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Null





Der Druck steigt mir schon nach wenigen Sekunden in die Ohren. Meine Sicht ist verschwommen, meine Augen sind fast ganz zugekniffen. Die Luft, nach der ich noch schnappen konnte, weicht schon aus meinen Wangen. Als Notfallversorgung verschlingt meine Lunge sie gierig. Mehr Luft schnappen kann ich nicht, Wasser würde in meine Organe fließen, ich würde versuchen zu husten, dabei aber noch mehr Wasser verschlucken.
Nach wenigen Minuten, vielleicht auch nur nach Sekunden wäre ich tot, begraben unter lauwarmen Wassermassen.
Aber was würde das schon verändern? Solange ich lebe, bin ich dennoch tot.
Mit schweren Armen greife ich nach den Händen, die mich gleichzeitig an den Haaren ziehen und mit einer erschreckenden Kraft nach unten drücken.
Es kribbelt an meiner Nase, ich muss unwillkürlich niesen. Atme Chlorwasser ein, muss husten, verschlucke noch mehr.
Nein!, schreit etwas in meinem Kopf.
Nein, nein, nein. Wie aus dem Nichts kehrt mein Widerstand zurück, ich strample heftig mit den Beinen.
Wie von meiner plötzlich auferstandenen Willenskraft überrascht, zucken die Hände über mir zurück und verschwinden schließlich.
Mir bleibt nicht die Zeit, zu überlegen, ob es an mir lag oder nicht.
Meine Lunge verlangt lautstark nach Luft, ich höre es in meinen Ohren pfeifen.
Ich tauche auf, taste nach dem Beckenrand und hieve mich hoch. Kotze auf die sandigen Steine und wische mir den Mund mit dem Handrücken ab.
„Bist du bescheuert?“, keuche ich, drehe mich angewidert von meinem Erbrochenen fort. Der Gestank steigt mir in die Nase.
„Ich konnte einfach nicht…“, verteidigt sich der Schwachkopf. Nur beiläufig registriere ich, dass er sich auf ein paar Steinen zusammengekauert hat.
„Wieso hast du nachgegeben?!“, herrsche ich ihn an. Obwohl ich auf mich selber sauer bin.
„Als du gestrampelt hast…ich dachte, du wolltest vielleicht doch noch…ich dachte, du hättest es dir anders überlegt.“, wimmert er.
Verschämt über mich selber, lege ich meinen Kopf in meine Hände. Scheiß Abwehrmechanismus. Wieso muss mein Körper an einem Leben hängen, dass ich nicht mehr will?
„Ich hab es mir anders überlegt.“, erwidere ich nach einigen Sekunden Stille.
„Ehrlich? Das ist ja großartig! Es gibt so viel, wofür es sich zu leben lohnt! Du wirst schon sehen, jetzt, wo du gar nicht mehr sterben willst!“, sagt er, klingt erleichtert.
„Du bist ein Scheiß Feigling.“, schneide ich ihm das Wort ab. „Ich mach es selbst.“
Seine Augen weiten sich. „Was?“
Er scheint entmutigt. Wie es sich wohl anfühlt, so was zu wissen? Ob er es jemandem erzählen wird? Ich will hoffen, dass er es sein lässt. Wir haben einen Pakt geschlossen. Wenn er mir hilft und die Klappe hält, kriegt er mein Erspartes. Was für ein geldgeiler Idiot er ist. Auf meinem Konto befinden sich allerhöchstens 50,61 Euro. Allerdings ist das auch nicht mehr relevant.
„Ich bringe mich selbst um.“


Impressum

Texte: Copyright 2012 by Ayva Reynson
Tag der Veröffentlichung: 23.09.2012

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