Hallo, mein Name lautet Maya Theresia, ihr könnt mich auch einfach nur Maya nennen. Zumindest nannte man mich damals so. Ich möchte dir gerne meine Geschichte erzählen. Du musst wissen, mein damals so perfekt zu seien scheinendes Leben nahm eine gewaltige Wendung und es war nicht selten gefährlich. Im Nachhinein weiß ich nicht, was mich damals geritten hatte solche Sachen zu machen. Ich bereue es mein Leben so versaut zu haben. Darum denk immer genau darüber nach was du tust. Denk nicht immer daran den Moment jetzt zu leben sondern beachte mögliche Folgen, handle nicht aus Wut oder Trauer hinaus. Denn selbst ein anfangs kleiner Fehler, der dir vielleicht nicht einmal bewusst war, kann dein ganzes Leben zerstören. Ich stelle mir oft die Frage, ob ich selber dran schuld bin oder es die Menschen waren, die mich damals umgaben. Ich hätte Erfolg haben können, einen gut bezahlten Job, die Gunst meiner Eltern, doch nun bin ich am Boden, ein Niemand. Wenn man nun einmal richtig in der Scheiße steckt, ist es gar unmöglich dort jemals wieder rauszukommen. Wenn nicht sogar unmöglich.
Es war unangenehm kühl, selbst für den November, und ich fröstelte beim Laufen. Meine Hände rieb ich aneinander und hoffte dadurch Wärme zu erzeugen. Es war draußen nun schon so kühl, dass der Atem dampfte. Früher hatten ich und meine Schulfreunde darüber immer gescherzt, dass wir rauchen würden. Wenn ich solche Witze mittlerweile reißen würde, würden mir meine Mitschüler kurz einen abwertenden Blick zuwerfen und dann ihre Aufmerksamkeit ihren Hausaufgaben, Instrumenten oder Büchern zurück widmen. Seit unserem Umzug vor 3 Jahren war es sowieso schwerer für mich gewesen mich einzuordnen. An der neuen Schule und in der neuen Heimat war alles so fremd und anders gewesen. In unserem alten Dorf gab es keine Forderschulen, es gab keine abgetrennten Reichenviertel, in die meine Eltern mit großem Enthusiasmus gezogen sind, und vor allem gab es dort keinen Verkehr auf meinem Schulweg. Meine neue Schule war eine Musikhochschule an der ich wenigstens 2 Musikinstrumente erlernen musste. Meine Wahl war damals auf Wunsch meiner Eltern auf das Piano und die Violine gefallen. Wöchentlich hatten wir Leistungskontrollen in denen wir Stücke auf ihnen vorspielen mussten und dafür benotet wurden. Der kleinste Fehler konnte eine Note ausmachen. Im Kopf ging ich die beiden Stücke der heutigen Stunde durch. Dadurch schien ich wohl mein Umfeld vollkommen vergessen zu haben und wurde durch ein Hupen aus meinen Gedanken gerissen. Ich zuckte merklich zusammen und sah mich erschrocken um. Ich stand vor einem Zebrastreifen und sehe einen verärgerten Autofahrer, welcher angehalten hatte, damit ich rüber konnte. Eilig überquerte ich peinlich berührt die Straße und sah meine Schule vor mir empor ragen. Man sah ihr schon von außen an, dass sie eine der teuersten des Landes war. Das Schulgebäude war umgeben einer umzäunten, riesigen Gras- und Parkfläche. Das Tor war wie jeden Morgen offen und ich trat hindurch. Daran, dass keine Schüler vorm Eingang standen und miteinander sprachen bemerkte ich, dass ich das Klingeln zum Reingehen wohl verpasst hatte. Das veranlagte mich dazu mit strammen Schritten hinein zu treten und den Weg zum Musiksaal zu wählen. Im Gang entdeckte ich meine beste Freundin. Von hinten schlich ich mich an sie an und versuchte sie mit einem „Buh“ und einer sprunghaften Bewegung zu erschrecken. Lucy quietschte vor Schreck auf und drehte sich fast zeitgleich um, wobei ihre langen blonden Haare mir fast ins Gesicht schlugen. „Maya! Du weißt, dass du dich nicht von hinten an mich anschleichen sollst. Außerdem bist du viel zu spät. Der Unterricht beginnt in 15 Minuten und du musst deine Instrumente vorbereiten. Geh schon“ Ich wäre fast zusammen gezuckt, ihre Antwort war kühl und auch ihr Blick war nicht gerade warm. Ich wusste ja, dass sie solch ‚kindische‘ Späße nicht sehr gerne hatte, aber solch ein Verhalten erwartete ich nicht. Ich ließ meine Schultern etwas hängen, nickte nur und machte mich wieder auf den Weg. Kurze Zeit später war sie mir hinterher und schritt neben mir daher. Im Musiksaal angekommen ließ ich meine Tasche neben unserem Tisch auf den Boden nieder und holte meine Violine aus dem Instrumentezimmer. Der Unterricht begann. Unsere ältere Musikprofessorin Madame Mathieu warf der Klasse einen kühlen Blick zu bevor sie anfing und zu begrüßen und uns das typische erzählte: Nicht mit den Instrumenten rumhampeln, im Musiksaal Disziplin, nichts essen oder trinken, blablabla. Obwohl wir dies jeden Tag hörten, meinte sie es immer zu wiederholen, was mir langsam echt nurnoch ein Augenrollen entlockte. Dann fing sie auch an mit der Kontrolle. Lucy meldete sich freiwillig und spielte vor. Mal wieder ohne Schwierigkeiten und fehlerlos. Manchmal war ich echt eifersüchtig auf Luce. Sie war die Tochter des Direktors, allerseits durch ihre höfliche und freundliche Art beliebt, ein wahres Musiktalent und echt wunderschön. Ich fand es zwar persönlich übertrieben, dass sie sich schminkte aber trotzdem war sie echt schön. Lucy verbeugte sich mit ihrer Violine und setzte sich wieder neben mich. Wir zu erwarten, hatte sie eine eins bekommen. Mit einem: „Maya, du bist die nächste“, rief mich Madame Mathieu mit ihrem französischen Akzent nach vorne. Ich verkrampfte meine Finger um den Hals der Violine und stand mit zittrigen Beinen von meinem Platz auf. Ich war noch nie eine Lieblingsschülerin von Madame gewesen und ich war mir sicher, dass sie mich garnicht abkonnte. Mit den Blicken der anderen auf mir, rutschte ich nervös hin und her. Ich fing an über die Seiten der Violine zu streichen, in meinem Kopf ging ich die Melodie noch einmal durch. Ein paar der Stellen klangen bei mir etwas schief, zu schnell oder abgehackt. Vor allem am Schluss versaute ich den letzten Takt vollkommen, indem ich abrutschte und die falsche Seite traf, was ein lautes Quietschen zu Folge hatte. Ihr war mir schon jetzt sicher es vollkommen versaut zu haben. Eigentlich war ich nicht schlecht auf der Violine, doch das Stück war sehr viel länger und komplexer gewesen als unsere vorigen und man merkte, dass ich die Instrumente noch nicht so lange spielte wie meine Klassenkameraden. Ein paar von ihnen kicherten über meine Fehler hinter meinem Rücken. Währenddessen ertönte Madame Mathieus schrille Stimme: „Katastrophe! Die letzte Takt ist die einfachste Takt. Du musst dich mehr anstrengen Kindchen. Dafür kann ich dir nur geben eine Vier, Maya.“ Ich biss meine Zähne zusammen und verdrückte mir ein Zischen. Ich setzte mich wieder neben Lucy, welche mir einen mitleidigen Blick zuwarf. Ich lächelte sie matt an und zuckte mit den Schultern. Als ich dann eine halbe Stunde später Piano vorspielte gelang es mir eine eins zu bekommen. Das Stück war deutlich leichter gewesen und ich war froh wenigstens eine sehr gute Note bekommen zu haben. Aus der eins und der Vier machte Madame Mathieu eine Drei als Stundennote und entließ uns. Der restliche Tag lief entspannt. Keine weiteren Noten, zum Glück. Als es zum Schulende läutete sprang ich schon fast auf und verließ schnell die Schule, hatte jedoch noch schnell Lucy auf Wiedersehen gewunken. Ich mochte es nicht länger als notwendig in der Schule zu bleiben. Die anderen wurden meist von einem Schaffer oder ihren Eltern abgeholt, ich nicht.
Tag der Veröffentlichung: 17.11.2015
Alle Rechte vorbehalten