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Ich sah’s in der zweiten Reihe, mein Blick gesenkt. Nie meldete ich mich in der Schule, alle dachten ich wäre schüchtern, niemand wusste es, mein Geheimnis, das solange auf mir mit Schmerzen liegt bis ich sterbe.
Mein Lehrer wunderte sich warum ich mich nie meldete, warum ich Blickkontackte vermeidete. Aber er fragte mich nicht, aber ich merkte, dass diese Frage auf ihm beruhte, und dass er sie irgendwann fragen würde.
Kein Junge interessierte sich für mich, ich sah nicht schlecht aus, doch noch niemand hatte meine Augen richtig gesehen. Meine Freundinnen versuchten mit mir zu reden, doch sie bekamen kaum ein Ton von mir zu hören.
Ja so war mein Leben, es war traurig und einsam, die meiste Zeit sah’s ich in meinem Zimmer und weinte, schrieb Bücher, über mein Leben, aber gab nie meinen richtigen Namen an. Es war schrecklich, es war einfach schrecklich. Meine Mutter trug das Geheimnis schon lange mit sich, sie hatte keinen Mann aber wollte immer ein Kind, sie hat mich durch eine Samenspende von einem Unbekannten Mann bekommen. Sie war wunderschön so wie ich. Aber trotzdem meideten wir beide den Blickkontakt auch zu einander. Ich hatte noch nie ihre Augen gesehen. Meine Mutter kam nie zu einem Elternabend, was ziemlich Aufregung brachte, und ich musste dann immer zu meinem Lehrer, dem Herr Müller, ich schaute ihn nie an, ich kannte von niemanden die Augenfarbe. Es war so schrecklich, keiner würde mit mir tauschen wenn er könnte.
Doch als ich wie immer ruhig an meinem Platz sah’s, und nichts sagte rufte mich Herr Müller auf, ich sagte ihm die Antwort aber schaute ihn nicht an. Er flippte aus: "Warum schaust du mich nie an, wenn du mit mir redest? Das ist sehr unhöflich! Man schaut Leute an wenn sie mit einem reden! Schau mir jetzt genau in die Augen, oder wir gehen zum Direktor!" Ich schloss meine Augen noch mal tief und versuchte mich nicht aufzuregen was scheinbar unmöglich war. "Also gut, wie sie wollen." Ich öffnete meine Augen und schaute Herrn Müller direkt in die Augen, er hatte braune Augen, schön waren sie. Meine Mitschüler die in der ersten Reihe sahsen drehten sich um, und merkten nicht wie es Herr Müller auf den Boden legte. Es war klar, so wie alle die mir in die Augen schauten, wurden gefoltert und konnten eine Gedankenübertragung mit mir machen. Aber es ging nur wenn ich die Person liebte, die mir in die Augenschaute, wenn ich sie hasste, wenn ich mich aufregte über sie, oder wenn ich sie nicht einschätzen konnte. Plötzlich wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, Herr Müller flehte mir in Gendanken: "Hör auf, bitte, bitte hör auf!" So habe ich ihn noch nie gehört! "Sage mir nie wieder, dass ich dir in die Augen schauen soll!", antwortete ich zurück. "Ja", sagte er. Ich schaute auf mein Blatt. Und Herr Müller stand langsam wieder auf, er rieb sich seine Beine. Ich hatte also seine Beine gefoltert! Ich will nicht mehr. Herr Müller schaute mich an. Er fragte sich, was passiert sei und wie es möglich ist. Das konnte ich lesen. Ich fing an zu weinen. Er hatte wunderschöne Augen, ich glaube viele hatten wunderschöne Augen, und ich konnte sie alle nicht sehen. Herr Müller kam zu mir. "Was ist denn los?“ „Nichts!“, sagte ich traurig.
Nach der Stunde kamen viele Leute zu mir und fragten was passiert sei. Ich sagte ich wüsste es nicht. Doch tief in meinem Herzen wollte ich es sagen, was passiert war.
Als ich traurig nach Hause lief, und mir klar wurde, dass ich ganze lange 14 Jahre verpasst hatte und dass ich auch noch weitere 70 Jahre verpassen würde, kam Janis um die Ecke. Ich konnte ihn nicht einschätzen, aber er schien nett zu sein. „Hallo.“, sagte ich mit unheimlicher Stimme, ich konnte mich gar nicht kontrollieren. „Hey Jane! Na alles klar?“ „Wie man‘s nimmt…!“, meine leise, traurige Stimme wurde Finster als ich an den Vorfall heut Nachmittag dachte. „Oh ich frag lieber nicht, was passiert ist!“ „Danke!“, sagte ich, den Blick immer noch gesengt. „Warum schaust du eigentlich niemanden an? Du bist gar nicht schüchtern, richtig? Du hast etwas anderes!“ „Oh nein es ist eher das Schüchterne, was mich so belästigt!“ „Oh ich werde es noch herausfinden liebe Jane!“ Ich weinte. Warum kann ich niemand die Wahrheit sagen? Warum muss ich immer lügen? „Hey du weinst ja!“ „Nein ich weine nicht, es ist nicht…“ Dann umarmte er mich. Ich wusste gar nicht wie mir geschieht, es war himmlisch, doch ich durfte mich nicht verlieben, das ging nicht. „Ich muss weg!“ „ „Jetzt schon? Ich hätte dich gern noch zu einer Cola eingeladen, schade okay! Geht’s vielleicht morgen?“, sagte er etwas stotternd aber auch enttäuscht. „Janis ich werde nie Zeit haben, nie, es geht nicht! Es gibt noch 1 000 000 andere Mädchen, glaub mir, sie sind alle besser als ich.“ Ich weinte, warum ich, warum musste ich diese blöden Augen haben? Dann lief ich, ich wollte weg, einfach nur weg! Vor den erst besten Zug springen? Ich will nicht mehr! Ich kann nicht mehr!

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Tag der Veröffentlichung: 18.01.2010

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