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Die Haustür knarrt. Ich kenne dieses Geräusch, es ist mir so vertraut wie jedes weitere, das jetzt folgt. Ein leichtes Ächzen, als die klemmende Tür zugeschoben wird. Dann die knarrende Diele im Flur, ein Moment Stille, in dem der Ankömmling sich von Mantel und Schuhen befreit. Die dritte Treppenstufe von unten knackt. Der erste Absatz scheint erreicht, Licht wird unter der Tür sichtbar. Aha, mein Gatte hat den Schalter gefunden. Zahlreiche Schmutzstreifen auf der Tapete zeugen von seinen täglichen Versuchen, im Dunkel das Ding zu ertasten. Warum auch macht der Hirni nicht gleich unten das Licht an?
Ein lautes Knarren von Holz – die letzte Stufe - gefolgt von festen Schritten, kündigen sein baldiges Erscheinen an. Gespannt starre ich zur Tür, die Klinke wird heruntergedrückt, sie schwingt auf. Das helle Licht blendet mich, ich reibe mir über das Gesicht, als wenn ich gerade aufgewacht bin.
„Hallo Liebling, schlaf ruhig weiter. Ich wollte nur Bescheid sagen, dass ich jetzt zuhause bin. Gute Nacht“, sagt mein Ehemann leise.
„Gute Nacht“, murmele ich zurück, die Tür geht zu.
Schritte, die sich entfernen. Ich lausche, bis ich das Wasser im Bad rauschen höre. Leise gleite ich vom Bett und gehe zum Kleiderschrank. Mein heißblütiger Liebhaber lächelt mich an, als ich die Tür aufmache und ihn stumm mit meinem Blick auffordere, wieder ins Bett zu kommen.

Die Zeitspanne, die mein altersschwacher Gatte benötigt um von der Haustür bis zu meinem Schlafzimmer zu kommen, ist genau berechnet. Ich habe sie gestoppt und mit meinem Lover jede Bewegung abgestimmt. Der Countdown beginnt, wenn mein empfindliches Gehör das charakteristische Knarren der Haustür wahrnimmt. Dann flüstere ich in Diegos Ohr: „Du hast nur noch dreißig Sekunden.“

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Texte: Sissi Kaiserlos
Bildmaterialien: google
Tag der Veröffentlichung: 24.01.2013

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