1. Kapitel:
Jedes Mal, wenn man nachprüft, ob die Leute wirklich das meinen, was sie sagen, sieht man, es ist nicht so. Stellt man sie auf die Probe, versagen sie immer. Wenn sie zum Beispiel von einem Jungen sagen, er sei ein ausgezeichneter Basketballspieler, und sie schicken ihn extra in einen besonderen Trainingskurs, um sein Talent zu fördern (so nennt es Rachel, unsere Schuldirektorin), warum ärgern sie sich dann, wenn er die ganze Zeit nur noch Basketball spielen möchte? Und, nur ml angenommen, man verlangt von einem Jungen ständig, dass er da was hinmalt oder dort etwas zeichnet, und schließlich wird er sogar Vorsitzender der Deko-AG der Schule und am Elternsprechtag sagen die Lehrer zu seinen Eltern, wie wunderbar er malt, warum wird er dann zur Strafe aus der Klasse geschickt, nur weil er nicht aufhören kann zu malen? Michal, unsere Klassenlehrerin, sagt, das sei eine Frage des Maßes. "Alles mit Maßen, Shabi", hat sie zu mir gesagt. Und ihre roten Augenbrauen haben sich über ihrer Nasenwurzel fast getroffen und sie hat eine Falte zwischen den Augen bekommen.
2. Kapitel:
...
Nach einiger Zeit, kurz vor Pessah im letzten Jahr, fand in unserer Schule die Woche der Mörderspiele statt. Jedes Mal, wenn meine Mutter davon hört, wird sie weiß im Gesicht und sagt, es wäre langsam Zeit, mit diesem Blödsinn aufzuhören. "Was soll das sein", sagt sie dann," eine Woche Mörderspiele in der Schule? Hat man so was schon gehört! Und dann wundern sie sich, wenn es Gewalt unter Kindern gibt." Und sie erinnert mich daran, wie Uri in der Pause ein Loch in den Kopf bekam und wie seine Mutter erschrak. "Das fängt mit solchen Spielen an, genau damit! Und dann wundert man sich, wenn in Schulhäuser eingebrochen wird."
Ich finde die Woche der Mörderspiele lustig. Das heißt, früher habe ich das Spiel wirklich geliebt. Jeder bekommt einen Zettel mit dem Namen eines Kindes, das er töten soll. Das heißt natürlich nicht wirklich töten: Es reicht, einen Moment zu finden, in dem man allein seinem Opfer ist, dessen Namen man natürlich niemanden verraten darf. Und dann sagt man: "Du bist tot." Das ist alles. Der Getötete spielt nicht mehr mit.
Tag der Veröffentlichung: 09.10.2009
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