S 1
Abbildung 1 , Schloss Aulenbach im Elsavat al, Spessart
Lebkuchenpfeile.
( Werksspionage im Mittelalter 1500 - 1600 )
Elsavatal
Das kleine Elsavatal liegt im Spessart. ( s.Abb.)
Die Elsava, ein Bach, der in der Mitte des Tales fließt, war wegen der Mühle zu einem
kleinen See gestaut.
Am Ende des Tales lag die Mühle Oberaulenbach. Sie gehörte zur Forsthube Aulenbach.
Der beträchtliche Laubwaldbestand im Spessart war Teil des
Erzbischhöflichen Domkapitulars von Mainz und wurde vom Forstmeister
Johann Loenhard von Kottwitz und Aulenbach verwaltet.
Am linken Rand des Tales war der für die Holzfuhrwerke befahrbare Weg, der bis in
die dunklen Laubwälder führte.
In der Mitte war der kleine See oder Mühlenteich. Das rechte Ufer hatte man eingedeicht.
Das Holzfällen in diesem Jahr hatte trotz der niedrigen Temperaturen begonnen. Dennoch,
die für die Holzarbeiten abgestellten Bauern mit ihren Fuhrwerken, die für ihre
Lehen arbeiten mußten, waren ihm zu wenig Holzarbeiter. Schließlich
musste jeder Baumstamm einzeln bearbeitet , gelagert und später zu Bauholz gesägt werden.
Es ging dem Forstmeister aber alles zu langsam. Außerdem brauchte er mehr Platz.
Die kleine Mühle war einfach zu klein für Unterbringung und Verwaltung
und auch nicht repräsentativ genug...
Eine Vergrößerung musste her.
Wie so oft im Frühjahr, einzelne Schneefelder waren noch nicht getaut, der Forstmeister
im Spessart, Johann Leonhard Kottwitz von Aulenbach beaufsichtigte das
Fällen der angekreuzten Bäume.
Unten am Teich beobachtete er Kinder, die einen Torso oder eine Person ins Wasser warfen.
Er ritt böses ahnend heran und rief den Kindern zu: “Was macht ihr da?”
“Wir spielen Hexe ersäufen. Wenn die Puppe schwimmt, war sie eine Hexe, wenn sie
untergeht, dann ist sie weg.”
“Haut ab” rief der Forstmeister,” haut bloß ab ihr Sadisten, und helft Euren Vätern beim
Holzen; dafür gibt es eine extra Portion zu essen!” Die Kinder rannten weg.
Im Wald angekommen wurde es lauter.
Das Sägen und hacken der vielen Waldarbeiter übertönte oft den Warnruf
“Baum, Baum” und wieder fiel eine Eiche.
Ebenso gingen weitere Warnschreie fast unter bei dem lauten Sägen und hacken
im Wald..
“Alarm””Alarm”!
Ein Angriff von umherstreifenden, ehemaligen Söldnern, die eigentlich nur
um etwas Brot kämpften.
Die ehemaligen Söldner hatten schlechte Waffen, waren meistens verwundet Man hatte
die verwundeten Söldner einfach liegen lassen auf den wechselnden Schlachtfeldern
im Mittelalter.
Diesesmal mussten es 30 - 40 sein..
Der Forstmeister hatte aber vorgesorgt und so waren die Holzarbeiter vorbereitet.
Pfeilschützen gingen in Stellung, Äxte flogen und Fallstricke wurden gespannt.
Die Hälfte der Angreifer wurde sofort zurückgeschlagen.
Bevor die zweite Angriffswelle folgte, galoppierte ein Reiter in voller Lederpanzerung
auf die Lichtung. Es war der Forstmeister !
Auch er war vorbereitet mit einer Lautsprechertüte rief er gebieterisch vom Pferd aus:
“Einhalten, einhalten!
Hier habt ihr Brot“ und er warf einen offenen Sack mit Brot unter die Angreifer! - Mit Erfolg.-
Vor Schreck hielten die Angreifer einen Augenblick inne und fielen dann über das Brot her!
“ Keinem von Euch geschieht ein Leid! Wenn ihr wollt, könnt ihr bei uns bleiben und arbeiten .Dafür gibt es Essen und Trinken !
Wer einverstanden ist kommt rüber nach rechts, den Rest treffen die Pfeile!“
Erst einzeln, dann schneller als gedacht kamen die Angreifer aus ihren Deckungen und gingen nach rechts!
Der Aufseher des Forstmeisters dirigierte die “Neulinge” nach Arbeitsmöglichkeiten.
Die teils verwundeten oder hinkenden ehemaligen Söldner hatten sogar einen Feldkoch und Wunderdoktor dabei, der sich mit Heilpflanzen auskannte.
So hatte der Forstmeister fast 40 neue , billige Arbeitskräfte.
“Wer es länger als 6 Monate bei uns fleißig arbeitet, erhält zusätzlich 1 Gulden pro Monat!” rief der Forstmeister.
Die Holzbestellung aus Mainz wurde durch die zusätzlichen Arbeitskräfte 3 Monate
früher fertig. Trotz der so pünktlichen Holzlieferung stellte sich leider heraus:
bezahlen konnten die Mainzer nicht!?
“Aber”. so fragten sich die Mainzer, “wie war diese frühe Holzlieferung möglich?”
Jawohl-, das Husarenstück des Freiherrn von Aulenbach , wie sich der Forstmeister
gerne nannte, sprach sich schnell herum!
In Mainz wurde der Erzbischof hellhörig und ordnete an:
“Der Forstmeister soll mich besuchen!”
So wurde ein Rendevous im Elsavatal vereinbart.
Der Besuch des Erzbischofes mit Gefolge im Spessart war natürlich ein Ereignis für die ländlichen Bewohner! Deswegen wurden Vorbereitungen getroffen.
Posten wurden aufgestellt.
Und so hörte man schon von weitem die Posten rufen:
“
Der Erzbischhof von Mainz mit Gefolge” Bald rollten die ersten Kutschen an.
Dann die prunkvollste mit einem Sechsergespann.
Der Bischof stieg aus und ließ sich in aller Form begrüßen .
“Was aus so einem Weiberlehen alles werden kann” meinte Der Bischoff zu seinem Adjudanten.
Ein Mann mit Tatendrang und Ideen, dieser Aulenbach.
Nach dem Wasserschloss Sommerau und der Burg Wildenstein soll in dieser Forsthube die
Mühle in ein Schloss Oberaulenbach umgebaut werden?
Hier, im schönen Spessart liegt also das, wie heißt es?“ Und er sah seinen Adjudanten an,
“Elsavatal” “gut”.
“Wir brauchen von dem schönen Holz aber nochmal die doppelte Menge für Mainz”
wandte sich der Bischof an den Forstmeister Johann Leonhard Kottwitz von Aulenbach?
“ Unsere neue, wassergetriebene Säge steht Ihnen zur Verfügung, aber ? ..”
“Wißt Ihr, Forstmeister,” schnitt ihm der Bischof das Wort ab:” Ihr habt wirklich gutes Holz
geliefert und auch sehr pünktlich. Wirklich , für mich ungewohnte gute Arbeit.
Aber wir brauchen es!
Wie Ihr mir erklärtet, sind Eure Waldarbeiter mit Sägen und Äxten gut vertraut und beim
Jagen werden die Bögen gespannt, bereit auch zur Verteidigung!
Das lob ich mir; denn so verteidigen wir gleichzeitig unsere Grenze!
So sind die Nachbarn, z.B das Rieneckische Amt Wildenstein an unserer Grenze, gewarnt,
so lange wir auf der Hut sind!
Und was wir noch brauchen, mein lieber Freund, “ strahlte der Bischof, “ wir brauchen einen
neuen Marschall!” Dabei klopfte er dem Freiherrn auf die Schulter:
“Wenn Ihr einverstanden seid, ernenne ich Euch zum Marschall und Burgamtmann zu
Klingenberg”
Außerdem, habt Ihr ja noch den Pfeil, das Privileg der mündlichen Zustellung und
Ladung zum Landesthing.”
“Die Aufgaben des Pfeils übernimmt mein Sohn, ich werde zu alt für diese Aufgabe.”
Aber sonst bin ich einverstanden und bedanke mich für diese Ehre!”
“Also” dachte der Forstmeister,” wollte der Bischhof wieder mal nicht bezahlen, dafür aber gab es
ja das neue Amt und die damit verbundenen Privilegien!“
Bisher verdiente der Forstmeister jährlich:
20 Gulden, 16 Malter Korn, ein Fuder Weizen, und 24 Malter Hafer.
Dazu durften 25 Stück Großwild und 4 Wildschweine erlegt werden.
Das änderte sich jetzt zum Besseren! Und zwar für immer!
Die Holzlieferungen waren das schon Wert für den neuen Posten des Marschalls!
Die Gesellschaft blieb die Nacht.
Beim folgenden Gelage wurde vornehmlich Wild gereicht. Als Nachtisch süßen aber
haltbaren Honigkuchen.
“Was gibt es sonst Neues, hier im Wald erfährt man nicht viel” fragte der neue Marschall?”
Und so machte Neues die Runde::
Im Norden bei Hemmingstedt ( Nordfriesland ) wurden die Dänen und Schweden von
den Bauern geschlagen.
Im Süden der Welt hatten die Portugiesen das heutige Madagaskar entdeckt.
Columbus kam nach seiner 3. Amerikafahrt in Ketten nach Spanien zurück!....
Die Gesellschaft brach am nächsten Tag rechtzeitig auf, man wollte doch noch vor der
Dunkelheit hinter den Mauern von Klingenberg sein. In den Wäldern war es nicht sicher.
Die hungernden, angeschlagenen Söldner, Dänen, Schweden, Frundsberger, Türken
streiften raubend und mordend umher.
Reisende, also Reitersleute oder Kutschen mussten auf der Hut sein oder den Spieß
umdrehen, wie gehabt beim Forstmeister.
Auch wenn die Zahl der Waldarbeiter beim Forstmeister erhöht werden mußte, die Kombination
von Waldarbeiter und Söldner ist immerhin billiger, als nur Söldner zur eigenen Verteidigung zu
unterhalten. Söldner , die nur den ganzen Tag herumhängen waren zu teuer.
In so einer Position kann man ja auch die Zahl der zu jagenden Wildschweine und des
sonstigen Wildes schon beträchtlich dem Bedarf anpassen!
Die Vermehrung der Waldarbeiter, durch das geschickte Taktieren des Forstmeisters,
kam aber auch den sonst überlasteten Bauern zugute. Die Pächter brauchten , dank der neuen
Arbeitszugänge, neben ihren eigenen Hofarbeiten nur noch Aufseher und Vorarbeiter zu sein.
“Wenn alles Holz für Mainz und für Oberaulenbach fertig ist, wird diese Frohnarbeit weniger!”
Das versprach der neue Marschall!
Die Aufgabe des Pfeils von Aulenbach, die Ladungen zum Landesthing, übernahm
in Zukunft Philipp jr.
Philipp jr., also Freiherr von Aulenbach sah blendend aus, war ein guter Reiter
und Bogenschütze.
Um seinen Verpflichtungen nachzukommen, scharrte er eine Spezial- Reitertruppe um sich .
Die Einladung zum Landesthing erfolgte durch die Weitergabe eines Stabes bzw. Eines Pfeils.
Dieser wurde, je nach Rang der zu ladenden Persönlichkeiten auch selbst von Philipp oder
seinen Leuten übergeben.
Die Jahre vergingen, das fertige Schloß Oberaulenbach konnte sich sehen lassen.
Nicht nur Luxus; sondern eben auch Sicherheit bei Angriffen für die umliegenden Kleinbauern
und die Dorfbewohner war so ein Schloß.
Im März des folglenden Jahres stand wieder ein Landesthing bevor.
Geladen wurden u.a. Eine Konditorin Namens Keit aus Engelsberg und ein Konditor aus
Nürnberg.
Als Hexe hatte man die Konditorin freigesprochen aber danach ihr Eigentum zum Teil zerstört.
Genaues wusste niemand.
Die Konditorin in Engelsberg zu finden war für Philipp jr. und seine Truppe nicht so einfach, denn
die Dorfbewohner schwiegen.
“ Also, hier stimmt etwas nicht!?” meinte Philipp.
Die Keit wurde dennoch gefunden. Allein der gute Duft nach Lebkuchen zeigte ihnen den
Weg und die Bäckerei.
Philipp betrat einen provisorisch zurecht gemachten Verkaufsraum.
Ali”, rief ein Bäckerjunge, “Ali, hier ist jemand!”
Mit einem roten Hut, ( Fes oder Fez ) wie man diese von den Türken her kannte,
kam ein weiterer Bäcker herein und sah Philipp misstraurig an.
Philipp stellte sich vor und bat um Vorsprache bei der Keit.
Es dauerte einige Minuten, bis die Konditorin mit Schürze und Backkittel den
Verkaufsraum betrat.
Auf der linken Seite ihres schönen Gesichtes waren noch Brandflecken zu erkennen.
“Was wollt ihr?”, fragte die Keit.
“ Mein Name ist Philipp, Freiherr von Aulenbach auch Pfeil von Aulenbach genannt.
Ihr seid zum Thing vorgeladen“ und übergab ihr den Stab mit dem üblichen Hinweis:
“Ihr habt der Aufforderung zu folgen oder ich muß Euch thingfest machen.”
Dann fügte er hinzu: „Aber keine Angst, es handelt sich wohl mehr um den Versuch einer Art
Wiedergutmachung.”
Die schöne Keit blickte Philipp ungläubig an? Ihm wurde ganz weich in den Knien als ihm
die schöne Keit so fest in die Augen schaute. Die merkte das und sagte:
“Probiert doch mal meine neueste Lebkuchen-Kreation mit Füllung.”
Diese Aufforderung nahm die Spannung zwischen den beiden.
“Oh, sehr gern und ja sehr gut!”, stotterte Philipp.
“Ich habe gute Beziehungen zum Bischoff und kenne die Umgangsformen auf den
Landesthings.
Wenn ich euch helfen kann, würde ich gerne mehr über ihre Geschichte hören.
Wir haben es aber eilig und müssen aber morgen weiter.
“Gut”, meinte die Keit,” kommt 2 Stunden nach Mittag vorbei, dann bin ich fertig mit dem Backen.
Irgendwie hatte sie von vornherein Vertrauen zu dem jungen Philipp.
Als dieser dann nach 2 Stunden erschien, setzten sie sich an einen Tisch .
Und dann, nach anfänglich zögernder Unterhaltung meinte die Keit:
“Gut, dann will ich von Anfang an alles erzählen:
Die Großküche mit Konditorei. (S. Abb.)
Personen:
Keit: strahlende, freudige Person
Ali: gut aussehender , junger türkischer Patissier.)
“Die Abtei”, so begann die Keit, “ war in Wirklichkeit eine große, mittelalterliche Burg.
Mönche, Gehilfen , Schüler , Gelehrte eben hohe Würdenträger liefen sich ständig über den Weg.
Neben der Alkoholbrennerei, dem Weinbau und sonstiger Landwirtschaft, gab es das Wichtigste für die Mönche; und das war Essen und Trinken Dazu gehörte eben die Küche mit der Bäckerei.
In so einem Männerkloster war eine gute Küche die Nr. 1 .
Und damit alles sauber wurde und gut gelingt, leistete man sich dort auch Frauen.
Laut ging es her in der Großküche.
Rechts , in der Konditorei-Ecke der Küche sortierte Ali, der türkische Patissier, die angelieferten Gewürze, Keit und 2 weitere Helferinnen in ihren weißen Schürzen schütteten das Backzubehör, wie Mehl, Zucker, Honig, Eiweiß, Hirschhornsalz usw. In die 3 bereitgestellten Schüsseln, auf denen jeweils groß der Inhalt zu lesen war.
Ali und zwei weitere Konditoren kneteten um die Wette. Lauthals brüllte der
erste Konditormeister mich an:
” Aber dalli, etwas Mehl dazu, nicht so lahm, du bist hier nicht nur zum Reden ..
Ali, wie weit bist du? Es ging auch schon mal schneller bei dir!
Sind die Leute aus dem Morgenland alle so lahm?
Wo kämen wir dann hin, man würde ja nie fertig...”
Und schon bekam der vorne stehende, jüngere Konditor eine Ohrfeige, weil er grinste.
Ein zweiter Lehrjunge konnte sich gerade noch vor einem Fußtritt in Deckung bringen..
Von oben erschien Eduard, der Mönch und brüllte:
“ Mit dem Frühstück heute wird wohl nichts, wir brauchen die doppelte Menge in 3 Stunden. Gott wird`s euch vergelten oder ich sorge dafür daß ihr das Fasten lernt!
Die Fuhrleute sind schon angekommen!”
“Wir machen es gerne für Euch und für Gott” dienerte der Meister.
Der Mönch marschierte durch die Reihen des Personals und tätschelte mir wieder einmal kurz das Hinterteil. Aber das kannte ich ja schon und wirbelte
schnell herum.
Beruhigend legte ein Lehrjunge eine Hand auf die Schulter des Mönches, der darauf zufrieden brummte und sich umdrehte.
Auf seinem Rücken prangte jetzt ein Kreuz aus Kuchenteig und die Lehrjungen platzen vor Vergnügen.
Das Gebrülle des Meisters, das Herumstoßen der älteren zu den jüngeren Konditoren und Bäckern, das überhebliche Getue derer , die meinten , sie hätten eine höhere Stellung und dann müßte es so sein, war nicht zum Aushalten.
Ohne Rücksicht auf die Personen mußte die doppelte Menge geknetet und gebacken werden.
Zwischendurch und heimlich nahmen wir ein fertiges Stück Gebackenes oder
tranken Wasser mit dem Schöpfer aus dem Holzbottich.
Um Mittag waren die Backwaren fertig, wurden in Körbe verstaut, den Reitern
übergeben oder auf die Pferdewagen verladen.
Alle Mitarbeiter konnten sich danach um den Tisch setzen.
Die Küchenangestellten von nebenan hatten den täglichen Hafer oder Hirsebrei
mit Brot bereitgestellt.
Oft gab es Lachs aus dem Main, zu oft, aber wir wurden satt.
Kurz nach dem Essen, ohne Pause, ging es weiter.
Die Torten für den Nachtisch wurden auch von mir vorbereitet.
Der Herr Konditormeister aber verlangte plötzlich 20 Tortenböden mehr.
“Den Rest des Teiges kannst Du für den Kuchen verwenden” brüllte der Meister obwohl ich das genau wusste und auch ohne das Gebrüll gleich gehandelt hätte.
So verging auch dieser Nachmittag und dann, als die Turmuhr 4 x schlug, wurde geschrubbt; natürlich von mir, Ali und den restlichen Helfern.
Während dessen sich der Konditormeister und seine älteren Gesellen zurückzogen.
Wir, die so Herumgeschubsten unterhielten uns dann ungestört:
“4 Jahre bis Du jetzt hier, meinte Ali zu mir, ich habe Dir gezeigt, wie man die Gewürze besser anwendet. Aber der Meister weiß ja alles besser“!
Als wir aus dem Osten ( Türkei) in Belgien mit dem Schiff ankamen, zeigten wir den dortigen Konditoren unsere Art zu backen. Die waren auch begeistert. Jetzt bin ich hier gelandet aber erzähl nochmal, wie viel wart Ihr zu Hause?”
Und die Keit erzählte, in dem sie an zu Hause dachte:
Köhler
Bilder der Köhlerei
7 Kinder und die Mutter mußte mein Vater mit seiner Köhlerei ernähren.
Köhlern heißt aber ist auch schwarz zu werden!
Aber mein Vater war fleißig und alle arbeiteten mit; das heißt, meistens waren wir rabenschwarz, hatten aber das nötigste zu essen.
Der Krieg sollte bald zu Ende sein, sie verhandelten schon lange und wollten bald Frieden.
Doch bis dahin brauchten alle, insbesondere die Kriegsparteien viel Holzkohle, die Waffenschmieden, die Gießereien, die Bauern zum Düngen oder die Pulvermacher, wie wir sie nannten, fürs Schießpulver......
Eines Tages, an einem sonnigen Herbstnachmittag während der Köhlerei-Arbeit, ich weiß es noch genau, wir waren alle rabenschwarz im Gesicht und an den Armen und Beinen, erschienen Reiter, Jäger auf der Lichtung.
Meistens bedeutete das nichts Gutes!?
“Hier ist es”, rief der Reiter , den sie Hans nannten und zusammen mit einem Mönch und acht weiteren Jägern auf die Lichtung galoppierte.
Die nach mittelalterlicherer Mode bunt gekleideten Reiter saßen ab und führten einen Verletzten vor.
“Köhler, habt ihr Verbandszeug?”
Der Köhler nickte freundlich. Meine Mutter, d.h. sie war eigentlich meine Stiefmutter, meine richtige Mutter war am Kindbettfieber gestorben, rannte ins Haus, holte Salben, Holzkohlepulver zum desinfizieren, Tücher und gab den Kindern Anweisungen.
“Habt ihr auch etwas zum stärken?” fragte der Mönch?
“Ihr könnt gerne essen von dem was wir haben”, dienerte der Köhler.
Inzwischen bauten die Kinder Behelfstische und Bänke auf und baten die Reiter sich zusetzen. Wasser wurde gereicht aus einem Tonkrug und Bechern aus Ton.
“Man kann es ja etwas würzen” meinte der Mönch schmunzelnd und goss eine Flasche gebrannten Korn, die er aus seinem Rock zauberte, dazu.
Jetzt grinsten die Reiter und sahen mich, damals schon ein als ausgewachsenes, strahlendes Mädchen auf sich zukommen.
Ich konnte mir in aller Eile wenigstens Gesicht, Hände und Arme waschen, denn mit meinen 17 Jahren war ich schon sehr erwachsen, was den Gästen natürlich auffiel!
Ich hatte einen großen Apfelkuchen auf dem Arm und setze diesen auf den Tisch.
“Langt zu”, rief der Köhler und die Reiter ließen sich nicht zweimal bitten.
“Sehr gut” dieser Kuchen, “ hast Du den gebacken?”
Ich nickte freudig, knickste und lief scheu zurück ins Haus.
“Hier hast Du 1 Gulden, Köhler” “Das hat gut geschmeckt bemerkte Hans. Ich bin
selbst Bäcker und Konditor, ich weiß von was ich rede!”
“Wirklich gut”, meinte auch der Mönch zur Tochter zeigend, so eine könnten wir noch in der Küche gebrauchen. Wir müssen die unseren dort bald verjüngen!
Wenn Ihr einverstanden seid, nehmen wir Deine Tochter morgen mit in die Abteiküche. Seit morgen früh aber rechtzeitig an der Herberge im Dorf.
“ So kam ich hierher in die Abteiküche.” endete die Keit.
Am nächsten Tag, in der Abtei, kam der Konditormeister im Schnelltempo die
Treppe herunter, brüllte mich laut an: “ Was stehst Du herum, auch heute müssen
wir die gleiche Menge backen wie gestern und dann, auf der letzten Treppenstufe,
stürzte er plötzlich.
Ich kniete mich nieder und stellte fest, “ wahrscheinlich das Bein gebrochen
ruft schnell den Mönch!”
“O - Schreck, wer geht jetzt zum Markt”, rief einer der jungen Konditoren,
“wir brauchen Gewürze, das Hirschhorn-Salz geht zu Ende auf dem Zettel beim
Chef stehen die anderen Zutaten die wir dringend brauchen.”
Der gerufene Mönch kam herbeigeeilt. “Ich musste meine Gebete unterbrechen,
stöhnte er, was ist denn?”
Und dann sah er den Gestürzten; aber statt ihn zu bemitleiden, beschimpfte er ihn !
“Du bist zu alt, pass doch auf, wenn du jetzt lange nicht arbeiten kannst,
dann brauchen wir dich nicht mehr!
So wurde der Bäckermeister , trotz seiner vielen , treuen Jahre , fristlos entlassen.
„Ihr anderen backt gefälligst weiter, wir haben es doch eilig“!
“Wir brauchen aber..”,, rief einer der Jungbäcker, auf die Gewürzgefäße zeigend
“ ”Ach so” der Mönch, sah sich fragend um und entschied:
“Keit”, du gehst mit Ali, nimm den Zettel oder kannst du nicht lesen?”
“Doch, doch” beeilte ich mich zu sagen.
Immerhin bedeutete das eine freudige Abwechslung für den Tag.
Ich schnappte mir den großen Einkaufskorb, der in der Diele stand und rannte mit
Ali und dem Zettel zum Stall, wo der Pferdewagen bereits wartete.
“Ho, ho” rief Dieter, der Kutscher!” und ließ die Peitsche knallen.
Auf dem Markt angekommen, wurde es unfassbar bunt für mich und Ali.
Alles Essbare wurde dort angeboten.
Gemüse frisch von den Feldern, Äpfel, Birnen, getrocknete Erbsen, Bohnen in
Säcken ,Federvieh, Eier, eben alles, was die Bauern verkauften.
Aber auch Backzutaten, Honig, Sirupe, Gewürze, Salz......
Das bunte Bild des Marktgeschehens und das laute Gebrüll der Anbieter……..
Eine willkommene Abwechslung, wenn man Tagaus, Tagein in der Konditorei
schwitzt!
Diese Einkaufsfahrten wiederholten sich.
Die Händler kannten uns bald.
“ Wir könnten noch mehr gebrauchen” rief ich Nico, dem griechischen Händler zu . Nico hatte den besten Gewürz - Stand.
“Aber, es ist doch alles da” meinte verwundert der Händler.
“Ja “, wir müssen immer das gleiche kaufen” und wies auf die Gewürze..
Wenn wir nur selbst bestimmen könnten..!” und sah den Händler bedeutsam an!?
“So?”, der Händler, “ dann habt ihr etwas anderes vor?”
“Vielleicht!” war meine Antwort. “aber woher nehmen?” in dem sie mit Zeigefinger und Daumen die bekannte “ Kein- Geldbewegung” machte.
Der Händler sah sie bedeutsam an:”
Denn just in diesem Augenblick kam der gut angezogener Konditormeister “ Armin Reiner” am gleichen Stand vorbei.
Wie schon öfters, sah er mitleidig auf uns herab. “Kommt beim nächsten mal vorbei, wir sprechen darüber!” rief Nico uns zu. Dann verbeugte sich der Händler vor Armin Reiner und bediente unterwürfig den Konditormeister.
“Heute muss man wohl jeden bedienen,” meinte hochnäsig der Konditormeister
und rümpfte dazu die Nase!
Der Händler hatte aber , wie oft bei guten Kaufleuten , das richtige Gespür!
“Im nächsten Monat sind wir in Nürnberg, wegen der Weihnachtsbäckerei!”
Erzählte er uns später und sah Ali und mich bedeutsam an!
In der Abteiküche angekommen, wurden wir beide sofort vom Mönch beschimpft:
“ Wo wart Ihr so lange”? Habt wohl nur geschwatzt mit dem Volk?”
Und als Dank mussten wir jetzt alles das nachholen, was sie während der
Abwesenheit ja nicht konnten.
Das heißt länger arbeiten bis alle Backwaren fertig waren.
Das ging auf die Knochen.
Ich fing mit Ali an, einen Plan zu schmieden. Wir wollten uns selbständig machen!!......
Also, am nächsten Tag bückte ich mich ein wenig, als der Mönch durch die Küche
fegte, wohlwissend, dass er die Gelegenheit, mir auf den Hintern zu klopfen,
wahrnahm.
Ich drehte mich anschließend um und machte dem Mönch schöne Augen!
“Willst du was “? Ahnte der Mönch.
“Ich wollte fragen, ob Ali und ich unser Geld haben können?
Wenn wir dann morgen wieder zum Markt fahren und nicht genug Gulden dabei
haben, kann ich von dem meinen vorstrecken, wenn nötig !?”
Dem Mönch leuchtete das ein; denn mit eigenem Geld geht jeder vorsichtiger um!
Sollten sie etwas Falsches mit eigenem Geld einkaufen, dann wäre das Risiko bei
ihnen.
“Ja” meinte der Mönch, “kommt anschließend in mein Büro!
“Kann Ali mitkommen?” “Hm” meinte der Mönch, der sich das anders
vorgestellt hatte.
Er wollte mir hoffentlich nicht an die Wäsche, nein, aber allein mit dem Mönch
in einem Zimmer zu sein, na ja, das war schon beklemmend.
Da ja alle in der Küche mithörten, wollte der Mönch sich keine Blöße
geben und willigte ein.
Später stand ich dann mit Ali im Büro des Mönches.
An den Wänden des rustikal eingerichteten Büroraumes hingen allerlei blanke
Waffen und Geräte. Auch ein türkischer Krummsäbel hing dort.
Der Mönch zählte uns die verdienten und rückständigen Gulden auf den Tisch.
“Tu noch einige Gulden dazu” meinte die Keit, wir sind doch so etwas wie
Vorarbeiter in der Konditorei, wir brauchen dringend einen neuen Wams jeder!
Und überhaupt, wie sieht das aus, wenn wir auf dem Markt mit alten Lumpen
herumlaufen.”
Auch das leuchtete dem Mönch ein, also zahlte er für jeden den Wams und dazu
noch die nötigen, im Mittelalter üblichen Unterkleider.
Nicht sehr gerne, aber er wusste auch, was er an uns beiden hatte!
Ali bedankte sich und zeigte auf den Krummsäbel.
“Warum hat ein so guter Christ wie ihr als Mönch so einen unchristlichen Säbel?
Ist der überhaupt noch zu gebrauchen?”
“Wenn du ihn gut abschleifst und schärfst, müsste dieser Säbel noch
seine Dienste tun.”
“Ich kaufe ihn Euch ab, für 3 Monate Lohn”
“Sagen wir 6 Monate” feilschte der Mönch. Also einigte man sich auf 5 Monate
Lohn.
Ali bekam seinen Säbel: Stolz zeigte er allen Vertrauten seine
neue Errungenschaft.
Wir bedankten uns artig und stoben davon.
So gingen wieder die Tage ins Land. Unsere Pläne aber standen fest.
Wir warteten nur auf den richtigen Zeitpunkt.
Einige Wochen danach ist der Bäcker-und Konditormeister Armin Reiner , den
wir ja vom Markt her kannten, in der Abtei vorstellig geworden.
Und so kündigte der Mönch Montagsmorgens an: “Ab nächste Woche ist
Schluss mit der Faulenzerei! Wir kriegen einen neuen großen Meister. Wie er
heißt? wartet es ab!”
Dieter, der Kutscher aber hatte den neuen Meister schon gesehen und so
sprach sich alles schnell in der Küche herum!
Das war für mich und Ali das Stichwort. Unser Plan stand ja fest.
Wir kannten ja diesen neuen Meister. Wir wollten uns nicht erneut
wieder schinden lassen.
Außerdem war das ja die letzte Gelegenheit, alleine zu entscheiden!-
Dem Dienstag, dem Markttag, fieberten Ali und ich entgegen.
Am Montagabend, also einen Tag davor, packten wir bereits unauffällig
persönliche Papiere und Kleider in Säcke und stellten diese auf den Wagen, der ja
noch im Schuppen stand. Dem Kutscher war das nur Recht, dann ging es morgen
umso schneller los.
Am nächsten Morgen in der Küche:
Der Mönch teilte die Arbeiten ein. Der neue Konditormeister wurde erwartet.
Ali und ich saßen also wieder auf dem Pferdewagen
Es war niemand aufgefallen; dass sie jeder 2 Packsäcke zusätzlich
aufgeladen hatten.
2 weitere waren ja schon am Abend zuvor auf dem Wagen verstaut.
Auf dem Markt angekommen bedankte ich mich freundlich beim Kutscher,
Dieter und rief ihm zu:”Hier hast du etwas Geld fürs Wirtshaus,” und gab ihm ein
Geldstück. “Das hast du dir verdient. Wenn du ins Wirtshaus gehen willst?
Wir kaufen inzwischen alles ein und packen es auf den Wagen.”
Das ließ sich Dieter nicht zweimal sagen und wartete in der Marktschenke.
Wir kauften wie gewohnt alles ein, was auf unserer Liste stand und sprachen
auch den Händler in einem günstigen Augenblick an:
“Nico, wir machen uns selbständig. Haben wir Kredit bei dir? Einen großen Teil
bezahlen wir sofort.” Das überzeugte Nico. Dann schickte ich Ali ins
Wirtshaus zum Kutscher. “Es ist alles aufgeladen” rief er Dieter in der Schenke zu.
“Du kannst schon vorfahren! Wir kommen mit dem neuen Meister nach!”
Dieter wunderte sich, fügt sich aber dieser Anweisung und fuhr alleine in
die Abtei zurück.
Jetzt aber waren wir endlich frei, Ali und ich!
Wie geplant, sprangen wir bei einem anderen Kutscher, der in
entgegengesetzter Richtung fuhr, auf den Wagen, gaben dem Kutscher ein
Geldstück und fuhren in südlicher Richtung davon.
Warm eingepackt saßen wir auf dem neuen Pferdefuhrwerk.
In der nächsten Ortschaft wechselten wir das Fuhrwerk; dann gingen wir wieder
zu Fuß weiter, eine Mitfahrgelegenheit für einfache Leute bot sich immer.
Bis vor die Tore von Nürnberg wollten wir.
Lange und auch beschwerlich war die Reise.
Aber schließlich erreichten wir die Vororte von Nürnberg.
In den nächsten Tagen besuchten wir den Markt in Nürnberg.
Im bunten Treiben des Marktes sahen wir auch unseren Händler Nico wieder.
“Wir sprechen später” rief ich ihm zu und wir schlenderten weiter über den Platz.
Ali und ich kauften Proben von Honigkuchen und Gebäck, das dort u.a. auch
von einer großen Konditorei des dort bekannten Bäckers Hans Hänseler
angeboten wurde.
Gute Backwaren gab es dort, aber, darüber waren wir uns sofort einig, sehr
verbesserungsfähig!
Wie von uns erwartet, hier sahen wir unsere Chance.
Eine weitere Besprechung mit dem Gewürzhändler folgte;” Hör Dich mal um Nico,
vielleicht kann man eine alte Bäckerei kaufen oder so..?” Nico verstand sofort,
überlegte und hörte sich um.
Schon lange kannte er den Bäcker Udo, von dem er noch etwas Geld
zu bekommen hatte. Udo, der alte Bäcker, konnte und wollte nicht mehr
soviel arbeiten.
Ali und ich besuchten Udo, den alten Bäcker.
Dieser war erstaunt und begeistert von der Idee einerÜbernahme; denn
seine Tage waren gezählt, er konnte und wollte nicht mehr so viel arbeiten
und war so auf einem Schlag seine Schulden los.
Kinder hatten Udo und seine Frau keine mehr, sie waren gestorben, wie
viele, an der Cholera.
Für Ali und mich war das die Gelegenheit, Unterkunft und Zukunft zugleich!
Eine Einigung mit dem alten Bäcker war schnell erreicht.
Jetzt knieten wir uns von Anfang mit Freude in die Arbeit.
Der alte Bäcker kannte ja alle im Dorf und so waren auch die
“logistischen” Probleme, also das Befördern mit Pferd und Wagen,
schnell besprochen.
- Endlich -
Mit den neu erstandenen Backzutaten und Gewürzen konnte das Backen nach
Unseren eigenen Rezepten beginnen!
Bereits in der folgenden Woche standen wir auf dem Markt.
Das ging so schnell, weil wir zunächst unter dem Namen des alten
Bäckers auftraten und dieser auch dabei war.
Proben wurden verkauft und verschenkt. Neue Kundschaft musste
umworben werden..
Aber es war ja Vorweihnachtszeit.
Backofen
Einkäufer mit eigenen Pferden ritten langsam über den Markt. Herzöge
und deren Gefolge, Rittersleute, Abgesandte der verschiedenen,
großen Höfe, Großhändler usw.
Sie suchten wie immer Raritäten auf dem Markt und das hier übliche
Weihnachtsgebäck für ihre Häuser; probierten esund kauften je nach Bewertung.
Alte Geschäftsfreunde wurden eifrig mit schwenkenden Hüten begrüßt.
Vor den Honigbäckern mit ihren großen Ständen , ihren schönen Ausstellungen
blieben alle gerne stehen.
Käufer und Verkäufer begrüßten sich nach mittelalterlichem Gebrauch.
Der große Kuchenstand des bekannten Bäckers Hans Hänseler mit seiner
Schwester Grete viel besonders auf. Damit konnte sich keiner messen.
An einem kleinen Stand, neben dem schönen Brunnen und anderen
kleineren Händler-Ständen, etwas Abseits, standen Ali und ich.
Unsere einzige Chance, wie immer bei kleinen Betrieben, war die
verbesserte Qualität.
Ali hatte darauf bestanden, dass ich mich hübsch zurechtmache und so hatte ich
mich gut herausgeputzt, um wenigstens aufzufallen.
Denn nur eine Frau, die Lebkuchen anbot, was konnte das schon sein?
Die vorbeireitenden Käufer der herzoglichen Einkäufer lächelten arrogant über
uns kleine Anbieter; denn was kann so ein kleiner Bäcker oder Konditor oder
gar eine Frau schon bieten?
Zwischen den Ständen stoben Kinder spielend und schreiend umher.
Und dann, - ein kleiner Zwischenfall-; ein weißes Tuch war es wohl, dass durch
den Wind wedelte.
Ein Pferd scheute. Die Reiterin, Edeltraud von Stein, stürzt aus ihrem Damensitz
auf die Straße.
In der Enge entstand sofort ein Getümmel.
Ich eilte schnell zu der gestürzten Frau Edeltraud, fragte nach Verletzungen,
tröstet die erschrockene Person und gab ihr einen Lebkuchen.
Traude, so wurde die Gestürzte gerufen, wagte noch auf der Straße liegend
einen Biss und war erstaunt über den guten Geschmack dieses Lebkuchens.
So einen nach Gewürzen interessant schmeckenden Lebkuchen kannte sie nicht.
Später, in einer vornehmen Herberge, saßen die herzoglichen Einkäufer mit der
Edeltraud von Stein beim Abendessen und sprachen u.a. über diesen Vorfall:
Als Nachtisch wurde Honig-Gebäck gereicht vom Bäcker Hans Hänseler, aber
auch von anderen Lebküchlern, so nannte man die Bäcker.
Edeltraud wunderte sich, der Honigkuchen, von der Bäckerin auf dem Markt
war anders und überhaupt besser!
Energisch rief sie ihren Leuten zu: “ Probiert mal diese Lebkuchen
von dem kleinen Stand!”
Und siehe da, alle waren erstaunt über den neuen Geschmack!
“Traude!” rief der Herzog, “Endlich mal was Neues, aber dafür sind wir ja auch
hier!” Wo kommt dieser gute Lebkuchen her?
Traude erklärte den Anwesenden alles und bot sich an, am nächsten
Tag zu vermitteln.
Das war der Durchbruch für mich!
Die gute Qualität der neuen Lebkuchen wurde zunächst wie ein Geheimnis
unter den Käufern gehandelt. Aber die Mund zu Mund Propaganda auch
und gerade unter den Bediensteten wirkte doppelt und dreifach.
Schnell wurden die Bestellmengen größer.
Ali und ich versprachen bereits in 2 - 3 Tagen alles liefern zu können.
Jetzt zahlte sich auch die Bekanntschaft mit den Markt-Händlern aus.
Ich brauchte schon einige Tage Lieferanten-Kredit. Deswegen
vereinbarten wir aber mit unseren Kunden “nur gegen Barzahlung”!
Das war neu für einige Einkäufer, die es nicht gewohnt waren, sofort zu zahlen,
man war ja von hohem Adel und zahlte oft später!
“Wenn Du keinen Kredit geben kannst, dann kaufen wir bei andern Bäckern”
hieß es.
Also hatten auch die anderen, alten Bäcker noch genug zu tun, vorläufig!
Anderseits, jeder Einkäufer wollte doch etwas Neues mit nach Hause bringen!
Also wurden wenigstens kleinere Mengen gegen bar bei uns gekauft.
Die Ehefrau von Udo, dem alten Bäcker, und weitere Helfer mussten mit
anfassen, um die neuen Aufträge zu bewältigen. Zusätzlich fügten Ali und ich
bei den Lieferungen Muster von neuen Varianten unserer Lebkuchen hinzu.
Dazu verpackten wir die Proben in kleine Körbchen.
Und gerade diese neuen Lebkuchen wurden gerne nachbestellt.
Bäckerei des Hans Hänseler
Die Aufträge von Keit wurden immer größer.
Dafür gingen die Aufträge bei den alten, eingesessenen und erfolgsgewohnten
Lebküchlern, so nannten diese sich ja, zum Beispiel bei Hans Henseler zurück!
Da halfen ihm auch keine noch so guten und alten Bekanntschaften!
Der Umsatzrückgang wurde immer größer!
Also beobachteten die Lebküchler die Stände und fragten sich schließlich, wer
ist diese Person, die uns die Umsätze streitig macht?
Guter Rat war teuer!
Der Großbäcker Hans hatte nach einigen Rückfragen mich, die Keit als
Köhlerstochter erkannt. Also schickte er nach mir, ich möchte ihn doch
besuchen.
Ich lehnte dankend ab.
Im Vorraum der Hänseler Bäckerei saßen die Geschwister Grete und Hans
Hänseler zusammen und ärgerten sich über den Umsatzrückgang.
Gerade kam der Kutscher vom Markt aus Würzburg zurück.
Alles konnte er dort nicht verkaufen.
Selbst dort, so berichtet der Kutscher, fragte man nach den neuen Lebkuchen.
Die energisch dreinschauende Schwester Grete, hatte eine Idee:
“ Du, Hans, siehst doch gut aus! Außerdem kennst du doch die junge Frau, die so gut backen kann! Du hast sie doch beim Köhler schon gesehen, weist du noch?”
Hans Hänseler war klar, worauf seine Schwester hinaus wollte.
Also besuchte er mich unauffällig auf dem Markt.
“Guten Tag, Tochter des Köhlers. Du kennst mich doch noch.
Wir hatten dich in der Abtei abgeliefert. Dein Honigkuchen ist gut. Auch die
Lebkuchen sind vom Gewürz und Geschmack neu. Hat man das Dir in der Abtei
beigebacht?”
“Nein, nein, dort leider nicht. Das sind alles meine eigenen Rezepte!
Ja, natürlich, bei der Köhlerei meines Vaters hatte ich Euch zum ersten Mal
gesehen. Ich hatte oft daran gedacht. Die Jägerkleidung stand ihnen gut!
Ich freue mich aber darüber, dass ihr mir die Ehre Eures Besuches gebt.”
Er lud mich spontan zu einer Kutschenfahrt ein. Ich ließ mich überreden,
So trafen wir uns heimlich.
Es kam zu einer weiteren Einladung, worüber ich mich sogar freute.
Wir kamen uns näher.
In einer Feldscheune angekommen, geschah es dann im Heu.
Schließlich waren wir beide jung.
Trotz der kalten Außentemperatur, im Heu war es warm!
Dort liebten wir uns sogar.
Ich muss das so deutlich erklären; damit der Sinn und Unsinn, der anschließend
kam, erkannt wird.
Ali war das alles natürlich aufgefallen. Ali und ich, wir standen uns sehr nahe;
aber Ali war Mohamedaner und ich bin Christ. Da geht bekanntlich nichts.
Ali warnte mich energisch vor dem Hans!
“ Wenn Du den Hans heiraten würdest, dann gehört deine Bäckerei und auch
das Rezept, eben alles, dem Ehemann! So wie es Brauch ist hier.
Und richtig, Hans Hänseler machte mir plötzlich einen Heiratsantrag!
“Warum, willst du mich heiraten?” fragte ich.
“Nun” meinte Hans, “wir können doch deine kleine Bäckerei und meinen
Großbetrieb zusammenlegen.”
“Gut”aber ich behalte meine Bäckerei und möchte meine Lebkuchen-Kreationen
weiterentwickeln.”
“Was willst Du weiter entwickeln, du wirst dann Mutter und kannst zusehen wie
die anderen arbeiten.” Meinte Hans,
“Wie, ich soll nicht weiter backen können?”
“Das schickt sich nicht für eine Ehefrau in meinem Stand!”
Wenn Du Deine Rezepte unseren Leuten aufschreibst, dann können die doch
für uns backen.”...So gingen die Worte hin und her.........
Jetzt war also alles klar. Ali hatte recht.
Hans aber drängelte weiter, bat und bettelte schließlich und wurde sogar ruppig.
Da war es aus mit der ersten Freundschaft zwischen dem Hensler und mir.
Hans erschien eines Morgens sogar mit zwei Reitern bei mir.
Er betrat mit seinen beiden Bäckereigehilfen ungefragt sofort die Backstube.
“Guten morgen, wir wollen jetzt mal zusehen, wie ihr arbeitet!”
“Nein, nein”, rief die Keit, “bleibt wo ihr seid!”
Die Begleiter drängten weiter in die Backstube, wurden aber von Ali und
Klaus, einem jungen Gehilfen von uns, energisch zurückgedrängt.
Es kam zu einem Gerangel, aber wir waren in der Überzahl.
“Was soll das?” rief ich dem Hans zu” willst du dir jetzt mit Gewalt holen,
was du so nicht bekommst?”
Wütend zogen die Reiter ab, einer rief noch, “Wir brauchen Verstärkung!”
Ali und ich befürchteten also schlimmeres.
Die letzten Tage hatten wir einen Packwagen bereitstehen.
Unter dieser ständigen Angst zu backen, war kein Vergnügen.
“Es hat keinen Zweck, sie werden mit Verstärkung wiederkommen, wir verlegen
unsere Backstube!” Sagte ich zu Ali
Ich zahlte den alten Bäcker aus und verließ heimlich, noch in der gleichen
Nacht die Backstube.
Ali, zwei junge Gehilfen aus der neuen Konditorei, ein junger Kutscher und der
Ofenbauer fuhren gerne mit und sorgten gut bewaffnet als Begleitschutz für
Unsere Sicherheit.
Überhaupt, wir mussten uns unterwegs schon vorsehen, noch war es Krieg!
Umherstreifende Räuber gab es überall.
Unser Vorteil war, dass wir auch unterwegs in provisorischen Backöfen Brot
backen konnten. So konnten wir Räubern, die nichts weiter als Hunger hatten,
Brot geben und weiterziehen.
Unterwegs begegnete uns Siegmar, ein junger Schmied, der auf Wanderung
war. Er war freundlich und so kamen wir ins Gespräch.
Der Schmied war begeistert, konnte mit Waffen umgehen und wollte gerne mitfahren.
“Die Hexenjäger sind wieder aktiv”, erzählte der Schmied.
Man sollte sich vorsehen vor Neidern und sich schützen.
Ich machte mir so meine Gedanken.
Als wir so auf dem Kutschbock daher trödelten fragte ich den Schmied:
“Siegmar, was meinst Du, ich habe da eine Idee: Kannst Du mir nicht eine
zusätzliche Klappe schmieden, die man Rücklings am Backofen anbringt.? Wir
könnten dann die fertigen Kuchen zum Teil von hinten herausnehmen,
außerdem ging nicht so viel Hitze verloren?”
Siegmar überlegte: „Wenn wir wieder an einem alten Schlachtfeld
vorbeikommen, sehe ich mich um. Ich brauche Eisen zum Umschmieden.”
Zusammen mit einem Gehilfen sah sich Siegmar in den Dörfern um und erfuhr
schnell von einem anderen Schmiedemeister wo er suchen sollte.
Altes , unbrauchbares Kriegsmaterial sammelten sie, banden es auf einen
Schlitten, den Rest auf die Pferde.
Mehr als eine Woche dauerte es schon bis wir in die Nähe von Frankfurt kamen.
Am Waldrand eines neuen Dorfes kaufte ich ein altes , aber leerstehendes
Haus mit großem Grundstück, das von Bäumen umgeben war.
Von außen war es kaum zu sehen; aber innerhalb des Geländes war viel Platz.
Die unterwegs besprochenen Pläne wurden in Angriff genommen.
Das ganze Haus musste in Stand gesetzt werden.
Der Ofenbauer und der Schmied machten sich an die Arbeit
Im Dorf war man gerne bereit, mitzuhelfen und sich etwas zu verdienen.
Es brauchte einige Wochen, aber dann konnte schon der Lehm des ersten
Ofens angebrannt werden.
Wie ihr ja wisst, die Lehmöfen werden von innen beheizt. Also das Reisigholz
muss vorher im Ofen verbrannt werden, bis dieser die richtige Hitze erreichte.
Dann wird die Asche entfernt und mit der Resthitze gebacken.
Die nötigen Rezepte hatte ich alle im Kopf .
Dennoch und für alle Fälle wurden die Rezepte der einzelnen
Lebkuchenkreationen sorgfältig und mit Kürzungen und Zeichen,
die nur ich selbst lesen konnte, von mir aufgeschrieben.
Ich legte diese Rezepte in eine Kiste unter die Treppe.
Die Bäckereigehilfen und Ali wußten, daß die Rezepte dort lagen.
Es folgte der Bau von zwei weiteren Öfen. Das war notwendig,
denn ich hatte ja noch Bestellungen von früher zu erledigen.
Auf der Rückseite der Öfen, so, wie ich es mit dem Schmied besprochen
hatte, wurde eine Eisenklappe eingesetzt, die man von außen verriegelte.
Das war neu an den Backöfen.
Die durch das Anheizen verwendete Asche konnte von hinten leichter
und schneller entsorgt werden:
während von vorne schon die nächste Teigwaren eingeschoben wurden.
Das sparte Zeit und vor allem Hitze!
Der Herbst war vorbei und die nächste Weihnachtszeit nahte.
Die ersten Lebkuchen mit neuen Kreationen als Zugabe mussten per Kutsche
oder Gespann jetzt oft weit transportiert werden.
Deswegen belieferten wir möglichst nur noch “Wiederverkäufer”, also Händler,
die wir von Nürnberg aus kannten.
Keiner, auch unsere Kunden, wussten genau, wo der Standpunkt der
neuen Konditorei war. Sie wollten es auch gar nicht wissen; denn die Missgunst
der anderen Bäcker war groß und hatte sich herumgesprochen.
Im Dorf verdingten sich einige Bauern gerne als Fuhrleute.
Ich hatte überall Kredit. Auch die Fuhrleute bekamen ihr Geld später;
aber schon nach den ersten Verkäufen bekamen alle auch ihr Geld.
Zu den umliegenden großen Höfen hatten die Bauern schon lange guten
Kontakt.
So kamen ständig neue Kunden hinzu, probierten, kauften zum Wiederverkauf
oder zum Eigenbedarf.
Die guten Lebkuchen, von einer Frau gebacken, das war der Renner. Zum
Nachtisch oder einfach auch zum Aufbewahren; denn so gebacken hält sich
sich Lebkuchengebäck lange!
Ali und ich waren aber weiterhin wachsam.
An schönen Abenden übten die Männer mit Eifer, sich zu wehren; falls wieder
einmal Überraschungsangriffe kommen sollten.
Jeder wusste wo seine Waffe lag. Wir waren vorbereitet.
“Dich, so meinte scherzhaft Ali noch zu mir, “dich stecken sie gleich in einen der
großen Backöfen!”
“Weist Du” Ali, da kannst Du vielleicht Recht haben! Aber Du kannst dann ja
hinten die Klappe öffnen!” Und wir lachten über diesen Möglichkeit.
Und richtig, die Nürnberger Lebküchler, allen voran Hans Henseler ,spürten
erneut die Auswirkung der Konkurrenz .
Sie hatten wieder Umsatzeinbußen hinzunehmen.
Das ging so nicht weiter!
Die Händler und Bediensteten auf den Märkten wurden scheinheilig von den
Lebküchlern befragt.
Aber die Händler kannten ja auch nicht den Ort, wo die neuen Lebkuchen jetzt
gebacken wurden. Andere Befragten schwiegen sich aus.
Kurzerhand berieten sich Hans und die Lebküchler mit seiner Schwester Grete und beschlossen, die Keit beim Stadtschultheiß als Hexe anzuzeigen!
Damit hatten sie die Möglichkeit und sogar das vermeintliche Recht,
mich vorzuladen.
Um mich als Hexe zu verklagen oder zu vernehmen, mussten sie mich
natürlich erst einmal finden.
Das war zunächst die Aufgabe der Gehilfen des Schultheisses.
Es wurden Späher gegen Belohnung ausgeschickt um unseren Wohnort und
das Backhaus ausfindig zu machen.
“Ich habe etwas entdeckt!” rief einer der Späher! Wagenspuren!
Außerdem riecht es hier im Wald tatsächlich nach Lebkuchen.
Es dauerte nicht mehr lange, hinter vielen Bäumen versteckt, auf einer Lichtung
sahen sie ein Haus und die Backöfen.
“Ein richtiges Hexenhaus” meinten die Späher.
Die Dorfbewohner hatten uns aber gewarnt!
“Hier waren Neugierige, die nichts kaufen wollten! Du wirst bestimmt gesucht!”
Wir war also vorbereitet.
Und dann, eines Mittags, das Backgut war bereits fertig, die Backöfen
wieder ausgefegt.
10 behelmte Reiter , bewaffnet mit Schwertern und Spießen ritten im Galopp
auf unsere Konditorei los.
Ich sage immer unser weil Ali natürlich der heimliche Mitinhaber ist.
Und dann, wie vorauszusehen kam der Ruf:: “Alarm, Alarm !”
Meine Bäcker und Gehilfen rannten zu den Waffen auf ihre Positionen.
Die ersten Pfeile flogen auf die Reiter .Drei der Angreifer stürzten getroffen zu
Boden. Ali und der Schmied schwangen die Schwerter .
Ein kurzer Kampf, zwei weitere Angreifer stürzten zu Boden, die restlichen
zogen sich zurück; zumal sie mit verstärkter Gegenwehr aus dem Dorf rechnen
mussten. Das ging noch mal gut.
Die verwundeten Angreifer wurden sofort von uns befragt.
Diese konnten jedoch nur erzählen, dass sie gegen Belohnung mich gefangen
nehmen sollten. Der Bäcker Hans Henseler würde alles bezahlen.
Hans Henseler , der im Wald versteckte wartete und seine angeschlagenen
Häscher zogen sich zurück.
Zu Hause angekommen berieten sie sich erneut mit den Lebküchlern.
Horrorgeschichten wurden verbreitet.
Geschichten über die Bäckerei, die ja nicht der Lebküchler Zunft angehörte.
Mordius, Greueltaten und der Versuch die Menschen zu vergiften um
Krankheiten zu verbreiten wären dort im tiefen Wald an der Tagesordnung.
Die Menschen würden zittern, sich kaum aus ihren Häusern wagen.
Diejenigen, die es trotzdem gewagt hatten, in den Wald zu gehen, wurden von
Pfeilen getroffen.
“Das muß ein Ende haben!” rief Hans.
“ Dann muß der Aufgebotsstab vom Pfeil übergeben werden!” rief einer der Lebküchler.
Darauf hatte Hans gewartet. Denn er brauchte ja die Unterstützung der
Lebküchler. Jetzt ging alles offiziell.
Das sprach sich schnell herum, neben dem Thing sollte eine Hexe verbrannt werden!?
So ein Schauspiel wollte sich kaum einer entgehen lassen.
Dein Vater , der die Aufgabe des Pfeils hatte, das heißt uns zu suchen,
war natürlich gewarnt ob der schrecklichen Möglichkeiten, die im Wald auf ihn
warteten.
Er rechnete mit Widerstand und stellte eine wehrhafte Söldnergruppe
zusammen, die Lebküchler zahlten ja gut.
Wie jedes Jahr, diesmal mit mehr wehrhaftem Gefolge, ritt der Freiherr los,
die Aufgebotsstäbe oder die “Pfeile” wie man diese auch nannte, zu
überbringen.
Obwohl ja schon einige Söldner des Hans Henseler den Weg zu mir kannten,
war es wieder schwierig, die Bäckerei zu finden so tief im Wald.
Das Wetter, die morastigen Wege und eben der Wald waren ein ewiges
Hinderniss.
“ Wenn der Weg auch schwieriger ist, wir reiten möglichst um die Dörfer herum”
entschied der Freiherr, “Scharmützel mit den Dorfbewohnern müssen
vermieden werden, das würde uns nur schwächen.”
Dennoch, die Truppe wurde entdeckt und wir rechtzeitig gewarnt.
Bereits mehrere Kilometer vor dem Backhaus schossen meine Leute aus guter
Deckung die ersten Pfeile auf die Reiter.
Mit Erfolg, drei Söldner stürzten getroffen vom Pferd.
Was wollt ihr, rief Ali aus sicherer Deckung?
Dabei schrie er gegen eine Felswand; so dass der Ton aus mehreren
Richtungen zugleich kam.
“Halt” rief der Freiherr! “ Laut zurück, “Halt” ”nicht weiter schießen,
ich komme auch alleine!”
In Wirklichkeit war die ganze Gruppe darüber froh, denn etwas gruselig war
plötzlich jedem zu Mute.
“Was willst du ?” rief die Stimme wieder?
Dein Vater gab sich zu erkennen.
“Ich habe den Aufgebotsstab für die Bäckerin!” lasst mich zu ihr.
“ Dann komm, aber alleine!” rief Ali.
Der Freiherr willigte ein.
“Ihr wartet hier“, rief der Freiherr seinen Leuten zu. “Wenn ich in zwei
Stunden nicht zurück bin, dann greift ihr an!”
Er wusste ja nicht, was ihn so Gräuliches erwartete?
So entschieden ritt der Freiherr weiter und wurde von einem kleinen Trupp
von uns in Empfang genommen.
An dem Backhaus angekommen übergab mir der Freiherr den Aufgebotsstab
Und unterstrich die Ladung mit dem üblichen Hinweis:
“Ihr habt zu erscheinen, sonst macht ihr Euch thingflüchtig.( dingflüchtig)
Wir müßten Euch dann Thingfest ( dingfest ) machen. Ich bitte um Deine
Entscheidung schon jetzt!
Aber keine Angst, es sind ehrfürchtige Richter, die zu entscheiden wissen.
Wenn ihr gottgläubig seid, ein reines Gewissen habt, wird euch nichts
geschehen.” Er sagte das in gutem Glauben.
Ich ahnte, was das bedeuten konnte.
Einerseits war ich mir keiner Schuld bewusst,
andererseits waren der “Pfeil” und seine Streitmacht jetzt in der Überzahl.
Außerdem, wo der große Krieg zu Ende sein sollte, könnte diesem Neidgezänk
mit den Lebküchlern ein Ende gemacht werden. Also willigte ich ein.
Ich besprach mich noch mit Ali und den Gesellen; dann, am nächsten Tag,
wurde ich in einer verschlossenen Kutsche abgeführt.
Noch in der Kutsche legten die Helfer des Pfeils mich in Ketten.
So war es üblich.
Der Prozess
Am Rande des Things, es hatte sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen
fand der Hexenprozeß statt.”
Anmerkung des Autors:
Ganz im Gegensatz zum Grundsatz der Christlichen Religion wird der Aberglaube der Menschen von eben diesen Kirchen zu ihren Gunsten ausgenutzt.
Für die Menschen, insbesondere die Armen, waren die Hexenverbrennungen
nur “Theatergleiche” Unterhaltungen.
Hungersnöte, eiskalte Winter, Krankheiten aller Art auf Grund von
unhygienischen Zuständen z.b. beim Abwasser.
Dazu kamen die großen Seuchen wie Pest und Cholera.
Tierkrankheiten, Tierseuchen oft alles nur die Schuld von Hexen.
Die Kirchen, katholisch wie protestantisch, taten ihr übriges dazu.
Obwohl schon in der Bibel steht, wie man sich tauft oder anderen die Füße wäscht.
Reinigungsrituale für den Körper mit viel und mit fließendem Wasser.
Beispiel oder gar Beweis: Das Taufbecken des Johannes in
Philippi. (Griechenland)
Aber einmal im Leben sich zu waschen?
Oder gar die Fußwaschung, heute gehört sie zur normalen Altershilfe oder
Alterspflege z.B. in Heimen.
Alles in Wirklichkeit doch Hygienemaßnahmen der damaligen , meist
religiösen Obrigkeiten.
In alten Kulturvölkern, bereits vor den Griechen und Römern und dann
weiter während der Römerzeit war das saubere Wasser in recht
modernen Leitungssystemen selbstverständliche Kultur.
So kann man heute bequem die Wasserleitungen der Minoiter auf der
Insel Kreta, 1000 - 2000 Jahren vor unserer Zeitrechnung, ( Knossos) oder
die Brunnen und Wasserleitungen bei Philippi, Griechenland,
besichtigen. Ebenfalls in der Eifel in Deutschland sind
römische Wasserleitungen, Viadukte und Brunnen zu besichtigen.
Nur im Mittelalter, wo der Klerus das Sagen hatte, war das Waschen bis hin zu
den französischen Königen , wie Ludwig dem XIV tabu!
Dort kratzte man sich mit langen Stäben oder puderte sich sauber!?
Dem Klerus war es wichtiger, die Macht mit Hilfe von Aberglauben und
Teufelsgeschrei zu erhalten; statt mit der doch vorhandenen Intelligenz
z.B. für Sauberkeit zu sorgen!
Der Klerus hielte sich bequem an alte Bibelsprüche:
V 19,26 ) “Ihr sollt nicht Wahrsagerei noch Zauberei treiben”
oder
( EX 22,17 ) Eine Hexe sollst du nicht am Leben lassen”
Diese Bibelsprüche hatten aber ganz andere Hintergründe!
Sie richteten sich an die selbsternannten Zauberer und Scharlatane,
die es ja auch gab.
Die “Drei Könige” aus der Bibel gehörten doch auch zu den Zauberern!!??
Weiter erzählte die Keit:
“ In roten Mantel-Talaren, bauschigen Uniformen und mit strengen
Gesichtern machten sich die Richter und fünf Beisitzer wichtig.
So jagten sie jedem Angeklagten oder jeder Angeklagten von vornherein
großen Schrecken ein.
Mit furchterregenden Helebarden bewaffnete Söldner säumten die
Versammlung um die Macht der Kirche zu demonstrieren.
( Heute noch beim Vatikanstaat in Rom )
Der erste Richter begann das Verhör zu mir gewandt:
“Bis du die Bäckerhexe und Zauberkünstlerin, die den teuflisch süßen Kuchen
herstellt um die Leute zu verzaubern und sich gefügig zu machen?”
“Ich bin keine Hexe, ich backe wie jeder andere Bäcker.
Ich führe ein sittsames und gottgefälliges Leben ohne jede Zauberei.
Ich kann nicht zaubern.”
“Aber dein Haus ist aus Kuchen, die Dachschindeln aus Lebkuchen und die
Fenster aus Zuckerguss.”
“Wer hat das denn gesagt und gesehen?.
Das stimmt doch gar nicht. Seht euch doch selbst mein Haus an.
Es ist wie alle anderen aus Holz und Lehmgeflecht gebaut.”
“Glaubhafte Zeugen gibt es genug!” meinte der Richter. “Denen kann ich
glauben, du bist nur eine Frau oder gar eine Hexe, dir kann ich nicht glauben,
also mußt du lügen!”
“Das sind doch nur Behauptungen der Lebküchler! An erster Stelle die
Behauptungen des Hans Henseler, weil ich ihn abgewiesen habe.
Gerade wegen der guten Lebkuchen wollte er mich heiraten.
Ich habe ihn abgewiesen! Deswegen behauptet er jetzt, es sei
Teufelszeug. Fragt doch mal die anderen, denen es immer noch
sehr gut schmeckt! Ich kann viele Zeugen bringen, die
gerne meine Lebkuchen essen.
Jetzt behauptet er, dass mein Backwerk Teufelszeug sei.
Ein Dach oder ein Haus, welches mit Honiggebäck oder anderem Gebäck
verkleidet der gar gebaut würde, wäre beim nächsten Regenguss doch nur
noch ein Matschhaufen .!”
Das leuchtete sogar dem Richter ein.
Alles lachte und klatschte mir Beifall.
Der Richter wurde zornig und drohte: “ Ruhe, oder ich lass die Helebarden
sprechen.
Aber verhext hast du mit deinem süßen Lebkuchen die Leute.
Geil und begierig sind sie davon geworden - eben verhext.
Das haben die Zeugen glaubhaft ausgesagt.
Mit Proben hast du die unschuldigen Menschen angelockt.
Sie wurden dir dann zu Willen und du hast sie in einen Stall gesperrt um sie
später zu essen.
Wie schmeckt eigentlich Menschenfleisch?” fügte der Richter scheinheilig hinzu.
“Und wozu die großen Backöfen, wohl doch nur zu diesem Zweck so groß?”
“Nein, das ist alles ausgedacht und gelogen und für die Backöfen zahle ich wie
jeder Bäcker meine Steuern.”
Da mischte sich der Domherr, der zweite Richter ein:
“Die Lügerei kann so nicht weitergehen, wenn du jetzt nicht die Wahrheit sagst
und zugibst dass du eine Hexe bist, dann bekommst du die Daumenschrauben!”
Ich aber blieb standhaft.
Der Scharfrichter sah den Richter an und als dieser nickte, packten mich die
Gehilfen und setzten die Daumenzwengen ein…….
Der zweite Richter, der Domherr fragte weiter: “Du kommst doch aus der Nähe
des Brockens, dort wo die Hexen tanzen.
Dort trefft ihr Euch und treibt geile Spiele ! Bis du mit dem Besen hier her
geflogen?
Besen haben die Zeugen bei dir im Haus viele gesehen?”
Ich antwortete nicht auf diese lächerlichen und dummen Fragen.
Jetzt nickte der Richter wieder dem Scharfrichter zu und der zog die
Daumenschrauben an, immer fester, bis mir das Blut aus den Fingern spritzte .
Die Schmerzen waren so irrsinnig, dass mir zunächst die Kraft fehlte zu
schreien.
Laut stöhnend schrie ich mit letzter Kraft: “Wollt ihr denn nur Lügen aus mir
herauspressen? Ist Euch die Wahrheit nicht genug?”
Dann sank ich ohnmächtig zusammen.”
Keit war so mitgenommen von der eigenen Erzählung; dass sie anfing zu
weinen.
Ali , der im Nebenraum alles mitgehört hatte, kam herbei und erzählte weiter:
“Das Verhör wurde unterbrochen und die Keit über Nacht ins Gefängnis
gesteckt”. Wie wir später erfuhren:
Auch der Freiherr Philipp, der die Keit ja hergebracht hatte,
kannte das Ergebnis des ersten Verhörs:
“Mir gefällt das Ganze nicht! Die arme Kreatur so zu Quälen.
Die Lebküchler gehen zu weit in ihrem Hass und Neid!”
Erklärte er seinem Vorreiter: “ Morgen, beim zweiten Verhör, stehen wir
bewaffnet vor dem Thinglatz. Wenn sie brennen soll, schreiten wir ein,
mit Gewalt. Lass das den Richter wissen; aber erst morgen, im letzten Moment!”
Am zweiten Tag der Verhandlung hatte man die Keit notdürftig wieder
hergerichtet.
Der erste Richter erfuhr überraschend von dem Aufgebot an bewaffneten
Helfern für die Keit, die vor der Versammlung bereit standen.
Und es waren Dutzende dazugekommen.
Die Reiter standen ruhig, aber entschlossen vor dem großen Platz.
Das erkannten schnell die Richter! So ein Pfeil, von Ferne abgeschossen,
verschont auch keine Richter! Es muss ja keine Absicht sein, ging es dem
ersten Richter durch den Kopf.
Der zweite Richter, also der, der die Kirche vertrat, bohrte erneut bei der Keit
nach: “Gib es zu oder schwör auf die Bibel, du bist geflogen auf einem Besen in
der Nacht; damit dich keiner sehen konnte!”
“Was soll der Unsinn, rief die Keit, “Keiner kann fliegen, der Schneider hat es
doch versucht in Ulm. Fliegen können nur die Vögel oder die Bienen.
Ihr seid doch ein Mann der Kirche! Glaubt ihr wirklich diesen Unsinn?
Allein daran könnt ihr doch erkennen, dass hier nur gelogen wird!”
Lautes Gelächter und Händeklatschen bei den Zuschauern.
“Nochmal versuchte der zweite Richter die Keit hereinzulegen mit der Frage:
“Wie schmeckt Menschenfleisch, etwa wie Katzenfleisch oder eher wie
Tauben?
Wie hast du es zubereitet? Gewürze wie Kardamon, Pfeffer oder ähnliches
stehen bei dir herum, das musst du doch zugeben!”
“ Ich schäme mich für Euch. Dass ihr solche Fragen stellt.
Die Gewürze sind fürs Backwerk.
Die Behauptung mit dem Menschenfleisch ist doch nur vom Henseler erfunden.
Genau wie das Dach , dass aus Kuchen sein soll aber es nicht sein kann.
Alles nur gelogen aus Neid und Habgier!”
Dann wurde sie frecher, ja geradezu frivol:” Und was noch viel schlimmer wiegt,
weil die großen Lebküchler nur altbacken sind und nur das können, was alt und
früher war, nichts dazugelernt haben. Jetzt wollen sie meine Rezepte
haben; weil sie neidvoll anerkennen mussten , dass meine Lebkuchen besser
sind als ihre. Sie waren zu faul, selbst etwas Neues auszuprobieren. Das hätte
ja Zeit und etwas mehr Geld gekostet.
Außerdem hätten die vornehmen Lebküchler wohl keine Zeit mehr gehabt zu
Jagen oder feine Gesellschaftsspiele zu feiern !”
Großer Beifall von Seiten der Zuhörer!
Die Richter berieten sich zum letzten mal, zuckten mit den Schultern
und mussten die Keit gehen lassen.
Auch der Freiherr war erleichtert ob des Freispruchs;
denn die im Laufe des Prozesses erhobenen Beschuldigungen waren doch nur
der Neid der Lebküchler , dennoch es wurden schon Hexen für weniger
verbrannt!
Hans Henseler und den anderen Lebküchlern aber passte dieser Freispruch
überhaubt nicht.
Außerdem hatten die Lebküchler ja noch immer nicht die Rezepte der Keit.
Und was noch schlimmer war, die Umsätze der Lebküchler gingen
weiter zurück.
Hans Henseler beriet sich erneut mit einigen seiner Geschäftsfreunde .
So kam es, dass Hans und Grete einen neuen, gemeinen, ja teuflischen
Plan schmiedeten.
Sie mussten und wollten mit aller Gewalt an die Rezepte der Keit kommen.
Mit Pferd und Planwagen und einigen Getreuen machten sie sich, als
Bauern verkleidet erneut auf den Weg in den Wald. Ihr Ziel war klar,
das Backhaus.
Dort angekommen täuschten sie alle und riefen den Fuhrleuten der Keit zu:
“Wo kann man hier einige Gulden verdienen fürs Befördern?”
Es galt viel zu befördern in alle Himmelsrichtungen.
Die neuen Fuhrleute fielen niemand auf, denn als Bauern verkleidet, sahen alle
von außen fast gleich aus.
Die gesundheitlich durch die Qualen des Hexenprozesses immer noch
geschwächte Keit war nicht immer in der Backstube.
Sie hatte ja ihre Leute und ihren Ali, also mich, der alles beaufsichtigte und
besonders auf die Gewürzmischungen achtete.”
“Nebenbei” bemerkte die Keit, ”Ali ist nicht nur mein Angestellter, er ist ein
stiller Teilhaber; denn ohne ihn hätte ich das nicht geschafft.”
Ali berichtete weiter: „Am zweiten Tag, als die Fuhrleute zurück kamen, gingen
diese zunächst wie üblich zur Auszahlung .an die “Kasse”.
Dort erkannte die Keit den Hans Henseler in seiner Verkleidung.
Sie stand schweigend auf und ließ ihn kurzer Hand von ihren Leuten
festnehmen und im Stall einsperren. Er sollte in der nächsten Woche den
Behörden ausgeliefert werden.
Die Schwester Grete hielt sich zurück. Die Keit kannte die Schwester auch
nicht mehr vom Angesicht.
Dann der nächste Morgen, kurz vor den Abfahrten, wurde es wieder
hektisch im Hof. “Wir müssen improvisieren, uns fehlen Fuhrleute” rief ich.
Genau, in dieser der Hektik auf dem Hof schlich sich die Grete zusammen mit
2 Helfern zurück zum Stall, nahm zwei mitgebrachte Bretter, brach damit die
Stalltür auf und befreite den Hans.
Vorsichtig schlichen die sich dann zu den Öfen.
Die Backöfen, die ja etwas abseits vom Haus standen, waren um diese Zeit
verweist; denn alle waren mit dem verteilen von Backwaren an die Fuhrleute
und dem Aufladen beschäftigt.
Nur die Keit kam die Treppe herunter.
Wie immer ging sie zunächst zu den Öfen um sie zu kontrollieren.
Dort sah sie vier Bauern, die ihr den Rücken zukehrten.
“Was macht ihr hier?” fragte die Keit.
Auf diesen Moment hatte hatten Grete und Hans gewartet.
Hans war mit einem Handschießer bewaffnet. ( Brotschieber)
Zusätzlich hatte Grete ihre zwei stämmigen Helfer genau angewiesen. Diese
wussten also darüber Bescheid, auf das, was jetzt kommen sollte und hatten
u.a. ein Seil dabei. “Haltet Euch bereit” befahl die Grete.
Die Helfer stellten sich neben Hans und Grete.” Jetzt”
Dann drehten sich alle um. Die Helfer ergriffen die Keit und umklammerten sie.
Der größere Helfer hielt sofort mit seiner großen Pranke der Keit den Mund zu.
Der zweite fesselte ihr die Beine.
Hans rief eindringlich zur Keit gewandt:” Wo hast du die Rezepte?
Mach`s Maul auf oder wir stecken dich in den heißen Ofen.
Die Keit schüttelte mit dem Kopf.
Der zweite Helfer lockerte die Hand vor ihrem Mund; damit sie reden konnte.
Vergeblich versuchte die Keit zu schreien.
Jetzt gab Hans den Befehl:”Steckt sie mit den Füßen in den Ofen, bis sie redet!”
Die Keit wand sich nach allen Seiten und gab vor Schmerzen Zeichen, dass
sie reden wolle. Der große Helfer lockerte die Hand vor ihrem Mund:
”Dort, in der Kiste unter der Treppe” keuchte die Keit. - Grete sah die Kiste
unter der Treppe und langte hinein.
Tatsächlich, dort lagen die Rezepte. Sofort schnappte sie sich die Rezepte
und gab Hans ein Zeichen. Hans hört Schritte auf sich zukommen.
Die Keit versuchte wieder zu schreien. Um aber den Schrei zu ersticken und
nicht die Aufmerksam der Bäcker der auf sich zu lenken, schlug Hans mit dem
Handschießer auf die Keit ein. Ohnmächtig verdrehte diese ihre Augen.
Die Grete schnappte sich die Ohnmächtige, warf ein Küchentuch über sie und
zog sie mit einem ihrer Helfer auf den von Hans bereitgehaltenen Handschießer,
mit dem man ja sonst Brot in den heißen Backofen schiebt.
Hans stemmte den jetzt mit der Ohnmächtigen beladenen Handschießer
nach oben und die Grete tat so, als würde sie alleine den Handschießer in den
Backofen schieben .
Von weitem sah das so aus, als würde man normal backen wollen.
Hans verriegelte schnell mit der vorderen Holztüre den Ofen.
“Ihr beiden”, befahl Hans seinen Helfern, “ bewacht den Ofen”.
“Was macht ihr da?” rief ein Bäckerlehrjunge, der gerade um die Ecke kam?
“Nachbacken, was sonst. Kümmere dich lieber um deine Arbeit!” rief frech die
Grete.
Der Lehrjunge zuckte aus Angst, geschlagen zu werden, mit den Schultern.
Dann flüsterte Hans der Grete:” Los, wir müssen hier weg.”
Ruhig gingen die beiden durch das Gewimmel der Leute , bevor sie zu ihrem
bereitgestellten Gespann rannten.
Dem neuen Kutscher auf ihrem Wagen riefen sie zu:” Schnell, du sollst zu Ali
kommen!”
Grete schwang sich unter die Plane und dann knallte die Peitsche.
Das die es so eilig hatten kam mir sofort komisch vor.
Gleichzeitig kam der Kutscher zu mir und sah mich fragen an?.
“Was willst du?” “ Du hast doch nach mir geschickt”! “ Nein, nein”,
und merkte sofort ,” da stimmt was nicht.”
Ich rannte zum Stall , “Aha,”die Tür war aufgebrochen,
“ Der Henseler ist getürmt” schrie ich.
Ich rannte sofort zurück in die Backstube und rief nach der Keit.
“Keit, Keit!?” Jetzt bekam ich Angst.
Ich rannte zum Ofen, dort standen noch die zwei Helfer von Hans und
bewachten den Ofen von vorne.
Ich wollte zu meinem Schwert greifen; aber es hing ja noch im Vorraum.
Das Schwert zu holen und sich mit denen jetzt anzulegen würde zu lange
dauern.
Also schlich ich von hinten an den ersten , bewachten Ofen, legte wie immer
die kleine Leiter an und öffnete die hintere Eisenklappe von außen.
“Das war höchste Zeit”
Mit einiger Mühe, es musste ja schnell gehen, konnte ich die ohnmächtige Keit
von hinten aus dem heißen Ofen ziehen.
Dass ich mir dabei Arme und Hände verbrannte merkte ich erst später.
Die beiden Helfer, die den Ofen bewachten, merkten nichts von dem, was hinter
dem Ofen vorging. Überall war es laut.
Dennoch “Das wird mir jetzt zu gefährlich” Schrie der Helfer der rechts vor dem
Ofen stand und schon hauten die beiden ab, so schnell sie konnten.
Mit einem Hilfeschrei von mir und der immer noch ohnmächtigen Keit im Arm
fielen wir beide in den hinter dem Ofen bereitstehenden Löschbottich .
Das kalte Wasser unterdrückte die Verbrennungsschmerzen , weckte aber
die Ohnmächtige auf!
Ein lauter Schrei-- !!!
Alles lief zusammen und waren vor Schreck wie erstarrt.
Von außen sah die Keit rabenschwarz aus und auch ich war ganz schwarz.
Verkohlt waren auch die im Mittelalter üblichen langen Kleider.
Diese hatten aber schlimmere Verbrennungen verhindern können.
Nur im Gesicht und den Händen waren die Brandwunden deutlich zu sehen.
“Schnell” rief Ali, “schnell” Brandsalbe und Tücher, schnell!
Das kalte Wasser hatte die Brandwunden betäubt, aber der Schmerz kam
wieder.
Endlich konnten die beiden behandelt werden.
Es dauerte lange bis die Brandwunden heilten.
Was die Lebküchler in Nürnberg und Umgebung nach einigen Wochen
wunderte, die Konkurrenz schien nicht ausgeschaltet. Die Geschäfte gingen
weiter mäßig.
Sie hatten zwar die neuen Rezepte; aber diese umzusetzen war gar nicht so
einfach.
Die Keit hatte zwar die Rezepte aufgeschrieben, jedoch die Gewürzmischungen
als Buchstaben abgekürzt. Ebenso Backmengen und andere Geheimnisse
waren nur für sie leserlich , also abgekürzt. Außerdem fehlten den Bäckern
einfach die Gewürzkenntnisse und eben auch einige Gewürze. Und was ihnen
am meisten fehlte, das war die Erfahrung mit den neuen Mischungen.
Also mußten die Lebküchler wieder nachforschen.
Dem eigenen Zunftvorsteher, dem Hans Henseler trauten die Lebküchler
auch nicht mehr.
Der zweite Prozess,
Wiedergutmachung durch die Lebküchler
Die Keit war entsetzt.
Wieder das gleiche Bild wie beim ersten Hexenprozess. Sogar die
gleichen Richter? Wieder begann die Befragung durch den ersten Richter:
“Wir hatten dich doch freigesprochen oder hast du dich besonnen und gibst
zu doch die Hexe zu sein?
Daraufhin großes Gelächter unter den hochnäsigen und sehr,
sehr eingebildeten Richtern und Beisitzern.
Dann aber stand Clos in seiner für Verteidiger dunklen, talarähnlichen
Kleidung auf.
Sowohl die Bekleidung der Richter, die vorgespielte Einbildung als auch die
Bekleidung des Clos dienten als Abschreckung oder Einschüchterung
Der jeweiligen Gegenseite und insbesondere gegenüber den
Angeschuldigten.
“Ich bitte um Gehör” rief Clos mit seiner beherrschenden Stimme!
Mein Name ist Clos, Freiherr von Aulenbach.
Ich vertrete die Interessen der Keit und überreiche dazu eine
Unterschriftsliste, mit den Unterschriften der Keit und weiterer Adeligen,
vom Bischoff selbst beglaubigt.”
Das wirkte auf die Zuhörer und Richter wie eine Bombe.
Das gab es nicht oft!
“Die von mir vertretene Keit gehört als selbständige Bäckerin nicht der
Zunft der Lebküchler an. Dennoch hat sie das Recht einer freien Bürgerin,
wie alle anderen Bäcker auch. Sie ist nicht verheiratet und steht unter keinem
Vormund!
Ich überreiche eine Anklageschrift gegen die Lebküchler, vertreten durch
den Großbäcker Hans Henseler.
Die Backkunst der Keit übertraf bei weitem die Fertigkeit der Lebküchler.
Dadurch entstand der Haß und Neid!
Weil eben durch die Backkunst der Keit aber auch die Umsätze der
Lebküchler zurückgingen, wußten diese sich nicht weiter zu helfen.
Statt selbst die Qualität ihrer Backwaren zu verbessern, zeigten sie die
die Keit als Hexe an mit falschen Zeugen, wie üblich, in solchen Prozessen.
Alles nur, um an die neuen Backrezepte der Keit zu kommen.
Hans Hänser machte ihr sogar einen Heiratsantrag, denn nach einer
Heirat, würden ihm, dem Ehemann, ja alle Rechte und damit auch die
Rezepte gehören. Als die Keit diese Absicht des Hans durchschaute,
gab sie ihm einen Korb.
Der so abgewiesene Hans Hänseler war fürchterlich verärgert, tobte herum
und ersann neue Böswilligkeiten gegen die Keit.
Weil alle diese böswillige Anschuldigungen mit den widerwärtigen Folgen
des ersten Hexenprozesses gegen die Keit ihnen nichts einbrachte,
faßten die Lebküchler, allen voran Hans Henseler, einen Entschluß.
Sie würden die Keit, wenn sie das Rezept nicht hergibt, gefangen nehmen
und so lange foltern, bis sie das Rezept freigibt.
Diese Anschuldigungen sind in allen Einzelheiten mit glaubhaften
Zeugen hier aufgelistet”
Clos übergab diese Liste dem ersten Richter.
“Um an ihre Rezepte zu kommen,” fuhr Clos fort,” schreckten diese
hundsgemeinen Lebküchler auch vor einem Mordversuch an der Keit nicht
zurück.!”
Es wurde muxsmäuschen still bei allen Zuhöreren.
Dann sprach Clos unaufgefordert weiter:
“Hans Henseler gehört zum Tode verurteilt mit samt seiner Schwester.
Die gesamte Zunft der Lebküchler ist aus Neid und Mißgunst zu Lügnern,
ja zu Mördern geworden!
Wir verlangen die Verurteilung dieser widerlichen und abscheulichen
Personen mit ihren ungeheuerlichen Untaten.
Oder” und so versuchte er die Verhandlung in seine Richtung zu lenken
bevor die Richter ihn unterbrechen konnten,
“oder die Lebküchler machen es wieder gut, was sie der Keit angetan haben.
Um diesem ewigen Streit ein Ende zu machen, wäre dann die Keit
bereit den Lebküchlern zu helfen, ja sie sogar in ihre Backkunst
einzuweisen.
So sieht mein Vergleichsvorschlag aus.
“Was verlangt ihr für einen solchen Vergleich?” fragte der Richter.
“Wir verlangen als Wiedergutmachung:
Ein angemessenes Bürgerhaus in Nürnberg mit ausreichendem Landgut vor
der Stadt.”
Für den Rest ihres Lebens erhält die Keit jährlich 50 Gulden, 20 Malter Korn,
2 Fuder Weizen , 20 Malter Hafen und 20 Stck Großwild jedes Jahr
für ihre eigene Wirtschaft.
Die Keit selbst wird dann nur noch für sich und die Weiterentwicklung der
Nürnberger Lebkuchen backen und insbesondere die jungen Bäckergesellen
von der Zunft unterweisen.
Hans Henseler und seine Schwester bleiben als Personen ausgeschlossen.
Sie können aber ihre Meister zum Lernen schicken.
Für die Back-Vorführung, die Unterrichtung müssen die Bäcker aus eigenen
Beständen Mehl, Gewürze und sonstigen Zutaten bereitstellen.”
Dazu überreichte er das Gesagte schriftlich dem Richter.
So kam es tatsächlich zum Vergleich.
Die Lebküchler stöhnten zunächst, kamen dann aber zu dem Schluß, daß sie
letztlich und mit der Zeit nur Vorteile hätten.
Außerdem, ein Vergleich verhinderte weitere Urteile den angeschuldigten
Personen gegenüber.
Das geforderte Stadthaus mußte Hans Henseler samt Grundstücken aus
seinem Bestand an die Keit überschreiben.
Dieser Vergleich wurde von allen Beteiligten vor den Richtern unterzeichnet.
Unverhohlen umarmte Philipp die Keit, nach dem alle gemeinsam die
Verhandlung verließen.
“Du wolltest mich doch noch etwas fragen, meinte die Keit und löste sich aus
der Umarmung.
“Willst du meine Frau werden?” Das war meine Frage so der Philipp.
“Wenn du dich nicht in meiner Backstube sehen läßt?”
“Oh”, lachte Philipp,” davon verstehe ich so nichts. Das überlasse ich Dir!”
Dann steckte die Keit dem Philipp ein Stück Lebkuchen in den Mund.
“Du verstehst doch etwas von meinem Kuchen oder schmeckt er dir nicht?”
Eng umschlossen stiegen sie in die Kutsche von Philipp.
Ali winkte augenzwinkernd den beiden zu.
“Wo sollen wir heiraten?”
“Zuerst helfen wir Ali , deine neue Lebkuchenbäckerei einzurichten
Wenn du einverstanden bist, heiraten wir anschließend in der Kirche von
Unteraulenbach.
Dann geht es mit der Kutsche rauf zum Schloß Oberaulenbach.
Auf dem Schloß werden wir dann eine schöne Hochzeitsfeier ausrichten und
alle einladen, die uns geholfen haben.
Wohnen aber möchte ich gerne in der Stadt bei dir.
Dort, in der Stadt erfährt man mehr von der neuen Welt.
Das Schloss im schönen Spessart werden wir dann noch oft genug
und hoffentlich auch mit unseren Kindern besuchen.
Hiweis:
Diese Erzählung ist frei erfunden .
Weder Personen noch Daten stimmen genau.
Genaue Einzelheiten sind nachzulesen:
1.) Pfeil von Aulenbach : unter: www.aulbach-familie.de
2.) Hans Traxler:
Die Wahrheit über Hänsel und Gretel
Erschienen im Reclam, Stuttgart.
3.) Veröffentlichungen in verschiedenen TV Sendern,
wie Wahrheit und Mysterie .
Tag der Veröffentlichung: 27.04.2010
Alle Rechte vorbehalten