Cover

Wien Extra

 

Letztes Wochenende konnte ich Jacky überreden, mal wieder einen kurzen Abstecher nach Wien zu machen. Diesmal verlief mein Flug ohne weitere Vorkommnisse, sodass ich pünktlich eintraf und sie am Flughafen wie verabredet traf.

Die Freude war natürlich groß. Immerhin war es schon zwei Monate her, dass wir uns zuletzt gesehen hatten. Während wir im Bus dem Hotel entgegenschaukelten, plapperten wir wie zwei alte Waschweiber.

Das Hotel war das Gleiche, wie beim letzten Mal. Jacky hatte darauf bestanden. Keine Ahnung warum, aber mir sollte es recht sein. Es war günstig und lag zentral.

 

Nachdem wir unser Gepäck in die Zimmer gebracht hatten, schlenderten wir zur nächsten Bahnstation. Ich hatte zwar einen Verdacht, wohin Jacky wollte, doch sie gab sich geheimnisvoll und ich gedachte nicht, ihr den Spaß zu verderben.

Wie ich bereits geahnt hatte, gingen wir wenig später die Straße hinauf, die zur Buchhandlung ‚Löwenherz‘ führte. Ich tat überrascht, was Jacky mir natürlich nicht abnahm. Okay, Schauspielerei sollte ich wohl nicht als Beruf wählen. Als wir den Laden betraten, schauten die beiden Männer hinter der Kasse auf. Der eine war leger gekleidet, der andere mit dem Bürstenschnitt trug, wie zwei Monate zuvor, einen steifen Anzug, der gut zu seiner steifen Miene passte.

„Hallo die Damen. Die lesbischen Bücher sind hier links“, rief der Legere.

„Ach nein, wir sind hier schon richtig“, meinte Jacky und wühlte sich auch schon durch die ausgelegten Männer-Pornos.

Die Bürste schnaubte, ging an uns vorbei und verschwand irgendwo hinten im Laden. Sicher war es absolut unangebracht, als Frau in schwuler Literatur zu schwelgen.

 

Beladen mit einem Dutzend Neuerwerbungen traten wir bald darauf wieder auf die Straße.

„Und nun?“, fragte ich.

„Lass uns in das Cafe nebenan gehen“, schlug Jacky mit einem listigen Grinsen vor.

„Okeee“, stimmte ich zu und trottete hinter ihr her.

Sie marschierte in das Lokal und strebte zielsicher einen Tisch an, an dem zu meiner großen Überraschung Mascha, Hendrik, Jackson und Siegmund saßen. Bass erstaunt blieb ich stehen, starrte die Kerle mit Lolligroßen Augen an und war erstmal sprachlos.

„Freust du dich?“, säuselte Jacky.

„Klar!“ Ich nickte. „Aber verrat mir doch bitte eines: Wie kannst du fiktive Charaktere in echte Männer verwandeln?“

„Tjaaaa“, meinte Jacky mit kryptischer Miene. „Das verrate ich lieber nicht, sonst habe ich vor anderen Autoren keine Ruhe mehr.“

„Hast auch wieder recht“, stimmte ich zu, überlegte kurz und fragte dann vorsichtig. „Sag mal … kannst du mir bitte noch den Oliver Medler, Nick, Lars, Hannes, Simon, Mahmut, Volker, Ludowig …

 

Die nächsten hundert Seiten füllen nur Prota-Namen. Aber wer denkt, dass Jacky mir den Wunsch erfüllt hat … Pft! Hat sie nicht! Freundschaft wird überbewertet!

Im Panoptikum

 

„Was wollen wir denn hier? Alles Wachs!“, murrte ich, doch Jacky zog mich mit funkelndem Blick weiter.

„Und … wenn nicht?“, hauchte sie auf die ihr eigene Art, die Wunder versprach.

„Wenn du meeeiiinst“, erwiderte ich und trottete gehorsam hinter der flotten Schweizerin einher.

„Hui! Franzl! Du hier!“, rief ich kurz darauf aus, als ich meinen Ex entdeckte.

„Sissi! Sissilein! Du hast dich kaum verändert“, antwortete Franzl und mir blieb die Spucke weg.

„Aber … aber … du bist … nicht echt“, flüsterte ich und hörte Jacky prusten.

„Wirklich?“ Franzl rollte die Augen, machte einen Schritt auf mich zu und parkte meine Hand auf gar freche Weise in seinem Schritt. „Und?“, wisperte er. „Füüühlt sich das echt an?“

„JACKY!“ Als hätte ich mich verbrannt, riss ich die Hand weg, glotzte die verdammte Wachsfigur an und hyperventilierte vor mich hin.

„Was ist denn?“ Komplett unschuldig trat Jacky an meine Seite. „Sieht nett aus, dein Ex. Etwas klein“, konstatierte sie mit prüfend zusammengezogenen Augenbrauen. „Außer da unten“, fügte sie gleich darauf hinzu, nachdem ihr Blick tiefer gewandert war.

„Bring mich hier weg!“, verlangte ich.

„Aber sicher doch“, flötete sie, schnappte sich meine Hand und zog mich in den nächsten Raum.

„Puh! Du bist meine Reinkarnation?“ Die Kaiserin schnaubte verächtlich, drehte ihr Schirmchen und mir den Arsch zu. „Niemals!“, säuselte sie über die Schulter.

„Stell dich neben sie“, verlangte Jacky. „Ich will ein Foto.“

„Und ich hier raus“, erinnerte ich meine Reisegefährtin.

„Zicke“, murrte Jacky.

„Sklaventreiberin“, gab ich harsch zurück.

Wortlos schob Jacky mich weiter, an Lady Gaga vorbei und in einen Raum, in dem George Clooney an einem Tisch auf mich zu warten schien.

„Setz dich zu ihm“, meinte sie sorglos. „Der wartet nur auf dich.“

„Ja, klaaar!“ Ich streckte ihr die Zunge raus, ging zu George und pflanzte mich auf den freien Stuhl. „Hallo Schönheit“, sagte ich frech, da der Kerl aus Wachs war.

„My dear!“, erwachte George zu Leben und lächelte, dass all die wunderbaren Fältchen noch tiefer zu sehen waren. „How are you? And who is this beautiful wife with the camera?“

“This is Jacky”, merkte ich eilfertig an. „She is your greatest Fan!“

“Really?” George sprang auf, nahm der perplexen Jacky die Kamera aus der Hand und begann, einen wunderbaren Tango aufs Parkett zu legen.

Mal wand er sich hierhin, mal dort, immer den biegsamen Körper Jackys herumschwenkend. Deren Gesichtsausdruck hätte ich gern auf Leinwand gebannt, hatte aber gerade weder Pinsel noch Farbe zur Hand. Als George sie an Brad vorbeiführte, schnappte er sich die Rose, die dieser hielt und klemmte sie zwischen seine Zähne.

„Dschacky“, nuschelte er. „You are scho wonderful!“

Noch zwei Drehungen, dann trappelten Schritte und eine Horde Japanerinnen stürmten den Raum. George erstarrte, Jacky knallte auf den Boden und rollte sich gekonnt ab.

„Miststück!“, zischte sie, grinste aber und ließ sich von mir hochhelfen. „Die Rechnung meines Orthopäden geht an deine Adresse“, fügte sie hinzu und strich sich die Kleidung glatt.

„Der darf gern mit meinem Therapeuten verhandeln“, gab ich lässig von mir. „Raus hier!“, fügte ich hinzu und schubste sie unsanft den Gang hinunter.

„Woalds die Doamen net a Foto?“, fragte ein Teenie in einem T-Shirt mit Logo, das sie als Personal auswies.

„Nö!“, antwortete ich, da Jacky schon wieder grinste. „Raus hier!“

„Spaßbremse!“, murrte sie, ließ sich jedoch ohne Gegenwehr in den Souvenirshop bugsieren. „Oh! Guck mal!“ Sie verharrte vor einem Regal, in dem sich hässliche Becher mit Männermotiven befanden. „Wäre das was?“

„Puh! Nur wenn ich vorher einen Test machen kann“, gab ich nach.

 

Und so kam es, dass Jacky, mit einem Wasserkocher bewaffnet, unzählige Becher dazu brachte, dass die Kerle die Wäsche verloren. Meine hochrote Birne erwähne ich besser nicht. Reisen mit Jacky. Eine echte Herausforderung! 

Geisterbahn!

Geisterbahn!

 

Jacky konnte sich nicht entscheiden und hat schlussendlich aus den 20 Schwanztassen die 10 Schönsten ausgewählt. Ich beschränke mich auf die 5 Exemplare, auf denen die Dinger nicht zu krumm sind. Muss sonst immer an Bananen denken und das verursacht bei mir Hungergefühle, die ich echt nicht brauche.

„Schatz, lass uns weiterbummeln“, flötet Jacky, schultert ihre schwere Tasche und macht wie immer ein fröhliches Gesicht.

Ich folge brummend, da das Gewicht der fünf Tassen schon etwas drückt. Außerdem bin ich noch etwas geflasht von der Vorstellung eben. Jacky, 30 Tassen mit nackten Kerlen und der Wasserkocher. Die ganzen Gaffer und das säuerliche Gesicht der Verkäuferin. Puh! Reisen mit Jacky!

„Oh! Eine Geisterbahn!“, begeistert sich meine liebe Jacky und strahlt über beide Backen. „Da müssen wir rein“, erklärt sie so überzeugt, als würde es sich um eine schwule Männersauna handeln.

Vielleicht sollte ich mal zart nachfragen, ob die auch noch auf dem Programm steht, lass es aber lieber.

 

„Mid den Toaschen passtst iha oba ned in ein Woagn“, erklärt der Kartenverkäufer.

„Dann löse ich eben zwei Tickets für mich und meine geilen nackten Kerle“, erklärt Jacky rigoros, was bei dem Mann zu einem leichten Schluckauf führt.

Kleinlaut folge ich ihrem Beispiel, lächle dem perplexen Kartenmann entschuldigend zu und folge meiner Freundin zu den Waggons. Jacky lädt ihre Tasche in den vordersten Wagen, klettert hinterher und verschwindet winkend hinter einem Plastikvorhang. Gruselige Musik ertönt, ein spitzer Schrei folgt. Jackys?

Ich werfe meine Schultertasche in den nächsten Waggon und rufe dem Bordpersonal zu: „Folgen Sie unauffällig dem Wagen dort vorn!“

Die beiden Kerle mit schadhaftem Gebiss an der Bahnsteigkante lachen. Der Kleinere betätigt einen Schalter und meine Kutsche eiert los. Der Vorhang verschlingt mich. Es wird dunkel.

„Wuhahahaha!“, erschallt es urplötzlich von rechts und ein Gerippe erzittert im gleissenden Neonlicht.

„Puha! Hastdumicherschreckt!“, fahre ich das Plastikdingens an, ziehe meine Tasche auf den Schoß und umschlinge sie.

Nicht, dass dem armen Tascherl am Ende etwas zustößt!

Hinter der nächsten Ecke lauert ein Gummi-Werwolf. „Hua-hua! Isch beiss dich!“, jault die Figur. Ich zeige ihr den Stinkefinger und halte weiter Ausschau nach Jacky. Da! Schon wieder so ein greller Schrei!

„Jacky! Ich bin auf dem Weg!“, brülle ich, enthemmt vor Sorge, zurück.

Nach zehn Ecken mit irgendwelchen Möchtegern-Schauerattrappen gelange ich auf eine Art Balkon. Es geht ungefähr 20 Meter im hellen Licht geradeaus. Ich schaue runter und entdecke …? Das kann doch nicht sein! Wieder verschlingt mich das Dunkel und ein grüner Gesell erklärt mir: „Wohahahaha?“

Keine Ahnung, was der von mir will. Eine scharfe Kurve und dann …

„Waaaaaaaaaah!“, schreie ich, verkrieche mich hinter der Tasche und suche in einem Seitenfach nach dem Pfefferspray.

Die haben Jacky umgebracht und nun … steht sie da und ist ein Zombie! Hilft das Spray gegen Untote? Ich linse vorsichtig über die Tasche und schaudere. Mann! Sieht Jacky echt aus! Sie lächelt sogar und als ich kurz vor ihr bin, hebt sie eine schwere Tasche an, will mich damit erschlagen und ich …

„Aaaaaaaaaaaaaaaaaaaah!“, kreische ich die ganze verfickte Achterbahn zusammen.

Die Tasche landet im Fußraum, der Jacky-Zombie neben mir.

„Noa? War des eine Suprise?“, schweizert sie mich an.

„Sach mal, haste nen Knall?“, hamburgere ich zurück.

„Joah!“ Ein feuchter Kuss landet auf meiner Wange. „Na, nu kriag di wieder oan“, meint Jacky gelassen und winkt einer wahrlich schrecklichen Gestalt zu, die sich als ein Kerl des Bordpersonals entpuppt.

„War das lustig!“, seufzt Jacky, krabbelt aus dem Wagen und bugsiert mich mitsamt der Taschen hinterher. „So! Und nun …“ Geschäftig eilt sie davon und ich trotte – mal wieder – hinterher.

Vor dem Fahrgeschäft bleibt sie stehen, schaut sich um und stößt gleich darauf einen spitzen Schrei aus. Mir klirren die Ohren.

„Der Bernd!“, freut sie sich ab und springt auf einen Kerl zu, dessen Foto ich schon mal gesehen habe. „Der Bernd Gutsch! Ja, wie nett! Und der Antonio ist auch da!“

Ach! Daher kamen mir die beiden bekannt vor, als ich eben von dem verschissenen Balkon runtergeschaut habe. Zögernd nähere ich mich dem Knäuel aus Jacky, Tasche, Bernd und Antonio.

„Tagchen!“, sage ich zögernd. „Isch bin die Sissi und kaufe hier ein.“

„Mein Name ist Lohse und ich kaufe hier ein“, korrigiert Bernd, schultert Jackys Tasche und nimmt mir meine kurzerhand weg, um sie Antonio aufzuhalsen. „Liebe Sissi, wenn schon zitiert, dann richtig!“

„Klugscheißer“, murre ich, während ich den dreien hinterhertrotte.

„Wie schön, dass ihr kommen konntet“, ruft Jacky und steuert das nächste Cafe an. „Die beiden haben das Zimmer neben dir“, informiert sie mich über die Schulter.

„Na großartig!“, maule ich, eingedenk des zu erwartenden Geräuschpegels nachts.

 

Fortsetzung folgt …

 

 

Potascherl

Potascherl

 

Nach einem Cappuccino und einem heißen Flirt mit dem schnittigen Ober, drängten Bernd und Antonio zum Aufbruch. Trotz Jackys Erpressungsversuchen (sie drohte mit Schreibblockade) blieben die beiden hart. Wieder wurden schwere Taschen hochgenommen und es ging zur Bahnstation.

Am Stephansdom überkam mich eine böse Vorahnung, während Jacky noch arglos vor sich hinguckte. Als die beiden Männer jedoch die Fiaker ansteuerten, blieb sie stehen und ließ sich, wie ein störrischer Esel, nicht von der Stelle bewegen.

„Da fahr ich nicht mit“, wiederholte sie immer wieder und verschränkte die Arme vor der Brust. „Nur über meine Leiche.“

„Kein Problem!“ Bernd grinste, holte eine Wasserspistole hervor und trieb Jacky damit zu den Kutschen.

„Iiiih“, kreischte sie, hielt die Arme schützend hoch, wurde aber dennoch recht nass.

„Brutal!“, brummelte ich und trabte den dreien hinterher.

„Herrschaften. Stoigst oin“, forderte der Kutscher auf und grinste angesichts Jackys Empörung.

 

„Rechts liagt das Parlamentgeboide und links …“

Ich blendete die Stimme des Kutschers aus und wurde von dem Geschaukel ganz müde. Als ich wieder aufwachte, standen wir vor dem Stephansdom und ich hatte wohl etwas verpasst. Die drei anderen schwärmten von den ganzen Gebäuden und redeten wild durcheinander. Jackys listiges Grinsen ließ mich allerdings Böses ahnen.

Wir stiegen aus und kurz war sie verschwunden. Als sie hinter der Kutsche wieder auftauchte, trug sie einen dunklen Beutel bei sich, den sie Bernd in die Hand drückte.

„Halt doch mal bitte“, säuselte sie und stolzierte davon.

„Was …?“ Bernd guckte Jacky hinterher, dann in die Tasche und seine Augen wurden kugelrund. „Jacky! Komm sofort wieder her“, fauchte er böse.

Natürlich kehrte Jacky sich einen Dreck um das Gebrüll und der arme Bernd durfte dem Kutscher erklären, wie er an das mit Pferdeäpfeln gefüllte Säckchen geraten war. Ja, man sollte sich nicht mit ihr anlegen.

 

Während des folgenden Besuches im Cafe Schwarzenberg schmollten Bernd und Jacky sich an, was mir Gelegenheit gab, ein Wörtchen mit Antonio zu quatschen. Zudem war der winzige und uralte Ober eine echte Bereicherung. Ich bat ihn, uns doch alle zusammen zu fotografieren, was der Zwerg mit Freuden tat. Dass uns hinterher allen ein Stück Kopf auf den Bildern fehlte, machte gar nichts. So hatte der Zwerg uns eben fast auf seine Größe gebracht, war doch legitim. Jedenfalls besser, als die Art, wie Napoleon es getan hatte.

 

Die Donau

Mit Bäuchen, die so schwer waren, als lägen Wackersteine darin, ging es weiter zur Donau. An der Haltestelle Schwedenplatz warteten vier alte Bekannte auf uns. Was gab es doch für ein großes Hallo, als Jackson, Siegmund, Hendrik und Mascha überraschend vor uns standen! War doch schon ein Tag vergangen, seit wir die vier Haudegen im Café neben der Buchhandlung Löwenherz getroffen hatten.

Nachdem die Tränen der Wiedersehensfreude getrocknet waren – insbesondere Mascha vergoss ganze Sturzbäche, als sie Bernd begrüßte – betraten wir über eine schmale Gangway die MS Wien. Da unsere Vorzeigediva mal wieder in Highheels herumstöckelte, half Bernd ihr zuvorkommend über die wacklige Brücke.

„DerquetschichbalddieEier“, knurrte Antonio hinter mir.

 

Das Schiff legte ab und erste Sektkorken knallten. Großzügig verteilte Bernd Gläser mit dem prickelnden Gesöff, während über Lautsprecher die Stimme des Kapitäns ertönte. Ich kam mir fast vor wie auf der Kutschfahrt, auch das Geschaukele erinnerte mich daran. Da es leider keine gemütlichen Sessel gab, hockte ich mich auf einen Stuhl und nippte an meinem Sektchen.

„Wow! Berndilein! Du hast aber einen tollen Trizeps“, hörte ich Mascha säuseln.

„Lass die Griffel von meinem Mann!“ Ups! Antonio regte sich eindeutig etwas auf.

„Ach? Sind wir verheiiiratet?“ Maschas süffisante Stimme schien das italienische Blut zum Kochen zu bringen.

„Puttana!“, fauchte Antonio.

„Spiesser!“

„Mascha!“, ging Hendrik endlich dazwischen und zog heftig an Maschas Arm. „Mach hier keinen Ärger!“

„Ärger?“ Mascha wirbelte herum, verlor auf den hohen Absätzen das Gleichgewicht, suchte halt an einem der Stehtische – ausgerechnet an dem, auf dem zwei Sektflaschen und diverse Gläser standen – und riss diesen mit sich auf den Boden.

Das Geklirre und Geschepper übertönte für einen Moment die Stimme des Kapitäns. Unsere Gruppe hatte die Aufmerksamkeit aller Gäste. Na, wie schön! Mascha hatte es mal wieder geschafft im Mittelpunkt zu stehen.

Mürrisch ließ sie sich auf die Füße helfen und suchte Trost bei Hendrik, wobei sie Antonio bitterböse Blicke zuwarf. Erst mit einem weiteren Glas Sekt wurde Mascha ruhiger und ich konnte mich endlich den Ausführungen des Kapitäns widmen.

Drei Stunden schipperten wir übers Wasser und so manche Flasche Sekt füllte sich mit Luft. Als wir erneut am Schwedenplatz ankamen, musste Hendrik seine Mascha von der Fähre tragen. Sie weigerte sich strikt, die verdammten Schuhe auszuziehen, obwohl sie dauernd umknickte.

Zwischen Bernd und Antonio schwelte eine unausgesprochene Fehde. Oha! Da würde heute noch ein Gewitter losbrechen. Ich hakte mich bei Jacky, die mit einem Schluckauf kämpfte, unter.

„Wo ist denn deine Tasche“, erkundigte ich mich neugierig.

„Die – hicks – hat – hicks – Bernd.“

„Nö. Ich sehe sie nicht“, erklärte ich, nachdem ich mühsam den Blick auf Bernd fokussiert hatte.

„Shit!“, fluchte Jacky, riss sich von mir los und lief zurück zur Gangway.

Das Schiff wollte gerade abfahren, weshalb der Steg in dem Moment eingezogen wurde, in dem Jacky die Kaimauer erreichte. Sie bremste, ruderte mit den Armen, wackelte hin und her und … fand ihr Gleichgewicht wieder! Puh! Ich wäre nur ungern in die trübe Brühe gesprungen, um sie zu retten.

„Heda! Sie da! Anhalten! Sie haben meine Schwanztassen!“, grölte Jacky, doch der Motor des Schiffes übertönte ihre Stimme. Nur ein paar Touristen winkten ihr zu und machten Fotos von der wild mit den Armen über dem Kopf wedelnden Jacky. Sie dachten wohl, Jacky würde sie verabschieden … Ach, wer weiß, was die dachten. „Meine Beeeecher“, heulte Jacky los. „Alle futsch!“

„Ach Schatz! Da waren auch hässliche Schwänze zwischen“, tröstete ich sie. „Ich gebe dir welche von meinen ab.“

„Nnnnggg“, weinte sie weiter. „Ich hab mir solche Mühe gegeben, die geilsten Pimmel rauszusuchen.“

„Och. Wir gehen einfach noch mal da hin und suchen dir die schönsten Riesendödel aus“, rede ich beruhigend auf sie ein.

„Könntet ihr eure Schwanzgespräche etwas leiser führen“, bittet Siegmund mit einem nervösen Blick auf eine Seniorengruppe, die direkt neben uns an der Haltestelle rumsteht.

„Jackylein, meinst du diese Tasche?“, meldet sich Jackson und schwenkt den schweren Beutel.

„Meine Pillermanntassen!“, grölt Jacky, stürzt auf Jackson zu und entreißt ihm die kostbare Tasche. „Meine nackten Hengste!“

Einem der Senioren in beiger Jacke ist deutliche Entrüstung anzumerken, während mehrere der anderen in haltloses Gekicher verfallen sind. Ach ja, und wo ist meine Tasche?

Impressum

Texte: Sissi Kaiserlos
Bildmaterialien: google
Tag der Veröffentlichung: 01.06.2014

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /