Kapitel 1
Ich lag stumm unter den Bäumen der großen Wiese. Ich hatte gesehen wie die Zeit im Laufe der Jahre die Welt der menschlichen Rasse vernichtete. Nein. Es waren die Menschen, die ihrer Welt dies antaten. Unwürdig zu Wissen wann sie aufhören müssten. Vor einigen hundert Jahren war es noch so friedlich hier gewesen. Doch die Menschen, welche keine Ahnung von Nichts hatten, täuschten sich selbst ein ums andere Mal. Sie wussten nie, dass es noch andere Wesen gibt, nicht nur die Tiere, die Pflanzen, die Elemente. Doch bei einem hatten sie nicht ganz unrecht. Die Elemente waren schon immer der größte Fürst, ein Herrscher über alle Lebewesen und Dinge. Sie wussten ja gar nicht, wie machtvoll es war. Sie hatten nie die Macht darüber gehabt, die Elemente für sich zu nutzen. Sie dachten sich zwar mit Wind und Wasser, Erde und Luft könnten sie Energie für ihre Techniken, ihr Leben gewinnen, doch sie ahnten ja nicht, welch Dinge sie anstellen könnten, wenn sie so wären wie wir.
Wer wir sind? Nun man könnte uns als Kreaturen bezeichnen, die die Elemente für sich nutzen, ohne Hilfsmittel. Fabelwesen gibt es nicht. Alles ist wahr, die Menschen wussten es, doch sie wurden immer dümmer in dem sie glaubten, mehr zu Wissen. Wissenschaft ist reine Mythologie, Mythologie ist Wissenschaft. All diese Autoren der Bücher über Werwölfe und Elfen, über Wesen die höheren Mächten entsprechen, die über die Menschen herrschen würden wenn sie sich preisgeben würden, all diese Menschen die darüber berichteten, die Geschichten erfanden… Nein sie erfanden sie nicht… Sie wussten dass es diese Wesen gibt, sie wussten dass es eine höhere Macht gibt, als der Verstand, die Dummheit des Menschen. Wieso, fragte ich mich einige Zeit lang, wollten die Menschen daran nicht glauben? Früher zur Zeit der Inquisition, da wussten die Menschen was es alles für Wesen auf der Welt gibt, doch jetzt, da sie glauben um so einiges klüger zu sein, alles Magische mit Fakten zu zerstören und nicht daran glauben zu wollen dass dies doch wirklich echt ist, genau jetzt sind wir in der Überzahl. Und genau jetzt ist es an der Zeit, die Menschen wieder glauben zu lassen. Aber eines muss man noch hinzufügen. Nicht jede Welt mischt sich in die Angelegenheiten der Menschen ein. Für viele ist dies sogar verboten….
Und noch etwas… Auch Kreaturen haben Gefühle…
So lag ich also, leise nachdenkend, auf der Wiese, die Sonne schien mir ins Gesicht und ich konnte einige leise Schreie von einem entfernten Spielplatz hören… Ein sanftes Lächeln spiegelte sich in meinem Gesicht wider und ich hörte den Vögeln beim Zwitschern zu. Nach einer Weile wurde es mir jedoch etwas langweilig und ich setzte mich auf. Ich strich mir sanft durch die Haare und sah mich leise gähnend um. Neben mir lag mein altes Skateboard. Ich schnappte es mir, stand auf und ging zurück zur Straße, die nicht weit von der großen Apfelwiese entfernt lag. Sie führte durch den Wald und den Park, zurück zum Internat. Alles hier schien so friedlich, normal, kurz gesagt, unmagisch. Ich ließ das Board auf die Straße fallen und sprang darauf. In schnellem Tempo fuhr ich wieder in Richtung der Schule und dachte nach. Stundenlanges Nachdenken war eine meiner schlimmsten Eigenschaften. Ich selbst hasste es, doch was blieb mir anderes übrig. Freunde hatte ich noch nie welche gehabt und eine Familie auch nicht.
Da fällt mir ein… Wie unhöflich von mir, mich nicht vorzustellen… Mein Name ist Jeremy. Einen Nachnamen habe ich nicht, doch ich brauchte einen um mich an der Schule anzumelden, deshalb nannte ich mich Demon. Ich sehe aus wie 17, mit großen blauen Augen und schulterlangen braunen Haaren. Ich liebe Sport. Jede Art von Sport habe ich schon ausprobiert, sei es aus einem Helikopter springen oder Tauchen. Den ersten Sport den ich gemacht hatte, war Skateboarden. Ich hatte viele Jahre damit verbracht, erst einmal die Sprache der Menschen und ihre Geschichte zu lernen. Das dauerte ziemlich lang, da es sehr schwierig ist eine Sprache zu erlernen, wenn niemand auf dem Planeten deine Sprache beherrscht…
Ihr fragt euch jetzt sicher alle, wovon ich spreche… Gut, also, ich fange noch ein Mal von ganz vorne an.
In den Weiten des Universums, in dem sich das Sonnensystem der Erde befindet, gibt es weit, weit entfernt, noch einige andere Sonnensysteme. In meinem Sonnensystem gab es vier Planeten die besiedelt waren. Meiner hieß Adema. Er war den sieben Sonnen, die die Welten umgaben am nächsten und damit der heißeste. Von Vulkanen und Flüssen aus heißem Gestein, einem kochenden Boden und flimmernder Luft umgeben, lebten die Untertanen, die sich der Herrschaft ihrer Königin Adema, nach welcher der Planet benannt wurde, unterwarfen. Wir sind die Feuerdämonen, das mächtigste Volk der elemtaren Lebewesen. Viele von uns erlernen wie sie das Feuer bewegen, daraus Gestalten und feste Kreaturen bilden. Einst lebte ich auf diesem Planeten, auch mir wurde beigebracht diese Fähigkeiten zu Nutzen zu machen, doch ich hatte nur Schabernack im Sinn. Einst wollte ich die Krone der Königin stehlen und die drei Wächter der Krone verschlossen mich hinter Feuerfesten Gittern. Ich schaffte es mehrere Male aus der Gefangenschaft zu fliehen, doch sie fingen mich jedes Mal wieder ein. Also beschlossen sie mir eine der größten Strafen auf zu erlegen. Sie verbannten mich in die Welt der menschlichen Wesen.
Feuerdämonen kommen nicht gut mit Kälte zurecht, sie tragen anstatt des Herzens eine Flamme in sich, die Flamme des Lebens. Erlischt diese Flamme, sind sie tot. Würde man einen Feuerdämon in menschlicher Gestalt mit einem Menschen vergleichen, wäre eine Diagnose im Gegensatz zu einem gesunden Menschen, von einem Arzt sicherlich diese; Fieber. Mit unglaublich hoher Temperatur leben wir auf dem heißesten Planeten des Universums. Nur so können wir diese enorme Hitze aushalten, ein Mensch, wäre sofort verbrannt.
In meinen ersten Jahrzehnten auf der Erde lebte ich vor mich hin und lernte, mit meinen Fähigkeiten umzugehen und die eisige Kälte auszuhalten.
Es dauerte einige Zeit bis ich dies schaffte, doch es lohnte sich und ich fand sogar eine neue, stärkere Kraft in mir. Heilmagie… Ich lernte sie an Pflanzen und Tieren einzusetzen, doch an die Menschen traute ich mich nicht heran. Vor allem, sie trauten sich nicht an mich heran, denn ich benahm mich äußerst merkwürdig. Bis ich die Sprache der Menschen gelernt hatte, verging fast ein Jahrhundert. Dann machte ich mich daran, das Lesen zu erlernen… Erstaunlich dass es Menschen gibt, die selbst mit guten Sprachkenntnissen nicht schreiben und lesen können… Als solch einen gab ich mich also aus und mir wurde tatsächlich das Lesen beigebracht. Der Sprache würdig und im Lesen ein Meister, machte ich mich an die Geschichtsbücher. Schließlich wollte ich wissen, was in dieser Welt schon so alles passiert war… Einiges was später noch aufgeschrieben wurde, erlebte ich selbst mit…
Nach weiteren Jahren hatte ich die Menschen komplett im Kopf, sie begannen mir zu gefallen… Ich beobachtete Familien an Feiertagen, wenn sie gemeinsam Ausflüge machten und wie sie Spaß hatten. Das alles gab es auf Adema nicht, man war immer allein, keiner kannte Freundschaft oder Familie. Von Liebe gar nicht angefangen. Es war schrecklich so alleine zu sein, Tag für Tag, Monat für Monat, Jahrzehnt für Jahrzehnt. Also beschloss ich mich auf einem Internat anzumelden. Es war schön, Menschen um sich zu haben, auch wenn sie mit mir nicht viel zu tun haben wollten, ich war nie wirklich allein. Durch einige Sportwettbewerbe kam ich an etwas Geld und konnte somit meine Klamotten kaufen. Noch heute mache ich das so, einen Job bekomme ich nicht, das wäre mir zu viel Stress, neben der Schule. Ich möchte unbedingt noch länger zur Schule gehen, denn ich weiß noch längst nicht alles. Und Freundschaften… Würde ich wirklich gerne schließen.
Nun, da ihr ein wenig mehr über mich bescheid wisst, kann ich in Ruhe mit der eigentlichen Geschichte fortfahren….
Am Campus der Schule angekommen, bremste ich ab und nahm das Board in die Hand. Es war ein sehr großes Schulgelände, mit einem großen Garten, einer Liegewiese, einem kleinen See, Einer großen Sporthalle, die neben einem offenen Sportplatz lag und einer Schwimmhalle. Ich seufzte leise als ich mich umsah. Ich war schon seit drei Jahren auf dieser Schule, doch ich hatte noch immer keine Freunde gefunden… „hm…“ Ich blieb wie angewurzelt stehen und ließ meine Gedanken durch die Vergangenheit schweifen, doch ich wurde sofort wieder in die Gegenwart zurückgezogen, als ich einen plötzlichen Schmerz am Hinterkopf spürte. „Hey…?!“, ich hielt mir den Kopf und drehte mich um, doch keiner war da. „Seltsam…“, brummte ich und beschloss rein zu gehen. Wenigstens konnte man mich da nicht mit irgendwelchen Steinen abwerfen… Langsam und mit stets wachsamen Augen schlurfte ich über den Schulhof. Der heutige Nachmittag war ziemlich warm, dafür dass es in den letzten drei Tagen nur noch geregnet hatte… Wasser konnte ich überhaupt nicht ausstehen… Es brennt auf meiner Haut und wenn ich Wasser zu mir nehme, wird meine Flamme immer kleiner… Ich war ein einziges Mal in meinem Leben Surfen und ich hätte fast mein Leben damit bezahlt…
Leise öffnete ich die Türe zum Wohnhaus der Jungen und warf noch einen kurzen Blick über die Schulter auf den Schulhof. „…“, wieder konnte ich niemanden sehen. *War bestimmt nur Einbildung…*, dachte ich mir und verschwand nach drinnen. Alles war so seltsam still heute, wo doch sonst mindestens irgendwo aus dem Gemeinschaftsraum, der zwischen dem Jungen und Mädchenwohnhaus lag, Lärm kam, doch heute war das anders. Immer wieder drehte ich den Kopf nach links und rechts um zu horchen, ob nicht doch jemand hinter mir her war. Als ich dann endlich an meinem Zimmer angekommen war, blieb ich vor der Türe stehen und schloss die Augen. Ich spürte dass eine fremde Energie sich in meinem Zimmer befand. Behutsam drückte ich die kalte Türklinke nach unten und öffnete die Türe. Als ich hinein sah, entdeckte ich zuerst einen offenen Koffer auf dem Boden. Ich zog beide Augenbrauen in die Höhe und suchte nach dem Besitzer des Koffers, den ich jedoch nicht fand. Mit gerunzelter Stirn ging ich zu meinem Schrank und verstaute das Skateboard darin. „Hallo?“, fragte ich schließlich, bekam jedoch keine Antwort. Erst jetzt bemerkte ich das leise Geplätscher des Wassers, was allem Anschein nach, aus dem kleinen Bad kommen musste. „hmpf… Okay, da geh ich jetzt besser nicht rein…“, murmelte ich in mir hinein. Ich ging zum Fenster und öffnete es. Seufzend sah ich wieder nach draußen und beobachtete die Sonne. Eine einzige Sonne war für einen Planeten wirklich zu wenig… Viel zu kalt war es hier, doch schließlich hatte ich gelernt damit umzugehen. Ich fragte mich, wie mein neuer Bewohner, der hier anscheinend einzog, wohl aussehen würde. Aber im Prinzip war es mir egal… Ich warf mich auf mein Bett und starrte an die Decke. Mit der Zeit wurde ich immer schläfriger, doch ich wollte wach bleiben, bis der Neue sich endlich zeigte. Ich war nämlich der einzigste in diesem Zimmer, dabei hatten wir hier sechs Betten… Es war eines der größten Zimmer.
Die Minuten strichen wie im Flug vorüber und meine Augenlider wurden immer schwerer… Nach einer ganzen Weile schlief ich ein, zum Glück ohne Traum… Es war sehr seltsam, denn meine Träume waren immer so echt… Einst hatte ich davon geträumt, ein Unbekannter würde mir ein langes Schwert durch die Schulter stoßen… Ich habe heute noch eine Narbe davon, dabei war es nur ein Traum…
Als ich nach einiger Zeit wieder aufwachte und die Augen öffnete, fielen mir die Sonnenstrahlen der aufgehenden Sonne ins Gesicht. Hatte ich wirklich so lange geschlafen? „….“, gähnend rieb ich mir die Stirn. Ich setzte mich langsam auf und sah mich im Zimmer um, wobei noch alles ein wenig verschwommen aussah… „Oh mann…“, brummte ich leise. Ich suchte nach dem Neuen, doch dieser schien anscheinend schon wieder fort zu sein. Der Koffer lag zugeklappt unter dem Bett, das mir gegenüber stand. Ich stand auf und ging zu meinem Schrank. Als ich auf den Kalender sah, der in meinem Schrank an der Türe hing, stöhnte ich leise auf. Ich sah zur Uhr und fluchte leise. So schnell es ging packte ich meine Sachen zusammen, setzte den Helm auf, nahm mein Skateboard und verschwand mit einem Rucksack auf dem Rücken nach draußen.
Heute wollte ich nämlich wieder an einem der Wettbewerbe teilnehmen… Ich brauchte das Geld unbedingt, da ich momentan auf zwei Dinge sparte. Snakebites und ein Tattoo. Doch ich würde wahrscheinlich erstmal nur Geld für das Piercing haben.
So machte ich mich also in Windeseile auf den Weg zur großen Skaterhalle. Dort war ich sehr oft, gerade um für solche Events zu üben. Die Tricks hatte ich super drauf, vor allem in der Halfpipe, doch für den einen Sprung, den ich heute machen wollte, hätte ich mehr üben sollen… Ich hatte mir beim letzten Mal, als ich ihn vorführte, mein Schlüsselbein gebrochen…
Als ich völlig aus der Puste bei der Skaterhalle ankam, musste ich mich erstmal anmelden. „Du warst doch letztes Mal schon dabei und hast dir deinen Arm gebrochen?“, fragte mich die Frau an dem Tisch, wo man sich eintragen lassen musste. „Schlüsselbein…“, korrigierte ich sie. Sie grinste mich an und gab mir eine Nummer. „Hier, viel Glück dieses Mal!“, kicherte sie. Ich nahm den Zettel in die Hand und nickte nur. Dann verschwand ich zu den Bänken. Ich sah auf meine Nummer. „Na toll… Ich bin auch noch der Erste...“, grummelte ich leicht genervt. Nach einer ziemlich langen Wartezeit wurde ich endlich aufgerufen… Ich atmete erstmal tief durch und ging dann zur Startrampe. „…“, ich dachte nicht groß darüber nach was ich machte, doch ich wollte auf jeden Fall gewinnen… Ich fuhr die Rampe hinunter und raste auf die nächste zu. Nach einigen leichten Tricks, begann ich mit den schwierigeren. Ich sprang über eine weitere Rampe, grindete auf einer Stange und landete in der Halfpipe. Wieder setzte ich mit Schwung am oberen Teil der Halfpipe zu einer Drehung in der Luft an und genau in dem Moment spürte ich abermals den Schmerz am Hinterkopf. Ich passte nur eine Millisekunde nicht auf und spürte sofort, dass es zu spät war. Ich landete unsanft auf dem Kopf. Zum Glück hatte ich einen Helm getragen, doch der Schmerz war trotzdem schlimm… „Nghh…“, ich verzog das Gesicht.
Von überall konnte ich lautes Gerede hören, eine Frau die laut nach einem Arzt rief. Das ganze tat meinem Kopf überhaupt nicht gut… Er pochte wie wild… Ich wurde auf den Rücken gedreht und jemand nahm mir den Helm ab. Ich ließ die Augen geschlossen. Ich gab keinen Mucks von mir. „Bist du bei Bewusstsein? Wenn ja dann antworte mir!“, sagte eine sanfte Jungenstimme neben mir. Ich öffnete die Augen. „Mein Kopf…“ stöhnte ich leise. Alles um mich herum drehte sich und ich konnte nur verschwommen sehen… „Vorsicht kalt…“ murmelte der Junge und hielt mir einen Eisbeutel an den Kopf. Ich zuckte zusammen. „Tu das weg, bitte…“, ich hasse Kälte… „In Ordnung…“ murmelte der Junge und nahm den Eisbeutel wieder weg.
Ich wurde auf eine Trage gelegt und in einen Raum gebracht, wo nicht so viel Lärm herrschte. Ich bekam eine Tablette, die ich, jedoch ohne das Wasser das man mir reichte, herunter würgte und dann mit dröhnendem Kopf liegen blieb. Langsam wurde alles um mich herum schwarz und ich schlief ein. Ich wusste gar nicht mehr was jetzt eigentlich passiert war.
Nach einigen Stunden wachte ich wieder auf. Ich öffnete langsam die Augen und starrte an eine verschwommene Decke. „…“, langsam wurde meine Sicht etwas schärfer und ich drehte den Kopf auf die Seite. Neben mir saß ein Junge auf einem Stuhl. Er schien zu schlafen, sein Kopf lag ihm auf der Brust und er atmete langsam und regelmäßig. Ich blieb noch liegen und ließ den Blick durch das kleine Krankenzimmer schweifen. Der Boden war mit grünem Linoleum ausgelegt und schien schon ziemlich abgenutzt zu sein. Die Wände waren in einem Beige gestrichen und an den Wänden hingen einige große Poster mit Menschen die auf ihren Fahrrädern, Skateboards und Inlineskates stunts machten. Ich seufzte leise, denn erst jetzt fiel mir wieder ein was eigentlich los war. „Na toll…“, brummte ich leise. Ich sah wieder zu dem Jungen. Er sah, so weit ich das aus den Augenwinkeln bewerten konnte, richtig gut aus. Er hatte blonde, mittellange haare, die ihm ins Gesicht hingen, sanfte Gesichtszüge und ein friedliches Ausdruck lag auf seinem Gesicht. Ein leichtes Schmunzeln huschte über mein Gesicht.
Ich lag noch eine ganze Weile stumm auf der Krankenliege und starrte vor mich hin, mal wieder in meine Gedanken versunken. Ich fühlte mich ein bisschen benommen, da die Tablette zwar die Schmerzen gelindert hatte, jedoch bei mir wirkte wie eine Schlaftablette, die nur halb wirkte. Ich war schon wieder beinahe eingeschlafen, als der Junge neben mir endlich aufwachte. „Oh…“, Er rieb sich den Kopf und stand auf. Nach ausgiebigem gähnen sah er zu mir herunter. „Hey, du bist ja schon wach!“, lachte er und schenkte mir ein schiefes grinsen. „Mensch du hast uns allen nen ganz schönen Schrecken eingejagt…“, er schüttelte den Kopf und rollte ein wenig nach hinten. Erst jetzt sah ich auf seine Füße und bemerkte, dass er Inlineskates trug. „hmm..“, noch war mir nicht sonderlich nach reden. Ich musterte den Jungen. Er hatte gold-braune Augen, die super zu seinen blonden Haaren passten. „Hey sag mal, was war vorhin eigentlich als du gesprungen bist, du sahst aus als wärst du für den Bruchteil eines Sekunde bewusstlos und dann bist du plötzlich gestürzt…“, fragte der Junge. „ähm…“, ich suchte nach Worten… „Weiß nicht…“ murmelte ich etwas heisern. „Hm…“, der Junge runzelte die Stirn. „Ach ja… Ich heiße übrigens Raven…“ er grinste mich wieder mit dem schiefen grinsen an. Ich fühlte mich zunehmend wohler in seiner Gegenwart. „Jeremy…“, murmelte ich leise als Antwort und lächelte ein wenig. Raven setzte sich wieder auf den Stuhl neben mir und seufzte leise. „Wieso hast du eigentlich an dem Wettbewerb teilgenommen“, fragte er und sah mich mit schiefem Kopf an. „Ich brauche das Geld… Aber das ist jetzt dahin…“, murmelte ich betrübt. Das hatte ich ganz vergessen… Jetzt musste ich wieder warten bis das nächste Event stattfinden würde… Raven deutete meine traurige Miene richtig und lächelte mich aufmunternd an. „Ich wette beim nächsten Mal wirst du gewinnen!“, versuchte er mich aufzumuntern. Ich war jedoch nicht so einfach gestrickt. „Ich weiß nicht… beim letzten Mal hat’s auch nicht geklappt…“, seufzte ich leise. Ich stützte mich auf und lehnte mich gegen die Wand. Raven sah mich unglaubwürdig an. „Also ehrlich mann, du bist so gut, wenn du dich beim nächsten Mal konzentrierst wirst du sicherlich gewinnen!“, sagte er entschlossen. „Wenn du meinst…“ wieder huschte ein flüchtiges schmunzeln über mein Gesicht. „Ach übrigens, ich bin dein neuer Mitbewohner… Ich wollte dich gestern Abend nicht aufwecken.“ Fügte er noch hinzu. „Oh…“, ich sah ihn erstaunt an , „ach so ist das.“ Nun lächelte ich. „Cool, ich war sonst immer allein.“
Raven grinste wieder. „Ich bin aus Spanien hergezogen und sie haben mich einfach in irgendein Zimmer gesteckt, ohne dass ich was sagen konnte. Naja, ich dachte schon da wäre jetzt irgend so ein Psycho drin“, lachte er. Ich schüttelte den Kopf. „Nein, das stimmt nicht ganz, ein Psycho bin ich nicht…“, jetzt war ich es, der ihn angrinste. Raven sah mich fragend an. „Wie meinst das?“, hakte er mit hochgezogenen Augenbrauen nach. „Ach, wer ist schon normal…“, ich winkte ab. Wir mussten beide lachen.
Raven war echt ein toller Typ. Es war das erste Mal das ich mich so gut mit einem Menschen verstand. Seufzend stand ich auf. „Ich glaub ich geh besser wieder zurück und leg mich hin…“, murmelte ich und suchte nach meinem Skateboard, welches ich schließlich in einer Ecke, zusammen mit meinem Helm fand. Ich setzte den Helm auf und nahm das Board in die Hand. „Ich bleib noch hier, ich glaub…“ Raven sah auf die Anzeige, die man durch ein Fenster von hier aus sehen konnte. „Oh, ich bin bald dran…“ Er tippte auf seine Nummer. „Ich wünsch dir viel Glück“, meinte ich lächelnd. „Wir sehn uns dann später!“, rief Raven mir nach, während ich nach draußen ging. Die kühle Luft kam mir wie eine Wand entgegen, doch das bisschen machte mir nichts aus. In Gedanken versunken ließ ich das Skateboard fallen und fuhr los. Es dauerte nicht sehr lange bis ich wieder an der Schule angekommen war, doch mein Kopf begann zu pochen. „Na toll…“, knurrte ich in mich hinein. Die Wirkung der Tablette schien nachzulassen.
Und wahrhaftig. Mit stark schmerzendem Kopf lag ich später im Bett und versuchte zu schlafen, doch immer wieder musste ich daran denken wie gut es getan hatte, mit Raven zu sprechen. „Verdammt…“, knurrte ich und drehte mich immer wieder auf die andere Seite. Erst nach ca. zwei einhalb Stunden war ich eingeschlafen. Der Tag war nicht wirklich so abgelaufen wie ich das gern gehabt hätte. Aber ich freute mich schon auf den nächsten Tag. Und auf Raven…
Während ich schlief, verwandelte sich das dunkle Schwarz um mich herum in eine grüne Wiese über der ein blauer Himmel sich erstreckte, von einem Horizont zum anderen. Ich stand ganz alleine auf dieser Wiese. Ich wollte etwas sagen, doch kein einziger Laut kam aus meinem Mund; „…“ Ich sah mich um und hörte die Vögel zwitschern. Alles war so friedlich hier… Zu friedlich dafür, dass es einer meiner Träume sein könnte… Wo bin ich hier nur hinein geraten? Wo bleibt das Monster dass mich ein ums andere Mal verschlang, erstach und einfrieren wollte? Doch nichts dergleichen geschah… Ich drehte mich immer wieder um, bis ich Raven am Horizont entdecken konnte. Ein grinsen machte sich auf meinem Gesicht breit. Ich lief in eilenden Schritten zu ihm und wollte ihn begrüßen, doch um so näher ich kam, desto weniger war ich mir sicher, dass dies wirklich Raven war. Er sah zwar aus wie dieser, doch eines war anders… Ich blieb vor ihm stehen und sah ihm in die Augen. *Es ist nicht so wie du es siehst…*, hauchte er. Ich ging noch einen Schritt auf ihn zu. *VERSCHWINDE!*, brüllte er mich plötzlich an und ich zuckte zusammen. Ich wusste sofort dass er keinen Spaß machte. Ich wollte kehrt machen und von ihm weglaufen, doch etwas hielt mich fest. Meine Beine konnten sich keinen Zentimeter mehr bewegen. Raven schüttelte den Kopf und starrte mich hasserfüllt an. *Sagte ich nicht du sollst verschwinden?!*, keifte er und seine Augen wurden plötzlich blutrot und seine Pupille war geschlitzt. Er kam mir immer näher und ich begann zu zittern…
Außerhalb meines Kopfes, außerhalb meines Traumes, auch dort zitterte ich… Raven war schon wieder zurück und die Sonne war schon unter gegangen. Er sah mich besorgt an. „Hey, Jeremy…“, flüsterte er und ging zu meinem Bett. „Was ist los, du zitterst ja…“, er schüttelte mich leicht. Ich verzog das Gesicht. Gerade als der Raven aus meinem Traum nach mir schlagen wollte, zuckte ich abermals zusammen und riss die Augen auf. Aus Reflex packte ich Ravens Handgelenk und knurrte ihn an. Doch erst als er mich schockiert ansah, merkte ich, dass der Traum vorbei war. Ich ließ ihn sofort los. „E-entschuldige…“, stotterte ich, „Ich dachte… Du wärst jemand anderes…“ Raven fiel auf den Boden und rieb sich das Handgelenk. „Alter, das war ziemlich warm…“, bemerkte er und sah mich noch immer leicht schockiert an. „Verzeih mir…“, nuschelte ich bedrückt. „Schon okay, kannst ja nichts dafür… Aber warum ist deine Hand so warm?“, hakte er nochmals nach. Ich schüttelte lediglich den Kopf. Raven stand wieder auf. „Okay, du musst es mir nicht sagen…“, meinte er leise, „Wäre vielleicht besser wenn wir jetzt beide wieder pennen gehen…“ Ich nickte nur und zog mir die Decke über den Kopf. Schlafen könnte ich jetzt nicht mehr. Mir gingen zu viele Dinge durch den Kopf… Die anstehende Nacht war lang und die Gedanken… Wurden immer verwirrender…
Kapitel 2
Stundenlang war ich wach gewesen. Irgendwann in der Nacht hatte ich mich umgedreht, mit dem Gesicht zu Raven. Ich beobachtete ihn während er schlief. Es war faszinieren die Menschen zu beobachten wenn sie schliefen und völlig hilflos den Kreaturen der Nacht ausgesetzt sind. Ich hätte ihm Alpträume schicken können in denen er verletzt wird, gefoltert und gedemütigt. Aber ich war keines dieser Wesen, die das Leid der Menschen für sich nutzen, sei es aus spaß oder weil sie ihren Schmerz zum Leben brauchen. Ich war für die Menschen und deren Wohlergehen, auch wenn ich sie noch lange nicht verstehe. Man kann Menschen studieren und sie ein ums andere Mal beobachten und ihre Vorhergehensweisen hinterfragen, aber deswegen kennst du sie noch lange nicht, denn jeder Mensch hat andere Gründe weswegen er was tut. Also lag ich die ganze Nacht lang in die warme Decke eingehüllt und beobachtete meinen neuen Zimmerkameraden.
Er hatte einen ruhigen Schlaf und träumte anscheinend etwas schönes, denn er bewegte sich kaum und auch seine Augen bewegten sich unter den Lidern nur sehr selten.
Wie schön es wäre wenn meine Träume doch auch immer so ruhig verlaufen würden.
Seufzend stand ich gegen Sonnenaufgang aus dem Bett und zog mir etwas anderes an, wie es die Menschen taten. Ich bräuchte das eigentlich nicht, da ich nicht schwitze und somit nicht stinke, aber es würde schon auffallen wenn ein 17 jähriger Junge der eigentlich in der Pubertät steckt, nie seine Klamotten wechselt. Also zog ich mir eine dunkle Hose und ein buntes T-shirt an.
Ich mochte die Farben dieser Welt sehr, denn auf Adema gibt es nur rot und schwarz und braun. Vielleicht ein bisschen gelb.
Aber nicht dieses saftige grün, das wunderschöne Blau des Meeres oder die anderen tausend Farben dieses Planeten.
Ich spürte wie meine Gliedmaßen wieder stärker wurden und meine Kopfschmerzen langsam nach ließen. Die aufgehende Sonne gab mir die Kraft mich selbst ein wenig zu heilen. Ich ging ans Fenster und öffnete es. Die kalte Nachtluft wirbelte in den Raum und hieb mir wie Peitschenschläge ins Gesicht. „mmh…“, ich grummelte leise etwas und kletterte durchs Fenster nach draußen.
Seufzend setzte ich mich unter dem Fenster auf den Boden und sah in die Sonne. Ich hatte über den eisigen Winter meine bräune verloren und überhaupt war ich im Laufe der Jahre immer blasser geworden. Sehnsüchtig streckte ich meine Hände der Sonne entgegen und seufzte traurig. Konnte sie nicht ein bisschen näher kommen? Sie war doch ohnehin schon so klein und dann auch noch viel zu weit entfernt.
Aber wahrscheinlich würde dann das saftige grün in ein braun oder schwarz umgehen. Und das wollte ich nicht riskieren.
Ich saß also dort in der Sonne und sah dem Sonnenaufgang zu, wie er mir langsam ein wenig mehr Kraft gab. Dieser Tag würde hoffentlich ein wenig wärmer werden, denn bis jetzt gab es noch keine Wolken am Himmel.
Ich zuckte vor Schreck zusammen als mir jemand auf die Schulter tippte. Ich riss den Kopf herum und entdeckte Ravens grinsendes Gesicht. „oh…du bists nur…“, murmelte ich leise. Raven kletterte aus dem Fenster und setzte sich neben mich. „Ganz schön warm heute.“, gähnte er, während er sich streckte. *Warm?*, fragte ich mich in Gedanken, stimmte ihm aber einfach mal zu. Ich nickte und sah wieder zur Sonne. Wieder zuckte ich leicht zusammen, aber diesmal, weil sich ein Schatten direkt vor meinen Augen gebildet hatte. Erst als ich genauer hinsah, erkannte ich, dass es Ravens Hand war. „Was machst du da?“, ich drückte seine Hand ein wenig runter. „Guck doch nicht in die Sonne, du machst dir die Augen kaputt!“, Raven sah mich ungläubig und verwirrt an. Ich stöhnte in Gedanken leise auf.
Das hatte ich ganz vergessen, die Menschen konnten ja nichts sehen wenn sie zu lange in die Sonne blickten. Ich schüttelte den Kopf und sah stattdessen an der Sonne vorbei. Raven hob eine Augenbraue. „Du bist ein komischer Kauz, weißt du das?“ Ich drehte meinen Kopf zu ihm und sah ihm in die goldbraunen Augen. „Ja, mag sein.“
Raven musterte mich und ich legte den Kopf schief, als er fragte: „Sag mal, Jeremy… „, er druckste ein wenig herum, „Hast du eigentlich ne Freundin?“
Ich dachte nach. „Was verstehst du unter ner Freundin?“, hakte ich nach. „Na, eine feste Freundin.“, murmelte Raven.
Ich schüttelte den Kopf und sah Raven wieder in die goldbraunen Augen. Sie waren wirklich wunderschön und zogen mich in ihren Bann…
Als Raven zu Lächeln begann, glitzerten seine Augen und waren für mich nun noch atemberaubender. Sie ließen mich selbst ebenfalls lächeln. „Und du?“, fragte ich schließlich zurück. Auch Raven schüttelte den Kopf. „Warum hast du keine? Du siehst doch super aus“, fragte er stirnrunzelnd. Ich lächelte noch etwas breiter und die Flamme in mir flackerte hell auf. Ich fühlte mich geschmeichelt, denn mir hatte noch nie eine einzige Person gesagt dass ich auch nur ansatzweise gut aussehen würde. „Danke…Aber… Ich weiß es nicht“, ich zuckte mit den Schultern und lächelte ihn noch immer an. Mir wurde erst jetzt wirklich bewusst, wie sehr es mir fehlte, Freunde zu haben. Raven schenkte mir dieses Gefühl der Geborgenheit und eine Wärme, die ich nicht beschreiben konnte. Diese Wärme kam nicht von der Sonne oder von einem Feuer, nein, ich wusste nicht was sie bedeutete, aber es gefiel mir.
„Aber die Frage kann ich nur zurückgeben. Du siehst doch auch super aus?“, wieder legte ich den Kopf schief. Ich runzelte die Stirn als ich spürte, wie Ravens Körpertemperatur zunahm. Er lächelte mich ein wenig verlegen an und rieb sich den Nacken. „Danke… Nur ich… ich steh einfach nicht so… auf Mädchen weißt du…“, druckste er und sah zu Boden.
Ich merkte an seiner Aura, dass es ihm peinlich war, was er eben gesagt hatte. Ich hatte viele Romane und solche Liebesgeschichten im Laufe der Jahre gelesen und immer wenn jemand traurig war, nahmen sich die Menschen in die Arme. Wozu das gut sein sollte wusste ich noch nicht wirklich, denn mich hatte nie ein Mensch in die Arme genommen.
Und Raven sah nun sogar traurig aus. „Hey…“, Ich rückte ein Stückchen näher zu ihm. „Was ist los?“, fragte ich mit sanfter Stimme. Raven schüttelte nur den Kopf und vergrub sein Gesicht in den Händen. „Was hast du?“, fragte ich nun schon fast flüsternd. Ich konnte ein leises Schluchzen hören und mir wurde klar, dass das, was Raven gesagt hatte, ihn womöglich an etwas Trauriges erinnert hatte… Er weinte…
Ich legte vorsichtig meine Arme um Raven, jedoch so locker, dass er sie sofort wieder hätte weg drücken können, wenn er das nicht wollte. Doch ihm schien das wohl nichts auszumachen. Ich strich ihm sanft mit den Fingerkuppen über den Rücken und suchte nach seinem Blick. Raven hob träge den Kopf und strich sich schluchzend die kleinen Tränchen aus dem verweinten Gesicht. Seine sanften Gesichtszüge glichen dem eines Kindes, wenn er so große glänzende Augen hatte.
Ich atmete langsam und ruhig, damit auch Raven sich beruhigen konnte. „Geht’s wieder?“, fragte ich leise und nahm meine Arme von ihm. Er nickte und rieb sich die Augen. „Tut…Tut mir leid… Ich bin in letzter Zeit so nah am Wasser gebaut.“, er schniefte und atmete dann lange aus. Ein leicht verzweifelt wirkendes Lächeln setzte sich auf sein hübsches Gesicht. „Geht schon wieder“
Er brachte mich wieder zum Lächeln. „So gefällst du mir schon viel besser“, murmelte ich leise und sah ihm in die glänzenden Augen. Es hatte richtig weh getan ihn so traurig zu sehen.
„Es ist nur…“, er seufzte traurig, „Es gibt kaum jemanden der damit klar kommt, beziehungsweise, es gibt kaum welche auf dem Internat die mit mir befreundet sein wollen…“ Er schien ein wenig deprimiert zu sein. Ich hatte mal darüber gelesen, aber selbst ich hatte dieses Gefühl schon, als ich einen Wettbewerb zum dritten Mal verloren hatte.
„Ich verstehe nicht wieso?“, ich sah ihn fragend an und runzelte die Stirn. Raven sah mich mit einem Hundeblick an, der mich hätte schmelzen lassen. Als wäre ich aus eis und jemand würde mich in die Sonne halten. Fürchterliche Vorstellung, aber es war ein berauschendes Gefühl. Meine Flamme flackerte lodernd in mir auf. Wieder spürte ich diese geborgene Wärme und ich grübelte, was das hätte sein können.
„Weil sie nicht mit jemandem befreundet sein wollen, der anders ist. Vor allem die Jungs. Sie haben dann Angst dass ich mich in sie verlieben könnte.“ Da war es wieder, dieses Wort, welches es auf meinem Planeten nicht gab. Liebe… Ich hatte fast ein Jahr gebraucht um zu verstehen was es bedeutete, aber ich hatte es noch nie gefühlt, deswegen wusste ich eigentlich überhaupt nichts davon.
Ich schüttelte den Kopf um meine Gedanken wieder zu Ordnen und nicht ständig abzuschweifen. „Verlieben?“, fragte ich leise. Raven nickte traurig und wieder kamen ihm die Tränen. „Hey, nicht weinen!“, ich nahm ihn sofort wieder in den Arm. „Ich-mh…schon okay…“, schluchzte er leise. „Nein, ich will nicht dass du weinst“, ich ließ ihn wieder los und strich ihm sanft die Tränen aus dem Gesicht.
„Jeremy…“, hauchte Raven mit zitternder Stimme. „Du bist immer noch so warm…“
Ich nickte nur. „Keine Angst, das ist bei mir immer so“, versicherte ich ihm lächelnd. Raven hatte einen eindeutigen Fragezeichen-Blick aufgesetzt, doch diesmal war es ich, der nur den Kopf schüttelte. „Gehen wir rein? Der Unterricht fängt bald an.“, erinnerte ich ihn schließlich und Raven nickte. Wir standen auf, wobei ich ihn vorsichtig an der Hand hinauf zog. Wieder spürte ich, wie seine Körpertemperatur stieg. Wir kletterten wieder durchs Fenster, mehr oder weniger geschickt, und ich packte meine Schultasche. Raven hatte seine schon gepackt und wir gingen gemeinsam ins Schulgebäude. Als wir an einer Truppe von Jungs vorbei gingen, hörte ich, wie uns einer der Jungs hinterher pfiff und die anderen lachten laut. „Na seht mal, unser Schuchtelchen hat einen Freund!“, krähte der größte und bulligste der Jungs. Ich sah zu Raven, der den Kopf hängen ließ und spürte, dass er schon wieder den Tränen nahe war. *Jetzt versteh ich…*
Ich konnte es nicht ertragen ihn so leiden sehen zu müssen und blieb stehen. „Was hat der denn vor?“, lachte ein anderer. Ich drehte mich zu den Jungs um und warf ihnen allen einen vernichtenden Blick zu, jedoch ohne meine Magie einzusetzen. Raven zog leicht an meinem T-shirt. „Jeremy…Lass sie einfach…lass uns gehen…“, fiepte er leise. Sie hatten ihn wohl schon einige Male eingeschüchtert, doch bei mir würde ihnen das ganz sicher nicht gelingen. „Ja, genau Schätzchen, geht lieber knutschen!“, johlte der bullige Typ.
Ich ballte meine Hand zur Faust und sah ihm direkt in die Augen. Ich murmelte etwas in Gedanken und der bullige Kerl brach plötzlich zusammen.
„Brian! Hey!“
„Was hat der Kerl gemacht?!“
„Was bist du für’n Freak?!“, jammerten und knurrten die anderen durcheinander, doch ohne ihren starken Anführer waren sie wohl nicht mehr so wortstark. Raven sah mich schockiert an. „Was war das denn?“, fragte er leise. Ich drehte mich mit ernstem Gesichtsausdruck zu ihm und sah ihm wieder in die goldbraunen Augen. „Deshalb, habe ich keine Freunde. Geschweige denn eine Freundin. Ich mache den Menschen Angst.“, meine stimme klang ein wenig Kalt, denn genau so fühlte ich mich im Moment auch. Meine Flamme hatte mächtig Zündstoff gebraucht um den Typen auf diese Entfernung einfach um zu nieten.
„Ich…Ich hab keine Angst…“, stammelte Raven. „Ich…“, er nickte, „Ich möchte mit dir befreundet sein.“
Raven sah verunsichert zu Boden. Ein karges Lächeln setzte sich auf mein ernstes Gesicht. „Das ist schön. Dann lass uns weiter gehen. Du hast nichts gesehn.“, ich packte ihn an der Hand und ging mit ihm zu unserem Klassenraum.
Ich wollte eigentlich niemals meine Kräfte gegen andere Schüler einsetzen, doch irgendjemand musste diesen Typen mal klar machen, dass sie nichts als Schwächlinge sind. Raven schien die ganze Zeit über sehr besorgt und nervös zu sein, doch wenn ich ihn fragte, stritt er es jedes Mal ab.
Das machte mich traurig.
Die Stunden des Unterrichts zogen sich mal wieder in die Länge, so wie fast immer in letzter Zeit. Ich dachte einfach zu viel nach, doch trotzdem passte ich auf und hörte dem Lehrer zu.
Wie nennen es die Menschen? Multi…tasking? War es das? Ich glaube jedenfalls schon. Die Menschen meinen, dass das nur die weiblichen Wesen auf diesem Planeten könnten. Aber ich denke, dass das reiner Humbuk ist.
Schließlich kann ich das ja auch.
Als es dann endlich zum Schulschluss klingelte, beschloss ich, trainieren zu gehen. Raven wollte mit mir kommen, also gingen wir gemeinsam zurück zu unserem Zimmer. Ich öffnete die Tür und ging hinein. Alles war so friedlich, wie immer. Es war so ungewohnt plötzlich mit jemandem reden zu können, über Dinge zu lachen, Gemeinsamkeiten zu entdecken und zusammen zu lernen. Man lernt immer. Jede Sekunde im Leben lernt man Dinge dazu. Meistens ganz unbewusst, aber dennoch kann man sich später daran erinnern.
Raven zog sich wieder die schwarz-roten Inlineskates an, in denen er jedoch nur wenige Zentimeter größer war als ich. Er setzte seinen Helm auf und zog sich die Schoner an. Ich zog ebenfalls meine Schoner, den Helm und meine Skaterschuhe an und schnappte mir das Skateboard. Als wir los wollten, spürte ich etwas in mir, dass mich warnte. >>Pass auf ihn auf << flüsterte mir eine Stimme zu. Ich nickte in Gedanken und sah immer wieder über die Schulter zu Raven, bis wir nach draußen kamen. Ich hüpfte auf das Brett und fuhr los, Raven immer neben oder vor mir. Wir veranstalteten ein kleines Rennen, doch wir waren beide ebenbürtige Gegner. Wir entschieden uns für unentschieden, als uns die Puste ausging.
Nach einiger Zeit in der wir durch den Park und über die Landstraße gefahren waren, kamen wir an der großen Skaterhalle an. Raven öffnete mir die Tür und ich bretterte, ohne zu bremsen, in die Halle hinein und sofort auf die erste Rampe. Ich schoss auf eine zweite Rampe zu und sprang ganz oben ab. Mein Skateboard drehte sich einmal um sich selbst und ich landete sicher wieder darauf, als ich auch schon wieder, nach dem Bruchteil eines halben Sekunde, auf dem Holz der Pipe landete. Es war wie immer ein berauschendes Gefühl, für diese winzige Zeit, schwerelos zu sein.
Ich vermisste dieses Gefühl sehr.
Denn als mich die Wächter von Adema auf dem Planeten der Menschen, die diesen liebevoll, den blauen Planet nannten, hinab ließen, beraubten sie mich meiner Flügel. Ich hatte das Fliegen geliebt, doch jetzt war ich es schon wieder gewohnt, auf der Erde zu bleiben und an den Boden gefesselt zu sein.
Es war oftmals ein sehr bedrückendes Gefühl gewesen. Und das ist es heute noch, wenn ich wieder auf dem Boden aufkomme…
Raven grinste mich an. Er stand am Rand der Pipe und sah mir dabei zu, wie ich ein um den anderen Stunt hinlegte. Irgendwann hüpfte ich auf den Rand und ließ mich auf den Rücken fallen. „uuff… Anstrengend!“, lachte ich und grinste zu Raven hinauf, der mir sein bezauberndes Grinsen schenkte. „So, jetzt bin ich dran“ lachte er und sprang über mich drüber, hinab in die Pipe.
Ich setzte mich wieder auf und beobachtete ihn. Ich staunte, denn er war wirklich einer der besten Inlineskater, die ich seither gesehen habe. Ich klatschte begeistert, als er neben mir landete und schwer atmend auf den Rücken fiel. „Danke!“, keuchte er und wischte sich den schweiß von der Stirn. „Du bist echt super“, musste ich zugeben und lächelte ihn an. Raven hob die Hand, mit dem Daumen nach oben. „Dito!“
Wir lachten beide. Ich stand auf und fuhr wieder los. Ich kam nicht so schnell aus der Puste, aber Pausen brauchte ich dennoch ab und zu. Raven sprang mir hinterher und ich hatte das Gefühl, dass er mich beeindrucken wollte. >>Pass auf ihn auf!<< zischte die Stimme plötzlich wieder und ich sah mich um, bemerkte die Abzweigung nicht und fuhr direkt darauf zu. „wuhoa!“, rief ich und fiel, doch zum Glück konnte ich mich mehr oder weniger sanft auffangen.
„nh…“, ich richtete mich auf und zuckte zurück, als ich Raven sah, der von den Jungs von vorhin verfolgt wurde. Ich konnte seine Panik fast schon riechen. Zwei der Jungs waren auf Bikes, einer auf Inlineskates und einer auf einem Skateboard. Sie brachten Raven ins Straucheln und er versuchte zurück zur Rampe zu kommen, doch die Jungs schnitten ihm immer wieder mit gefährlichen Manövern den Fluchtweg ab.
Es machte mich zornig, Raven war doch kein Ball den sie herumschubsen konnten!
Ich stieg auf mein Board und fuhr den Jungs entgegen. Ich öffnete meinen Mund und ein durchdringendes, fauchendes Quietschen war zu hören, was alle Anwesenden auf die Knie zwang. Die Jungs stürzten allesamt, nur Raven konnte ich rechtzeitig auffangen. Er sah mich abermals schockiert an, doch dann hielt er sich an mir fest. Nun stande wir oben auf dem Rand der Pipe und sahen auf die Anderen hinunter. „Ich dummen Menschen kapiert es einfach nicht!“, fauchte ich mit tiefer, leicht verzerrter Stimme. „Verschwindet, oder ich brenne euch nieder!“ Die Jungs rappelten sich auf und rannten davon.
„Jeremy…?“, Raven sah ihnen hinterher und warf dann seinen Blick zu mir, doch ich war zu Boden gesunken und hielt mir den Kopf. Er dröhnte laut und brummte und summte. Es waren schreckliche Schmerzen. Ich hatte die Kontrolle über mich verloren, das war mir bisher noch nie passiert…
„Jeremy!“, Raven kniete sich neben mich und strich mir über die Stirn. „Du…? Was war das eben? Was ist hier los?“, ich spürte wie ängstlich und überfordert er war. Ich sah ihn traurig an. „Geh, wenn du Angst vor mir hast…“, keuchte ich leise. Raven schüttelte etwas zögerlich den Kopf. „N-nein… Aber…erklär mir, was das eben war? Was hat das zu bedeuten und vor allem… Was bist du?“
Tag der Veröffentlichung: 13.02.2010
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