er saß. inmitten einer masse von kopflosen, hirnlosen verwunschenen. wie zinnsoldaten saßen sie in reihen, starrten nach vorne, in die toten augen ihres treibers, sklaventreibers, hinter verschlossenen fenstern, versteckt vor der weiten welt. er blickte hinaus, die wolken spielten fangen miteinander, der blaue himmel wurde besegelt von unbekannten vögeln, auf ihren schwingen der freiheit. der stift in seiner hand wanderte. die grauen schatten um ihn herum steckten ihre nasen in das buch, jagten den worten ihres lehrers hinterher. der stift wanderte, kratzte auf dem papier. sein blick schwankte träumerisch zwischen tafel und himmel hin und her.
allmählich füllte sich die seite, kreise und striche, scheinbar willkürlich nebeneinander gesetzt, begannen die welt dort draußen nachzubilden. er starrte weiter vor sich hin, lauschte mal den worten des lehrers, dann wieder dem vogelgezwitscher oder dem geflüster seiner sitznachbarn. den kopf auf die hand gestützt, schloss er für einen moment die augen und atmete die frische brise ein, die durch das fenster in seine richtung zog. als er die augen wieder öffnete, bemerkte er aus den augenwinkeln den lehrer neben ihm stehen, und spürte das arbeitsheft sachte auf seinem kopf aufschlagen. "tsukushima-kun, komm nach vorn und lös die aufgabe." das gekicher seiner mitschüler verärgerte ihn, als er wortlos aufstand und zur tafel schlurfte. er blieb kurz stehen, vor der schwarzen tafel, und drehte sich zur klasse, zig augenpaare auf ihn gerichtet, wie kameras, als wäre er objekt der perversion. es war als konnte er ihre gedanken lesen, abartig, abstoßend waren sie, wenn nicht gar verstörend. die pest wünschten sie ihm an den hals, weil er anders war, kein zinnsoldat, keine marionette. er drehte seinen körper zurück zur tafel und griff nach einem stück kreide, was ihm demonstrativ aus der hand sprang. mit einem weiteren kurzen blick nach hinten, beugte er sich vor, ignorierte das provozierende pfeifen in seinem rücken. ohne zu zögern begann er die formel aufzulösen, setzte zeichen um zeichen nebeneinander, bevor er mit einer verbeugung am seufzenden lehrer vorbeihuschte zurück auf seinen platz. selbst in seiner tagträumerei war er ein besserer schüler als die meisten dieser kopflosen, ironie des schicksals.
als der lehrkörper den unterricht im gewohnten tempo fortsetzte, blickte miki abermals aus dem fenster, verfolgte die wolken mit den dunklen augen, und hielt sie mit stift und papier gefangen. er mochte es zu zeichnen, es beschäftigte ihn, und war nicht so langweilig und spröde wie der frontalunterricht seines klassenlehrers. müde legte er seinen kopf auf den tisch und drehte sein gesicht richtung fenster. das warme licht der sonne kitzelte auf der haut, und miki fühlte wie seine lider langsam schwerer wurden. doch bevor er wegnickte, klingelte die pausenglocke und die stühle seiner mitschüler begannen zu quietschen. er hob den kopf und blickte um sich, im klassenraum in dem zuvor die diktatur des zeigstocks regierte, herrschte plötzlich reges treiben, die anderen liefen herum, stellten ihre tische zusammen um gemeinsam zu essen oder rannten hinaus um ein begehrtes strawberry cream sandwich oder yakisoba bread zu kaufen. blinzelnd legte er seinen kopf wieder ab und schloss die augen. "müde..." murmelte er zu sich selbst, bevor sein magen anfing zu knurren und ihn dazu zwang aufzustehen und sich ebenfalls was zu essen zu holen. sich durch die haare strubbelnd wankte er durch den flur, richtung mensa, nur um seinen mitschülern in die arme zu laufen. "na, omega? auf dem weg dir ein würstchen zu besorgen?" der größere der drei idioten grinste hämisch und beäugte miki von oben hinab. miki schaute ihn schief an und erwiderte das grinsen. dann trat er einen schritt näher heran und nahm die kronjuwelen seines gegenübers in die hand, jederzeit bereit festzuzupacken. "bietest du mir gerade dein würstchen an?" die ohren seines mitschülers liefen tiefrot an und miki wusste sofort, dass er noch jungfrau war. "fass mich nicht an, omega!" kreischte der andere entsetzt, bevor er sich umdrehte und wie eine schüchterne maid davonlief. seine kumpanen standen fassungslos da, starrten miki an bevor sie ihrem kumpel hinterherrannten. er hob die augebraue und schaute ihnen noch ein paar sekunden nach, bis er beschloss sich wirklich die kleinen würstchen in der tüte zu holen.
nachdem er in den klassenraum zurückgekehrt war, wollte er sich wieder an seinen platz zurücksetzen um zu essen, nur um geschmiere auf seinem tisch zu finden. wortlos betrachtete er das gekritzel, dinge wie "omega bitch" oder "fuck off, lowlife" standen dort, und emotionslos begann miki die farbe wegzuwischen. es waren bloß worte. worte, die er schon tausend mal gehört hat. worte, die schon lange nicht mehr dort trafen, wo sie treffen sollten. miki hatte sich schon längst daran gewöhnt verachtet zu werden. alphas fühlten sich halt wie übermenschen und liebten es ihre dominanz zur schau zu stellen. omegas waren ihnen nicht ebenbürtig, omegas waren abschaum für sie. als er endlich fertig war, biss er hungrig in sein essen. die leute um ihn herum lachten, kicherten, erzählten sich witze und bespuckten sich gegenseitig mit essen. miki war neidisch auf sie. freunde war alles was er wollte.
allmählich kamen die anderen aus der pause zurück, stießen ihn "aus versehen" an als sie sich an ihre tische setzten. miki verdrehte die augen, und lehnte sich vor, während er das kinn auf der hand aufstützte. was konnte man schon von typen erwarten, die in einer welt wie ihrer aufgewachsen waren? einer welt in der es ein sekundäres geschlecht neben den natürlich gegebenen männlich und weiblich geschlechtern gab, das aus einer mutation heraus entstanden ist. die menschheit ließ sich dadurch in drei kasten unterteilen, in alpha, beta und omegas. alphas standen aufgrund ihrer überragenden stärke, intelligenz und des charismas an der spitze der macht, die unmutierte bevölkerung sammelte sich unter der gruppe der betas, während omegas an unterster position standen. zu ihren mutationen gehörte die fruchtbarkeit von frau sowie mann und eine in monatsabständen einsetzende brunst oder heat. ein fakt, der nicht zu verleugnen war. miki hasste das kastensystem. es war nicht fair, er hatte es sich nicht ausgesucht ein omega zu sein. also warum sollte er sich irgendwelchen idioten beugen und unterwerfen? warum sollte er sich bloß als werkzeug zur fortpflanzung sehen? er war mensch, wie jeder andere auch.
"damit ist der unterricht beendet." hörte er den lehrer sagen, bevor dieser sein buch zuklappte und aus dem klassenraum verschwand. er blickte auf, die meisten seiner mitschüler waren bereits aufgestanden und machten sich daran ihre sachen zu packen, um zu ihren clubaktivitäten oder nach hause zu gehen. miki beugte sich zur seite und hob seine tasche an, als er zwei beine vor sich sah. genervt sah er hoch. "kann ich dir helfen?", fragte er, während er heft und stifte in die tasche fallen ließ. die drei affen wollten ihn einfach nicht in ruhe lassen. "wir haben noch eine rechnung offen, tsun-kun." der größte des dreigespanns grinste und ließ seinen zeigefinger knacken, bevor er seine pheromone ausstieß. unbeeindruckt stand miki auf und warf dem idioten einen verachtenden blick zu. "du weißt ganz genau, dass deine pheromone mich nicht jucken." er drehte sich vom mob weg, wurde aber an der schulter zurückgerissen. "und deswegen macht es so spaß mit dir zu spielen, tsun-kun.", grunzte das arschloch bevor miki seine faust küsste. die anderen schlossen sich an, begannen den taumelnden jungen in ihrer mitte hin und her zu schubsen, und verteilten hier und da ein paar ohrfeigen oder fausthiebe. die welt um ihn herum wurde dunkler, miki versuchte verzweifelt sich auf den beinen zu halten, den schlägen auszuweichen, aber sackte schließlich zusammen. omegas waren schwach und verletztlich.
Tag der Veröffentlichung: 12.10.2018
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