Du bist schön, denn dein Körper hat keine Fehler,
er ist glatt, pickellos, faltenlos, alterslos.
Er ist ein Traum: mit bunten Tasten und glänzend.
Er ist kalt.
Du bist schön, denn dein Denken ist logisch und rational.
Es ist ohne Umwege, mathematisch, wissenschaftlich.
Es ist wundervoll, denn es ersetzt mein Nachdenken.
Es ist unmenschlich.
Du bist schön, denn dein Gesicht ist nie durch Tränen entstellt.
Du kennst keinen Hass, keine Wut, keine Traurigkeit - keine Freude.
Du kennst keine Liebe -
Du bist gefühllos.
Du bist schön.
Du musst schön sein, denn sie sagen, du bist die Zukunft.
Du musst schön sein, denn die Zukunft muss schön sein.
Du bist schön?
Susanne Pfister
'Endlich habe ich es geschafft! Es ist soweit. Sie ist perfekt.', Bert sah nochmal von seinem Notizblock auf, um sein Meisterwerk zu begutachten, und seufzte - zum Teil aus Zufriedenheit, aber auch aus Erleichterung. Denn nun, da er sie fertiggestellt hatte, konnte ihn das Komitee nicht mehr entlassen. Jetzt hatte er endlich Zeit, sich auszuruhen und mit ihr anzugeben. Und wie er das machen würde, oh ja! Denn sie war perfekt, das ließ sich nicht bestreiten. Mit einundzwanzig seinen ersten Erfolg zu haben, war hart, aber die fünf Jahre lange harte Arbeit hatte sich gelohnt.
Bert richtete seine Brille und fuhr sich noch einmal durch die schweißnassen Haare, bevor er aufstand und auf sie zuging.
Sie stand so reglos und brav da, ihre Augen waren geschlossen. Wäre sie kein Roboter, hätte man sie glatt für tot halten können.
Er rümpfte die Nase. Den Begriff 'Roboter' mochte er nicht. 'Künstliches Leben' klang in seinen Ohren sehr viel gerechter.
Er streckte die Hand nahezu liebevoll nach ihrem Nacken aus und drückte die eingedellte Stelle hinter ihrem Ohr ein. Das Mädchen reagierte langsam und öffnete blinzelnd die Lider. Sie sah ihn aus ihren blauen Augen an, auf ihr Gesicht schlich sich ein angedeutetes Lächeln.
'Sie ist wunderschön. Dunkle, blaue Augen, die an den Ozean erinnern, dunkelbraune Wimpern, schmale, gerötete Lippen und Wangen, Stupsnase. Ihre langen, gewellten, hellbraunen Haare fallen ihr sanft um das Dekolleté und schmeicheln ihrem schmalen Gesicht. Ihre Haut ist weich und makellos, natürlich. Ich messe 1,65 m. Wie gesagt, sie ist perfekt. Mein erstes Meisterwerk. Aber nicht mein Letztes.'
Er lächelt bei dem Gedanken, ohne zu wissen, dass er log.
„Hallo.“, begrüßte er sie, aber er stockte kurz. „Hallo Tea.“ Das Komitee hatte ihm eingebläut, dass der Name unbedingt etwas zu bedeuten haben müsse. Bei einem Roboter.
„Technologic Electronic Art“, murmelte er. Tea. Er lächelte. Aber sie konnte nicht nur Tea heißen, fand er. Der Name war zu normal. So menschlich.
Bert räusperte sich. „Hallo Teatlara.“
Tea's Kopf hob sich und sie lächelte ihn an. „Wasnlos.“
Bert runzelte die Stirn und setzte den Stift wieder an.
'Sprachfunktion muss verbessert werden.'
Immerhin war sie fähig, ihren Mund überhaupt zu verwenden. Kein großer Erfolg, aber ein Erfolg.
Trotzdem konnte er seine Enttäuschung nicht verbergen.
Nachdenklich legte er den Block weg. Irgendwas hatte er vergessen. Aber was?
Wie ein Zahnarzt fing er an, ihre Lippe anzuheben. Sie reagierte, indem sie ihren Mund weit Aufriss und ihm die Zunge rausstreckte.
„Ey.“, lachte er sichtlich entzückt. Sie war frech. Süß.
Er packte die rosarote Zunge und lugte darunter. Der Sprachchip war noch da, aber leicht verbogen.
„Mist. Jetzt muss ich einen neuen kaufen.“, murmelte er verärgert.
Er wollte seine Hand gerade von ihrer Zunge lassen, als ihr Mund zuklappte und ihre Zähne in sein Fleisch hackten.
Er schrie erschrocken auf und riss seine Hand weg. Was stimmte denn nun schon wieder nicht?
Aufgeregt steckte er seine blutende Hand in seinen Mund und ging noch einmal seine Notizen von ihrem Bau durch. Wo war der Fehler? Sie war doch so perfekt! Verdammt!
Aber er konnte nirgends irgendetwas entdecken. Er hatte alles richtig gemacht.
Verwirrt warf er einen Blick über seine Schulter und sprang verängstigt auf. Tea's Augen hatten sich blutrot gefärbt und stierten ihn angriffslustig an.
„Okay, okay! Hier ist nur irgendwo ein Programmfehler!“, hektisch begann er seine Stapel von Notizen durch den Raum zu schleudern, bis er ein knurrendes Geräusch vernahm, das ganz sicher nicht aus seinem hungrigen Magen stammte.
Tea kam auf ihn zu, so anmutig, wie er es nie für möglich gehalten hatte, wie ein Raubtier auf der Jagd nach Futter. Und heute schien Bert auf dem Speiseplan zu stehen.
Er fluchte leise und flüchtete sich auf seinen Schreibtisch, rutschte aus sämtlichen Blättern aus und ritzte sich beide Knie auf, während er den versuchte an das Fenster an der Wand zu kommen.
Welcher Idiot hatte ihn in dieses lächerliche kleine Zimmer verbarrikadiert, wo es nur ein Fenster gab, dass auch noch zehn Meter über dem Boden eingebaut war.
Stimmt ja. Das war er selbst.
'Idiot!'
Tea war inzwischen längst am Schreibtisch angelangt und sprang mit einem Satz darauf. Bert holte erstickend Luft und drehte sich zu ihr. Er würde doch eh nicht an das Fenster herankommen. Unmöglich. Sein Meisterwerk holte mit der perfekten Hand aus. Bert ließ sich gerade rechtzeitig fallen, bevor ihre Hand ein Loch in die Wand hinter ihm schlug.
Seine Augen leuchteten kurz vor Begeisterung auf. Sie war so unglaublich stark! Und anmutig, und elegant und böse! Was hatte er da nur für ein wundervolles Geschöpf erschaffen? Wäre sie nicht gerade dabei gewesen, ihn umzubringen, hätte er sie dazu benutzen können, dem Komitee zu zeigen, wo es lang geht!
Irritiert schüttelte er den Kopf. Er sollte aufhören, sich darüber Gedanken zu machen und sich schleunigst aus dem Staub machen.
Sein Blick hatte sich schon auf die schmale Holztür fixiert, als Tea ihn am Kragen packte und gegen die Wand schleuderte.
Sich vor Schmerzen krümmend lag er jämmerlich am Boden, unfähig, etwas gegen seine eigene Kreation zu unternehmen. Könnte er sie doch nur abschalten, oder so!
Moment. Er fuhr hoch, bereute es aber sofort, als ein stechender Schmerz durch seinen Arm fuhr. Die blauen Flecken zu zählen würde Monate dauern. Er hatte sich noch nie geprügelt. Schon immer war er ein Außenseiter gewesen, hatte sich darauf verstanden, sich vor den großen Jungs zurückzuziehen. Er war seit er denken konnte, Erfinder gewesen. Ein Streber. Ein kleiner, brillentragender Nerd.
Erschöpft seufzte er. Hätte er doch nur mehr aus seinem Leben gemacht! Aber jetzt saß er hier im Begriff zu sterben.
Nein. Er hatte noch eine Chance.
Tea kam sadistisch lächelnd auf ihn zu. Wankend richtete er sich auf, blendete einfach mal die qualvollen Schmerzen, die durch seinen Körper zuckten, aus und brachte ein tapferes Lächeln zustande. Wenn er schon sterben sollte, dann ehrenvoll.
Sie machte einen Hechtsprung auf ihn zu, er wich aus und sie knallte voll mit dem Kopf an die Wand. Aber sie richtete sich glich wieder auf.
Schnell fuhr Bert seine Hand aus und krallte sich in ihren Nacken.
Er wusste nicht, ob er den Knopf getroffen hatte, aber sie jaulte auf und fiel zu Boden. Dort blieb sie liegen.
„Das hätte nicht so weit kommen müssen...“, sagte er leise und wischte sich der Hand eine Träne aus dem Augenwinkel. Sie war doch perfekt gewesen. Jetzt stand er wieder am Anfang. Mit Nichts.
Aber vorerst wollte er hier nur raus. Frische Luft würde ihn bestimmt beruhigen. Er könnte in die Bäckerei nebenan gehen und die Kellnerin mal ansprechen. Das, was er sich nie getraut hatte. Ja, das würde er tun.
Bert schloss sie Tür hinter sich, ohne zu merken, wie sich Tea noch einmal regte.
Und draußen fiel die Welt gerade in sich zusammen. Er sah noch, wie die Kellnerin kreischend mit erhobenen Händen an ihm vorbei rannte, als sich ein Haufen Roboter auf sie stürzte.
Ich würde mich freuen, wenn ihr ab und zu nachguckt, ob ich weitergeschrieben habe.
Ich werde auf jeden Fall versuchen, mindestens jede Woche etwas neues zu schreiben, ich habe schon so viele Ideen!
Mir fehlt lediglich die Zeit.
Danke. :)
Texte: Copyright by me.
Tag der Veröffentlichung: 03.12.2011
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Ich widme dieses Buch der Welt. Roboter sind böse - aber süß.