Es war kurz nach Mitternacht. Am schwarzen Himmel erkannte man klar und deutlich die Sterne. Sie schienen so hell wie schon lange nicht mehr. Die Luft war angenehm warm, dafür das es langsam auf den Herbst zuging.
Die Tage wurden langsam kürzer, da es abends schon früher dunkel wurde und auch das Wetter wurde frischer und kälter.
Die Tür eines Balkons war geöffnet. In der Wohnung schien kein Licht. Anscheinend war der Mieter dieser Wohnung schon am Schlafen. Umso besser.
Die Person, welche sich nämlich auf dem Balkon befand, brauchte lediglich die schweren weißen Vorhänge zurück zu schieben und schon befand sie sich in einem großen Raum. Die Person sah nichts als Schwärze, also musste sie sich langsam vor tasten und warten bis sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben. Der Boden fühlte sich weich an, also musste hier ein Teppich liegen. So konnte der Fremde die Bewohner wenigstens nicht aufwecken.
Der Eindringling wurde auf eine Tür gegenüber der Balkontür aufmerksam. Unter dem Türspalt war ein schwacher Lichtschein zu erkennen. Er schlich sich zur Tür und griff nach dem Knauf.
Der 21-jährige Engländer Edward Keegan saß an seinem ordentlich aufgeräumten Schreibtisch. Vor ihm die alte Schreibmaschine, die ihm sein verstorbener Vater hinterlassen hatte und welche von Generation zu Generation in der Familie weiter gegeben wurde. Neben der Schreibmaschine befand sich eine dampfende Tasse Tee. Auf der anderen Seite gegenüber der Tasse lagen ein Stapel Papier und ein schwarzer Füller mit goldenen Verzierungen.
Während Edwards Hände schnell über die Tasten der Schreibmaschine flogen, spendete ihm ein alter antiquer Kerzenständer Licht.
Edward war ein bekannter Schriftsteller, der schon in jungen Jahren die Aufmerksamkeit der Verlage durch seine gut durchdachten und spannenden Geschichten erlangte. Durch seine erste Kurzgeschichte Der Schatten meiner selbst, welche er 1992 in der „Times“ veröffentlichte, debütierte er und begann mit seiner Karriere als Schriftsteller.
An diesem Abend saß Edward an seiner neusten Geschichte. Er fuhr sich seufzend mit der Hand durch die kurzen strubbeligen dunkelbraunen Haare und zerbrach sich den Kopf darüber wie er nun seine Geschichte beenden sollte.
Er spürte plötzlich einen kühlen Windzug, obwohl er die Fenster seiner kleinen Wohnung geschlossen hatte. Fröstelnd stand er auf und ging zur Tür seines Arbeitszimmers. Er griff nach dem Türknauf und öffnete langsam die Tür.
Ein kalter Windstoß kam ihm entgegen und erlöschte die kleinen Flammen des Kerzenständers.
„Hm? Die Balkontür war doch verschlossen, oder?“, murmelte er zu sich selbst und trat verwundert aus seinem Arbeitszimmer.
„Ja, das war sie... Aber jemanden wie mich hält so etwas nicht auf!“
Wie aus dem Nichts erklang plötzlich hinter Edward eine fremdartig klingende dunkle Stimme. Verängstigt drehte er sich schnell um die eigene Achse und entdeckte hinter der Tür an der Wand angelehnt einen dunklen Schatten. Da die Lichter erloschen waren, konnte er so gut wie nichts außer den schemenhaften Konturen erkennen.
„Ein Einbrecher!!!“, schrie Edward aufgebracht, flüchtete in sein Arbeitszimmer und wollte die Tür verschließen. Doch der Fremde stemmte sich mit aller Kraft gegen die Tür und schaffte es letztendlich sie aufzudrücken, so dass Edward sein Gleichgewicht verlor und ein Stück entfernt unsanft auf seinem Allerwertesten landete. In Panik griff er nach dem Erstbesten was ihm zwischen die Finger kam und warf es nach dem Eindringling.
Ausgerechnet seine geliebte Schreibmaschine musste dran glauben und durch das Gewicht hatte er noch nicht einmal genug Kraft aufgebracht um sie allzu weit werfen zu können, so dass sie mit einem lauten Krachen auf dem Boden vor dem Fremden landete.
„Ah! Jetzt sieh dir an was du angerichtet hast! Ich bin doch Schriftsteller!!!“, rief Edward entsetzt und seine Gesichtszüge entgleisten ihm.
Der Fremde trat einen Schritt auf ihn zu und schob die Schreibmaschine mit dem linken Fuß grob beiseite. „Was heißt hier ich, das warst du...“, grummelte er gereizt und sah Edward im Dunkeln an.
„Dummer, dummer Mensch. Ich bin doch kein Einbrecher! Man nennt mich Asgar den letzten Vampir auf Erden...“, erklärte der Eindringling leise lachend. Es klang so schaurig, dass Edward eine Gänsehaut am ganzen Körper bekam.
Noch bevor er seinen Satz beenden konnte, fiel ihm Edward auch schon ironisch lachend ins Wort. „Klar, und ich bin der Messias. Also hör mal, das glaub ich dir nicht.“
"Hör zu du nichtsnutziger Mensch, ich saug' dich jet..." Noch während der Fremde ihm anscheinend wieder etwas krankhaftes und unglaubwürdiges auftischen wollte, hatte Edward sich ein Tintenfass geschnappt, welches in einer geöffneten Schublade seines Schreibtisches stand und warf es Asgar an den Kopf. Er hatte Glück und traf. Wieder fiel ihm Edward ins Wort. „Ah! Mein letztes Tintenfass, meine Existenz ist ruiniert!“, schrie Edward entsetzt auf und drehte sich um.
Asgar sah ihn irritiert an. „Sag mal, was machst du da?!“, fragte er entgeistert und sah wie Edward in der Schublade herum wühlte. Dieser sah kurz zu Asgar und meinte: "Ich suche etwas, dass ich dir an den Kopf schmeißen kann."
Asgar sah kurz wütend drein.
"Ich schneid' dir gleich den Kopf ab, stopf' ihn mit Knoblauch voll und werfe dich in einen Fluss!“ Asgar schrie nun fast und kam bedrohlich langsam auf Edward zu. „Wenn du wirklich ein Vampir sein solltest, dann müsste ich dich jetzt töten.“, meinte Edward seelenruhig. Innerlich war er am zittern vor Angst.
Asgar grinste hämisch und sagte: „Du kannst mich nicht töten.“
Edward sah ihn an und meinte mit zitternder Stimme: „Okay, saug' mich aus damit wir's hinter uns haben.“ „Woher der plötzliche Sinneswandel?" "Das Gequatsche nervt."
Asgar war nur noch ein paar wenige Schritte von ihm entfernt und überwand nun auch noch das letzte Stück. Doch plötzlich holte Edward eine Pistole hervor, die er hinter seinem Rücken versteckt hatte. Die Waffe gehörte einst seinem Vater. Edward hatte noch nie in seinem Leben eine Waffe benutzt und zielte nun die Waffe in beiden Händen und den Zeigefinger auf dem Abzug auf Asgar. In der geladenen Waffe befand sich nur eine einzige Patrone. Unsicher zielte er auf den Vampir, den er gar nicht für einen hielt und drückte mit zusammen gekniffenen Augen ab.
Es gab einen lauten Knall. Edward öffnete zaghaft die Augen und blickte zu Asgar hinüber. Blut quoll aus seiner Brust, lief seinen Körper hinunter und verbreitete sich auf seiner Kleidung, doch nichts passierte. Asgar sah ihn nur an und Edward gefror das Blut in den Adern. Dieser Eindringling war also doch ein Vampir. Es gab sie also doch!
Entsetzt bemerkte Edward das dies seine einzige Patrone war und wollte flüchten, doch blitzschnell packte Asgar ihn, warf ihn zurück auf den Boden und hielt ihn an den Händen fest. Es schmerzte und Edward versuchte mühevoll sich zu befreien. Es gelang ihm nicht.
Asgar senkte den Kopf und entblößte dabei seine messerscharfen Zähne. Edward spürte Asgars Atem auf seinem Hals und ihn überkam eine Gänsehaut. Der Vampir leckte mit der Zunge über Edwards Hals. Dann biss er zu.
Edward entkam ein Keuchen und ihm wurde kurz übel, als er merkte wie Asgar begann ihn aus zu saugen. Es war ein ekelhaftes Gefühl und ihm wurde schwindelig. Mit schreck geweiteten Augen lag Edward auf dem Boden. Unfähig etwas zu tun.
Nachdem Asgar fertig war leckte er sich mit der Zunge über den blutverschmierten Mund und betrachtete den toten Menschen vor sich.
Schon lange hatte er nicht mehr so gutes Blut getrunken.
Er stand auf und ging aus dem Zimmer zum Balkon.
„Der wacht so schnell nicht wieder auf...“
Tag der Veröffentlichung: 09.02.2012
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