. Diesmal hatte er nicht einmal gewusst, dass eine Stelle zu besetzen war.

Führte sein Vater etwas im Schilde? Zweimal hatte er junge Frauen eingestellt, ohne Alexis‘ Wissen. Beide hatten in dem Büro nebenan gearbeitet und es deutlich eher darauf abgesehen, den reichen Erben zu ehelichen, als ihren Job zu machen. Niemand wusste jedoch von seiner Neigung. Ganze 35 Jahre hatte Alexis geheim gehalten, dass er auf Männer stand und nicht vor, diesen Umstand zu ändern. Nur ganz selten zog er nachts los, um sich etwas Sex zu suchen. Er war überaus vorsichtig, ging in einen Club am anderen Ende der Stadt und maskierte sich stets dabei. Ein falscher Bart, Schminke und eine Perücke waren seine Standardausrüstung bei solchen Unternehmungen.

Seufzend machte Alexis sich über die Aktenberge her. Vom Grübeln erledigte sich die Arbeit nicht.

Gegen Mittag klopfte es an seiner Tür. Jordan steckte den Kopf durch einen Spalt. „Wie sieht es aus mit Essen?“

„Normalerweise geht mein Vater am ersten Tag mit den Neuen essen. Hat er dich nicht gefragt?“ Verwundert hob Alexis die Augenbrauen.

„Nein. Vielleicht hat er es vergessen.“ Jordan trat ein und erschlug Alexis mit einem strahlenden Lächeln. „Vielleicht zählt er auf dich?“

„Mag sein.“ Er griff nach dem Telefonhörer. Sein Vater hatte den Apparat auf den Empfang umgeleitet, was bedeutete, dass er außer Haus war. Alexis ließ den Hörer sinken und sah auf die Uhr. Es wäre unhöflich, Jordan allein wegzuschicken. „Okay, dann mime ich mal den Chef“, gab er nach.

In der Nähe gab es einige Restaurants. Viele davon waren eher schlichte Imbisse. Für das Antrittsessen wählte Alexis ein italienisches Lokal mit kleiner, jedoch feiner Speisekarte. Die Einrichtung war rustikal. Grobe Holzbestuhlung an Tischen mit rotkarierten Decken. Dafür war der Service perfekt.

Nachdem vor jedem von ihnen ein Glas Wasser neben einem roten Landwein stand, fing Jordan an, Fragen zu stellen. Ohne sich dessen bewusst zu sein, antwortete Alexis freimütig. So ging es auch während des Essens weiter und als sie das Restaurant verließen, wurde ihm klar, dass Jordan nun alles über ihn wusste. Er hatte im Gegenzug rein gar nichts über ihn erfahren. Wie unprofessionell!

Am nächsten Tag lud er daher Jordan erneut zum Essen ein. Zu seiner Überraschung lehnte der ab. „Dein Vater hat sich vielmals entschuldigt und will das Essen mit mir heute nachholen“, erklärte Jordan mit einem Achselzucken.

Soviel zu Alexis Verkuppelungstheorie. Er war erleichtert.

~ * ~

Jordan wurde aus Alexis nicht schlau. Der Mann war Single, sah gut aus und war nett. Schwul? Normalerweise schlug sein Gaydar schnell aus, wenn er einen Gleichgesinnten traf. Bei Alexis war er unsicher. Eine Woche verging, in der sie sich lediglich mal auf dem Flur trafen. Ihre Sachgebiete waren verschieden, daher ergaben sich keine Überschneidungen. Jordan war Spezialist für Firmenbilanzen, während Alexis Künstler und Privatleute betreute. Die Versuchung, Alexis zu einem Mittagessen einzuladen, war groß. Dennoch tat er es nicht.

Vor 27 Jahren waren Jordans Eltern von England nach Hamburg übergesiedelt. Sein Vater arbeitete für eine Firma, die hier eine Filiale eröffnet hatte. Damals war es ihm zunächst schwer gefallen, mit der unbekannten Sprache und Umgebung zurecht zu kommen. Er musste kämpfen, was mit der Zeit aus dem schüchternen Jungen einen auf andere oft arrogant wirkenden Mann gemacht hatte. Viele schwule Kerle zog das an, gerade in den Clubs. Daher litt Jordan keinen sexuellen Notstand. Es war etwas anderes, was ihm fehlte.

Nach einem Monat fasste Jordan sich ein Herz, klopfte mittags bei Alexis und trat ungebeten ein. Erstaunt schaute der von den Akten hoch, in die er offensichtlich gerade vertieft gewesen war.

„Du hättest nicht irgendwie Lust mich zum Essen zu begleiten?“ Jordan versuchte so zu klingen, als wenn ihn eine Ablehnung nicht stören würde.

„Öhm … hab viel zu tun“, nuschelte Alexis.

„Pause machen musst du trotzdem irgendwann“, wandte er ein.

„Stimmt.“ Alexis strich sich die Haare aus der Stirn und stand auf. „Okay, dann lass uns irgendwo einen Happen essen.“ Er griff nach seiner Jacke.

Jordan steuerte das Lokal an, in das sie an seinem ersten Arbeitstag eingekehrt waren. Alexis signalisierte Zustimmung, indem er wortlos vor ihm das Restaurant betrat. Sie nahmen an einem Tischchen in einer Ecke Platz und bestellten beide Wasser, dazu einen Salat. Für etwas anderes war es zu warm.

„Und? Wie gefällt dir die Arbeit?“, fragte Alexis.

„Gut. Vor allem gefällt mir das Kollegium. Alle sind nett und niemand stört sich daran, dass ich schwul bin.“ Jordan hielt den Atem an und beobachtete sehr genau die Reaktion seines Gegenübers. Das war nämlich eine dicke Lüge. Er hatte bisher mit keinem der Kollegen über seine Ausrichtung gesprochen.

„Das ist … natürlich cool“, murmelte Alexis und fixierte die rotkarierte Tischdecke.

„Störst du dich daran?“, bohrte Jordan nach.

„Nö. Jeder wie er will.“

„Wie sieht’s bei dir aus?“

„Was?“ Alexis Kinn ruckte hoch.

In diesem Moment kam der Kellner mit den Getränken. Jordan wartete, bis er wieder verschwunden war und setzte alles auf eine Karte.

„Du bist doch auch schwul“, sagte er geradeheraus.

Die flammende Röte, die Alexis‘ Wangen überflutete, war Antwort genug. Ihre Blicke trafen sich. In Alexis‘ lag eine Bitte.

„Können wir das bitte unter uns lassen? Niemand weiß es, nicht mal mein Vater. Das soll so bleiben“, flüsterte er, etwas über den Tisch geneigt.

„Okay. Kein Problem.“ Einerseits fiel Jordan ein Stein vom Herzen, dass er richtig gelegen hatte. Andererseits tat sich ein neues Problem auf: Der Kollege war in erreichbare Nähe gerückt, zumindest was die Sexualität anging. Würde er die Finger von dem Mann lassen können?

„Danke.“ Alexis griff nach seinem Glas, trank und für eine Weile herrschte Schweigen. Als der Ober mit dem Essen kam, entspann sich eine leichte Unterhaltung, die sich ausschließlich um die Arbeit drehte. Jordan spürte jedoch, dass Alexis nervös war und konnte ihn sogar erleichtert aufseufzen hören, als sie aufbrachen. Es war wohl wirklich besser, wenn er um den Mann einen Bogen machte.

Wie es im Leben nun mal ist, reizen Dinge, die man nicht haben kann mehr als die, die einem vor die Füße fallen. So ging es Jordan mit Alexis. Er stellte dem Mann regelrecht nach. Sobald er die Tür nebenan klappen hörte, trat er unter einem Vorwand auf den Flur. Natürlich führte das lediglich dazu, dass er mit Alexis ein ‚Hallo‘ oder ‚Wie geht’s?‘ wechselte.

Jordans Sexualleben lag unterdessen brach. Die Lust, in einem der Clubs einen fremden Arsch zu ficken, war verflogen. Jordan war ausschließlich auf Alexis‘ Hintern fixiert. Ein überaus verführerischer Hintern, der zu einem wahnsinnig hübschen Kerl gehörte.

Nachdem drei Wochen auf diese Weise vergangen waren, trieb der Mut der Verzweiflung Jordan zu einer ebenso gewagten wie dummen Tat. Er bat Alexis unter fadenscheinigem Vorwand in sein Büro.

„Kannst du dir das mal angucken?“ Er winkte Alexis näher, bis dieser neben seinem Sessel stand. „Ich verstehe diese Zahlen nicht“, murmelte er und sorgte dafür, dass sein Jackett auseinanderklaffte. Nun müsste sein halbsteifer Schwanz, den er eben aus dem Hosenschlitz hervorgeholt hatte, gut sichtbar sein.

„Das hier ergibt keinen Sinn“, sagte er und wies blind auf eine Zahlenkolonne. Dabei nahm er Alexis‘ berauschenden Duft wahr und wurde noch härter.

Stille. Jordan wagte nicht, Alexis anzusehen. Als das Schweigen anhielt, linste er doch hoch und fand dessen Blick auf seinen Schoß gerichtet. Keinerlei Abscheu, schlichtes Begreifen lag auf Alexis‘ Zügen.

„Pack. Das. Weg.“ Die Worte kamen tonlos, dabei sehr bestimmend.

„Oh? Entschuldige“, nuschelte Jordan und schob das widerstrebende Glied zurück in die Hose.

„Du willst mich ficken? Okay. Aber nicht hier.“ Alexis ging zur Tür. „Komm mit.“

Irgendwie hatte Alexis es die ganze Zeit geahnt. Warum sollte der arrogante Jordan Smith kein Kapital aus seinem Wissen schlagen? Alexis ging zu dem Waschraum, der der Führungsriege vorbehalten war. Er schloss die Tür hinter ihnen ab und zwang sich zur Ruhe. Nicht, dass er etwas gegen Sex hatte. Jordan war attraktiv und nicht unsympathisch. Nur die Aktion mit seinem Schwanz war einfach zu plump gewesen.

„Ich gehe davon aus, dass du ein Kondom dabei hast?“ Alexis trat ans Waschbecken und öffnete den Gürtel seiner Hose.

Jordan holte ein Päckchen aus der Jackettasche. Extra feucht und reißfest. Na Klasse! Also los. Alexis streifte die Anzughose samt Shorts herunter. „Lass alles an“, sagte er. „Hol nur deinen Schwanz raus. Anzugträger machen mich geil.“

Er spreizte die Beine und beugte sich vor. Ein Reißverschluss wurde geöffnet, das Kondompäckchen riss auf. Er hörte Jordans erregte Atemzüge. Dann wurde sein Arsch erobert. Alexis war erfahren und blieb entspannt. Sein letztes Mal war etwas her, die Lust kam schnell.

Jordan war jetzt ganz drin. Ein absolut geiles Gefühl. Alexis stöhnte und beugte sich weiter vor. Jordan wusste genau, wie es ging. Der verdammte Kerl vögelte ihn derart gut, dass Alexis ohne Wichsen gegens Waschbecken ejakulierte.

„Geht’s dir gut?“ Jordans raue Stimme an seinem Ohr setzte Schmetterlinge in seinem Bauch frei. Offenbar hatte er eine Schwäche für gut fickende Mistkerle entwickelt. „Mhm“, machte Alexis, blinzelte und stellte fest, dass er seine Krawatte in die Reinigung bringen musste. Das teure Stück hing in der Spermapfütze. Zum Glück hatte er in seinem Büro einen Ersatzschlips.

„Wollen wir mal wieder essen gehen? Nicht mittags, lieber abends. Ich würde dich gern …“

„Nein!“, unterbrach Alexis hastig, richtete sich auf und zog die Hose hoch. „Nein, das geht nicht“, sagte er ruhiger, drehte sich um und schloss den Gürtel. „Ich fange nie etwas mit einem Kollegen an.“ Er sah hoch und erwiderte Jordans Blick sehr ernst. „Das hier ist etwas anderes“, fügte er hinzu, als dessen Augenbrauen spöttisch hochzuckten. „Das ist nur Sex. Das ist okay für mich.“

Während er zurück zu seinem Büro ging überlegte er, wie seine Worte auf Jordan gewirkt haben mussten. Eigentlich war er kein Sexmonster. Er wünschte sich Zärtlichkeit, ein langes Vorspiel, behutsames Streicheln, innige Küsse … Das war ihm bisher kaum einmal vergönnt gewesen. Wie es sich wohl anfühlte, einen Mann die ganze Nacht in den Armen zu halten? Alexis würde das nie erfahren. Dazu gehörte eine Beziehung und genau die konnte er nicht führen. Er war eben anders.

Es wunderte Alexis nicht, dass am nächsten Tag Jordan sein Büro betrat, ein wenig herumdruckste und schließlich ein Präservativ aus der Tasche zog. Grüne Augen richteten sich bittend auf ihn. Zusammen mit den fast schwarzen Haaren war der Mann eine Augenweide. Alexis seufzte und stand auf.

Diesmal sicherte er die Krawatte, indem er sie zwischen zwei Knöpfen unters Hemd schob. Wieder schickte Jordan ihn in den Himmel. Alexis mochte es sehr, danach seinen Atem am Ohr zu spüren. Dennoch wich er aus, als Jordan versuchte, ihn zu küssen. „Keine Küsse, keine Umarmungen“, stellte er klar, woraufhin sich Jordans Miene von liebevoll zu wütend veränderte.

Dementsprechend fiel der nächste Fick härter aus und Jordan fragte hinterher nicht, ob es Alexis gutging. Der hätte ohnehin keine ehrliche Antwort geben können. Es war zwar geil, mit Jordan rumzumachen, aber auch sein Herz wandte sich dem Mann immer mehr zu. Er wollte ihn am liebsten küssen und nie wieder loslassen. Nur gut, dass das Wochenende nahte und damit eine Zwangspause eintrat.

Am Freitag bat Jordan erneut um eine Verabredung zum Essen. Alexis lehnte kategorisch ab, suchte nicht einmal Vorwände. „Es besteht meinerseits kein Interesse“, behauptete er gespielt kühl, wobei er innerlich zitterte. Jordan guckte einen Moment so, als hätte ihn ein Faustschlag in die Magengrube getroffen. Das tat sogar Alexis weh. Sollte Jordan wirklich so viel für ihn empfinden, dass eine Ablehnung schmerzte? Dann wäre er der erste Mann, der sich ehrlich für ihn interessierte. Alexis zauderte, hielt am Ende jedoch den Mund. Es war besser so.



2.



Sowohl in der Freitag- als auch in der Samstagnacht verbrachte Alexis viel Zeit in der freien Natur. Er brauchte ein Ventil für das durch Jordan verursachte Gefühlschaos. Wie ein Irrer hetzte er durch den Wald, bis seine Muskeln schmerzten. Beide Male fühlte er sich bei seiner Rückkehr zum Haus beobachtet, doch trotz seiner feinen Sinne konnte er niemanden in der Nähe entdecken. Wahrscheinlich litt er unter Verfolgungswahn. Auch daran konnte nur der verdammte Jordan schuld sein!

Am Montag tauchte Jordan nicht in seinem Büro auf, am Dienstag auch nicht. Wenn sie sich auf dem Flur trafen, musterte der Mann ihn mit eigenartigem Blick. Irgendwie voller Respekt. Das gefiel Alexis auf der einen Seite, auf der anderen vermisste er den Sex. Er war wirklich ein kaputter Typ.

Wieder nahte das Wochenende und Jordan hatte die ganze Woche kaum ein Wort mit ihm gewechselt. Alexis hasste diesen Zustand noch mehr, als den davor. Plante der Kollege irgendetwas? Wollte er ihn doch verraten?

In der Freitagnacht war der Mond fast voll. In solchen Nächten brach Alexis‘ zweite Gestalt mit Macht hervor. Sonst musste er die Wandlung selbst anstoßen, nun geschah es um Mitternacht von selbst. Das war auch der Grund, weshalb er niemals eine Partnerschaft eingehen konnte. Wer wollte schon einen Wolf in seinem Heim?

Bis in die frühen Morgenstunden tobte er durchs Gehölz und erschreckte ein paar nachaktive Tiere. Er gönnte sich sogar eine kleine Mahlzeit in Form einer unvorsichtigen Maus. Sonst fraß er in seiner Wolfsgestalt nichts. Ihm wurde davon meist nach der Rückwandlung übel. Auch diesmal musste er kotzen, sobald er seine menschliche Gestalt wieder angenommen hatte. Zum Glück landete sein Mageninhalt in einem Busch neben der Terrasse. Soviel Geistesgegenwart besaß er noch. Damit ersparte er es sich zumindest, die Fliesen reinigen zu müssen.

Samstag war Vollmond. Alexis kam gegen ein Uhr morgens aus dem Wäldchen, das an seinen Garten angrenzte. Mit langsamen Schritten näherte er sich der Terrasse. Sonst genoss er die nächtlichen Ausflüge sehr, doch irgendwie hatte Jordan ihm den Spaß daran vermiest. Verdammter Kerl! Wieso schlich sich der Mann in seine Gedanken? Was hatte er in seinem Herzen zu suchen?

Alexis blieb stehen. Das Fell wich glatter Haut, die Krallen verschwanden. Wie immer fühlte es sich an, als würden Ameisen über seinen ganzen Körper krabbeln. In seiner Menschengestalt erhob er sich, ging zur Terrassentür und stockte, als er plötzlich angesprochen wurde.

„Ich glaub’s nicht! Du bist ein Werwolf?“ Jordan trat aus den Schatten und starrte ihn mit großen Augen fasziniert an. „Wie machst du das? Gibt es einen Trick?“

„Was tust du hier?“, fuhr ihn Alexis heftig an. Dass er nackt war, kümmerte ihn nicht. Er war entdeckt worden und das ausgerechnet von Jordan! Wieso rannte der eigentlich nicht schreiend weg?

„Ich konnte nicht schlafen. Also bin ich durch die Gegend gefahren, sah, dass bei dir noch Licht ist und hab geläutet. Ich bin dann hinters Haus gelaufen und hab die offene Terrassentür entdeckt. Hab mir Sorgen gemacht und … Tja, wohl umsonst.“ Sein Blick wanderte immer noch an Alexis rauf und runter. „Okay. Zugegeben: Ich war schon letzte Woche hier. Konnte es einfach nicht glauben. Du bist ein hübscher Wolf. Verwandelst du dich für mich noch mal? Biiitte!“

„Verschwinde, Idiot!“ Alexis stieß die Tür zum Wohnzimmer auf, lief zur Couch und griff nach seinen Klamotten, die er vorhin dort abgelegt hatte.

„Moment!“ Jordan umfing ihn von hinten mit beiden Armen. „Wir sind noch nicht fertig.“

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Sissi Kaiserlos / Sascha Scheiblette
Bildmaterialien: shutterstock
Tag der Veröffentlichung: 20.07.2014
ISBN: 978-3-7368-3112-4

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