Love
Er liebt ihn - Band 1
25 Storys aus 28 Homo Schmuddel Nudel Bänden
Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden, Ähnlichkeiten rein zufällig. Der Inhalt dieses Buches sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Covermodels aus. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder eine andere Verwertung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.
Texte: Sissi Kaipurgay/Kaiserlos
Foto: depositphotos
Kontakt: http://www.bookrix.de/-sissisuchtkaiser/
https://www.sissikaipurgay.de/
Seit fast zwei Wochen hält sich Yannic von David fern. Er redet kaum mit ihm, hat nachts Kopfweh und ist im Ganzen komisch drauf. David hält das nicht mehr lange aus.
„Ist es wieder so schlimm?“, frage ich mitfühlend, obgleich ich eher ärgerlich bin.
„Mhmja“, murmelt Yannic, mein Lebensgefährte, und dreht mir den Rücken zu.
Es ist zehn Uhr abends und ich bin hellwach und vor allem sehr scharf. Dass ich bereits die zweite Woche Liebesentzug bekomme, macht mich allmählich fertig. Mittlerweile wäre ich bereit, für ein bisschen Zuwendung zu betteln.
Yannics Duft turnt mich total an. Vielleicht entfache ich seine Libido, indem ich ihn ein wenig streichle. Ich kreise also mit den Fingerspitzen über seinen Rücken und merke, wie sich eine Gänsehaut bildet. Wow! Die Reaktion lässt mich mutiger werden. Ich fahre fort ihn zu streicheln, beuge mich vor und küsse ihn sanft auf den Hals.
„Lass das!“, brummelt Yannic und rückt von mir ab.
Mich beschleicht ein ungutes Gefühl. Nicht nur nachts, auch tagsüber ist er schlecht drauf, redet kaum mit mir und macht den Eindruck, als plage ihn ein schlechtes Gewissen. Bislang habe ich sein Verhalten als miese Phase eingestuft, doch einmal gesät, trägt der Keim rasch Blüten. Ich kann nicht länger in Ungewissheit leben, selbst wenn die Wahrheit wehtut. Mit ausgestrecktem Arm knipse ich die Nachttischlampe an und richte mich, auf meinen Ellbogen gestützt, halb auf.
„Was ist mit dir los?“, frage ich leise.
„Nichts.“
„Du bist aber so anders zu mir. Liebst du mich nicht mehr?“, bohre ich nach.
Er seufzt leise. „Quatsch! Was für eine blöde Frage.“
Das finde ich nicht, belasse es aber dabei. „Was ist es dann? Du schleichst herum wie ein Trauerkloß und weist mich ständig ab. Ich will wissen, was wirklich los ist.“ Kaum sind die Worte raus, möchte ich sie am liebsten zurücknehmen. Anspannung breitet sich in mir aus. Habe ich etwa eine Katastrophe provoziert? Wird er mich verlassen?
„Oh Mann, David!“ Yannic dreht sich zu mir um. „Ich bin fremdgegangen und hab total Schiss, dass du mich verlässt, wenn du es erfährst. Das ist los.“
„Fremd – gegangen?“, echoe ich. Die Bilder, die in meinem Kopf auftauchen, sind schmerzlich. Yannic, wie er sich mit einem fremden Mann in den Laken wälzt; auf Knien, wie er sich ficken lässt. Meine Vernunft flüstert mir zu, dass wir miteinander reden sollten, doch das kann ich nicht. Es tut zu sehr weh.
Ich springe aus dem Bett und schnappe mir meine Decke. „Ich brauche erst mal Abstand.“
Im Wohnzimmer lege ich mich auf die Couch.
Wie konnte er nur? Mit wem hat er es getrieben und wo? Vor allem: Warum hat er es getan? Habe ich ihn vernachlässigt? Zugegeben: In den letzten Wochen war ich auf der Arbeit ziemlich eingespannt, dadurch abends abgespannt und häufig lustlos. Ich hab Yannic dann mit ‚bin gerade nicht in Stimmung‘ abgewiesen.
Nun gebe ich mir auch noch die Schuld an seinem Fehltritt. Das ärgert mich ungemein! Als ob ich ihn dazu aufgefordert hätte, es mit einem anderen zu treiben. Rastlos wälze ich mich auf der schmalen Sitzfläche hin und her. Hat Yannic schon öfter …? Unsinn! Warum sollte er? Vor diesem Debakel war unser Liebesleben recht intensiv. Wir haben es bei jeder Gelegenheit getrieben.
Wieso verhält er sich mir gegenüber eigentlich abweisend? Sollte er nicht stattdessen anschmiegsam sein, um meine Vergebung zu erschmeicheln? Ich versteh das nicht. Überhaupt kapiere ich momentan nicht, wie das passieren konnte.
Irgendwann schlafe ich ein.
Am folgenden Morgen ist alles mit einem Schlag wieder da. Als ich Yannic auf dem Weg zum Bad begegne, guckt er mich weidwund mit verschwollenen Augen an. Obwohl er mir leidtut kann ich mich nicht überwinden, auf ihn zuzugehen. Mein Inneres fühlt sich schockgefroren an. Ist meine Liebe durch den Verrat ausgelöscht worden?
Ohne Yannic den üblichen Abschiedskuss zu geben, mache mich auf den Weg zur Arbeit, obwohl ich mich bestimmt nicht konzentrieren kann.
Wie vermutet starre ich den halben Tag tatenlos auf meinen Monitor, gelähmt vor Schmerz. Mein rebellierender Magen veranlasst mich, von Kaffee auf Pfefferminztee umzusteigen. Fünf Jahre sind Yannic und ich ein Paar. Wir haben manche Klippe umschifft und waren uns einige, dass Treue für uns ein must have ist.
Wenn wir uns gestritten haben, hat das immer mit einer Versöhnung im Bett geendet. Sex mit ihm ist eh besonders. Meine Erfahrungen sind zwar begrenzt, aber mit Yannic fühlt es sich einfach richtig an. Wir vertrauen einander, was das wichtigste Beiwerk für ein erfüllendes Liebesleben ist. Ab und zu darf ich ihn dominieren oder kleine Spielchen mit ihm machen. Das ist nun vorbei. Mein Vertrauen ist weg, ausgeblasen wie eine Kerze.
Zur gleichen Zeit wie immer verlasse ich das Büro. Zuhause … momentan mag ich den Ausdruck für unsere Wohnung kaum benutzen … ist alles still. Ein Rundgang ergibt: Yannic ist nicht da. Ich packe ein paar Klamotten in eine Tasche, gehe in die Küche und werde von Erinnerungen überfallen. Unsere Kochsessions, der Tisch, auf dem ich Yannic des Öfteren gevögelt habe.
Ich schreibe auf einen Zettel: Brauche ein bisschen Zeit für mich. D. und suche rasch das Weite. Erst mal will ich Yannic nicht begegnen, damit es zwischen uns nicht eskaliert. Abstand, Nachdenken und dann weitersehen.
Hannes und Lars, Freunde von mir, bieten mir, als ich ihnen von dem Zerwürfnis erzähle, ihr Schlafsofa an. Sie versorgen mich mit Essen und ein paar Gläsern Rotwein, nach denen ich Bettschwere fühle. Die vergangene kurze Nacht fordert außerdem ihren Tribut: Ich schlafe schnell ein.
Alpträume wecken mich in den frühen Morgenstunden. Yannic hat mich darin verlassen. Das war noch schrecklicher als der Moment, in dem er mir seine Untreue gebeichtet hat. Mein Herz tut so weh, als würde sich darin ein stumpfes Messer drehen. Eine böse Vorahnung beschleicht mich. Ich muss sofort zu Yannic!
Katzenwäsche und Zähneputzen ist im Nu erledigt. Flink steige ich in meine Klamotten, hinterlasse Hannes und Lars eine Nachricht und breche auf. Mir klopft das Herz bis zum Hals vor Sorge, dass Yannic … dass er sich umgebracht hat oder ausgezogen ist. Was soll ich tun, wenn ich ihn nicht finde? Oder er mich nicht mehr liebt?
Ich rase durch Hamburgs Straßen, auf denen der Berufsverkehr zum Glück noch nicht eingesetzt hat. Yannic anzurufen wäre eine Option, doch ich muss ihn von Angesicht zu Angesicht sehen. Außerdem hab ich Angst, dass er nicht rangeht, wenn meine Nummer auf dem Display steht. Davon mal ganz abgesehen muss ich mich auf die Straße konzentrieren, sonst baue ich am Ende einen Unfall.
Der Alptraum ist noch gegenwärtig, als ich die Treppen hinaufrenne und die Wohnungstür aufschließe öffne. Danke, du Gott aller Hirnverbrannten, dass du mich gestern davon abgehalten hast, demonstrativ meinen Schlüssel liegenzulassen. Daran hatte ich nämlich für einen kurzen Moment gedacht.
In der Wohnung ist es dunkel und still. Ich gucke ins Schlafzimmer. Yannics Bettseite ist verwaist. Im Wohnzimmer werde ich fündig: Er liegt auf der Couch und umarmt sein Kopfkissen. Nein, es ist meines, das erkenne ich an dem Bezug mit Herzchenmotiv.
Im schwachen Licht, das durch die Gardinen dringt, erkenne ich nasse Spuren auf Yannics Wangen. Mein Herz schmilzt. Mein Eispanzer hat bereits Risse durch den Alptraum bekommen. Nun keimt ein zartes Pflänzchen, das bei richtiger Pflege bestimmt schnell erblühen wird.
Ich hocke mich auf die Couchtischkante und betrachte Yannic, der tief und regelmäßig atmet.
Vor fünf Jahren habe ich ihn im Sugar Shack, einem Club auf der Reeperbahn, der fast ausschließlich von Männern besucht wird, kennengelernt. Damals war meine ärgste Sturm- und Drangphase vorbei. Ich war noch nicht mal auf der Suche nach fickwilligem Fleisch, als ich am Tresen stand und an meiner Bierflasche nuckelte. Es ging mir bloß darum, Musik zu hören, ein bisschen rumzugucken und später relaxt nach Hause zu fahren.
Im Laufe des Abends fiel mir ein Mann ins Auge, der, mit seinen dunklen Haaren und Augen, südländisch anmutete. Ich muss ihn wohl angestarrt haben, denn er wurde auf mich aufmerksam. Yannic behauptete später, ich hätte ihn mit Blicken ausgezogen. Wohl alles eine Frage der Wahrnehmung. Ich kann mich nämlich nicht erinnern, ihn derart lüstern taxiert zu haben. Er verließ, als der DJ ein langsames Stück auflegte, die Tanzfläche und kam zu mir rüber.
Betont lässig lehnte sich Yannic an den Tresen, winkte dem Barkeeper zu und rief: „Ein Bier.“ Anschließend musterte er mich gründlich und sah mir tief in die Augen. Ich erinnere mich nur verschwommen an das, was ab dem Moment geschah, nur daran, dass wir irgendwie in mein Bett fanden.
Wir wurden ein Liebespaar. Schon bald zog Yannic bei mir ein. Er ist zwei Jahre jünger als ich und hatte damals gerade sein Studium begannen. Wir schwebten auf Wolke sieben …
… und könnten es heute noch tun, wenn er mich nicht belogen hätte. Was mehr schmerzt als der Betrug ist sein mangelndes Vertrauen. Seufzend streichle ich über Yannics ungebärdiges Haar.
Seine Lider klappen hoch. Überrascht guckt er mich an. Ein schmerzerfüllter Ausdruck erscheint auf seinem Gesicht. „David“, flüstert er. „Du bist hier?“
„Wir müssen reden. Ich brauche Antworten, obwohl ich weiß, dass es wehtun wird“, erwidere ich.
Er klemmt sich die Decke unter die Achseln und schaut mich aufmerksam an. „Fang einfach an zu fragen.“
„Also gut: Mit wem hast du mich betrogen?“
„Da war so ein Typ im Goldenen Hirsch, Boris, der reißt alle möglichen Männer auf.“ Er schluckt vernehmlich.
„Und du wolltest ihn so sehr, dass dir alles egal war?“
Yannic schüttelt den Kopf. „Ich war betrunken und übermütig. Ich dachte, ich muss mir und meinen Kumpels irgendwas beweisen. Ich dachte, ich wollte es, doch als es dann – als wir im Darkroom ankamen, da – da wollte ich nicht mehr, aber …“
Plötzlich krabbelt er von der Couch und eilt davon. Ich folge ihm in die Küche, wo er eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank nimmt und zur Hälfte leert.
Danach erzählt er weiter: „Ich wollte nicht mehr, aber wie heißt es so schön? Mitgehangen – mitgefangen. Boris hat mich rabiat rangenommen, vielleicht, weil ihn mein passives Verhalten gereizt hat. Ich habe gebetet, dass es schnell vorbei ist. Danach kamen die …“ Er atmete tief durch. „Die Schuldgefühle.“
Ich schweige, da ich keine Ahnung habe, was ich dazu sagen soll.
„Ich fühlte mich total besudelt und konnte es nicht ertragen, von dir angefasst zu werden. Darum hab ich dich auf Abstand gehalten“, schließt Yannic seine Beichte.
„Mein Gott – Yannic!“, stoße ich entsetzt hervor.
Mir ist flau im Magen. Mein Freund hat sich – wie soll ich es nennen? – vergewaltigen lassen, als eine Art Bestätigung. Dass er sich dazu veranlasst gefühlt hat, wirft ein ganz schlechtes Licht auf mich. Offenbar habe ich ihm meine Wertschätzung nicht deutlich genug gezeigt. Im Grunde bin ich also mit schuld an der Scheiße und fühle mich denkbar mies.
Yannic hat mir den Rücken zugewandt. Seine schmalen Schultern beben. Ich trete auf ihn zu und umarme ihn von hinten.
„Ich bin ein Idiot. Verzeih mir, bitte“, flüstere ich in sein Ohr.
„Ich – ich hatte solche Angst, dass du – dass du nicht wieder zurückkommst“, stammelt er, befreit sich aus meinen Armen und bringt Distanz zwischen uns. „Ich bin vor Verzweiflung fast verrückt geworden.“
„Es tut mir leid“, erwidere ich und merke gleichzeitig, wie lahm das klingt. Ich hätte bleiben, mit ihm reden müssen, anstatt feige wegzulaufen.
Yannic verlässt, einen Bogen um mich machend, die Küche. Ich höre, dass er ins Schlafzimmer geht und die Tür hinter sich schließt. Traurig trotte ich ins Wohnzimmer und lege mich aufs Sofa. Das Kopfkissen riecht nach Yannic und ein Rest seiner Wärme hängt unter der Decke. Ich ziehe Schuhe und Jeans aus und kuschle mich in den tröstenden Kokon.
Der Morgen dämmert. Schlaf will sich nicht einstellen, dafür bin ich viel zu aufgedreht. Ist das hier das Ende unserer Beziehung oder lässt sie sich noch retten? Ehrlich gesagt weiß ich es nicht. Das Vertrauen ist auf beiden Seiten erschüttert. Vielleicht auf Yannics noch stärker als auf meiner.
Nach einer ganzen Weile halte ich es nicht mehr aus, stehe auf und schleiche hinüber zu Yannic. Er liegt bäuchlings auf dem Bett. Behutsam, um ihn nicht zu wecken, krabble ich zu ihm und ziehe die mitgebrachte Decke über mich, obwohl ich mich viel lieber an ihn gekuschelt hätte.
Sämtlicher Groll ist verschwunden. Ich liebe Yannic so sehr, dass mein Herz schmerzt und meine Hände vor Verlangen in zu berühren zittern. Er sieht im Schlaf sehr verletzlich aus. Seine dunklen Haare sind völlig verwuschelt, die Lippen entspannt. Ich würde ihn keinen Tag älter als achtzehn schätzen, wenn ich es nicht besser wüsste.
Schließlich strecke ich eine Hand aus und streichle seine unbedeckte Schulter. Gänsehaut beweist, dass er wach ist. „Yannic? Schläfst du?“, flüstere ich.
„Mhmnö“, nuschelt er.
„Bitte, dreh dich um.“
Zögernd kommt er der Aufforderung nach, wobei ihm die Decke bis auf die Taille runterrutscht. Er hat abgenommen, fällt mir auf. Ich entsinne mich, dass er in den letzten Tagen kaum gegessen hat, jedenfalls nicht in meiner Gegenwart. Wie konnte ich das nur ignorieren?
Yannic blinzelt mich mit seinen unglaublich blauen Augen an. Der Kontrast zu der dunklen Haut und den fast schwarzen Haaren ist der Wahnsinn. Anfangs war ich in sein Äußeres vernarrt, doch auf Dauer hat mich sein Charakter am meisten überzeugt. Er ist der sanftmütigste und liebste Mensch der Welt.
„Bitte, können wir es weiter miteinander versuchen? Ich werde mir mehr Mühe geben. Ich hab dich vernachlässigt. Das ist mir zu spät aufgefallen.“
Ein zögerliches Lächeln zeichnet sich auf seinen Lippen ab. Er nickt, woraufhin mit ein Stein vom Herzen fällt. Ich hätte es ihm nicht verdenken können, wenn er mich zum Mond geschossen hätte.
Er rutscht näher, unter meine Decke, bis wir uns fast überall berühren. Lediglich unsere Münder fehlen noch. Das ändere ich, indem ich meine Lippen auf Yannics lege. Augenblicklich breitet sich in meinem Inneren Gewissheit aus. Nun wird alles gut. Wir sind weiterhin ein Paar, das spüre ich.
Ich vertiefe den Kuss. Mein Liebster beteiligt sich mit zunehmendem Eifer und reibt sich an mir. Zärtlich streichelt er meinen Rücken, Nacken und krault mir durchs Haar. Das fühlt sich unheimlich gut an. Sein Duft berauscht mich. Ich will mehr, immer mehr.
Yannic vollführt mit dem Becken eindeutige Fickbewegungen, was meine Libido anheizt. Als er sich das T-Shirt über den Kopf zieht und seine Boxer abstreift, ist es um mich geschehen. Flink entblöße ich mich ebenfalls und spüre ihn endlich Haut an Haut.
„Nimm mich“, fleht mein Schatz und verleiht seiner Bitte Ausdruck, indem er mich in die Unterlippe beißt.
Ich begebe mich zwischen seine Schenkel, mit dem Gleitgel, das ich mir vom Nachtschrank geschnappt habe, in der Hand. Für eine lange Vorbereitung fehlt mir eigentlich die Geduld, wehtun will ich Yannic aber auch nicht. Ich dehne ihn daher gründlich, bevor ich ihn erobere.
Wir gucken uns in die Augen, versichern uns so gegenseitig unsere Liebe, wobei ich beginne, meine Hüften zu bewegen. Lange halte ich nicht durch, das merke ich schnell. Unser letztes Mal ist ewig her und ich bin überemotionalisiert.
„Halt dich an mir fest“, bitte ich keuchend. „Es könnte ruppig werden.“
Er schlingt beide Arme um meinen Hals. Ich umfasse seine Arschbacken, ziehe sie hoch und rammle ihn richtig durch. Sein begeistertes, ständig wiederholtes „Oh ja!“ ist Treibstoff für mich, sein einsetzender Höhepunkt der Funke, der mich in Brand setzt. Ich komme.
Erschöpft sacke ich runter. Bevor ich Yannic unter mir begrabe, bugsiere ich uns zusammen auf die Seite. Mein Schwanz gleitet dabei aus ihm raus.
„Liebe … liebe dich“, stoße ich atemlos hervor.
Yannics Augen strahlen. Er klappt den Mund auf, schließt ihn aber gleich wieder. Hab ich ihm das Sprachzentrum rausgevögelt? Schade. Ich mag seine Stimme sehr, aber Körpersprache gefällt mir auch gut.
„Ich dich auch“, erwidert er nach mehrmaligem Räuspern.
Dafür muss ich ihn küssen. Danach plante ich eigentlich aufzustehen, um Frühstück zu machten, doch Yannic vereitelt mein Vorhaben, indem er die nächste Runde einläutet.
Essen gibt es also später und mein Arbeitgeber muss heute auf mich verzichten. Ich nehme kurzerhand einen Tag Urlaub. Yannic braucht mich momentan und ich ihn. Wir entdecken uns Stück für Stück neu, als wären wir frisch verliebt. Sind wir ja auch.
Die Krise hat uns enger zusammengeschweißt und ich hoffe, dass wir die nächste besser meistern. Am liebsten wäre mir allerdings, es gäbe nie wieder eine, doch wir sind nur fehlbare Menschen, keine Roboter.
ENDE
Ben geht regelmäßig mit Keith in ein Bordell, um seine körperlichen Bedürfnisse zu befriedigen. Vielleicht würde das weniger gut gelingen, wenn er seinen Freund nicht dabei hätte.
Es war wie fast jeden Samstagabend. Neben mir rammelte mein Kumpel Keith eine Brünette, während ich eine unechte Blondine beglückte. Die Damen tuschelten miteinander, daher war ich so frei, Keith eine Zigarette anzubieten.
„Sag mal …“ Ich blies ein Rauchwölkchen gen Decke. „Wie ist es gerade so bei dir?“
„Feucht“, erwiderte Keith, klemmte sich die Zippe in den Mundwinkel und verpasste der Brünetten ein paar harte Stöße, woraufhin die Frau das Geplapper einstellte.
Nun herrschte wunderbare Ruhe, bis auf vereinzeltes, pflichtbewusstes Stöhnen der beiden Damen.
„Ich plane zum Finale ansetzen“, verkündete ich, steckte der unter mir Liegenden den Zigarettenstummel zwischen die Lippen und begann ein wildes Stakkato.
„Gute Idee“, brummelte Keith, warf die Kippe beiseite und folgte meinem Beispiel.
Er fing an zu grunzen, wie ein brunftiger Eber. Unsere Säcke klatschten gegen Fleisch. Aus dem Augenwinkel beobachtete ich Keith. Seine Miene war konzentriert, die Lider auf Halbmast gesenkt. Ein geiler Anblick! Genau das brauchte ich, um abzuheben.
Mit einem „Fuck“ auf den Lippen füllte ich das Kondom, weiterhin Keith im Visier. Er stöhnte ekstatisch und spritzte ebenfalls ab. Von den Damen erfolgte unisono ein Seufzer. Nachdem wir abgestiegen waren, nahem sie ihre Unterhaltung wieder auf.
Das Bordell war eines von der Sorte, das Duschen für die Gäste anbot. Ich gesellte mich zu Keith in den Waschraum und prustete, als eiskaltes Wasser mich traf.
Keith spähte zu mir rüber und hob einen Arm, um sich die Achsel einzuseifen. „Gehen wir noch was trinken?“
Ich starrte die Stelle an, auf der sich ein paar getrimmte Löckchen ringelten. Der Wunsch, Keith dort zu berühren, wuchs ins Unermessliche.
„Ben? Erde an Ben?“, störte Keith‘ Stimme meine feuchten Fantasien.
„Was? Ach ja, gerne“, krächzte ich.
Ich schloss meine Augen und rief mir Anja, meine zukünftige Ex-Frau, und den letzten Sex mit ihr ins Gedächtnis. Das brachte meine drohende Latte zum Einsturz. Kaum schaute ich wieder rüber zu Keith, der gerade seinen Schwanz mit Seife bearbeitete, fing das Kribbeln in meinem Unterbauch erneut an. Rasch dachte ich an meine Ex, was dem abermals ein Ende setzte.
„Ich warte an der Bar auf dich“, rief Keith über das Rauschen des Wassers hinweg und verließ die den Raum.
Mit einem Schulterblick sah ich gerade noch seine trainierten Arschbacken, ehe er in den Umkleideraum verschwand. Den ungestörten Moment nutzte ich, indem ich mir einen Abgang verschaffte. Mein Sperma spritzte gegen die Fliesen und lief von dort in lange Schlieren in den Abfluss. Irgendwie ein Sinnbild für mein Leben, das sich ebenfalls geradewegs auf den Abgrund zubewegte.
Keith war umringt von ein Gunstgewerblerinnen, die er wegscheuchte, als er mich kommen sah. Leuchteten seine Augen auf? Ich sah alles in einem rosa Nebel, so dass ich meiner Wahrnehmung nur bedingt traute.
Vor Keith standen zwei Pils. Ich schwang mich neben ihn auf einen Hocker, schnappte mir eines der Biere und trank einen großen Schluck. Aus Lautsprechern erklang orientalische Musik, die die Einrichtung des Etablissements unterstrich: Schwere Samtvorhänge, bunte Stoffe, Wasserpfeifen und klimpernde Münzketten um die Taillen der anwesenden Damen. Dazu trugen sie durchsichtige Stoffe, teilweise auch als halben Gesichtsschutz.
„Wie läuft es sonst so bei dir?“, brach Keith das Schweigen.
„Geht so. Anja ist ausgezogen und wird mich mit ihren Forderungen ruinieren.“ Ich rieb mir die Nasenwurzel. „In der Firma ist aber alles gut.“
„Dabei ist Anja doch sonst so vernünftig“, meinte Keith und stürzte den Rest seines Getränkes runter.
„Tja, Vernunft war gestern. Da ist nur noch Hass.“ Ich stieß ein freudloses Lachen aus und winkte dem Barkeeper, damit dieser uns noch zwei Bier zapfte.
Das Bordell ist eine Art Fitnessstudio für Keith und mich. Unsere Bauchmuskeln können sich sehen lassen, obwohl wir nun dreimal pro Woche auf einer Dame trainieren. Apropos: Wie sah es überhaupt mit Keith‘ Liebesleben aus?
„Und was macht deine Aktuelle … hieß sie Michaela?“, fragte ich. Keith wechselte die Freundinnen wie andere ihre Unterwäsche: Wöchentlich.
Er zuckt mit den Schultern. „Nadine hat sie abgelöst. Süße zwanzig und quiekt wie am Spieß, wenn sie kommt.“
Oh Mann, so war es zu Anfang mit Anja und mir auch gewesen. Am Ende hat sie sogar das Stöhnen eingestellt. „Glaubst du, sie täuscht ihren Orgasmus vor?“
Perplex starrte Keith mich an. „Wie kommst du denn darauf?“
„Nur so.“ Ich lachte verlegen. „Hab das auch schon mal getan.“
„Du? Wie geht das denn?“, erkundigte sich Keith völlig entgeistert und für meinen Geschmack zu laut.
„Pssst“, machte ich und beugte mich zu ihm rüber. „Ist doch ganz einfach. Da ich eh immer mit Kondom poppe, brauche ich nur ein bisschen rumzucken und mir einen ab stöhnen und fertig ist die Laube.“
Keith prustete los. Meine Wangen wurden heiß. Was hatte mich bloß dazu getrieben, so was Peinliches preiszugeben?
Mein Freund beruhigte sich und wechselte das Thema. „Nächste Woche veranstalte ich eine Party. Du bist natürlich eingeladen.“
Ich mochte Keith sehr, aber seine Vorstellung von Feten war leider ganz anders als meine. Bei ihm tummelten sich haufenweise Leute, die er kaum kannte. Ich bevorzugte kleinere Feiern mit Teilnehmern, von denen ich mehr als nur ihren Namen wusste.
„Wunderbar. Endlich mal wieder was los“, entgegnete ich. Die meisten meiner Freunde waren in Wirklichkeit Anjas, was ich zurzeit schmerzhaft zu spüren bekam.
„Bring deine Badehose mit.“ Keith leerte sein Glas. „Es wird eine Poolparty.“
Eine Poolparty? Ich bekam eine Gänsehaut, allerdings nicht vor Vorfreude, sondern weil mir schwante, dass ich reihenweise Möpse zu sehen bekommen würde. Generell mochte ich beiderlei Geschlecht, doch momentan konnte ich Männern mehr abgewinnen. Das mit den käuflichen Damen ging in Ordnung, weil Keith bei mir war.
Am nächsten Freitag läutete ich also bei Keith, eine Badehose im Gepäck.
„Kannst dich in meinem Schlafzimmer umziehen“, sagte er, als er die Tür öffnete.
Es war fünf Uhr nachmittags und er hielt bereits ein Glas mit etwas grünem, garantiert Alkoholischem in der Hand. Seine Badehose verdiente diese Bezeichnung nicht: Ein winziger Fetzen Stoff, der sich eng um seine Kronjuwelen schmiegte.
Ich folgte ihm durch den großzügigen Bungalow. Bislang war ich noch nie bei Keith gewesen, kannte das Haus aber aus seinen Erzählungen. Sein Schlafzimmer befand sich an der Nordseite, mit großer Fensterfront zum Garten hin.
„Bis gleich“, meinte Keith, dann war ich allein.
Der Raum wurde von einem riesigen Bett dominiert. Die Einrichtung war vorwiegend schwarz-weiß, mit wenigen bunten Tupfern, wie der knallroten Bettwäsche. Ich widerstand dem Drang, in die Nachtschränke zu gucken, zog mich rasch um und mischte mich unter die Gäste.
Die Party war, wie ich es mir schon gedacht hatte: Fade. Man betrieb Smalltalk, noch oberflächlicher als oberflächlich. Ich kompensierte meine Langeweile mit Trinken. Der Alkohol machte mich übermütig. Gen Mitternacht, ich war mittlerweile sturztrunken, sprang ich in den Pool. Unter Wasser war es toll. Ich beschloss, dort zu bleiben und hielt mich an irgendetwas fest, um dem Auftrieb entgegenzuwirken.
Leider war jemand anderer Meinung und zog mich wenig später zurück an die Oberfläche. Ich wurde ins Trockene bugsiert. Der jemand bearbeitete meinen Brustkorb, woraufhin ich gezwungen war, geschlucktes Chlorwasser auszuspucken und Luft zu holen.
„Spinner!“, schimpfte Keith nahe meinem Ohr. „Hier wird nicht gestorben!“
Als ob er das zu entscheiden hatte! In mir regte sich Trotz, aber meine körperliche Konstitution ließ keinen Protest zu. Ich war zum Stillliegen verdammt.
Keith erklärte die Party für beendet. Ich hörte Murren und Getrappel von Schritten. Stille kehrte ein.
Nach einer Weile kam Keith zu mir zurück. „Hey, Kumpel, geht’s dir besser?“
„Viel besser.“ Das stimmte sogar. Ich hatte mich von dem Sauerstoffmangel erholt und war von der Aktion etwas ernüchtert.
„Ein Glück“, flüsterte Keith und strich mit einem Finger über meine Seite.
Gänsehaut überlief mich.
„Ich hätte es nicht ertragen, wenn einer meiner Gäste … wenn gerade du ertrunken wärest. Bin schließlich kein Leicheninstitut“, witzelte mein Freund.
„Du hast mir das Leben gerettet.“ Ich klimperte mit meinen Wimpern. Moment! Flirtete ich etwa?
„Mir ist fast das Herz stehengeblieben. Mach das nie wieder“, ermahnte mich Keith eindringlich.
Unsere Blicke trafen sich. Etwas passierte. Sein Ausdruck änderte sich von besorgt zu begehrlich. Als ich meinen inneren Schutzwall senkte, begannen seine Augen lüstern zu funkeln. Hatte ich meine Sehnsucht nach ihm preisgegeben? Ach, und wenn schon. Ich war betrunken und konnte mich morgen darauf berufen, falls er mich auslachte.
Ich rappelte mich hoch, schnappte mir seine Hand und flüsterte: „Bett?“
In seinem Schlafzimmer schubste mich Keith rücklings aufs Laken und stieg hinterher. Er musterte mich eindringlich, bevor er den Kopf senkte und mich küsste. Eher gesagt versuchte er es nur, denn unsere Nasen kollidierten.
Jammernd fiel er auf die Seite. „Oh Mann! Bestimmt ist sie gebrochen!“
Unbeeindruckt befreite ich mich von meiner nassen Badehose. Anschließend half ich Keith, das Stück Stoff loszuwerden. Nackt lagen wir nebeneinander. Er hatte das Wehklagen eingestellt und betrachtete mich ebenso neugierig wie ich ihn. Wir kannten einander zwar im Adamskostüm, dennoch erschien es ganz neu.
„Darf ich …?“, fragte Keith, bereits eine Hand in Richtung meines Schwanzes ausgestreckt.
Ich nickte und genoss es, wie er meinen Ständer erforschte. Sachte glitten seine Finger über die freigelegte Eichel, am Schaft hinunter und umschlossen die Wurzel mit einer Bestimmtheit, die mir ein Keuchen entlockte.
„Ist es gut so?“, erkundigte er sich.
„Mehr als gut“, entgegnete ich und griff meinerseits zu.
Gegenseitig verschafften wir uns Lust. Als Keith selig grinste, verpufften meine letzten Bedenken. Ich stöhnte, was ich bis dahin vermieden hatte, woraufhin er ebenfalls seine Erregung laut kundtat.
Auf dem Gipfel stieß ich „Keith!“ hervor. Ich fiel ins Bodenlose, unfähig meine Hand weiter zu bewegen. An Keith‘ Brust geschmiegt kam ich wieder im Jetzt an. Er kraulte mir durch Haar und hauchte Küsse auf meinen Scheitel. Wir wurde bewusst, gerade Sex mit meinem Freund gehabt zu haben. Außerdem hielt ich seine Latte immer noch in meiner Faust.
„Mach es mir“, verlangte Keith.
Ich gehorchte.
Als ich meinen Freund über die Ziellinie brachte, war es für mich erfüllender, als jeglicher Sex zuvor. Danach tauschten wir sanfte Küsse ...
... tun es heute noch, sowohl davor als auch hinterher. Wir sind dazu übergegangen, noch mehr miteinander zu unternehmen, nicht nur im Bett. Unsere Puffbesuche sind allerdings Geschichte. Ein Hometrainer ersetzt das horizontale Gewerbe.
Nach einem Jahr des Zusammenlebens hatte Keith mir einen Heiratsantrag gemacht, den ich vehement ablehnte. Doch heute, nach fünf Jahren, nehme ich seinen Ring gern entgegen. Wir haben inzwischen festgestellt, dass wir wirklich zueinander passen. Lediglich was Partys betrifft, sind wir weiterhin geteilter Meinung. Es wäre ja auch langweilig, wenn es gar keine Differenzen gäbe.
ENDE
Texte: Sissi Kaiserlos
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Tag der Veröffentlichung: 15.09.2013
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