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Willkommen am Meer!


„Yuuri!!!"

Wolframs Schrei schallte durch sämtliche Gänge des Schlosses, als er den jungen Dämonenkönig verfolgte. Yuuri hatte diesmal aber auch wirklich Mist gebaut! So anzüglich mit den Dienstmädchen zu flirten. Und dann auch noch vor Wolframs Augen. Yuuri blickte sich immer wieder nach hinten um und stellte mit Entsetzen fest, dass sein Vorsprung zu Wolfram sehr schnell immer kleiner wurde. „Konrad!", rief Yuuri nach Hilfe und fügte ein jammerndes „Hilfe!" hinzu. Leider war Konrad nirgends zu sehen. Wo waren eigentlich alle, wenn man mal Hilfe brauchte? Doch Rettung kam in Sicht. Yuuri legte noch einen Zahn zu und sprintete auf den Brunnen zu, der sich im Garten des Schlosses befand. „Wag es ja nicht, Yuuri!", schrie Wolfram hinter dem Dämonenkönig, doch da war Yuuri schon auf den kleinen Rand des Brunnens gestiegen. Als er noch einen Blick über die Schulter zurück zu Wolfram warf, musste er mit Schrecken feststellen, dass der Blonde schneller war, als gedacht. Yuuri setzte zum Sprung an, doch noch mitten im Flug gelang es Wolfram, Yuuri an seiner Jacke zu fassen und landete mit ihm im Wasser. Yuuri schnappte nach Luft und wollte nach dem Badewannenrand greifen … doch da war keiner. Mit einem dumpfen Aufprall landete der junge Dämonenkönig auf einem ziemlich sandigen Untergrund. Erschrocken öffnete Yuuri die Augen, sprang auf und sah sich entsetzt um. „Sand.". Das war alles, was Yuuri hervorbrachte. „Yuuri!", schimpfte Wolfram hinter ihm und rieb sich das Wasser aus den Augen. „Sand!", jammerte Yuuri weiter und nun blickte sich auch der blonde Junge um. „Ok, das ist definitiv nicht deine Welt, oder?". „Nein!", rief Yuuri in einer ziemlich dramatischen Tonlage. Die beiden Jungen befanden sich an einem Strand. Einem ziemlich großen Strand. Mit viel Sand. Und viel Wasser. Yuuri und Wolfram blickten auf das Meer hinaus. Es herrschte Totenstille - bis auf das Rauschen der Wellen. Wären Yuuri und Wolfram in einem Wildwestfilm gelandet, wäre das jetzt die Stelle gewesen, an der der Heuballen durchs Bild gerollt käme. „Das ist alles nur deine Schuld!". Yuuri klang nun sehr wütend. „Meine Schuld?", erwiderte Wolfram unschuldig. „Ja, deine!". Nun wurde auch Wolfram wütend und stampfte auf Yuuri zu. „Hättest du nicht mit den Dienstmädchen geflirtet, dann-". Wolfram stoppte abrupt mitten im Satz. „Yuuri, guck mal.", wechselte der Blonde das Thema und zeigte auf etwas hinter Yuuri. Der junge Dämonenkönig drehte sich um und erblickte das Blood Pledge Castle. Yuuri kam bei dem Anblick ins Grübeln. „Wann wurde der Wald durch einen Strand ersetzt?". „Anissina?", überlegte Wolfram, doch Yuuri schüttelte mit dem Kopf. Nein, unmöglich. So etwas konnte selbst Anissina nicht schaffen. Oder doch…? Yuuri hatte irgendwie keine Lust, sich weiter darüber den Kopf zu zerbrechen. Er war pitschnass, ihm war kalt und er hatte Hunger… Außerdem hatte der Weg, der ihn eigentlich nach Hause bringen sollte, ihn und Wolfram ans Meer geschickt. Warum auch immer. Irgendetwas lief hier ziemlich verkehrt und Yuuri und Wolfram machten sich auf den Weg zurück zum Schloss, um herauszufinden, was nicht stimmte.

Wie, seine Verlobte?

Yuuri kam es wie Stunden vor, die er und Wolfram schon unterwegs waren und das Schloss schien kein Stück näher zu kommen. „Hey, Wolf, wann sind wir da?" Wolfram verdrehte die Augen und rief Yuuri ein „Waschlappen!" entgegen. Der junge Dämonenkönig hatte diese Frage bestimmt schon zum zwanzigsten Mal gestellt und Wolfram hatte einfach keine Lust mehr, zum zwanzigsten Mal dieselbe Antwort zu geben. Yuuri bemühte sich zwar mit Wolfram Schritt zu halten, doch er brauchte einfach eine kurze Pause. Erschöpft ließ sich Yuuri auf die Knie sinken und Wolfram blieb nichts anderes übrig, als ebenfalls anzuhalten. Immerhin konnte er seinen Verlobten ja schlecht hier alleine zurücklassen. Die Sonne schien grell und heiß vom Himmel und Yuuri wünschte sich nichts mehr, als den Wald zurück, der hier eigentlich sein sollte… Glücklicherweise nahte Rettung. Jemand kam auf einem Pferd angeritten. Yuuri und Wolfram konnten von weitem nicht erkennen, wer es war, doch als der Reiter Yuuri mit einem „Eure Majestät!" begrüßte, war Yuuri überglücklich, endlich ein bekanntes Gesicht in diesem ganzen Durcheinander zu sehen. „Gunther!", grüßte Yuuri grinsend zurück. Gunther schwang sich von seinem Pferd und starrte Yuuri ungläubig an. „Was macht Ihr hier draußen, Eure Majestät? Und dann auch noch mit ihm?". „Mit ihm?", fragte Yuuri zurück und blickte verwirrt zwischen Gunther und Wolfram hin und her und Gunther nickte eifrig: „Ja, mit ihm! Aber ist ja auch erst mal egal. Wir müssen hier weg, bevor ES kommt.". „Es?", fragten Yuuri und Wolfram gleichzeitig und Gunther nickte hastig, sprang wieder auf sein Pferd und reichte Yuuri eine Hand, um ihm auf den Sattel zu helfen. Zum Glück war das Pferd kräftig genug, um alle drei tragen zu können - und schnell war es auch. Den ganzen Rückweg über musste sich Wolfram fest an Yuuri klammern, damit er nicht hinten runter fiel. Yuuri konnte an seiner Situation zwar nicht viel ändern, da er sich selbst gut festhalten musste, aber ein bisschen komisch war ihm schon dabei, wie sich Wolfram so von hinten an ihn schmiegte. Beim Schloss angekommen fielen Yuuri zu allererst die vielen Wachen auf, die im Schloss und auf den Schlossmauern patrouillierten, und die vielen Blumen, mit denen das ganze Schloss geschmückt war. Yuuri und Wolfram warfen sich irritierte Blicke zu, doch Zeit zum Fragen stellen hatten sie nicht, denn Konrad kam aus dem Schloss gestürmt und direkt auf Gunther zu. „Wo warst du so lange?". „Ich habe seine Majestät gefunden.", erklärte Gunther stolz. Konrad sah zu Yuuri und runzelte die Stirn: „Aber Yuuri ist doch im Schlossgarten.". „Aber ich bin doch hier.", warf Yuuri ein. „Was ist hier los, Bruder?", fragte Wolfram Konrad. „Das könnte ich dich fragen.", erwiderte dieser, „Und wo hast du Lady Nicoletta gelassen?". Der blonde Junge blinzelte verwirrt: „Lady… wer?". Statt zu antworten wandte sich Konrad den nächst besten Wachen zu und winkte sie zu sich. „Mitkommen.", forderte er Yuuri und Wolfram auf, und so wurden die beiden Jungen in Begleitung einiger Wachen mit Konrad und Gunther in den Schlossgarten gebracht. Bis auf den vielen bunten Blumen- und Glitzerschmuck sah der Schlossgarten auf den ersten Blick wie immer aus. „Yuuri!", rief Konrad in den Garten und wenig später kam der Junge mit den kurzen schwarzen Haare und den schwarzen Augen auch tatsächlich von der Terrasse gestiegen - und blieb wie versteinert stehen, als er Yuuri und Wolfram erblickte. „Was geht hier vor?". Konrad sah zu Gunther...Gunther zu Yuuri...Yuuri zu Wolfram...und Wolfram wieder zu Konrad. „Wir wissen es nicht.", erklärte Konrad schulterzuckend, „Gunther hat die beiden außerhalb des Schlosses gefunden.". Yuuri kam nun weiter auf die beiden Besucher zu und musterte sein Ebenbild und Wolfram ganz genau. Yuuri und Wolfram fühlten sich ziemlich unwohl unter den Blicken des streng aussehenden Yuuri. „Wieso gibt’s mich zweimal?", fragte Yuuri flüsternd Wolfram. „Das fragst du mich?", kam die Gegenfrage. „Bruder!", rief eine bekannte Stimme dazwischen, „Was geht hier vor sich?". Als Yuuri und Wolfram sich umdrehten, entdeckten sie auch noch einen zweiten Wolfram. Allerdings war dieser nicht alleine, sondern in Begleitung eines hübschen Mädchens mit langen blonden gewellten Haaren und blauen Augen. Das Mädchen, das sich an Wolframs Arm klammerte, trug ein langes elegantes blaues Kleid und hatte eine farblich passende blaue Schleife im Haar. Sie sah recht freundlich aus, auch wenn sie angesichts der seltsamen Situation genauso verwirrt aussah, wie alle anderen Anwesenden. „Wer ist das?", wollte Yuuri von Konrad wissen und nickte in Richtung des Mädchens. „Das ist Lady Nicoletta von Silberbach.", erklärte Konrad, „Sie ist Wolframs Verlobte.". Yuuri und Wolfram starrten das Mädchen mit weit aufgerissenen Augen an: „V-VERLOBTE?!".

Gwendal, der Verrückte & Günther, der Schöne

Unruhig liefen Yuuri und Wolfram in dem kleinen Zimmer auf und ab. Obwohl die beiden Jungen Konrad, Gunther und ihren beiden Ebenbildern detailliert beschrieben hatten, wie sie in dieser Welt gelandet waren, glaubte man ihnen nur bedingt. Konrad hatte ihnen erklärt, dass man sich erst einmal beraten musste und solange würden Yuuri und Wolfram in einem der Gästezimmer eingesperrt bleiben. „Ich fass es nicht!". Wolframs Schreie waren bestimmt im ganzen Schloss zu hören, da war sich Yuuri sicher. Der blonde Junge konnte sich kaum noch beruhigen. „Eine Verlobte! Sie! Unvorstellbar!". „Wäre das denn so schlimm?", warf Yuuri ein. „Ja!", rief Wolfram wütend zurück, „Du bist mein Verlobter, Yuuri!". Seufzend ließ sich Yuuri auf einen der Stühle sinken, die an einem kleinen Tisch in dem Raum standen. Wolfram lief noch einige Male schimpfend im Raum auf und ab, doch als er bemerkte, dass Yuuri ihm überhaupt nicht mehr zuhörte, lief er zu dem jungen Dämonenkönig hinüber und schlug mit der Faust auf den Tisch. „Was?", wollte Yuuri wissen. „Ich habe eine Verlobte!". „Und? Sie ist doch hübsch.". Yuuri konnte nicht verstehen, warum Wolfram dermaßen ausrastete. „Sieh mal…", meinte er gelassen, „Du heiratest ein hübsches Mädchen, ich dann vielleicht auch…also was ist so schlimm daran?". Wolfram starrte Yuuri einen Moment lang sprachlos an und wandte sich dann von ihm ab. „Wolf?", fragte Yuuri verwirrt, doch in diesem Moment ging die Tür auf und Konrad trat ein - und er war nicht alleine. „Murata!", rief Yuuri erfreut, seinen Klassenkameraden wiederzusehen. Murata musterte Yuuri und Wolfram kurz und murmelte Konrad etwas zu, das Yuuri und Wolfram nicht verstehen konnten. Konrad nickte und Murata wandte sich wieder den beiden Gästen zu: „Wir haben eine gute und eine schlechte Nachricht für euch.". „Zuerst die Gute.", bat Yuuri und Murata nickte: „Gut. Aufgrund der Tatsache, dass eine Person in einer Welt nur einmal existieren kann, und der Theorie, dass es außer unserer noch viele weitere Parallelwelten gibt, heißt die Schlussfolgerung, dass ihr zufällig aus eurer Welt in unsere Parallelwelt geraten seid. Das ist durchaus ziemlich logisch, da ihr von der Dämonenwelt zurück in die Menschenwelt wolltet und exakt zu diesem Zeitpunkt eine Überkreuzung zweier Wege zwischen zwei parallelen Dämonenwelten und zwei parallelen Menschenwelten stattgefunden haben kann, und somit-". „Moment!", rief Yuuri dazwischen, „Was…?". Murata seufzte: „Ok, die Kurzversion? Ihr seid durch eine Zufallserscheinung hier gelandet und wir haben keine Ahnung, wie wir euch in eure Welt zurückbekommen.". „Bis wir eine Lösung gefunden haben, seid ihr natürlich unsere Gäste.", ergänzte Konrad. Yuuri starrte Wolfram an und Wolfram Yuuri. Die beiden waren also in dieser Welt gefangen, ohne die Hoffnung, in nächster Zeit wieder in ihre Welt zurückkehren zu können. „Zumindest kann es nicht mehr schlimmer kommen.", meinte Yuuri seufzend, doch kaum hatte der schwarzhaarige Junge seinen Gedanken ausgesprochen, erbebte das ganze Schloss und eine gewaltige Explosion war zu hören. Konrad eilte sofort aus dem Raum und Yuuri und Wolfram folgten ihm. Eine dunkle Rauchwolke zog sie über drei Zimmer und zwei Etagen des Schlosses und eine Zimmerwand war komplett eingestürzt. Es waren zwar Stimmen zu hören, doch erkennen konnte man kaum etwas. Schließlich trat Anissina aus der Rauchwolke hervor. Schwarzer Ruß bedeckte ihre weit ausgeschnittene Bluse und ihre eng anliegende Hose, und ihre kurzen rothaarigen Haare waren völlig verwuschelt. Zugegeben, die neue Frisur stand der jungen Frau ziemlich gut, doch Yuuri fand es beunruhigend, dass Anissina an ihrem Gürtel ein Schwert trug. Nach Anissina kam Gwendal aus dem Zimmer gehumpelt und hielt eine Art abgebrochene elektronische Wünschelrute in der Hand. „Das war das letzte Mal, dass ich mir das angetan hab, mein Lieber!", schimpfte Anissina und gab den Wachen ein Zeichen, die Gwendal daraufhin sofort an den Armen packten und abführten. „Aber Liebling!", rief Gwendal und machte ein zutiefst trauriges Gesicht. „Liebling?", wiederholten Yuuri und Wolfram überrascht. „Die beiden sind in eurer Welt wohl nicht verheiratet, oder?", wollte Konrad wissen und Wolfram schüttelte mit dem Kopf. „Was ist mit Gwendal los?". „Unser liebenswerter Gwendal hätte uns fast ein weiteres Mal mit seinen tollen Ideen alle umgebracht!", warf Anissina ein und stampfte wütend davon. „Sie kriegt sich schon wieder ein.", erklärte Konrad, „Aber Gwendal ist ein Problem. Wir haben ihn schon fünfmal in seinem Zimmer eingesperrt, alle Türen und Fenster verbarrikadiert, und er konnte trotzdem immer wieder ausbrechen. Der Arme will einfach nicht wahrhaben, dass er ein furchtbarer Erfinder ist.". Yuuri begann daraufhin laut zu lachen. „Eure Welt ist echt klasse!". Nach dem Abendessen wurden Yuuri und Wolfram von einigen Dienstmädchen zu ihren Zimmern geführt. Wolfram passte auch gut auf, dass Yuuri erst gar keine Flirtversuche startete - doch das war gar nicht nötig, denn dafür gab es im Schloss viel zu viel zu sehen. Zum Beispiel einen Saal, der komplett mit Porträts und Statuen von Gunther ausgestellt war. „Der werte Herr Gunther wurde schon dreimal in Folge zum attraktivsten und männlichsten Mann des Königreiches gewählt.", erklärten die Dienstmädchen, worauf Yuuri und Wolfram in lautes Gelächter ausbrachen. Außerdem besaß der gute Gunther drei zusätzliche private Räume, in denen sich unter anderem ein begehbarer Kleiderschrank, ein Schminkzimmer und das Büro seines Hairstylisten befanden. Ein kurzer Blick in eines der Zimmer zeigte Gunther, in einer langen weißen Robe, und um ihn herum vier Dienstmädchen, die damit beschäftigt waren, Gunther zu pudern, seine Haare einzudrehen, seinen Plan für den folgenden Tag vorzulesen und ihm das dazu passende Outfit zusammenzustellen. „Noch als kleiner Hinweis.", meinte eines der Dienstmädchen, die Wolfram und Yuuri durchs Schloss führten, „Herrn Gunther niemals stören, wenn er gerade geschminkt wird, oder seine Haare gemacht werden. Einer der Boten hat das einmal gemacht. Herr Gunther war daraufhin wild aufgesprungen, die Dienstmädchen hatten sich erschreckt, ihm daraufhin eine Haarsträhne zuviel abgeschnitten, Herr Gunther hatte angefangen zu heulen, hat das Dienstmädchen gefeuert und den Boten köpfen lassen. Kein schöner Anblick.". Yuuri schluckte schwer. Diesen Rat würden er und Wolfram auf jeden Fall beherzigen. Die Zimmer von Yuuri und Wolfram befanden sich auf dem obersten Flur. Obwohl die beiden jeder ihr eigenes Zimmer bekamen, dauerte es keine fünf Minuten, bis sich Yuuris Zimmertür öffnete und Wolfram zu ihm ins Bett gekuschelt kam. Warum Yuuri die Tür nicht abgeschlossen hatten, wusste er selbst nicht. Vielleicht einfach nur eine alte Angewohnheit. Wolfram war schnell eingeschlafen und Yuuri beobachtete den blonden Jungen noch eine Weile. Irgendwie fand es Yuuri schade, dass es hier kein schönes rosa Nachthemd für Wolfram gab. Mit diesem Gedanken im Kopf und einem Lächeln auf den Lippen folgte der junge Dämonenkönig Wolfram ins Reich der Träume.

Eiskalte Blicke

Die warmen Strahlen der Sonne schienen Yuuri direkt ins Gesicht. Eine schöne Art, geweckt zu werden. Während Yuuri langsam wach wurde, nahm er Wolframs vertraute Präsenz neben sich wahr. Der junge Dämonenkönig streckte sich ausgiebig und schlüpfte dann vorsichtig aus dem Bett, um den blonden Mazoku nicht zu wecken. Für Yuuri war es ein ganz normaler Morgen. Erst als er aus seinem Zimmer trat, und das geschmückte Schloss erblickte, fiel ihm wieder ein, dass er und Wolfram sich überhaupt nicht mehr in ihrer Welt befanden. Doch Yuuri würde die Hoffnung so schnell nicht aufgeben. Wenn jemand einen Weg finden würde, ihn und Wolfram zurück in ihre Welt zu schicken, dann war es Murata. Der schwarzhaarige Junge wusste zwar nicht warum, aber er war an diesem Morgen ziemlich gut gelaunt. Als er sich wieder zu seinem Bett umdrehte und den immer noch schlafenden Wolfram erblickte, kam ihm eine fiese Idee. Der junge Dämonenkönig verschwand aus seinem Zimmer und kehrte wenig später mit einer ziemlich großen Schüssel und ziemlich kaltem Wasser darin, zurück. Ein fieses Grinsen breitete sich auf seinen Lippen aus, als er seinem Verlobten das eiskalte Wasser über den Kopf schüttete. Wolfram war mit einem Schlag hellwach und sein Schrei schallte durch das ganze Schloss. Yuuri warf die Schüssel an die Seite und rannte um sein Leben. Mit ihrer wilden Verfolgungsjagd durch das ganze Schloss ernteten die beiden Jungen ziemlich viele verwirrte Blicke. Yuuri rannte sogar beinahe sein Ebenbild dieser Welt über den Haufen. Der strenge Yuuri warf dem Yuuri im Pyjama einen gleichgültigen Blick zu und verzog keine Miene. Wolfram hatte seinen Yuuri inzwischen eingeholt und rannte ihn mit voller Geschwindigkeit über den Haufen. Lachend lagen die beiden Jungen am Boden. „Was ist denn hier los?". Der Ruf dieser strengen Stimme brachte Yuuri und Wolfram augenblicklich zum verstummen. Der Wolfram dieser Welt stand mit seiner Verlobten Hand in Hand hinter den beiden Jungen, doch er beachtete die beiden kaum, sondern wandte sich dem Yuuri dieser Welt zu: „Wie willst du in deinem Königreich für Ordnung sorgen, wenn du es noch nicht mal in deinem Schloss schaffst?". Der Blick von Wolfram war eiskalt und Yuuri blickte ebenso kalt zurück. „Du glaubst, du könntest es besser? Dann gründe nach eurer Hochzeit doch dein eigenes Königreich!". Bei dem Wort „Hochzeit" horchten Yuuri und Wolfram, die immer noch am Boden hockten, auf. Wenn Blicke töten könnten, wären Yuuri und Wolfram - der Parallelwelt - tot umgefallen. Glücklicherweise kam Konrad in diesem Moment den Flur entlang. Er brauchte nicht einmal etwas zu sagen. Ein Blick genügte und Yuuri, Wolfram und seine Verlobte setzten ohne ein weiteres Wort ihre Wege fort. Yuuri und Wolfram fanden die Situation zwar merkwürdig, doch in dieser Welt schien ja generell alles etwas anders zu laufen. Beim Frühstück lief zunächst alles ganz normal. Die Schlossbewohner dieser Welt waren über ihre beiden seltsamen Besucher aufgeklärt wurden und behandelten sie recht freundlich. Yuuri amüsierte sich sogar köstlich über Gwendals Scherze - Anissina hatte doch wieder Mitleid gehabt und den armen Kerl aus seinem Zimmer befreit. Die gute Stimmung hielt so lange an, bis Yuuri, Wolfram und seine Verlobte Nicoletta das Zimmer betraten. Dann war die Situation mit einem Mal viel angespannter. „Scheint fast so, als mögen sich unsere zweiten Ichs nicht.", flüsterte Yuuri Wolfram zu. „An wem das wohl liegt.", flüsterte Wolfram zurück und blickte Yuuri vorwurfsvoll an. „Ihr beide seid wirklich zu komisch.". Yuuri und Wolfram horchten auf, als sie die zarte Stimme von Wolframs Verlobter vernahmen. Das Mädchen warf den beiden Jungen einen freundlichen Blick zu und Yuuri lächelte freundlich zurück. „Also… ihr heiratet?", wollte Wolfram plötzlich wissen. „In einem Monat.", antwortete sein Ebenbild von der anderen Seite des Tisches und Nicoletta nickte freudig. „Und was ist mit Yuuri?", fragte Wolfram weiter und mit einem Mal wurde des totenstill am Tisch. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können - wenn eine da gewesen wäre. Erst das Geräusch, als sich der Yuuri dieser Welt erhob, unterbrach die drückende Stille. Ohne ein Wort zu sagen, wandte er sich zur Tür um. „Typisch.", meinte der ernste Wolfram, „Du haust wieder ab. Wie immer…läufst du davon.". Yuuri, der schon fast den Raum verlassen hatte, drehte sich um, war mit einigen schnellen Schritten bei Wolfram, packte diesen am Kragen und zog ihn von seinem Stuhl hoch. „Yuuri!", rief Nicoletta bittend, doch Yuuri ignorierte sie. Auch Konrad war aufgesprungen und bereit, jeder Zeit einzugreifen. „Ich laufe nicht davon!", stellte der Dämonenkönig klar. „Wie du meinst.". Von einer Sekunde auf die andere war die Kälte aus den Blicken von Yuuri und Wolfram gewichen und stattdessen zeigten sie nun etwas anderes: Traurigkeit…und Hass. Yuuri ließ Wolframs Kragen los und verschwand aus dem Raum. Die Tür knallte hinter ihm ins Schloss. Nach wenigen Augenblicken verließ auch Wolfram, gefolgt von seiner Verlobten, den Raum. Yuuri und Wolfram, die noch am Tisch saßen, hatten das Geschehen geschockt verfolgt und waren sprachlos. Die Kälte, mit der sich ihre Ebenbilder dieser Welt gegenübertraten, tat beiden weh. Unter dem Tisch griff Wolfram nach Yuuris Hand und drückte sie fest. Yuuri erwiderte den Druck von Wolframs Hand. Keiner der Anwesenden sprach ein Wort.

Gebrochene Herzen

Die Hochzeit von Wolfram und Nicoletta sollte ganz groß aufgezogen werden, und demzufolge mussten etliche Vorbereitungen getroffen werden. Dutzende von Dienstmädchen wuselten durch den großen Garten, probierten die verschiedensten Dekorationsmöglichkeiten aus und machten sich Notizen. Damit Yuuri und Wolfram keine Gelegenheit hatten, irgendwelchen Unsinn anzustellen - die Schlossbewohner warfen ihnen ohnehin schon seltsame Blicke zu -, waren die beiden von Konrad dazu verdonnert wurden, bei der Dekoration des Gartens zu helfen. Und das war bei so einem großen Garten gar nicht so einfach. Während Yuuri seine Aufgabe ziemlich viel Spaß machte, ließ es Wolfram einfach keine Ruhe, dass er in dieser Welt nicht mehr mit Yuuri verlobt war. Der blonde Mazoku konnte nur mit dem Kopf schütteln. Er verstand nicht, wie Yuuri seelenruhig dasitzen und mit Nicoletta plaudern konnte, während hier alles den Bach runter ging. Wolfram konnte einfach nicht länger nur zusehen und so beschloss er, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Keine Sekunde ließ er den Yuuri diese Welt aus den Augen. Wolfram hätte zwar auch sein eigenes Ebenbild und dessen Verlobte ausspionieren können, doch er war sich sicher, dass das, was immer auch passiert war, sicher Yuuris Schuld gewesen sei. Der Yuuri dieser Welt blieb nicht lange im Garten bei den anderen. Er schien nicht sehr daran interessiert zu sein, sich an der Dekoration zu beteiligen, schnappte sich sein Schwert und entfernte sich ein Stück von den anderen. Wolfram kannte den Platz, auf den Yuuri zusteuerte. Sein Yuuri hatte dort oft mit Konrad trainiert. Allerdings wartete hier nicht Konrad auf Yuuri. „Da bist du ja.". Anissina hatte anscheinend schon auf den Dämonenkönig gewartet. Keiner von beiden hatte Wolfram bis jetzt bemerkt und der blonde Mazoku hielt sich auch soweit im Hintergrund, dass er außer Sichtweite war. Wolfram beobachtete Yuuri und Anissina eine ganze Weile bei ihrem Training und war sehr überrascht, wie talentiert Anissina im Kampf mit dem Schwert war. Der blonde Junge musste sich sehr zusammenreißen, nicht loszulachen, als er sich vorstellte, wie es aussah, der Anissina aus seiner Welt ebenfalls ein Schwert in die Hand zu drücken. „Yuuri!!!". Wolfram horchte auf. Er kannte diese Stimme. Leider. Yuuri hatte sein Training mit Anissina unterbrochen und drehte sich zum Schloss um. Wolfram folgte seinem Blick. „Sara.", knurrte er böse. Saralegui, der Junge mit den langen blonden Haaren und den goldenen Augen, stand mit Berias an der großen Terrassentür des Schlosses und winkte Yuuri fröhlich zu. „Sara!", rief Yuuri und lächelte zurück. Sara strahlte überglücklich, rannte auf Yuuri zu und fiel ihm um den Hals. „Du bist viel zu früh.", hörte Wolfram Yuuri sagen. Sara, der seine Arme immer noch um Yuuris Hals geschlungen hatte, machte ein beleidigtes Gesicht. „Ich dachte, du freust dich.". Yuuri grinste und begann zu lachen: „Ich geb mir Mühe.". „Baka!", schimpfte Sara und küsste Yuuri. Wolfram hätte am liebsten laut geschrieen. Er ballte seine Hände so fest zusammen, dass seine Knöchel weiß wurden. „Wie kann er es wagen!". Der blonde Mazoku musste sich sehr zusammenreißen. Er hatte Sara noch nie leiden können. Er hatte immer gewusst, dass so etwas passieren würde…Doch das war noch nicht das Schlimmste, denn Yuuri küsste Sara zurück und drückte ihn fest an sich. Der Anblick war einfach zu viel für Wolfram und er ergriff die Flucht. Ohne sich nach links oder rechts umzusehen, rannte Wolfram zurück ins Schloss. Er bekam nicht einmal mit, wie sein Yuuri ihm verwirrt hinterher blickte. In seinem Zimmer angekommen, schloss Wolfram die Tür und lehnte sich schwer atmend dagegen. Erst jetzt bemerkte er, wie ihm Tränen in Strömen über die Wangen liefen. Es dauerte nur einige wenige Minuten und Wolfram hörte, wie Yuuri von außen gegen seine Tür hämmerte und seinen Namen rief. Doch Wolfram öffnete die Tür nicht. Er konnte Yuuri jetzt nicht in die Augen sehen. Der schwarzhaarige Junge hatte so glücklich ausgesehen, als Sara ihn geküsst hatte. Wolfram warf sich auf sein Bett und schluchzte in sein Kissen. Vielleicht sollte es so sein. Vielleicht war die Verlobung von ihm und Yuuri einfach zum Scheitern verurteilt. Yuuri machte sich große Sorgen um Wolfram. Der blonde Mazoku war nicht zum Essen erschienen und im Schloss hatte ihn niemand gesehen. Yuuri war sich ziemlich sicher, dass Wolfram noch immer in seinem Zimmer war, also machte er sich noch einmal auf den Weg dorthin. Auf halbem Weg kamen Yuuri Wolfram und Nicoletta Hand in Hand entgegen. Der blonde Mazoku grinste und Nicoletta lachte über irgendetwas, das Wolfram gesagt hatte. Keiner der beiden hatte Yuuri bis jetzt bemerkt. Nicoletta zog Wolfram am Arm mit sich in Richtung Garten. Wolfram lachte und flüsterte Nicoletta etwas ins Ohr. Daraufhin murmelte das Mädchen leise etwas zurück, was Yuuri nicht verstehen konnte, blieb stehen und küsste Wolfram. Wolfram lachte und flüsterte Nicoletta erneut etwas ins Ohr, bevor die beiden ihren Weg in den Garten fortsetzten. Yuuri hatte die ganze Zeit unbemerkt zugesehen und keinen Ton von sich gegeben. Der junge Dämonenkönig machte ein trauriges Gesicht. Wolfram hatte so glücklich ausgesehen. Yuuri konnte sich nicht erklären, warum ihn der Anblick von Wolfram und Nicoletta so traurig gemacht hatte. Immerhin war er es doch gewesen, der vor kurzem noch gemeint hatte, es wäre nicht schlecht, ein hübsches Mädchen zu heiraten. Betrübt kehrte der schwarzhaarige Junge in sein Zimmer zurück. Irgendwie war er jetzt nicht mehr in der Stimmung dafür, Wolfram zu suchen...

Schmerz der Vergangenheit

Die ganze Nacht über hatten Yuuri und Wolfram in ihren eigenen Zimmern gelegen und kein Auge zugemacht - ohne zu wissen, dass es dem jeweils anderen genauso erging. Müde schwang sich Wolfram am nächsten Morgen aus seinem Bett und blickte in den kleinen Spiegel, der in seinem Zimmer hing. Er sah wirklich furchtbar aus. Mit dem besten Lächeln, das er zustande bringen konnte, machte sich der blonde Mazoku auf den Weg zum Frühstück. Auf dem Weg in den Speiseraum traf Wolfram auf seinen Yuuri, der ebenfalls etwas geknickt aussah. „Guten Morgen.". Yuuri blieb stehen und sah sich um. Er war so in Gedanken gewesen, dass er Wolfram gar nicht bemerkt hatte, doch nun breitete sich ein schwaches Lächeln auf den Lippen des schwarzhaarigen Jungen aus. „Wolfram.". Wolfram war wie versteinert, als Yuuri auf ihn zu kam und ihn umarmte. Das Herz des blonden Mazoku raste wie wild und er hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Yuuri hatte ihm gegenüber noch nie wirklich Anzeichen von Zuneigung gezeigt. „Wo warst du heute Nacht? Ich hab dich vermisst.". Wolfram schluckte schwer. „Musste nachdenken." war das Einzige, was Wolfram als Antwort hervorbrachte. Yuuri ließ Wolfram wieder los und sah ihn grinsend an. „Ich hab einen Megahunger, und du?". Wolfram grinste. Das war wieder mal typisch Yuuri. „Na los, lass uns was essen.", erwiderte Wolfram, schnappte Yuuri an der Hand und machte sich mit ihm zusammen auf den Weg zum Speiseraum. Wolfram war überglücklich. Auch wenn der Weg bis zum Speiseraum nicht weit war, war es trotzdem ein riesiger Fortschritt, denn Yuuri hatte sich nicht dagegen gewehrt, dass Wolfram seine Hand hielt. Die beiden Verlobten öffneten jeder je eine der beiden großen Flügeltüren zum Speiseraum - Wolfram hielt Yuuris Hand weiterhin fest - und traten ein. Es war noch sehr früh am Morgen und so war der Raum noch völlig verlassen, bis auf… „Sara!". Yuuri hatte den blonden Jungen, der ganz alleine auf einem der Stühle saß, mit einem Buch in der Hand und einer Schüssel Kekse vor sich, sofort entdeckt. Überrascht blickte Sara auf: „Yuuri? Du… warte. Du bist der andere.". Grinsend nickte Yuuri und befreite seine Hand mit einem Ruck aus Wolframs Griff. Der blonde Mazoku blieb in der Tür stehen, währen Yuuri zu Sara lief und sich zu ihm setzte. Keinen der beiden schien es zu stören, dass der jeweils andere aus einer anderen Welt stammte. Dieser Anblick ließ in Wolfram den Schmerz aufsteigen, den er jedes Mal verspürt hatte, wenn Yuuri mit Sara zusammen gewesen war. Wolfram könnte es nicht ertragen, Yuuri zu verlieren. Nein, er musste etwas tun. Der blonde Mazoku ballte seine Hände zu Fäusten zusammen. Er hatte eine Entscheidung getroffen. Er musste herausfinden, was passiert war. Nur so konnte er verhindern, dass auch in seiner Welt seine Verlobung mit Yuuri auseinanderbrach. Sofort nach dem Frühstück passte Wolfram den Wolfram der Parallelwelt ab, als seine Verlobte gerade nicht dabei war, und bat diesen um ein Gespräch. Der Wolfram der Parallelwelt stimmte zu, und so begaben sich die beiden in eines der Studierzimmer des Schlosses. „Das Zimmer wird nicht mehr benutzt. Hier stört uns niemand.", erklärte der Wolfram der Parallelwelt. Wolfram* nickte nur und setzte sich seinem Ebenbild gegenüber. „Also?". Wolfram* blickte seinen Gegenüber an und biss sich auf die Unterlippe. Er sah sehr ernst aus und schien nach den richtigen Worten zu suchen. „Was ist passiert?", fragte er schließlich, „Warum bist du nicht mehr mit Yuuri verlobt?". Der Wolfram der Parallelwelt seufzte schwer. Er hatte die Ellbogen auf seine Knie gestützt, die Finger miteinander verschränkt und sein Kinn darauf abgelegt. Sein Blick ging an Wolfram* vorbei ins Leere. Wolfram* fiel sofort auf, wie traurig der Blick von seinem Ebenbild war. „Warum auf etwas hoffen, das sowieso niemals Wirklichkeit werden wird?". Wolfram hatte diese Frage einfach in den Raum geworfen. „Ich habe Yuuri vor langer Zeit gefragt, wie er sich unsere Zukunft vorstellt.", erklärte er, „Und ich habe keine Antwort von ihm bekommen.". „Aber das hat doch nichts zu bedeuten!", widersprach Wolfram seinem Ebenbild, doch dieser schüttelte den Kopf: „Das dachte ich auch erst, doch dann… ich werde diesen Tag niemals vergessen…

>>Flashback<< Nach langer Zeit hatte Saralegui beschlossen, Yuuri mal wieder einen Besuch abzustatten. Da Yuuri immer wieder betont hatte, was für ein guter Freund Sara für ihn geworden war, verbrachte der Dämonenkönig auch dementsprechend viel Zeit mit seinem Besucher. Wolfram war deshalb stinksauer. Auch an diesem Tag war Yuuri stundenlang mit Sara reiten gewesen, während Wolfram in seinem Zimmer geschmollt hatte. Als die beiden dann endlich wieder im Schloss eingetroffen waren, machte sich Wolfram sofort auf den Weg zu Yuuris Zimmer. Er hatte genug davon, dass Yuuri so viel Zeit mit Sara verbrachte und ihn völlig vergaß. Dass Konrad und die Dienstmädchen Wolfram besorgt hinterher blickten, fiel dem blonden Jungen überhaupt nicht auf. Sein Blick ging streng geradeaus, immer auf Yuuris näher kommende Zimmertür gerichtet. Gedanklich hatte Wolfram sich schon seit Stunden zurechtgelegt, was er Yuuri alles an den Kopf werfen wollte. Fest entschlossen griff Wolfram nach der Türklinke, doch in dem Moment bemerkte er, dass die Tür nur angelehnt war. Stimmen waren von drinnen zu hören. Sara lachte und Yuuri stimmte mit ein. Wolframs Blick verfinsterte sich. Ganz leise schob er die Tür einen kleinen Spalt weit auf und spähte mit einem Auge ins Zimmer. Yuuri saß auf seiner kleinen Couch und spielte mit dem Baseball, den er in den Händen hielt. Sara stand an einem der Fenster hinter der Couch und blickte hinaus. „Du, Yuuri?". Sara drehte sich nun zu Yuuri um, ging auf die Couch zu und stützte beide Arme auf deren Lehne ab. Erwartungsvoll blickte Sara Yuuri an. Für Wolframs Geschmack waren sich die beiden viel zu nah. „Was ist mit Wolfram?", vervollständigte Sara seine Frage. Verwirrt zog Yuuri die Augenbrauen zusammen: „Was soll mit ihm sein?". „Liebst du ihn?". Stille. Yuuri rührte sich nicht und gab keinen Ton von sich. Wolfram beobachtete Yuuri mit laut klopfendem Herzen. „Yuuri.", drängelte Sara. Yuuri räusperte sich und wandte seinen Blick von Sara ab. Der blonde Junge kicherte. „Ja oder nein?". „Was soll diese Frage?", fragte Yuuri zurück und sah Sara nun wieder an. „Na oder nein?", wiederholte Sara, „Du liebst ihn, nicht wahr?". „Sei nicht albern!". Yuuris Antwort kam schnell und ernst. Etwas zu schnell, für Saras Geschmack. „Du liebst ihn also nicht?", fragte der blonde Junge noch einmal nach. „Nein.", gab Yuuri zurück, „Ich meine… er ist ein Junge, ich bin ein Junge…Nein, ich könnte Wolfram niemals lieben.". „Gut.", erwiderte Sara grinsend. Mit langsamen Schritten ging er um die Couch herum und blieb vor Yuuri stehen. „Was-", begann Yuuri, doch die Frage erübrigte sich, als Sara sich - mit dem Oberkörper zu Yuuri gewandt - auf dessen Schoß setzte, die Arme um Yuuris Hals schlang und ihn küsste. Einige Sekunden lang geschah überhaupt nichts, doch dann rollte der Baseball aus Yuuris Hand, und als er auf dem Boden aufschlug, zerbrach Wolframs Welt in tausend Scherben. Nun hatte er seine Antwort. Yuuri liebte ihn nicht und würde es auch nie tun. Langsam taumelte der blonde Mazoku einige Schritte rückwärts, bis er mit dem Rücken an der kalten Steinwand des Schlosses lehnte. Wolframs Blick verschwamm unter dem Schleier seiner Tränen… >>Flashback Ende<<

Wolfram* schwieg. Er konnte einfach nicht glauben, was er da erzählt bekam. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Yuuri… Nein. Wolfram* schüttelte mit dem Kopf. Das würde sein Yuuri nie tun. „Nicoletta ist eine Jugendfreundin von mir.", fuhr Wolfram fort, „Anfangs habe ich mit ihr probiert, Yuuri eifersüchtig zu machen… Ich muss wohl nicht erwähnen, dass ich keinen Erfolg hatte.". Wolfram erhob sich, machte einige Schritte auf die Tür des Studierzimmers zu und blieb dann noch einmal stehen. „Wenn du klug bist, schlägst du dir Yuuri aus dem Kopf.". Wolframs Stimme klang sehr gleichgültig und kalt. „Zeitverschwendung.", ergänzte er und verschwand aus dem Zimmer. Wolfram* saß immer noch auf seinem Stuhl und rührte sich nicht. In seinem Kopf hing nur eine einzige Frage: Würde sein Yuuri genauso antworten?

Im Dunkel der Nacht

Irgendwie hatte Wolfram sich das viel einfacher vorgestellt. Warum musste alles auch immer so verdammt kompliziert sein? Die Geschichte, die Wolfram von seinem Ebenbild gehört hatte, ließ ihm einfach keine Ruhe mehr. Wieder und wieder hallten ihm die Worte durch den Kopf. Wolfram hatte keine Ahnung, wie lange er schon durch den Schlossgarten geirrt war. Außer ihm war keine Menschenseele hier. Kein Wunder, denn es musste bereits kurz nach Mitternacht sein. Wolframs Blick wanderte nach oben in den Himmel. Die Sterne funkelten wie tausend kleine Diamanten auf dem dunklen Hintergrund. „Vollmond…". Der Anblick des Nachthimmels ließ Wolfram etwas ruhiger werden. Der kühle Wind der Nacht wehte ihm um die Nase und durch die blonden Haare. Wolfram mochte die Stille der Nacht und den wunderbaren Anblick dieser Vollmondnacht. Wie sehr wünschte sich Wolfram in diesem Moment, Yuuri an seiner Seite zu haben. Wolframs Blick wanderte zum Schloss zurück und an der Steinmauer nach oben zur obersten Fensterreihe. Wie von selbst setzten sich Wolframs Füße in Bewegung... Nur wenige Minuten später fand sich der blonde Mazoku vor Yuuris Zimmertür wieder. Vorsichtig drückte der die Türklinke nach unten und trat ins Zimmer. Ohne das geringste Geräusch zu verursachen, schlich sich Wolfram zu Yuuris Bett. Der junge Dämonenkönig lag auf dem Rücken und schlief tief und fest. Eine Weile blieb Wolfram vor dem Bett stehen und beobachtete Yuuri beim Schlafen. Nervös fuhr sich Wolfram mit einer Hand durch seine blonden Haare und setzte sich dann auf die Bettkante. Yuuri sah so friedlich aus, wie er da in seinem Bett lag. Fast unschuldig…wehrlos… Wolfram schluckte schwer und schüttelte mit dem Kopf. Gedanken, die er eigentlich gar nicht haben sollte, schlichen sich in seinen Kopf. Der blonde Mazoku konnte seinen Blick einfach nicht von Yuuri abwenden. Ganz vorsichtig hob Wolfram seine Hand und strich Yuuri eine dunkle Haarsträhne aus dem Gesicht. Yuuri murmelte etwas, das Wolfram nicht verstehen konnte, wachte aber nicht auf. Wolframs Hand ruhte nun auf dem Kissen neben Yuuris Gesicht. Er konnte einfach nicht länger widerstehen und beugte sich langsam zu Yuuri hinunter. Wolfram stoppte, als ihn und Yuuri nur noch wenige Millimeter trennten. Der blonde Junge verharrte einige Sekunden in dieser Position und… Er konnte es einfach nicht. Mit einem leisen Seufzen entfernte sich Wolfram wieder von Yuuri, und in dem Moment schlug Yuuri die Augen auf. Der Dämonenkönig blinzelte verschlafen. „Wolf?". „Bist du wach, Yuuri?". „Nein.". Wolfram lächelte und Yuuri setzte sich murrend auf. „Es ist wichtig.", meinte Wolfram und blickte Yuuri ernst an. Der schwarzhaarige Junge gähnte ausgiebig und rieb sich die Augen. „Was gibt’s denn?". Yuuri klang noch sehr verschlafen und so bemerkte er auch überhaupt nicht, wie nervös Wolfram war. „Yuuri…wir sind nun schon seit einiger Zeit verlobt und-". „WAS?!". Mit einem Schlag war Yuuri hellwach und sah Wolfram mit weit aufgerissenen Augen an. Anscheinend gefiel ihm überhaupt nicht, wie Wolfram das Gespräch begonnen hatte. „Hör mal, Wolf, es ist…", Yuuri blickte sich nach seiner Uhr um, „Was?? Zwei Uhr nachts! Sonst geht’s dir aber noch gut, oder?". Wolfram verzog keine Miene. „Es ist wichtig.". „Also schön.", erwiderte Yuuri nervös. Wolfram holte tief Luft und fuhr fort: „Wie stellst du dir unsere Zukunft vor, Yuuri?". Yuuri schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn und ließ sich zurück in sein Kissen fallen. „Was?", wollte Wolfram wissen. „Dafür weckst du mich!", gab Yuuri zurück, „Du weckst mich um zwei Uhr nachts, um mich zu fragen, wie ich mir unsere Zukunft vorstelle?". „Ja.". Wolfram klang immer noch sehr ernst. Yuuri setzte sich wieder auf und schüttelte mit dem Kopf. „Was erwartest du für eine Antwort von mir? So was wie: Oh, ja, ich plane schon unsere Hochzeit?". Im selben Moment wo Yuuri die Worte ausgesprochen hatte, hätte er sich ohrfeigen können. Die Worte waren ihm viel wütender herausgerutscht, als er es vorgehabt hatte, und als Reaktion darauf wich Wolfram ein Stück vor ihm zurück. „Das…war nicht so gemeint.", ergänzte Yuuri nun etwas ruhiger. „Schon gut.". Wolfram seufzte schwer. „Bedeutet es…das hier…wir…dir irgendetwas?", fragte Wolfram weiter und sah Yuuri immer noch direkt in die Augen. Yuuri zögerte einen Moment und zuckte dann mit den Schultern. „Was bedeutet es dir denn?", fragte er zurück. „Das hier.", antwortete Wolfram ohne zu zögern, lehnte sich nach vorne und küsste Yuuri. Zu sagen, dass Yuuri geschockt war, wäre die reinste Untertreibung gewesen. Damit hatte der junge Dämonenkönig nun überhaupt nicht gerechnet. Er war so geschockt, dass er sich überhaupt nicht rühren konnte. Der Kuss dauerte nur einen kurzen Moment, bevor Wolfram sich wieder zurückzog und Yuuri erwartungsvoll ansah. Yuuri öffnete seinen Mund...schloss ihn wieder...öffnete ihn wieder...und schloss ihn wieder. Kein Ton entwich seinen Lippen. „Yuuri?", fragte Wolfram vorsichtig. Yuuri starrte den blonden Mazoku weiterhin an, als wäre er ein Geist. „V-vergessen…u-unten…", stammelte Yuuri plötzlich, sprang aus seinem Bett und verließ fluchtartig das Zimmer. Wolfram blickte ihm verletzt hinterher.

Gefühlschaos

Yuuri stand im Badezimmer und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Er war immer noch völlig durch den Wind. Wolfram hatte ihn geküsst! IHN! Langsam hob Yuuri eine Hand und fuhr sich mit zittrigen Fingern über die Lippen. Es prickelte immer noch. Yuuri konnte das einfach nicht verstehen. Er war gerade von einem Jungen geküsst wurden…und es hatte ihm gefallen. Ja, es hatte ihm sogar sehr gefallen, von Wolfram geküsst zu werden. Dieser Gedanke hatte Yuuri so verschreckt, dass er geflüchtet war. Yuuris Gedanken wanderten sofort zurück zu Wolfram. Was der blonde Mazoku wohl tun würde? Sicherlich war er jetzt verletzt, weil Yuuri so plötzlich die Flucht ergriffen hatte. Yuuri seufzte schwer und betrachtete sich im Spiegel. Er sah furchtbar aus und genauso fühlte er sich auch. Sollte er vielleicht zurückgehen und mit Wolfram reden? Doch was wollte er Wolfram überhaupt sagen? Yuuri wusste es einfach nicht. Diese Situation hatte ihn viel zu sehr überfordert. Der junge Dämonenkönig hatte nie einen Gedanken daran verloren, was er eigentlich für Wolfram fühlte. Für ihn stand immer fest, dass da nichts war, weil sie beiden Jungen waren. Doch dieser Vorwand, den Yuuri wie einen Schutzschild vor sich aufgebaut hatte, war schon vor einiger Zeit auseinander gebröckelt. Plötzlich ging die Tür zum Badezimmer auf und Yuuri zuckte erschrocken zusammen. Im Türrahmen stand Wolfram. Yuuris Herz setzte einen Schlag aus, doch dann beruhigte er sich schnell wieder. Nein, das war nicht sein Wolfram, der dort im Türrahmen stand. „Alles in Ordnung mit dir?", fragte der Wolfram der Parallelwelt in besorgtem Ton. Yuuri antwortete nicht, sondern seufzte nur, lehnte sich mit dem Rücken gegen die kalte Steinwand und schloss die Augen. Schweigen trat ein. „Wolfram hat mich geküsst.". Yuuris Stimme klang so gequält, dass er sich vor seiner eigenen Stimme erschrak. „Wow.", kam die erstaunte Antwort von Wolfram. Erneut trat Schweigen ein. „Was machst du dann hier?", fragte Wolfram schließlich. Yuuri lachte kurz auf. „Ich bin geflüchtet.". Die Bitterkeit, mit der Yuuri sprach, war nicht zu überhören. Wolfram setzte sich in Bewegung und lehnte sich neben Yuuri an die kalten Steine der Schlosswand. „Manchmal wünschte ich, ich könnte die Zeit zurückdrehen…Ich hatte nie den Mut, Yuuri zu küssen.", gab der blonde Mazoku zu. Nun schlug Yuuri die Augen wieder auf und starrte Wolfram verwundert an. „Aber Nicoletta-". „Eine Freundin aus Kindertagen.". „Oh…", erwiderte Yuuri erstaunt. Ganz was Neues. Nun hatte Wolfram Yuuri neugierig gemacht. Yuuri musste es jetzt einfach wissen. Er musste die Frage stellen. „Liebst du Yuuri?". Lange Zeit rührte sich Wolfram überhaupt nicht. Es vergingen gut und gerne fünf Minuten, bis Wolfram den Kopf zu Yuuri drehte und ihn aus traurigen Augen ansah. „Yuuri hat seine Entscheidung längst gefällt, und ich werde Nicoletta heiraten.". „Idiot!", rief Yuuri, „Wenn du das nicht willst, dann tu doch etwas dagegen!". Kaum hatte Yuuri seinen Satz beendet, traf ihn Wolframs Faust mit voller Wucht im Gesicht. Yuuri taumelte einige Schritte rückwärts. Wolframs Blick war nun finster und ernst. „Du hast keine Ahnung von unserer Welt! Du bist hier der Idiot! Du hast noch eine Chance, aber du vergeudest sie! Was machst du hier unten, anstatt oben bei Wolfram zu sein?". Yuuri senkte beschämt seinen Blick. Wolfram hatte Recht. Sein Wolfram hatte ihn geküsst und ihm gezeigt, wie viel er ihm bedeutet, und was macht er? Er haut ab und lässt Wolfram allein zurück. Was war er nur für ein Idiot! Mit einem Ruck stieß sich Yuuri von der Wand ab und eilte zur Badezimmertür hinaus. In Rekordzeit sprintete der schwarzhaarige Junge die Treppe hinauf bis zu seinem Zimmer. Völlig außer Atem stürmte Yuuri in sein Zimmer. Leer. Das hätte Yuuri sich auch denken können. Sofort drehte er wieder um und eilte zu Wolframs Zimmer, das ja nicht weit von seinem entfernt lag. Auch leer. „Verflucht!", schimpfte Yuuri. Das hatte er jetzt davon. Der junge Dämonenkönig klapperte den gesamten ersten Stock ab. Es war kurz nach zwei Uhr nachts, also wo zum Teufel konnte Wolfram nur stecken? Nichts. Yuuri durchsuchte sämtliche Stockwerke, doch er fand keine Spur von Wolfram. Der blonde Mazoku war wie vom Erdboden verschluckt…

Tränen im Regen

Wolfram war wie versteinert sitzen geblieben, nachdem Yuuri aus seinem Zimmer gestürmt war. Nun war es passiert. Wolfram hatte mit diesem einen verdammten Kuss seine Freundschaft mit Yuuri zerstört, das war ihm nun klar. Wolfram wusste nicht, wie lange er noch in Yuuris Zimmer gewartet hatte. 5 Minuten oder 15? Wolframs Welt war stehen geblieben. Langsam erhob er sich, verließ Yuuris Zimmer und zog die Zimmertür hinter sich zu. Wolfram hielt es einfach nicht mehr aus. Er musste einfach hier raus. Weg von Yuuri. Wohin er rannte, wusste Wolfram nicht. Die Treppe runter, links oder rechts lang? Egal! Wolfram war alles egal. Wenn er Yuuri verloren hatte, spielte der Rest auch keine Rolle mehr. Der blonde Mazoku stieß die große Glastür auf und rannte hinaus in den Schlossgarten. Dunkle Wolken zogen sich am Nachthimmel zusammen. Keine Spur mehr von den glitzernden Sternen oder dem strahlenden Vollmond. Wolframs Welt hatte sich verdunkelt. Ohne anzuhalten rannte Wolfram weiter. Immer weiter. Egal wohin, nur weg… Nachdem Yuuri das gesamte Schloss nach Wolfram durchsucht hatte, traf er im Erdgeschoss wieder auf den Wolfram der Parallelwelt. „Und?", wollte dieser wissen. „Er ist weg!", antwortete Yuuri atemlos. Er hatte bereits Seitenstechen, denn das Schloss war immerhin ganz schön riesig. „Du musst mir helfen, bitte!", bat Yuuri Wolfram, „Ich hab keine Ahnung, wo er sein kann!". „Was soll dieser Lärm mitten in der Nacht?". Wolfram und Yuuri zuckten überrascht zusammen, als der Yuuri der Parallelwelt aus dem dunklen Gang auf sie zukam. „Nichts.", antwortete Wolfram ihm kalt und wandte sich dann wieder Yuuri zu: „Komm, lass uns draußen nach ihm suchen.". Yuuri nickte zustimmend, warf noch einen kurzen Blick auf sein Ebenbild und folgte Wolfram dann nach draußen. Es goss in Strömen, der Nachthimmel war inzwischen völlig mit dunklen Regenwolken verhangen und Nebel war aufgezogen. „Das wird schwieriger, als ich dachte.". Yuuri musste Wolfram zustimmen. Wenn sein Wolfram wirklich hinaus in den Wald gelaufen war, war die Chance, ihn bei diesem Nebel zu finden, kaum größer Null. „Ich werde ihn trotzdem suchen.", beschloss Yuuri. „Das ist Wahnsinn.", erwiderte Wolfram ungläubig. „Und wenn schon.". Entschlossen lief Yuuri auf den Wald zu, und Wolfram folgte ihm. Was keiner von beiden bemerkte, war, dass auch der Yuuri der Parallelwelt ihnen in einigem Abstand folgte. „Wolf!". „Wolfram!". Yuuri hatte keine Ahnung, wie lange er und Wolfram schon nach dem blonden Mazoku gesucht hatten. Es regnete immer noch und Yuuri und Wolfram waren nass bis auf die Knochen. Außerdem konnten sie dank dieses verdammten Nebels kaum drei Meter weit sehen. Dennoch wollte Yuuri nicht aufgeben. „Yuuri, lass uns zurückgehen, solange ich noch weiß, in welcher Richtung das Schloss liegt!", bat Wolfram hinter ihm, doch Yuuri schüttelte nur mit dem Kopf und rief weiter nach seinem Wolfram. Der schwarzhaarige Junge hatte die Hände zu Fäusten geballt und zitterte am ganzen Körper vor Kälte. Ganz plötzlich sah er aus den Augenwinkeln etwas aufblitzen. Wie ein kleines helles Licht. „Hast du das gesehen?", wollte er von Wolfram wissen. „Was gesehen?". „Diese kleine…komisch…Lichtdings.". Yuuri zweifelte schon an sich selbst, doch dann sah er es erneut. „Da! Schon wieder!". „Ich hab’s gesehen.", antwortete Wolfram, „Wirklich seltsam, dass es wieder da ist, wo es doch so lange weg war.". „Es? Was ist dieses Ding?", wollte Yuuri wissen. „Ein kleiner Dämon. Es hat keinen Namen.". Yuuri blickte Wolfram etwas ungläubig an: „Und deshalb nennt ihr es ’Es’?". „Das ist doch unwichtig! Vielleicht kann es uns helfen, deinen Wolfram zu finden.". Das Licht leuchtete erneut auf. Diesmal weiter entfernt, und gab ein fiependes Geräusch von sich. Yuuri und Wolfram folgten dem Licht immer weiter in den Wald und als der Nebel sich schließlich etwas gelichtet hatte, fanden sich die beiden auf einer kleinen Lichtung wieder. Ganz leise konnte man das Rauschen von Wellen hören und als sich Yuuri genauer umsah, erkannte er den Umriss einer Klippe. Und die Umrisse einer Person. Kurze blonde Haare. „Wolfram…". Yuuris Mund formte seinen Namen, doch kein Laut kam ihm über die Lippen. Dort am Rand der Klippe stand tatsächlich Wolfram. Es war ein seltsamer Anblick, wie er dastand, mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf. Tropfnass von dem Regen, der sich zwischen zwar gebessert, aber noch nicht aufgehört hatte. Mit jedem Schritt, den Yuuri auf Wolfram zu machte, wurde er nervöser. Yuuri hatte keine Ahnung, was er sagen oder tun sollte. Er war einfach nur froh, Wolfram gefunden zu haben. Wolfram hatte Yuuri überhaupt nicht bemerkt und zuckte erschrocken zusammen, als Yuuri seine Arme um Wolframs Schultern schlang und sich von hinten an ihn lehnte. Eine Weile standen die beiden schweigend da und keiner rührte sich. Schließlich war es Wolfram, der sich zu Yuuri umdrehte und ihn aus verheulten Augen fragend ansah. „Bist du denn gar nicht wütend über den Kuss?". Als Antwort lächelte Yuuri und schüttelte mit dem Kopf: „Nein. Eher das Gegenteil.". Yuuri ließ Wolfram wieder los und fuhr sich verlegen mit einer Hand über den Nacken. Daraufhin brachte auch Wolfram wieder ein kleines Lächeln zustande. Für eine Weile hatte er wirklich geglaubt, Yuuri verloren zu haben. Der Wolfram der Parallelwelt beobachtete die beiden aus einiger Entfernung, doch das Knacken eines Astes zog seine Aufmerksamkeit auf sich, und als Wolfram sich umdrehte, erblickte er Yuuri, der ihnen bis hierher gefolgt war. Yuuri sagte nichts und auch Wolfram blieb still. Erst jetzt fiel dem blonden Mazoku auf, dass es überhaupt nicht mehr regnete. Wolfram und Yuuri blickten sich für einige Sekunden einfach nur schweigend an, bevor Yuuri sich abwandte und zum Schloss zurückkehrte. Ein fiependes Geräusch erklang neben Yuuri und Wolfram am Rand der Klippe. Das gleiche seltsame Licht, was Yuuri und den Wolfram der Parallelwelt hierher geführt hatte, schwebte nun neben ihnen auf der Klippe und nahm langsam Gestalt an. „Was ist das denn?", fragte Wolfram verwundert. „Ein kleiner Dämon.", antwortete sein Ebenbild der Parallelwelt, der sich nun zu Yuuri und Wolfram gesellte. Der kleine Dämon mit den roten Kulleraugen war schneeweiß und schwebte auf Augenhöhe des schwarzhaarigen Dämonenkönigs. [A/N: ihr könnt euch den kleinen Kerl wie Mokona aus Magic Knight Rayearth vorstellen] Yuuri runzelte die Stirn, während er den kleinen Dämon betrachtete. Irgendwo hatte er ihn doch schon mal gesehen. „Das gibt’s doch nicht!", rief Yuuri und beide Wolfram drehten sich verwirrt zu ihm um. Yuuri hatte sich wieder erinnert. „Kurz bevor Wolfram und ich hier gelandet sind, hab ich ihn in unserer Welt im Garten des Schlosses gesehen. In der Nähe des Brunnens.". „Ob er uns wohl hierher gebracht hat?", fragte Wolfram seinen Yuuri und dieser zuckte nur mit den Schultern. Der kleine Dämon fiepte erneut und schwebte, anscheinend ziemlich erfreut, um Yuuri und die beiden Wolfram herum...

Bis dass der Tod uns scheidet

Ein ganzer Monat. Yuuri konnte einfach nicht glauben, dass er und Wolfram schon so lange in dieser verdrehten Welt gefangen waren. Einerseits war er eigentlich glücklich darüber, dass es so gekommen war - er blickte dabei auf den schlafenden Wolfram neben sich - aber andererseits war er auch zutiefst unglücklich darüber, dass es noch keine Möglichkeit für ihn und Wolfram gab, in ihre Welt zurückzukehren. Außerdem war heute der Tag von Wolframs Hochzeit gekommen. Draußen herrschte das herrlichste Wetter und Yuuri lauschte schon seit einer Stunde der Aufregung, die das Dienstpersonal in den Gängen des Schlosses veranstaltete… Das Frühstück fand eher zwischen Tür und Angel statt, und der Schlossgarten war bereits zur frühen Mittagsstunde schon mit dutzenden von Gästen gefüllt. Wolfram und seine Verlobte hatten alle Hände voll zu tun, jeden ihrer Gäste angemessen zu begrüßen - und dabei blieben ihnen bis zur Hochzeit nur noch ein paar Stunden Zeit. Am frühen Nachmittag sollten die beiden Verlobten dann im Schlossgarten des Blood Pledge Castle getraut werden. Yuuri und Wolfram überraschte es, dass die Bediensteten und die Gäste aufgeregter zu sein schienen, als Wolfram und Nicoletta selbst. „Also ich könnte mir nicht vorstellen, jemand anderen als dich zu heiraten, Yuuri.", meinte Wolfram wie nebenbei zu dem schwarzhaarigen Dämonenkönig. „Ähm…danke.", erwiderte Yuuri mit einem Lächeln, und begann zu lachen, um seine Verlegenheit zu überspielen. „Na, komm.", sagte Wolfram grinsend, griff nach Yuuris Hand und schlenderte mit ihm zusammen Hand in Hand durch den Schlossgarten… Das Büfett war bereits vollständig aufgebaut und zeigte die verschiedensten Köstlichkeiten - von fein verzierten Obstplatten, Suppen, Salaten, Nudeln und Schweinebraten, bis hin zu dutzenden verschiedenen Pudding- und Schokoladensorten. Den Mittelpunkt dieser ganzen Köstlichkeiten bildete natürlich die Hochzeitstorte - vierstöckig und mit zwei Figürchen ganz oben drauf, die wie Wolfram und Nicoletta aussahen. Für die vielen Gästen standen, schön ordentlich in Reih und Glied, dutzende weiße Stühle bereit, von denen jeder einzelne mit einem weißen Seidentuch und einer roten Rose geschmückt war. Der Torbogen, welcher mit den grünen Zweigen mehrerer verschiedener Pflanzen umwickelt war, war mit Edelweißblüten verziert… Von seinem Zimmer aus beobachtete der Yuuri der Parallelwelt das Geschehen. Eigentlich sollte er ja anstandshalber bei den Feierlichkeiten dabei sein - darauf hatte ihn Konrad an diesem Vormittag bereits hundert Mal hingewiesen -, doch dazu hatte Yuuri überhaupt keine Lust. Wie er so aus dem Fenster sah, erschien plötzlich ein weißes Licht vor ihm. Es war der kleine Dämon mit den roten Kulleraugen. „Was zum…! Du schon wieder.". Yuuri traute seinen Augen nicht. Dieser kleine Dämon war an dem Tag aufgetaucht, als er und Wolfram sich zerstritten hatten, und ging ihm seitdem gewaltig auf die Nerven. „Verschwinde!", rief Yuuri genervt und wandte sich vom Fenster ab. Um sich abzulenken, griff er sich den Baseball, der in seinem Zimmer lag und ließ sich auf die kleine Couch in seinem Zimmer sinken. Während Yuuri mit dem Baseball spielte, blickte der schwarzhaarige Junge ausdruckslos in den großen Spiegel an der gegenüberliegenden Zimmerseite. Selbst durch das geschlossene Fenster konnte Yuuri noch den Trubel aus dem Schlossgarten hören. Er wusste, dass es nicht mehr lange dauern konnte, bis Wolfram und Nicoletta getraut wurden. Plötzlich verschwamm sein Bild im Spiegel und wurde durch das von Wolfram ersetzt. Erschrocken riss Yuuri die Augen auf. Es war, als wolle ihm sein Kopf einen Streich spielen. Yuuri kniff die Augen fest zusammen und öffnete sie dann wieder, doch der Wolfram im Spiegel verschwand nicht. Es regnete. Viele einzelne Regentropfen liefen die Konturen von Wolframs Gesicht entlang, während er Yuuri aus dem Spiegel heraus mit diesem unendlich traurigen Blick ansah. Es war eher eine Kurzschlussreaktion, als Yuuri den Baseball gegen den Spiegel schmiss. Ein Klirren erfüllte den Raum, bevor tausend kleine Glassplitter zu Boden fielen. Yuuri sank auf den Boden und hielt sich mit den Händen die Augen zu. Er bekam diese Erinnerungen einfach nicht mehr aus seinem Kopf. Seit der fremde Yuuri und dessen Wolfram in ihrer Welt aufgetaucht waren, war Yuuri jeden Tag daran erinnert wurden, was er verloren hatte. Dass er Wolfram verloren hatte. Und das schmerzte ihn, obwohl er sich das anfangs nicht eingestehen wollte. Doch dann hatte er Wolfram und Yuuri auf den Klippen beobachtet, und er hatte sich gewünscht, dass er und sein Wolfram an ihrer Stelle wären. Er wollte seinen Wolfram in den Arm nehmen und… „Ach, verdammt!". Wütend schlug Yuuri mit der Faust auf den Boden… Währenddessen warteten Yuuri und Wolfram mit dem Wolfram der Parallelwelt - der einen eleganten dunkelblauen Anzug trug - in der Eingangshalle des Schlosses schon ungeduldig auf Nicoletta. Ebenso warteten bereits die Gäste im Schlossgarten. Die Zeremonie sollte gleich beginnen und Nicoletta war schon seit einer Ewigkeit mit ihren Bediensteten in ihrem Zimmer. Um ihren Gästen das Warten etwas zu versüßen, schenkten Anissina und Lady Cecilie ihnen ein Glas Sekt nach dem anderen ein. Als dann endlich die Tür aufging und Nicoletta, in Begleitung von Konrad, die große Treppe hinunter kam, musste auch Wolfram schwer schlucken. Seine Verlobte sah fantastisch aus. Ihre langen blonden Haare waren zu einer eleganten Hochsteckfrisur gesteckt wurden, an der der Schleier befestigt war, und eine einzelne Edelweißblüte steckte an der Seite in ihren Haaren. Ihr langes schulterfreies weißes Brautkleid schimmerte in einem sehr leichten hellblauen Ton und passend dazu waren auch ihre langen Brauthandschuhe, die sich über ihre kompletten Unterarme zogen und über die Hände hinweg nach vorn bis zu ihrem Mittelfinger zusammenliefen. In ihrer freien Hand trug sie einen kleinen Edelweißblumenstrauß. Sie war wirklich eine wunderschöne Braut. Einfach perfekt. Wolframs Herz schlug so schnell, dass er befürchtete, es würde zerspringen. Erst jetzt begriff er, dass das alles wirklich passierte. Er konnte nicht fassen, dass er das wirklich tat. Er würde in ein paar Minuten Nicoletta heiraten… Von seinem Zimmer aus beobachtete Yuuri, wie Yuuri und Wolfram zusammen mit seinem Wolfram hinaus in den Schlossgarten traten. Ihnen folgte Nicoletta mit Konrad. Yuuri wusste, dass es Nicolettas Wunsch gewesen war, von Konrad zum Altar geführt zu werden, da ihr verstorbener Vater das ja nicht übernehmen konnte. Alle schienen bereit und startklar, und Yuuri war überhaupt nicht wohl dabei. Lady Cecilie, die mit ganz vorne in der ersten Reihe stand und sich mit einem großen weißen Taschentuch die Freudentränen aus den Augen tupfte, griff sich ein Glas Sekt nach dem anderen zur Beruhigung. Wolfram stand in Position, und auch Konrad führte Nicoletta nun zum Altar. Yuuris Herz begann zu rasen. Er hätte nie geglaubt, dass Wolfram wirklich ernst machen und Nicoletta heiraten würde. Ein plötzliches Klopfen an seiner Zimmertür ließ Yuuri zusammenzucken. „Yuuri?". Es war Sara. „Was willst du?", fragte Yuuri genervt. „Bist du schlecht drauf?", fragte Sara zurück und trat zu Yuuri ans Fenster. Er musterte den schwarzhaarigen Dämonenkönig einen kurzen Augenblick lang und lehnte sich dann an dessen Schulter. „Eigentlich solltest du dich doch freuen.", fuhr Sara fort, „Heute hat dieses hin und her endlich ein Ende. Wolfram heiratet seine Verlobte und ist glücklich mit ihr, und dann können du und ich endlich-". „Glaubst du, Wolfram ist wirklich glücklich?", unterbrach Yuuri Sara und drehte sich zu ihm um. „Aber natürlich.", antwortete Sara. „Aber…aber…", begann Yuuri nach Worten zu suchen, „Aber das ist nicht richtig!". Yuuri wusste nicht, was plötzlich in ihn gefahren war, aber der Anblick von Wolfram und Nicoletta vor dem Altar war so falsch, und die Tatsache, dass Wolfram die Hochzeit wirklich durchziehen wollte, hatte ihn schwer getroffen. „Was hast du denn plötzlich, Yuuri?", fragte Sara verwirrt. „I-ich muss ihn aufhalten!". „Was?!". Sara traute seinen Ohren nicht. Er streckte seine Hand aus, um Yuuri am Handgelenk festzuhalten, doch da war dieser schon aus dem Zimmer gerannt Yuuri und Wolfram, die etwas abseits standen und die Hochzeit beobachteten, warfen sich immer wieder nervöse Blicke zu. Richtig wohl fühlten sie sich nicht bei dem Anblick. „Und so frage ich Euch, Nicoletta von Silberbach…", fuhr der Pfarrer fort, „…wollt Ihr den hier anwesenden Wolfram von Bielefeld zu Eurem rechtmäßig angetrauten Ehemann nehmen, ihn lieben und ehren, und mit ihm Freud und Leid teilen, in guten wie in schlechten Zeiten, bis dass der Tod euch scheidet? So antwortete mit Ja, ich will.". „Ja, ich will.", antwortete Nicoletta und lächelte Wolfram liebevoll an. „So frage ich auch Euch, Wolfram von Bielefeld…", wandte sich der Pfarrer nun an den blonden Mazoku, „…wollt auch Ihr die hier anwesende Nicoletta von Silberbach zu Eurer rechtmäßig angetrauten Ehefrau nehmen, sie lieben und ehren, und mit ihr Freud und Leid teilen, in guten wie in schlechten Zeiten, bis dass der Tod euch scheidet? So antwortet mit Ja, ich will.". Wolfram schluckte schwer und warf einen Blick auf Nicoletta. Sein Mund war so trocken, und dieser Anzug schien ihm die Luft zu nehmen. „Ich…", begann Wolfram, brach aber ab. Ein leises Getuschel machte unter den Gästen die Runde. Wolfram wusste, dass es bereits zu spät war. Er konnte jetzt nicht einfach Nein sagen und gehen. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Als Wolfram spürte, wie Nicoletta seine Hand drückte und ihn ansah, nickte der blonde Mazoku, holte tief Luft und wandte sich dann dem Pfarrer zu. „Ja…ich w-". „NEIN!". Mit einem Schlag war alles totenstill. Niemand rührte sich und es schien, als würde sogar niemand mehr atmen. Es war, als hätte der Blitz eingeschlagen. Als hätte jemand ganz plötzlich die Zeit angehalten. Wolframs Herz raste wie verrückt, als er sich umdrehte und seinen Yuuri erblickte, der völlig atemlos auf dem roten Teppich, der zum Altar führte, aufgetaucht war. Wolfram wusste nicht, ob er wütend war, oder sich freute; ob er lachen, oder heulen sollte. Er war sich nicht einmal sicher, ob er in diesem Moment überhaupt etwas sagen könnte. Yuuri brauchte einen Moment, um wieder zu Atem zu kommen, und machte dann einige Schritte auf Wolfram zu. „Das kannst du nicht machen, Wolf!", brachte der schwarzhaarige Dämonenkönig noch etwas atemlos hervor, „Das ist nicht richtig!". Wolfram wusste nicht, was Yuuri hier eigentlich wollte, doch es war ihm auch egal. Sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich und der Blick, mit dem er Yuuri besah, war eiskalt. „Was glaubst du eigentlich, was du hier tust?", rief der blonde Mazoku wütend, „Hat es dir nicht gereicht, mein Leben zu zerstören? Musst du dich jetzt auch noch in meine Hochzeit einmischen?". Yuuri öffnete seinen Mund, um etwas zu erwidern, doch Wolfram kam ihm zuvor: „Nein, Yuuri! Egal, was du zu sagen hast, ich will es nicht hören! Weißt du was? Ich hab genug von dir! Ich wünschte, wir wären uns niemals begegnet!". In dem Moment, in dem Wolfram diese Worte ausgesprochen hatte, taten sie ihm schon wieder Leid, aber er war nie darüber hinweg gekommen, dass Yuuri ihm das Herz gebrochen hatte. Yuuri war von Wolframs harten Worten natürlich getroffen, doch gleichzeitig war er auch ein wenig verwirrt. „Hör zu, Wolfram.", begann Yuuri ruhig, „Das ist alles irgendwie so furchtbar schief gelaufen. Als Nicoletta hier aufgetaucht ist und du erzählt hast, dass du sie heiraten willst, da…". „Was? Jetzt ist das auch noch meine Schuld, oder was?", erwiderte der blonde Mazoku ungläubig, „Das hier ist alles deine Schuld! Du hast dich die ganze Zeit nur über mich lustig gemacht!". Yuuri blinzelte verwirrt: „Nein, ich hab doch gar nicht-". „Leugne es nicht! Ich hab es selbst gehört!", entgegnete Wolfram immer noch wütend, „Du hast zu Sara gesagt, dass du mich niemals lieben könntest! Du hast dich über meine Gefühle lustig gemacht!". Yuuri brauchte einen Moment, um Wolfram zu verstehen, doch dann erinnerte er sich wieder an die Situation, in der er diese Worte zu Sara gesagt hatte - und in dem Moment wurde ihm bewusst, was er damit angerichtet hatte… Der schwarzhaarige Dämonenkönig war einen Moment lang sprachlos - ebenso wie die Gäste, die immer noch verdächtig ruhig waren. Lediglich aus der Ecke war eine Bewegung zu erkennen, als Lady Cecilie ihr leeres Sektglas wegwarf und sich die Sektflasche griff. Währenddessen versuchte Yuuri krampfhaft, die richtigen Worte zu finden. „Und was ist jetzt mit der Hochzeit?", meldete sich der Pfarrer zu Wort. „Ja, ich will.", antwortete Wolfram prompt und drehte sich wieder zu Nicoletta und dem Pfarrer um. „Was?! Nein, du willst nicht!", rief Yuuri dazwischen und rannte zum Altar. „Hör zu, Wolf…", versuchte er es erneut, „Hier zu landen und dich zu treffen, war das Beste, was mir je passiert ist. Natürlich war unsere Verlobung damals ein ziemlicher Schock für mich. Bei euch ist das ja vielleicht normal, aber ich hatte damit so meine Probleme, falls dir das entgangen sein sollte. Und deshalb hab ich auch zu Sara gesagt, was ich nun mal gesagt habe, aber das war nicht so gemeint!". „Ich glaub dir kein Wort, Yuuri.". Und mit diesem Satz machte Wolfram auf dem Absatz kehrt und entfernte sich mit schnellen Schritten vom Altar. Dabei waren die Augen aller Anwesen auf ihn gerichtet. „Wolfram, warte!", rief Yuuri ihm hinterher und rannte ihm nach. Kaum hatte der Dämonenkönig den blonden Mazoku eingeholt, hielt er ihn am Arm fest, damit dieser stehen blieb und sich zu ihm umdrehte. Yuuri war sich durchaus darüber im Klaren, dass er Wolfram für immer verlieren würde, wenn er seine Chance jetzt nicht nutzen würde. Einen Augenblick lang sah Yuuri Wolfram einfach nur schweigend an, dann ging er vor ihm auf die Knie. „Wo fang ich nur an…", fragte sich Yuuri ratlos und blickte zu Wolfram auf, „Ich dachte, dass mit uns sei einfach nur verrückt, doch seit ich dich kenne, bist du mir jeden Tag ein bisschen mehr ans Herz gewachsen. Ich hab keine Ahnung, wann genau ich mich in dich verliebt habe, doch unser Streit hat mir gezeigt, wie wichtig du mir bist und…". Yuuri schluckte schwer. Er fühlte sich ziemlich unwohl, wie er so auf dem Boden kniete und ihn alle anstarrten, und er fühlte sich so albern, dass ihn das alles so sehr mitnahm und er sich sogar die Tränen aus den Augen wischen musste, doch er wollte die Sache jetzt auch bis zum Schluss durchziehen. „Und wie weh es tut, dich zu verlieren.", vollendete Yuuri seinen Satz, „Ich könnte mir nicht vorstellen, ohne dich zu sein. Nie mehr.". Der Dämonenkönig hielt erneut kurz inne, erhob sich wieder und griff nach Wolframs Händen. Er holte noch einmal tief Luft und blickte Wolfram direkt in die Augen. „Ich liebe dich.". Wolframs Herz stoppte für einen kurzen Moment, um dann viel zu schnell weiter zu schlagen. Er hatte sich so sehr gewünscht, diese Worte von Yuuri zu hören, doch er hatte nicht mehr daran geglaubt. Wolframs erster Gedanke war, dass er vielleicht träumen und das alles gar nicht passieren würde, doch dann spürte er die Wärme von Yuuris Hand an seiner Wange und schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete, war Yuuri immer noch da und lächelte ihn traurig an. „Ich liebe dich, Wolfram.", wiederholte er seine Worte noch einmal flüsternd. „Ich…", begann der blonde Mazoku, doch Yuuri brachte ihn zum Schweigen, indem er seine Lippen auf Wolframs legte und ihn ganz sanft küsste. Wolfram zögerte keine Sekunde, schlang seine Arme um Yuuris Hals und erwiderte den Kuss. „Ich liebe dich auch.", antwortete er, als er und Yuuri sich wieder voneinander gelöst hatten. Nur einen Moment später hörten Yuuri und Wolfram das Knallen von mehreren Korken, als einige weitere Falschen Sekt geöffnet wurden, und als sich die beiden umdrehten, hatten sich alle Anwesenden von ihren Stühlen erhoben und lächelten zufrieden. Lady Cecilie kam als erste auf ihren Sohn und Yuuri zu gerannt und nahm die beiden in den Arm, und auch Yuuri und Wolfram, die immer noch etwas abseits standen und ihre Ebenbilder schweigend beobachtet hatten, warfen sich einen zufriedenen Blick zu. Allerdings zuckten die beiden erschrocken zusammen, als der kleine weiße Dämon mit den roten Kulleraugen mit einem schrillen Fiepen plötzlich hinter ihnen auftauchte. „Du schon wieder?", fragte Yuuri belustigt. Der kleine Dämon schien ziemlich aufgeregt zu sein, schwebte ein paar Meter weg, drehte sich dann zu Yuuri und Wolfram um, und fiepte erneut. „Ob er uns wohl etwas zeigen will?", vermutete Wolfram, woraufhin der kleine Kerl erneut fiepte und einen Kreis auf der Stelle flog. Kurzerhand beschlossen Yuuri und Wolfram, dem kleinen Dämon zu folgen… Der kleine Kerl führte die beiden Jungen immer weiter vom Schloss weg und durch einen dichten Wald hindurch, bevor er mit ihnen dann am Strand ankam. Etwas skeptisch blickte sich Wolfram um. „Hier sind wir doch angekommen.". „Stimmt.", bestätigte Yuuri. Das Meer lag ruhig vor den beiden Jungen und der kleine weiße Dämon fiepte vergnügt und schwebte auf und ab. „Was genau macht der da?", wollte Yuuri wissen und Wolfram zuckte mit den Schultern: „Woher soll ich das wissen?". Die beiden bekamen die Antwort allerdings schneller, als ihnen lieb war, als sich plötzlich eine riesige Welle formte, die auf die Stelle des Strandes zuraste, an der Yuuri und Wolfram standen. Keiner von ihnen konnte so schnell reagieren, wie die Welle bei ihnen war und sie erfasst hatte… Ganz langsam öffnete Yuuri die Augen. Das Rauschen des Meeres war verschwunden und dafür rief jemand immer wieder seinen Namen. „Shibuya, lebst du noch?". „Murata?", fragte Yuuri noch etwas benommen. „Na endlich.", erwiderte Murata. „Ist alles in Ordnung, Yuuri?", fragte eine weitere Stimme, die Yuuri sofort als Konrads erkannte. Langsam setzte sich Yuuri auf. Wolfram lag neben ihm und kam ebenfalls gerade wieder zu sich. Etwas verwirrt blickte sich der schwarzhaarige Junge um. Er befand sich eindeutig im Schlossgarten des Blood Pledge Castles. „Wie sind wir denn hierher gekommen?", fragte Wolfram neben ihm. Yuuri zuckte daraufhin nur mit den Schultern: „Weiß nicht. Und wo ist das schöne Büfett? Ich hab noch nicht mal gekostet!". „Hey, Shibuya!", rief Murata dazwischen, um Yuuris Aufmerksamkeit zu bekommen, „Sag mal, wo wart ihr beide eigentlich? Ihr wart einen Monat lang wie vom Erdboden verschluckt und seid dann plötzlich wieder hier aufgetaucht.". „Oh.", war das einzige, was Yuuri daraufhin antwortete. Murata und Konrad blickten ihn und Wolfram fragend an, doch sie bekamen keine Antwort von den beiden Jungen, die sich nur zufrieden lächelnd ansahen: „Diese Geschichte glaubt uns sowieso keiner.". Und ein Stückchen von ihnen entfernt, schwebte ein kleiner weißer Dämon, der fröhlich fiepte, und dann in seine Zeit zurück verschwand...

ENDE

 

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Tag der Veröffentlichung: 15.03.2013

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