Tief atme ich ein. Süßlicher Tulpen- und Rosenduft füllt meine Lungen mit einem einzigartigen Gefühl der Lebendigkeit. Ich sollte nicht fähig sein dies zu empfinden. ,,Ich wünschte ich könnte für immer mit dir hier liegen.", sagt er und legt einen Arm um mich. Zusammen blicken wir in den blauen Himmel, in dessen Blau sich weiße Wattebausche tummeln. ,,Das wünschte ich auch.", sage ich und küsse ihn leicht auf den Mund. ,,Können wir das denn nicht?", er guckt erst in den Himmel, dann dreht er seinen Kopf in meine Richtung. Ich setze mich auf und schüttel leicht, fast unmerklich den Kopf. ,,Wollen wir nicht zum Strand gehen?", meine Finger greifen nach seiner Hand und ich ziehe ihn hoch bis wir beide aufrecht stehen. Er lächelt mich an und sein Lächeln ist so unglaublich aufrichtig und warm, dass mein Herz anfängt zu schmerzen. ,,Wie lange kennen wir uns nun schon Linda?", er sieht mich an, mit diesen tief grünen Augen und ich umarme ihn, damit er meine Tränen nicht sehen kann. ,,Ich bin nicht Linda. Vielleicht sehe ich so aus wie sie, spreche wie sie, schmecke und rieche wie sie, aber Linda ist tot und das weißt du.", denke ich, traue mich aber nicht es auszusprechen.
Der Sandweg der zum Strand führt ist nicht lang. Wir gehen Hand in Hand. Neben uns fliegen kleine Feen, über die weite, angrenzende Wiese. Ich beobachte ihn skeptisch, ihm scheint nicht aufzufallen, dass dies nicht der menschlichen Logik entspricht. Vor uns erscheint in hellem stürmischen blau das Meer. Der Sand unter meinen Füßen ist weich und warm, eine leichte Brise weht mir dunkle locken ins Gesicht. Und auf einmal ist da diese Frau vor mir. Sie scheint um die Vierzig zu sein, aber dunkle Ränder unter den Augen lassen sie älter wirken. ,,Andy..?", sie spricht leise und ich kann sie kaum verstehen. ,,Andy..?"Andy hat sie noch nicht bemerkt, er steht ein paar Schritte vor mir und blickt aufs Meer. Ich weiß mit einem Mal, wer die Frau vor mir ist. Sie soll verschwinden. Er ist noch nicht bereit. Er kann noch nicht gehen. Mein Hände greifen nach ihr, doch ich greife durch sie hindurch. Dann dreht Andy sich um. ,,Nein!", brülle ich doch meine Stimme wird von einem starken Windstoß davon getragen. Das Wasser zieht sich langsam vom Ufer zurück und für einen Moment ist alles Still. ,,Mama?", fragt Andy in die Stille. ,,Andy, bitte komm zurück. Bitte.", tränen laufen seiner Mutter, über die blassen Wangen. ,,Nein. Ich kann sie hier nicht alleine zurück lassen.", er nimmt meine Hand, doch seine fühlt sich nicht so warm an wie sonst. Ich rieche die salzige Luft nicht mehr. ,,Linda ist tot.", seine Mutter macht einen Schritt auf ihn zu. Er sieht erst sie, dann mich verständnislos an. Seine Hand lässt die meine los und da weiß ich, dass er es weiß. Ich weine. Ich weine wie ein kleines Kind, laut und rücksichtslos. Er sieht mich an und auf einmal werden seine Augen leer: ,,Wer bist du?", fragt er mich und auch ich werde leer: ,,Ich bin..", dann bricht die Welle über uns zusammen und der ewige Traum findet ein Ende.
1 Jahr und 6 Monate
Koma
Texte: Alle Rechte liegen bei mir.
Tag der Veröffentlichung: 02.09.2013
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