Cover

Wiedersehen


Ich sah ihr ins Gesicht. Ihre Augen blickten mich hinter der beschlagenen Brille an. Blutspuckend fasste sie mit ihrer zittrigen Hand an den Bügel. Verzweiflung sprach aus ihrem Gesicht. Ich sagte von oben auf sie herabblickend: ,,Wir sehen uns..." Mein Chidori in der linken Hand leuchtete auf und die Energie durchflutete mich. Sie kniff ihre Augen zusammen und wartete auf den Gnadenstoss. Hinter mir ertönte plötzlich eine Stimme. Sakuras Stimme. ,,Sasuke-kun!!!" Die Energie erstarrte in der Hand. Karin öffnete fragend ihr rechtes Auge. Sie lag ohne Fluchtmöglichkeit am Boden. Vor mir. Verachtend blickte ich diejenige an, die mich arg unterbrochen hatte: ,,...Sakura." Schwer atmend schaute sie mich an. ,,Was willst du von mir?" Ich sah Karin an, dass sie sich fragte, wer Sakura war. Plötzlich war das schwere Schnauben verstummt. Wieder erhob sie ihre Stimme und schrie mir zu: ,,SASUKE-KUN...! Ich werde dir folgen! Ich werde Konoha verlassen!!"

Sie machte einen gewaltigen Sprung nach vorne. Mein dunkler Blick verfolgte sie. Nun standen wir uns in einiger Distanz gegenüber. Ich sagte: ,,Du würdest nichts bekommen, wenn du mir folgtest... Was planst du?" Sakura antwortete schnell: ,,Ich plane gar nichts...! Es ist nur so... Ich habe es immer bereut nicht mit dir gegangen zu sein, als du Konoha verlassen hast!" Schweigend folgte ich ihren Bewegungen. ,,Ich werde alles tun, was du von mir verlangst. Ich will nicht mehr bereuen..." Mein Blick verhärtete sich. ,,Weißt du... was ich will?" Beschwichtigend hob sie die Arme. ,, Es ist ganz egal! Ich werde alles tun, was du sagst--" Ich unterbrach sie. ,,Ich will Konoha zerstören...! Das ist es, was ich will..." Geschockt sah sie mir direkt in die Augen. ,,...Würdest du meinetwegen Konoha verraten?" Eine Schweißperle rann ihr über die rechte Wange. ,,...Ja... Wenn... du es so wolltest..." Ich neigte meinen Kopf zur Seite und blickte sie durchdringend an. ,,Dann... wirst du es beweisen..." Meinen linken Arm auf die am Boden liegende und blutende Karin weisend, sprach ich zu ihr: ,,Wenn du sie tötest... Werde ich dich mit mir gehen lassen..." Der Schock war ihr deutlich anzusehen. Ich durchdrang sie mit meinem Blick wie ein silberner Pfeil einen Hasen. Es war nur schwer zu erkennen, doch Karin hielt unter dem Schweiße und Blute ihr rechtes Auge noch immer geöffnet und spähte nun zu Sakura, eine Reaktion abwartend. Der Angstschweiß glänzte auf ihrer hohen Stirn, doch in ihren Augen funkelte der Ehrgeiz und die Bereitschaft. Die Bereitschaft Karin zu töten.

Der Kunai klirrte in ihrer linken Hand, als sie diesen unter ihrem hellen Umhang hervorholte. Trotz des starken Blickes, zögerte sie und fragte: ,,Wer ist sie...?" Ich antwortete sofort: ,,Ein Mitglied meines Teams Taka. Wie du sehen kannst, ist sie mir jetzt nicht mehr nützlich... Sakura... Du bist ein Heiler, nicht wahr... Du wirst ein guter Ersatz für sie sein..." Sie überlegte kurz und schritt mit dem rechten Fuß vor. Langsam näherte sie sich ihrem Opfer. Ich ging zur Seite. Sie hielt sich den Kunai vor die pumpende Brust und blickte hinab. Ich schaute sie an. ,,Ist irgendetwas? Sakura... Kannst du es nicht tun...?" Mit zusammengekniffenen Augen schlenderte sie an mir vorbei und ihre Gedanken waren ihr förmlich ins Gesicht geschrieben. Sakura wog ab und stand mit sich selbst im Zwiespalt. Konnte sie ihre Prinzipien einfach so wegwerfen? Ja! Sie konnte und wollte. Mein Blick wanderte hinterher. Ihr Mund verzog sich und eine Träne kullerte die Wange hinunter. Dann stach sie zu. Das getrocknete Blut, das an Karins Mundwinkeln hing, wurde durch das Rot des frischen, überlaufenden Blutes bedeckt. Kein Schrei, keine Wehr, scheinbar kein Schmerz. Karin lag mit halbgeöffneten Augen und Mund da und blickte an Sakura, ihrer Mörderin, vorbei gen Himmel. Ja, ihr Tod hatte die so reine Seele der Kunoichi befleckt. Dennoch war ich nicht gewillt sie mitzunehmen. Zu tief saß ihr der sie schon bald zerfressende Schmerz in den bald schon zerbrechenden Knochen. Sie würde all das, was ich vorhatte nicht einfach hinnehmen können. Ganz egal, wie sehr sie mich noch liebte. Sie würde es nicht verkraften können. Ihr Herz war weich und schwach. Meinetwegen könnte sie diese Pläne garantiert nicht befolgen können, ganz egal, welche Fähigkeiten in ihr schlummerten. Wir waren halt aus anderem Holz geschnitzt.

,,Ich weiß, was du denkst. Doch ich habe mich geändert, Sasuke-kun... Ich werde mit dir gehen. Zu lange habe ich die Entscheidung, dir nicht einfach zu folgen und gemeinsam mit dir deine Rache und deine Pläne zu leben, bereut. Ich weiß, dass Kakashi sagen würde, dass du dich nicht von der Rache leiten lassen solltest, doch ich akzeptiere deine Entscheidung dein Leben so zu leben. Ich will dir helfen diese Bürde, diesen Schmerz zu halten. Also nimm mich mit. Ich werde tun, was du mir sagst."
Ich lachte und erinnerte mich kurz an die Zeit in Konoha zurück. Meine Freunde schauten mich an und lachten, doch sie verstanden absolut nichts. Niemand konnte meine Gefühle nachvollziehen. Ganz egal, wie sehr ihr Schicksal meinem auch ähneln mochte, ganz egal wie sehr sie mich verstehen wollten. Sie konnten es einfach nicht. ,,Ich bin nicht mehr der Sasuke, den du einst kanntest..." Wieder floßen einige Tränen. ,,Ich... weiß..." Ihr Atem ging stoßweise, doch sie versuchte es tapfer zu verbergen. ,,Liebst du mich?" Meine Frage schien sie wie ein eisiger Speer zu durchbohren und mit zittrigen Beinen verblieb sie stumm. Ich wandte mich ab und wartete. Wollte sie mich tatsächlich töten, dann hatte sie nun die Gelegenheit dazu. Meine Augen schmerzten und meine Sicht verschwamm. Die zerstörte Umgebung lag in einem seltsamen Schimmer vor mir. Doch selbst nach mehreren verstrichenen Sekunden hatte sie sich mir nicht auf einen Zentimeter genähert. Sie schien mich nicht töten zu wollen. Noch nicht.

,,Sasuke... Wohin wird die Reise gehen?" Ihre Frage erschütterte mich, hatte sie meine einfach ignoriert. ,,Ich..." Meine Stimme verstummte und ich hielt kurz inne. ,,Wir werden uns erst einmal rüsten und neue Verbündete suchen. Dann werden wir Konoha, dem Ursprung meiner Qual und meines Schmerzes, zerstören." Sakura trat einige Schritte auf mich zu. ,,Gut." Langsam hob ich die linke Hand und hielt sie vor meine Augen. Es war als würden sie im Höllenfeuer des Haures schmilzen und mir allmählich die Sicht und die Sinne rauben. Die Pein war unerträglich. Wie lange würde ich noch sehen können?

In einigem Abstand folgte mir meine neue Gefolgsfrau auf Schritt und Tritt. Ich bahnte mir meinen Weg durch die weiten Felsebenen und hielt meinen Laufrhythmus konstant. Es war hart mit schwammigen Blick durch die Weiten zu klettern, doch ich durfte mir nichts anmerken lassen. Ich konnte es mir nicht erlauben, dass Sakura mich für schwächlich hielt. Ich musste meine Stellung halten und ihr zeigen, dass ich hier der Boss war und sie mich nicht einfach überrumpeln konnte. Was ich auch tat, ihr Blick folgte jeder meiner Bewegungen. Mein Atemzüge würden unregelmäßig und ich hatte das Gefühl, dass mir die Tränenflüssigkeit ausgegangen war. Meine Augen schmerzten unheimlich und es war als würden die Augäpfel sogleich aus den Höhlen kullern. ,,Sasuke-kun... Was ist mit dir? Bist du in Ordnung...?" Sie sprang direkt neben mich und legte ihre Hand auf meine Schulter. Meine Wenigkeit schüttelte einfach nur den Kopf. ,,Vielleicht war der Kampf mit Danzou zu aufreibend für dich... Sollen wir eine Pause machen?" Ich schlug ihre Hand weg. ,,Nein. Deine Freunde werden mich nicht einholen und kriegen. Nicht jetzt." Fassungslos stand sie neben mir und senkte letztendlich den Kopf. ,,Zu spät!" Kakashi, Sai, Kiba und Akamaru und Lee hatten sich vor uns aufgebaut. Ich stolperte zurück. Der Kampf mit Danzou hatte mich zuviel Energie gekostet. Sai, Kiba, Akamaru und Lee war ich sicher noch besiegen zu können, doch Kakashi konnte ein ernsthaftes und zähes Problem werden. Mein Atem ging stoßweise und wieder hielt ich mir mit der linken Hand das Auge. In diesem Moment verströmten sie unendlichen Schmerz, der in meinem Innern zu explodieren und meinen Kopf zu zerfetzen drohte, und gaben Tränen des Blutes frei. Ich war nicht so weit gekommen und mich jetzt von irgendwelchen Konoha-Nins dritter Klasse erschlagen zu lassen. Nein, ich würde meine Rache vollenden! Und wenn es mich das verdammte Leben kostete!

Die Fünf formatierten sich in einer Dreieckskonstellation vor mir und versperrten mir die Fluchtmöglichkeit. Hinter mir stand Sakura, unschlüssig, was zu tun war. Sie alle standen unter einer Decke. Ich wusste es. Tiefeinatmend versuchte ich mich zu konzentrieren und das verbliebene Chakra in meinem Innern zu sammeln. Wo war Madara in diesem Augenblick, in dem ich seine Hilfe zum ersten Mal wirklich benötigte? Wenn ich es schaffte Susanoo zu aktivieren, dann würden alle untergehen. Sie würden sterben und ich könnte meinen Weg der Zerstörung und der Rache weitergehen. Ich schloss die Augen und öffnete sie schlagartig wieder. Hinter mir baute sich Susanoo auf und ich warf lachend meine Arme in die Luft. ,,Bereitet euch darauf vor hier und jetzt zu sterben!" Die Energie drang aus meinem Kopf und alles um mich herum wurde schwarz. Zerstörerischer Schmerz wand sich aus den Augäpfeln hinaus, an meinem ganzen Körper entlang und geschlagen ließ ich mich auf die Knie fallen. Mit beiden Händen verdeckte ich mein blutendes Gesicht und mein Stöhnen erfüllte unmittelbar die Luft. Hinter mir fiel Susanoo in sich zusammen und entfaltete ein schreckliches Bild des Todes und der Qual. Ich war blind.

Keiner meiner Gegner rührte sich vom Fleck, nur der schwache Herzschlag in meinem Ohr erklang im Rauschen des Windes. Es war als würde der Wind weinen und um mich trauern, doch ich brauchte kein Mitleid. Ich musste meine Rache leben. Ich stand wieder auf. Selbst wenn ich nun sterben würde, würde meine Seele weiterhin nach Vergeltung dürsten. Ja, erst wenn Konoha fiel, dann würde meine tote Seele endlich Ruhe finden. Mein unbrauchbarer Körper jedoch würde ehrenvoll wie ein Uchiha sterben.

Um mich herum war nichts außer die erdrückende Dunkelheit und ich vernahm nur das schwache Geschrei der angreifenden Shinobi. Mein Körper hielt der ganzen Belastung nicht mehr all zu lange stand und allmählich fing ich an zu zweifeln, ob ich mich noch bis zum bitteren Ende auf den Beinen halten konnte. Angestrengt kniff ich die Augen zusammen und kurz flimmerten die Gegner vor mir auf. Das Geschrei kam mit jedem Mal näher und betäubte meine Ohren, die ich jetzt doch so dringend benötigte. Dann kamen Schläge einer nach dem anderen, der Wind zog scharf an mir vorbei und wirklich alles war mit einem Mal totenstill. Ich wartete auf den elenden Schmerz, der meinen erschöpften Körper durchzucken suchte, doch ich spürte nichts. Wieder öffnete ich die Augen und kniff sie konzentriert zusammen. Was war hier los? Erneut erhaschte ich einen kurzen Augenblick des Stillstandes. Sakura stand nun vor mir und um sie herum hatten sich ihre Kameraden gescharrt. Kakashi hatte seine rechte Hand tief in ihre Brust gebohrt und blutspuckend drehte sie sich zu mir um.

Ich spürte ihren erkaltenden Körper direkt neben mir und wurde von einer feuchten und warmen Hand an der Schulter berührt. Der schwere Geruch des Todes lag über uns und im nächsten Moment hüllte uns ein süßlicher Luftzug ein.

Das schwere Atmen der jungen Kunoichi neben mir entfernte sich in Richtung Boden und mich vorantastend suchte ich die schwerverwundete Sakura. Sie hatte mich nicht verraten. Nein, im Gegenteil. Sie hatte sich für mich geopfert. Für mich, denjenigen, den sie liebte und doch denjenigen, der ihre Heimat mit dem Bild der Zerstörung vertraut machen wollte. Meine zitternden Hände machten die blutüberquellende Wunde schnell ausfindig und zeigten mir das Bild der Verzweiflung: Sakura war nicht mehr zu retten. Sie würde sterben. Hier und jetzt.

,,Sasuke-kun... Ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt. Ich will nicht das du weggehst... Bleib bei mir bis ich drüben bin..." Ich blieb stumm. Wie sollte ich darauf antworten. Vorsichtig tastete ich ihren Körper nach der kalten Hand ab und hielt sie sanft in meiner. Ich wusste nicht, was zu sagen war. Wir waren einst Team Mitglieder von Team 7 gewesen und hatten uns eigentlich auch gut verstanden, doch die Jahre meiner Abtrünnigkeit hatten uns auseinandergerissen und die Saat des Hasses zwischen uns gesät. Uns verband nichts mehr. ,,Sasuke-kun... Ich werde auf dich warten..." Die Energie entwich schlagartig aus Sakuras Hand und die Spannung ihrer Muskeln ließ sogleich nach. Das Blut war inzwischen erkaltet und tauchte den Erdboden höchstwahrscheinlich in ein tiefes rot. Sie war tot. Mein Herz verkrampfte sich kurz, doch ich stand wieder auf. Ich hatte keinen Plan wo ich war, geschweige denn meine Gegner waren.

Die Dunkelheit hatte vollends Besitz von mir ergriffen, ich musste Madara Uchiha finden. Doch wie? Als ich mich von der Leiche abwendete, durchdrang ein heftiges Stechen meine Augen und meine Sicht wurde wieder klar. Vor mir lag eine wunderschöne Wiese, gesäumt von weißen Kirschblüten, die sich in Sakuras Blut allmählich rosarot färbten. Hastig drehte ich mich um, doch Sakuras Körper war fort. War sie wirklich tot? Vielleicht. Doch tief in meinem Innern hoffte ich inständig, dass sie noch lebte.

Dann wandte ich mich von diesem wundersamen Ort, der mir das Augenlicht zurückgebracht und doch die Liebe meines Lebens geraubt hatte ab und schaute gen Zukunft. Ich hatte einen Plan und wusste wohin er mich führen würde. Dennoch war ich voller Zuversicht, denn nur ich allein kannte diese Wiese und wusste, dass Sakuras Geist und ihre Liebe hier auf mich wartete.

.................................................................................................


Ich öffnete die Augen und blickte in Sakuras lächelndes Gesicht. Wir wollten gemeinsam trainieren. Lachend hüpfte ich auf und schüttelte mich. Der Traum würde immer in meinem Herzen bleiben und hoffnungsvoll blickte ich erst zu Sakura und dann zum Horizont, wo der Wind die blutigen Kirschblüten davontrug.

Impressum

Bildmaterialien: http://s2d1.turboimagehost.com/sp/5329032a234bd554a5bd027d89e81936/naru_sasusaku_sl1_facedetail.jpg
Tag der Veröffentlichung: 17.02.2012

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /