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Drachenjagd

 

 

 

 

Delphoi im Jahre 277 vor Christus

 

Trete dem Tode stets lächelnd entgegen!

Die Worte des alten Spartaners Leonidas waren kein Trost für Lysandra, die auszog, um einen Drachen zu töten – oder, was wahrscheinlicher war, von diesem getötet zu werden. Blicke voll Mitleid spürte sie auf sich, als sie durch die gepflasterten Straßen Delphoís ging – dem Tod entgegen.

Menschen tuschelten und starrten unverhohlen zu ihr herüber.

Ein alter Mann schüttelte den haarlosen Kopf. »Der Junge muss dem Irrsinn verfallen sein.«

»Ist das nicht Lysandros, der Ziehsohn der Nerea? Weiß sie davon?«, fragte eine verschleierte Frau hinter vorgehaltener Hand.

Eine andere beugte sich zu dieser vor. »Noch dazu ohne Rüstung. Der kann nur des Wahnsinns sein.«

»Ihm wird keine passen, so dünn, wie er ist. Außerdem hat sie all den anderen vor ihm auch nichts genutzt …«

»Was für ein hübscher Bursche. So jung und bald schon tot. Ein Jammer!« Eine ältere Frau niederer Herkunft mit fadenscheinigem hellbeigen Gewand schüttelte ungläubig den Kopf.

Ein junger Mann lachte sie aus. »Ach, redet keinen Unsinn! Jeder weiß, dass Lysandros so furchtsam ist, dass er vor seinem eigenen Schatten flieht. Der geht nie und nimmer zur Drachenhöhle hinauf. Dies ist ein einziger Betrug!«

Lysandra versuchte die Worte der Leute zu ignorieren. Es waren allesamt Einheimische, denn vor den Fremden versuchte man, die Bedrohung durch das wiederauferstandene Ungeheuer Python geheim zu halten.

Lysandra, die seit frühester Kindheit als Junge verkleidet worden war, wollte endlich die Tat eines Mannes vollbringen, wenn sie schon niemals eine Frau sein könnte. Sie schritt vorbei an den Menschen, die auf den von Oliven- und Pinienbäumen gesäumten Steinbänken saßen. Flammen schlugen aus Feuerschalen empor und entließen feine Gespinste aus Rauch in die Höhe des Firmaments, von dem die Nachmittagssonne gleißend zu ihr herunterstrahlte.

Da sie schwitzte, teilte Lysandra mit einer Hand ihr schulterlanges dunkelbraunes Lockenhaar im Nacken. Sie durchschritt das dem zweigipfligen Berge Parnassós zugewandte Tor in der Stadtmauer von Delphoí. Steinig und gefährlich wanden sich die Straßen von Hellas durch eine nicht weniger gefährliche und unwirtliche Gegend voller karger Felsen, verdorrtem Gestrüpp und tödlichen Schluchten. Vereinzelt wuchsen Lorbeer-, Erdbeer- und jene Olivenbäume, welche das beste Öl des ganzen Landes lieferten.

Der Buchstabe Lambda befand sich auf dem Schild, den Lysandra vom alten Leonidas hatte. So trat sie paradoxerweise mit dem Schildzeichen der unbeliebten Spartaner gegen das Böse an, das Delphoís Untergang verhieß.

Allein die Verzweiflung trieb sie voran – weniger die Aussicht auf den Lohn von einhundertvierzig delphoíschen Drachmen. Sie tat es für sich selbst, wollte endlich den Hänseleien ihres Ziehbruders Damasos entkommen und den Schmähreden der anderen Männer, die sie für einen Schwächling hielten.

Lysandra trug einen Xyston, eine etwa elf attische Fuß messende Stoßlanze, wie sie auch von Fußsoldaten verwendet wurde. Sie war in etwa doppelt so lang wie Lysandra groß. Sie hoffte, damit den Panzer des Drachen durchbrechen zu können, um sein schwarzes Herz zu durchbohren. Dies, so sagten die Orakeldiener von Delphoí, sei die einzige Stelle, wo das Untier verletzbar sei. Des Weiteren trug Lysandra neben ihrem Bogen, den gewöhnlichen Pfeilen, den Brandpfeilen und ihrem Dolch einen Kopis, ein weiteres Erbstück des Spartaners Leonidas. Dabei handelte es sich um ein Kurzschwert mit vorne breiter werdender, asymmetrischer Klinge.

In der Corycischen Höhle hauste der Drache. Während sie den steinigen, gefährlichen Pfad hinaufkletterte und dem Untier immer näher kam, konnte sie nicht verhindern, dass Furcht sie befiel. Es gelang ihr, das Zittern ihrer Glieder zu unterdrücken, doch ihr Herz raste unvermindert weiter.

Einst huldigte man in der Corycischen Grotte den Musen und dem großen Gott Pan. Die Thyriaden, delphoísche Frauen im Gefolge des Dionysos, feierten alle zwei Jahre Orgien auf dem Berge. Das Fest stand in diesem Jahr noch bevor, doch solange der Drache dort hauste, konnte es natürlich nicht stattfinden. Lange würden die Delphoíer den Drachen nicht mehr geheim halten können.

Lysandra brauchte etwa zweieinhalb Stunden für den Aufstieg. In der Nähe der Höhle bemühte sie sich, so leise wie möglich zu sein, denn das Ungeheuer sollte sie möglichst spät entdecken. Sie bezweifelte ohnehin, dass es ihr gelingen würde, es zu überraschen. Gewiss besaß es ein dem der Menschen weitaus überlegenes Gehör, ganz zu schweigen vom Geruchssinn.

Nur durch eine List oder ihre Schnelligkeit würde sie es besiegen können. Lysandra lauschte, vernahm jedoch nichts als das Sausen des Windes, der über die steilen, zerklüfteten Felsen strich. Die Geckos und Smaragdeidechsen, deren Wege sie kreuzte, bewegten sich beinahe lautlos zwischen den kargen Gräsern und Flechten.

Lysandra bezweifelte, dass es sich bei dem Ungeheuer um die legendäre Schlange Python handelte, die wiederauferstanden sei. Warum sollte sie gerade jetzt zurückkehren nach so langer Zeit? Konnte man Apollon nicht vertrauen, sein Werk vollendet zu haben und stattdessen den Python versehentlich am Leben gelassen zu haben? Nein, denn würde es sich um dieselbe Kreatur handeln, so hätte sie Delphoí bereits viel früher heimgesucht oder zumindest hätte es Anzeichen ihrer Existenz gegeben. Wie sollte Lysandra außerdem eine Kreatur töten können, die so alt war wie die Zeit und unbesiegbar selbst für den Gott Apollon?

Ihr Mund war trocken. Ihre Zunge fühlte sich pelzig an. Der sichere Tod stand ihr bevor, doch zumindest wollte sie einmal ihren Mut beweisen oder lieber sterben. Sie war sich des Lebens in Feigheit überdrüssig und der Hänseleien, die am Tag zuvor eskaliert waren. Ihr Ziehbruder Damasos und seine Freunde hatten sie derart verspottet, dass sie heute noch außer sich war. Keinen Tag länger wollte sie dem Hohn der jungen Männer ausgesetzt sein. Lieber verbrannte sie im Feuer des Drachen.

Ein Stein löste sich unter Lysandras Sohlen und rollte den Berg hinab. Ihre Hände, mit denen sie die Stoßlanze umklammerte, waren feucht. Der Eingang der Grotte geriet in Sichtweite. Sie konnte ein gutes Stück hineinsehen, doch den Drachen erblickte sie nicht. Womöglich verbarg er sich tiefer in der Höhle.

Plötzlich durchdrang ein Fauchen die Luft. Lysandra erschrak, überwand jedoch sogleich die Starre und duckte sich weg, gerade rechtzeitig, bevor die riesigen Klauen der Kreatur sie zerfetzen konnten. So einfach wollte sie es dem Drachen nicht machen, sie zu töten. Der Luftzug gewaltiger Schwingen riss ihr an Haar und Gewand.

Lysandra sprang hinter einen Felsen und lugte vorsichtig über den Rand. Die überlebenden Krieger hatten sich definitiv geirrt: Dies war nicht Python. Von jenem Drachen, der einer geflügelten Schlange ähnelte, konnte keine Rede sein. Dieses Wesen besaß den Leib einer gigantischen Katze, eines Löwen, wie sie durch die Erzählungen der Älteren wusste, und den Kopf sowie die Flügel eines Adlers. Es handelte sich eindeutig um einen Greif!

Seine Schwingen verfinsterten den Himmel, als er erneut angriff. Durch irgendetwas irritiert hielt er mitten in der Luft inne, legte den Kopf schräg und musterte sie heimtückisch aus seinen starren, kalten Raubvogelaugen.

Lysandra nutzte seinen kurzen Moment des Zögerns – was auch immer diesen verursacht haben mochte – und warf die Lanze in Richtung seines Herzens. Keine Schuppen hinderten sie daran, er besaß nur golden schimmerndes Fell. Blut quoll heraus, wo ihn die Lanze getroffen hatte, jedoch nicht allzu tief eingedrungen war. Sein Schrei durchdrang die Luft und erschütterte alles. Klang er gar entfernt menschlich? Sie musste sich irren.

Lysandra fluchte. Sie hatte ihn nicht richtig getroffen. Vermutlich war die Lanze an einer Rippe abgeprallt. Die Bestie würde überleben – sie aber nicht.

Lysandra fluchte erneut, als der Greif vom Himmel herabstürzte – genau auf sie zu! Sie hastete zur Seite, doch es war zu spät. Lysandra fiel der Länge nach hin. Schmerz erfüllte ihren Rücken und ihre Beine, wo die Kreatur auf ihr landete. Ein Hieb dieser dolchartigen Klauen würde genügen, um ihr Leben auszulöschen. Der felsige Boden, in den sie gedrückt wurde, war das Letzte, was sie sah, bevor ihr Bewusstsein schwand.

 

Schmerz durchdrang Celtillos’ Leib. Ein Schrei entrang sich seiner Kehle und hallte über den Berg. Er stürzte hinab, genau auf die Angreiferin. Celtillos versuchte auszuweichen, doch es war zu spät. Sie fiel der Länge nach hin, hatte aber das Glück, dass er nicht mit seinem vollen Gewicht auf ihr landete. Offenbar war sie bewusstlos. Er hatte sie nicht töten, sondern so erschrecken wollen, dass sie davonlief, wie die meisten vor ihr es getan hatten.

Celtillos umfasste mit einer seiner Vorderklauen die Lanze und zog sie sich mit einem Ruck aus seinem Leib.

Glücklicherweise war die Lanze nicht tief eingedrungen, sondern von einer Rippe abgeprallt. Doch hatte sie sich in Fell und Haut verfangen und hinterließ eine blutende Wunde. Hätte er sich nicht ablenken lassen von der Tatsache, dass die Hellenen ein halbes Kind in den Kampf gegen ihn schickten, wäre es der Angreiferin nicht gelungen, ihn zu überraschen. Eine derartige Schwäche durfte er sich nicht mehr erlauben. Die Menschen waren jetzt seine Feinde, das durfte er nicht vergessen. Dies galt bedauerlicherweise auch für sein eigenes Volk, wie er aus schmerzvoller Erfahrung wusste, denn es hatte ihn verstoßen. Niemand duldete eine Kreatur wie ihn.

Seine Schwester Sirona rannte auf ihn zu. Cel schluckte. Sie war alles, was ihm noch geblieben war, seine einzige Verbindung zu seinem menschlichen Leben und doch würde er sie nicht lange haben. Die Lebenserwartung einer Katze war äußerst gering im Vergleich zu der eines Menschen, besonders, wenn sie so ein leuchtend weißes Fell besaß wie Sirona. Einige Menschen hatten es darauf abgesehen. Er musste schnellstens einen Weg finden, diesen Fluch von ihr und sich zu nehmen.

Sirona sah ihn besorgt an. »Du bist verletzt.«

»Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht.« Cels Stimme klang selbst in seinen eigenen Ohren verzerrt, was an seinem Schnabel lag. Auf Menschen wirkte sie Furcht einflößend, wie er wusste.

Sirona legte ihr weißes Katzenhaupt leicht schräg. »Ist sie tot?«

Cel schüttelte den Kopf. Er sah nirgendwo den Geist der Hellenin, offenbar befand er sich noch in ihrem Leib.

Vorsichtig drehte er die als Krieger verkleidete Frau mit einer Vorderklaue um. Trotz des Schmutzes in ihrem Gesicht war sie sehr hübsch. Ihr gewelltes dunkelbraunes Haar fiel ihr offen bis auf die Schultern. Die großen, dunklen, von einem Bogen schwarzer Wimpern gesäumten Augen waren nun geschlossen. Ihre Haut war, wie die der meisten Hellenen, dunkler als seine. Die weiblichen Formen hatte sie geschickt unter dem dicken Stoff der Kleidung verborgen.

Ihre Verkleidung war gut. Ohne den feinen Geruchssinn des Greifen hätte er ihr Geschlecht nicht so einfach erraten. Für eine Hellenin war sie groß, dennoch wirkte sie zerbrechlich. Sie musste noch sehr jung sein.

Waren die Bewohner von Delphoí schon so verzweifelt, dass sie Frauen schickten, die zudem halbe Kinder waren?

»Ich glaube, sie lebt noch. Ich bin leider teilweise auf sie gefallen.«

Sirona fauchte. »Das geschieht ihr recht. Soll sie doch sterben. Sie hat dich verletzt und wollte dich töten. Ich hole blutstillende Kräuter für dich.« Sirona huschte in die Grotte, wo sie in einer der hinteren Kammern die Heilkräuter lagerte. Bald darauf kam sie mit einigen davon im Maul zurück. Sie beugte sich über seine Wunde, ließ Salbei und Wiesenknopf darauf fallen und drückte sie mit einer zuvor sauber geleckten Pfote fest.

Sirona betrachtete die Bewusstlose. »Sie dürfte nur ein paar Prellungen haben und eine Platzwunde am Kopf. Was machen wir mit ihr? Stürzen wir sie von einem der Abhänge hinunter? Soll es wie ein Unfall aussehen oder willst du sie zuvor verbrennen, um die Menschen abzuschrecken?«

Celtillos schüttelte sein Adlerhaupt. »Nein, versuchen wir, mit ihr zu reden. Sie ist eine von ihnen. Vielleicht kann sie uns helfen.«

Sirona sträubte ihr weißes Fell. »Uns helfen? Das glaubst du wohl selber nicht? Sie wollte dich töten! Töten!«

»Aber wir brauchen die Hilfe eines Hellenen, da es sich um den Zauber von einem der ihren handelt. Du wirst sterben, das weißt du.«

Sie nickte. »In ein paar Jahren, doch sterben muss jeder. Wer weiß, ob mir nicht ohnehin nur ein kurzes Leben vorherbestimmt war? Außerdem gibt es keine Gewissheit, dass die Hellenen recht haben mit ihrer Vorstellung der Unterwelt und nicht unser Volk. Dann hätte ich nichts zu befürchten.«

»Doch wozu bräuchte man dann dieses Leben?«

»Ich weiß es nicht. Das hat sich zuvor auch keiner gefragt. Die Hauptsache war, unsere Leute stürzten sich mit Todesverachtung in die Schlachten.«

Celtillos und seine jüngere Schwester Sirona gehörten den Boiern an, einem der Stämme, die vor etwa zwei Jahren Makedonien erobert hatten und später über Thessalien nach Hellas gekommen und in Delphoí eingefallen waren. Dies war eine dunkle Zeit gewesen in Celtillos’ und Sironas Leben, denn dabei starben ihr Vater und ihr älterer Bruder. Ihre Menschlichkeit verloren sie nur wenige Tage später. Sie blieben hinter ihrem Volk zurück, um ihren Vater und den Bruder zu bestatten. In dieser Zeit lernte Celtillos die Zauberin Creusa kennen, wies ihre Annäherungsversuche jedoch zurück, woraufhin sie aus gekränkter Eitelkeit den Zauber wob, der ihre Leben zerstörte.

»Wir sollten sie wirklich vom Hang werfen, Cel«, sagte Sirona. »Denn hättest du das damals mit dem anderen hellenischen Weib getan, hätten wir jetzt keinen solchen Ärger.«

»Sie sieht nicht aus wie eine böse Zauberin, sondern eher wie ein Knabe.«

Sirona knurrte leise. »Was weiß ich, warum sie unbedingt in der Verkleidung eines Knaben sterben will. Außerdem sah man dieser Creusa die Bösartigkeit auch nicht an. Sie war sogar recht schön.«

Die eifersüchtige Creusa, die Cel in unerwiderter Liebe zugetan gewesen war, hatte Sirona für seine Geliebte gehalten. Sie belegte daraufhin beide mit einem Fluch, der Cel vom Sonnenaufgang bis zur Dämmerung in die Gestalt eines Greifen und Sirona für immer in die einer weißen Katze bannte.

Cels und Sironas Vertrauen in die Hellenen war dies nicht gerade zuträglich gewesen, was auf Gegenseitigkeit beruhte. Vor zwei Jahren hatte ein Volk der Keltoi − wie diese von den Hellenen genannt wurden − den makedonischen König Ptolemaios Keraunos getötet, was nach dem Dahinscheiden dessen Nachfolgers, des Strategos Sosthenes, in die Anarchie geführt hatte, die unverändert anhielt. Die Bewohner von Hellas, das derzeit zu Makedonien gehörte, hatten keinen Grund, die Keltoi zu mögen.

Die Bewusstlose stöhnte leise.

»Wir werden sie nicht töten«, sagte Cel. »Ich will wissen, was die Hellenen vorhaben und warum sie ein Mädchen schicken.« Natürlich konnte er Sirona schlecht sagen, dass er die Fremde interessant fand. Ihr Mut war eines Boiers würdig.

»Sie schicken Mädchen, weil sie selbst zu feige sind.« Sirona schnaubte.

Die Bewusstlose seufzte. Sie würde bald erwachen.

Cel blickte in die untergehende Sonne. »Wir müssen sie nicht töten. Gewiss hat sie selbst einiges zu verbergen, sonst würde sie sich nicht als Mann ausgeben. Vielleicht können wir die Frau für unsere Pläne benutzen.«

Sirona hob angewidert die Nase. »Du glaubst wirklich, eine Hellenin würde uns helfen? Hast du dir beim Sturz den Kopf verletzt?«

 

 

 

Der Magier

 

 

 

 

Als Lysandra erwachte, lag sie auf einem Lager aus Fellen. Zuerst wagte sie es nicht, sich zu bewegen, da sie sich beobachtet fühlte. Sie öffnete ihre Augen einen winzigen Spaltbreit. Jemand saß neben ihr, doch durch die Wimpern konnte sie nur Umrisse erkennen.

»Ich weiß, dass du wach bist«, erklang eine melodiöse Männerstimme.

Lysandra öffnete die Augen und erblickte einen attraktiven Mann mit einem schmalen Gesicht und langem silberblonden Haar, das ihm offen über die Brust reichte. Er war größer als die meisten hellenischen Männer, die sie kannte. Ein seltsames Kleidungsstück bedeckte seinen Unterleib und seine Beine einzeln, während seine muskulöse Brust nackt blieb bis auf einen Verband. Das Faszinierendste waren jedoch seine Augen, die von einem strahlenden Graublau waren. Doch auch seine vollen Lippen waren nicht zu verachten.

Schnell wandte Lysandra ihren Blick ab. Um sie herum sah sie Geröll, Felsen und Hügel. Sie lag in einer großen Höhle, die einzig von einer Fackel erleuchtet wurde. An ihrem Arm fand sie eine Schürfwunde und eine Beule an ihrem Kopf. Sie erinnerte sich an ihren Sturz. Es war ein Wunder, dass sie noch lebte.

»Wo ist der Greif?«, fragte sie.

»Weg.«

»Ist er geflohen? Oder tot?«

»Letzteres will ich nicht hoffen.«

»Wie bitte?« Lysandra starrte den überaus attraktiven, doch leider wahnsinnigen Mann an. »Ihr hofft, dass er nicht tot ist? Das Untier bedroht Delphoí!«

Er hob die Achseln. »Auch Untiere brauchen Nahrung. Was macht es schon aus, wenn er sich hier und da eine Ziege nimmt?«

»Die Menschen fürchten ihn. Er hat schon einige Krieger getötet und Ihr versucht, seine Taten zu rechtfertigen? Wer seid Ihr überhaupt? Ihr seht aus wie ein Barbar, außer dass Ihr keinen dieser langen Oberlippenbärte tragt.«

Er hob spöttisch eine Augenbraue. »Das mag ursächlich daran liegen, dass ich ein Barbar bin, der sich den Bart wegrasiert hat.«

Lysandra erschrak. »Dann seid Ihr einer der Keltoi! Ihr seid zurückgekehrt! Von einem wie Euch ist kein Verständnis zu erhoffen.«

»Von einem wie mir? Wir sind nicht hier, um Delphoí zu unterwerfen.«

»Was habt Ihr dann vor? Reicht es nicht, dass Eure Leute unseren König getötet, Delphoí geplündert und das Land in die Anarchie gestürzt haben?«

»Euer König wurde unter Bolgios getötet, wir jedoch fielen unter dem Heerführer Brennos in Makedonien ein.«

»Ihr kennt Euch erstaunlich gut aus.«

»Ich kann es mir nicht leisten, meine Ohren nicht überall zu haben.«

»Wie das? Ich habe Euch nie in der Stadt gesehen? Wo lebt Ihr? Doch nicht etwa hier auf dem Berg?«, fragte sie.

»Ihr seid mir eindeutig zu neugierig.«

Welch ein merkwürdiger Mann. Zumindest bedrohte er sie im Moment nicht, auch wenn sie wachsam sein musste. Doch seine Nähe irritierte sie. Ständig musste sie auf die engen Beinkleider, die einiges erahnen ließen, und seine nackte Brust starren und sich vorstellen, wie es wohl wäre, ihre Hände durch sein silbern schimmerndes Haupthaar gleiten zu lassen. Sie konnte ihm wohl kaum vorwerfen, nur halb bekleidet zu sein, wenn die Delphoíschen Spiele völlig nackt begangen wurden. Doch warum hatte sie sich nie für die unbekleideten Männer von Hellas interessiert, während dieser Barbar ungemein anziehend auf sie wirkte? Offenbar hatte sie sich bei ihrem Sturz den Kopf etwas zu fest angeschlagen.

»Hat der Greif Euch auch verletzt?« Lysandra deutete auf den Verband an seiner Brust. Hatte der Keltoi sie gar vor dem Untier gerettet? Das wäre die Erklärung dafür, dass sie noch lebte. Dann war sie allerdings sehr undankbar.

»Ist nur ein Kratzer.«

»Habt Ihr mich vor der Kreatur gerettet?«

»So ähnlich.«

Lysandra erhob sich. »Dann danke ich Euch. Ich schulde Euch mein Leben.«

Erst jetzt bemerkte sie die weiße Katze, die um seine Beine herumstrich. Sie beugte sich hinab, um sie zu streicheln, doch das Tier wich ihr aus. Ihre Finger streiften stattdessen das Bein des Keltoi und sie spürte seine harten Muskeln und seine Wärme. Lysandra wurde sich überdeutlich seiner Nähe bewusst, die sie verunsicherte. Dies gefiel ihr ganz und gar nicht.

»Sie ist scheu, nicht wahr?«, fragte sie.

Er schüttelte den Kopf. »Nein, sie lässt sich nur nicht von jedem anfassen.«

»Sie ist ein schönes Tier.« Das war nicht gelogen. Das Tier bewegte sich mit einer Anmut, die ihresgleichen suchte. Die Intelligenz in ihren grünen Augen wirkte fast menschlich.

»Sie ist in der Tat eines der schönsten Wesen, die ich je gesehen habe. Mein Name ist Celtillos, manche nennen mich Cel. Was treibst du hier und wie ist dein Name?«

Es war ihr, als wollte er von der Katze ablenken. Er verwirrte sie wirklich vollends. Zudem duzte er sie.

»Ich wollte den Drachen töten. Oder sollte ich lieber sagen: den Greifen? Mein Name ist Lysandros, nach dem spartanischen Feldherrn.«

Er ließ seinen Blick über sie gleiten. »Warum schicken die Hellenen halbe Kinder aus, um einen Drachen zu töten?«

Zorn breitete sich in Lysandra aus. Zu oft war sie wegen ihrer für einen Mann schmächtigen Gestalt gehänselt worden. »Ich weiß, dass ich jünger aussehe, als ich bin. Aber ich bin erwachsen und außerdem Haushaltsvorstand!« Leider. Sie hätte einiges darum gegeben, dies nicht zu sein, daher auch ihre heftige Reaktion. Viel lieber wäre sie sie selbst, eine Frau, ganz besonders jetzt, da sie ihm gegenüberstand … Doch wollte sie ihn nicht attraktiv finden, denn er gehörte zu jenen Völkern, die Delphoí angegriffen und geplündert hatten.

Cel hob beschwichtigend die Hände. »Schon gut. Warum wolltest du den Greifen töten?«

Sie stemmte die Hände in die Hüften. »Merkst du nicht, wie du mit mir sprichst? Nur weil ich so jung und schmächtig bin, nimmt mich keiner ernst. Ich muss mich gegen die anderen Männer behaupten. Du weißt vermutlich gar nicht, wie es mir ergeht, so groß und muskulös, wie du bist.«

»Ich weiß durchaus, wie gehässig Knaben oder Männer sein können, wenn sie jemanden als unterlegen einstufen.«

»Ich hatte bisher nie die Gelegenheit, mich zu beweisen. Nicht wegen meiner Widersacher, sondern für mich selbst. Meine Ziehmutter will mich von jeglicher Gefahr fernhalten. Das macht es mir nicht leichter.«

»Gewiss handelt sie aus Sorge.«

»Meine Ziehmutter hat mich in ihrem Sinne erzogen, sodass ich sie vor der Vormacht eines herrischen und gemeinen Mannes bewahre.«

»Du verabscheust Männer?«

Lysandra sah ihn überrascht an. Ahnte er etwas? Sie schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht.« Lysandra sprach mit tieferer Stimme weiter. »Schließlich bin ich selbst einer.«

Cel strich sich eine silberblonde Strähne aus dem Gesicht. »Vor der Vormacht eines herrischen und gemeinen Mannes? Haben eure Frauen denn nicht dieselben Rechte wie eure Männer?«, fragte er.

Von Unglauben erfüllt starrte sie ihn an. »Dieselben Rechte? Wohl kaum. Frauen dürfen nicht mal die Haustür öffnen, sich nicht sehen lassen, wenn männlicher Besuch kommt, und schon gar nicht mit einem Mann sprechen, sonst gelten sie als unzüchtig und werden geächtet und verstoßen.«

Er starrte sie vollkommen perplex an. »Nicht mal die Haustür dürfen sie öffnen?«

»Sagte ich doch. Ich weiß nicht mal, wie meine eigene Ziehschwester aussieht, weil sie ständig im Frauentrakt versteckt gehalten wird.« Lysandra wurde ungeduldig.

Er schüttelte sichtlich ungläubig das Haupt. »Das verstehe ich nicht. Bei meinem Volk ist das anders. Alle Aufgaben sowie Rechte und Pflichten werden geteilt. Eine Frau hat genauso viel zu sagen wie ein Mann.«

»Du meinst das ernst?«

»Natürlich. Es ist die Wahrheit!«

Lysandra wusste nichts darauf zu erwidern. Alles deutete darauf hin, dass die sogenannten primitiven Barbaren, auf die stets hinabgeschaut wurde, zumindest in dieser Hinsicht fortschrittlicher waren als ihr eigenes Volk! Die hellenischen Männer würden dies natürlich anders sehen, vermutlich wieder als Beweis der Barbarei der Keltoi, doch für sie klangen seine Worte wie eine Verheißung. Dieser Mann war für sie trotz oder gerade wegen seiner Herkunft die personifizierte Versuchung.

Dennoch hatte sie viele Gründe, die Keltoi zu fürchten und zu hassen, nicht zuletzt seit Leonidas’ Tod. Keineswegs konnte man ihnen trauen.

»Wo ist das Ungeheuer jetzt?«, fragte sie.

»Es ist weg. Das ist alles, was du im Moment zu wissen brauchst.«

Der Mann liebte also Geheimnisse. Sie hob eine Augenbraue. »Also besteht keine Gefahr, dass ich sein Abendessen werde? Wie bedauerlich. So komme ich doch noch um meinen Heldentod.«

Cel lachte, was ihn noch anziehender wirken ließ. »Es tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, doch er wird dir nichts tun, solange du ihn in Ruhe lässt«, sagte er.

»Aber ich muss ihn töten, sonst ist meine Ehre zerstört.« Bald wäre ihr Versagen das Stadtgespräch – monatelang, dafür würde ihre Ziehmutter sorgen, unter dem Vorwand, es gut mit ihr zu meinen und ihr solche Narreteien für die Zukunft auszutreiben. Alle würden sie auslachen, von den hämischen Sprüchen ihres jüngeren Ziehbruders Damasos ganz zu schweigen.

»Könnte es denn nicht genügen, wenn der Greif davongejagt würde, oder musst du ihnen unbedingt seinen Kopf bringen?«, fragte Cel.

Worauf wollte er hinaus? Lysandra entsann sich des Textes, mit dem der Lohn für das Drachentöten ausgeschrieben worden war. Da die Ausschreibung nicht öffentlich war, erfuhr sie erst durch einige Krieger, die noch ihren Ziehgroßvater Leonidas gekannt hatten, davon. Offenbar wollte die Regierung die Anwesenheit des Ungeheuers möglichst geheim halten – was in der letzten Zeit zunehmend schwieriger geworden war. Immer mehr Leute glaubten, einen Drachen auf dem Parnassós erblickt zu haben. Offensichtlich hatten sich diese nicht nahe genug herangetraut, um erkennen zu können, dass es sich um ein ganz anderes Wesen handelte. Wenn sie jedoch den Kopf eines Greifen brachte, war es daher fragwürdig, ob sie den Lohn erhalten würde.

»Es würde reichen, wenn er verschwindet«, sagte Lysandra.

»Wenn du mir bei meiner Aufgabe hilfst, werde ich dafür sorgen, dass er hier nie wieder gesichtet wird.«

»Wie willst du das erreichen?«, fragte sie. »Und wobei soll ich dir helfen?«

»Du musst mir helfen, mich von einem …« Die weiße Katze sprang ihn plötzlich an und unterbrach damit seinen Redefluss. Beinahe schuldbewusst blickte er das Tier an, als er es zu Boden gleiten ließ. »Nun, du kennst dich im Land der Hellenen besser aus als ich. Man misstraut den Fremden. Ich möchte unter anderem euer bekanntes Orakel befragen.«

»Das Orakel? Das hat eine sehr lange Warteliste. Momentan soll sie besonders voll sein, habe ich gehört. Barb… äh Metöken und andere Fremde werden nicht gerade bevorzugt.« Das war untertrieben ausgedrückt. Barbaren kamen als Allerletzte dran.

»Wie lange muss ich warten?«

»Viele Monate, womöglich mehr als ein Jahr.«

»So viel Zeit habe ich nicht.«

»Nun, dann wirst du dich an einen anderen mántis, einen Seher, wenden müssen. Es gibt ja nicht nur die Pythia.«

»Wo gibt es einen in Delphoí?«

Lysandra grübelte. Es gab einige Seher in Delphoí, doch bisher hatte sie sich nicht für sie interessiert. »Aiolos von Heraklion. Meine Mutter sagt, er sei ein Spinner, doch offenbar ist er ein sehr erfolgreicher.« Tatsächlich gingen viele Leute zu ihm, seit er vor zwei Jahren nach Delphoí gekommen war.

»Wir suchen ihn jetzt auf.«

Lysandra schluckte. »Jetzt? Aber es ist schon dunkel. Da kann man doch nicht mehr jemanden besuchen, zumindest nicht ohne Einladung.«

»Du wirst schon sehen, dass ich das kann. Komm mit mir. Einem Einheimischen wird er eher vertrauen.«

»Wie willst du den Drachen, oder besser gesagt Greifen, denn von hier fortschaffen?«

»Du glaubst mir nicht?«

»Du bist einer von den Barbaren.«

Er sah sie aus zu Schlitzen verengten Augen an. »Ach, das hätte ich fast vergessen. Dann wirst du wohl auf den Lohn und die Ehre verzichten müssen.« Er wandte sich um.

»Warte, Celtillos!«

Er sah sie an.

»Lass es uns versuchen. Wenn der Greif hernach noch da sein sollte, dürfte mir das nicht entgehen«, sagte sie.

Lysandra glaubte ihm nicht, dass er den Greif beseitigen würde können. Andererseits sagte man den Keltoi sagenhafte Fähigkeiten im Kampfe nach. Diese hatten ihnen allerdings beim Angriff auf Delphoí auch nichts genutzt. Außerdem verdankte sie diesem Barbaren ihr Leben und stand deshalb in seiner Schuld.

»Komm jetzt«, sagte Cel. »Es gibt kaum etwas im Leben, was knapper ist als die Zeit und einem schneller durch die Finger rinnt.«

Lysandra ging mit ihm. Obwohl er ein Barbar war und ganz offensichtlich ein paar seltsame Ansichten vertrat, fand sie seine Gegenwart angenehm. Womöglich lag dies daran, dass sie sich ihm gegenüber nicht verstellen musste, wie sonst gegenüber Männern. Niemand aus Delphoí durfte ihren Schwindel herausfinden. Cel hatte mit den Leuten hier keinerlei Kontakt und würde sie daher gewiss nicht verraten, selbst wenn er ihr Geheimnis erraten sollte.

Sie verließen die Höhle. Lysandra lief an seiner Seite den steinigen Pfad hinab, gefolgt von der weißen Katze. Es war bereits Nacht, doch der Mond schien hell, sodass sie genügend sah.

»Soll ich dich nicht lieber tragen, Sirona?«, fragte Cel.

Lysandra quollen vor Fassungslosigkeit beinahe die Augen aus dem Kopf, als sie sah, dass die Katze den Kopf schüttelte. Das hier war mehr als nur ein bisschen merkwürdig.

»Was willst du vom Seher?«, fragte sie.

»Informationen.«

»Aha, sehr aufschlussreich.«

»Ist etwas Persönliches.«

Sie stellte keine weiteren Fragen, schließlich hatte sie selbst genug zu verbergen. Lysandra war froh, dass sie niemandem auf den Straßen begegneten, der sie kannte, besonders nicht Nikodemos, Linos oder Gennadios, die den Lohn für die Drachentötung verwalteten. Wie sollte sie ihnen erklären, warum sie sich mit einem Keltoi herumtrieb, einem Feind ihres Volkes, anstatt das Ungeheuer zu jagen? Von ihrem seltsamen Handel konnte sie ihnen wohl kaum erzählen. Es würde nur darauf hinauslaufen, dass man annahm, sie wäre gar nicht bei der Höhle gewesen, sondern hätte alles nur vorgetäuscht. Doch noch konnte sie behaupten, das Untier nicht angetroffen zu haben. Ein paar Tage Spielraum ließen sich herausschlagen. Mehr allerdings auch nicht.

Sie erreichten eine düstere Gasse. An ihrem Rand wuchsen Zypressen, deren würzig-holziger Duft zu ihnen herüberwehte. Kühler Wind zog an Lysandras Gewand, als sie an Cels Seite zu Aiolos’ Haus lief. Es war, soweit sie erkennen konnte, unbeleuchtet. Vermutlich war er bereits zu Bett gegangen. Lysandra klopfte an die Tür. Ein Fenster im Obergeschoss wurde geöffnet.

Aiolos’ dunkler Haarschopf erschien »Wer ist da?«

»Lysandros, der Sohn der Nerea.«

»Und Euer Begleiter? Er ist nicht von hier?«

»Nein, er ist ein Fremder, der Euren Rat benötigt.« Wenn sie ihm verriet, dass er ein Keltoi war, riskierte sie, dass Aiolos sie nicht hereinließ oder gar sein Nachtgeschirr über sie beide ausleerte.

»Mein Rat ist aber nicht ganz billig.«

Lysandra grinste. Offenbar war sein Geschäftssinn stärker ausgeprägt als eventuelle Fremdenfeindlichkeit.

»Kommt herunter. Wir haben nicht viel Zeit«, sagte Cel. Sie fragte sich, wie er hellenisch hatte lernen können, wenn er doch ihr Volk mied.

»Denkt Ihr, die habe ich?«, fragte Aiolos.

»Darum solltet Ihr kommen.« Eine unterschwellige Warnung lag in Cels Worten, die Aiolos offenbar nicht entgangen war, denn kurz nachdem er das Fenster geschlossen hatte, erklangen Schritte im Haus. Die Tür wurde geöffnet und Aiolos trat heraus. Er war nicht nur vollständig angekleidet, sondern trug auch einen Umhang, als habe er ohnehin vorgehabt, das Haus zu verlassen. Seine Augen und sein Haar waren dunkel, der Bart wirkte frisch gestutzt. Aus dunklen, glitzernden Augen sah er sie an.

»Ich hoffe, Ihr habt Geld, Gold oder Bronzebarren bei Euch, Keltoi.«

»Bereden wir alles im Haus«, sagte Cel.

Aiolos nickte. Cel fasste Lysandra am Unterarm und betrat mit ihr zusammen hinter Aiolos das Haus. Cel hielt Sirona die Tür auf, die nach ihnen hineinhuschte.

Aiolos bot ihnen Stühle an. Er selbst ließ sich an der anderen Seite des Tisches nieder. Cel setzte sich direkt neben die Tür, Lysandra neben ihn. Erst dann ließ er ihren Arm los. Die weiße Katze legte sich auf eine Bank unter dem Fenster hinter Aiolos.

»Also, wie kann ich Euch helfen? Wollt Ihr einen Blick in die Zukunft werfen oder mit den Toten sprechen?«, fragte Aiolos.

Cel schüttelte den Kopf. »Nein, es geht um einen Fluch, den wir brechen möchten.«

»Ein Fluch – nun, so etwas kommt häufiger vor, als man denkt.« Aiolos verschränkte die Finger. »Wisst Ihr, um welche Art von Fluch es sich handelt? Einen, der Unglück, Krankheiten oder gar den Tod bringt?«

»Nein, er verändert die Gestalt der Verfluchten. Einer von ihnen verwandelt sich tagsüber in ein Tier.«

Lysandra starrte Cel an. War er von Sinnen?

»In was für ein Tier? Einen Wolf? Ist er ein Lykantroph?« Aiolos erschauerte sichtlich.

»Nein, ein Greif.«

Lysandra starrte Cel völlig entgeistert an. Er wollte doch nicht etwa behaupten, er sei das Ungeheuer? Jetzt wusste sie auch, warum er sich neben die Tür gesetzt hatte: um zu verhindern, dass sie floh.

Unauffällig sah sie sich nach einem Fenster um, doch es befand sich hinter Aiolos. Dieser schien, im Gegensatz zu ihr, der haarsträubenden Geschichte Glauben zu schenken. War sie hier von lauter Irren umgeben?

»Ein Greif. Ihr meint doch nicht etwa das Ungeheuer vom Parnassós?«

»Könnt Ihr mir nun helfen oder nicht?«

»Wer ist der Urheber des Fluchs oder Zaubers?«

»Eine Hellenin namens Creusa. Sie ist groß, schön und hat langes schwarzes Haar. Bis vor einem Jahr wohnte sie in Delphoí.«

»Ich bin bereits seit zwei Jahren hier, doch diese Frau ist mir unbekannt. Dies scheint kein gewöhnlicher Fluch oder Zauber zu sein. Ich weiß, welche Arten von Zauber am häufigsten verwendet werden. Diese Frau war eine Hellenin, sagtet Ihr? Dann gibt es eine Möglichkeit: Wir müssen auf den hiesigen Friedhof.«

Lysandra sah zuerst Aiolos, dann Cel an. »Auf den Friedhof?«

Die weiße Katze sträubte ihr Fell.

»Wozu soll das gut sein?«, fragte Cel, der ebenfalls nicht besonders angetan von dieser Idee zu sein schien.

Aiolos erhob sich. »Es ist wahrscheinlich, dass die Zauberin ihre Kraft aus einem magischen Gegenstand bezogen hat, einem Ring vielleicht, den sie in einem Grab hinterlegt hat. Die Toten, bevorzugt jung und gewaltsam gestorben, bringen die Zauber und Flüche über die Anrufungen in die Unterwelt, von wo aus sich diese manifestieren können. Ich weiß, auf welche Gräber ich zu achten habe. Vielleicht finden wir darin auch ein von der Zauberin hinterlegtes Bleitäfelchen, durch das wir den Wortlaut des Zaubers und womöglich ihren Namen herausfinden können. Am besten machen wir uns sofort auf.« Aiolos ging zu einer seiner Truhen, um ihr zwei Spaten und einen Beutel zu entnehmen.

Lysandra starrte ihn entsetzt an. »Er will Gräber öffnen. Wenn man uns dabei erwischt, wirft man uns in den Kerker wegen Grabschänderei.«

Cel warf ihr einen stechenden Blick zu. »Ich dachte, du wolltest dich beweisen? Jetzt hast du die Gelegenheit dazu. Was Sironas und meine Situation betrifft, werde ich mich durch solche Zweifel nicht daran hindern lassen, jede Möglichkeit zu nutzen. Außerdem habe ich nicht vor, mich erwischen zu lassen. Wenn du also das Geld und die Ehre für die Beseitigung des Greifen haben willst, kommst du besser mit.«

Damit hatte er natürlich recht, dennoch beschlich sie ein ungutes Gefühl bei der Sache. Lysandra folgte ihnen hinaus in die Nacht. Die weiße Katze blieb hinter ihr wie eine Wächterin.

 

 

 

Grabesruhe

 

 

 

 

Celtillos hasste es, sich auf Friedhöfe zu begeben. Wie viel es ihn kostete, dort zu sein, konnten weder die Hellenin noch Aiolos nachvollziehen. Es kam einem Fluch gleich, Geister sehen zu können. Dies war eine unerwünschte Gabe, die ihn seit frühester Kindheit begleitete.

Um Sirona zu retten, würde er den Friedhof dennoch betreten. Celtillos umfasste die Stiele der beiden Spaten fester. Er hoffte nur, dass Aiolos kein Betrüger war und er sich dies hier nicht unnötig antat, sonst würde er den Seher eigenhändig in eines der Gräber versenken.

Der von Zypressen umgebene Friedhof lag außerhalb der Stadt. Es war hier merklich dunkler als auf der Straße. Nebel zog auf und wogte in langen Schlieren um die Gräber. Aiolos’ Öllampe spendete nur spärliches Licht. Zudem flackerte die Flamme im Wind, der drohte, sie jederzeit zu verlöschen. Gelegentlich durchbrach der Mond die Wolkenbänke, welche den Himmel bedeckten, sodass Celtillos etwas mehr erkennen konnte.

Mauern säumten die Familiengräber. Auf den Stelen waren bewaffnete Krieger und Frauen mit Spindeln abgebildet – stets in der Blüte ihrer Jugend, denn Alter und Siechtum waren den Hellenen verpönt. Dennoch raffte der Tod sie alle gleichermaßen hinweg: Alte wie Junge, Weiber ebenso wie Männer und Kinder.

Es gab sie an jeder größeren Begräbnisstätte: die erdgebundenen Geister der Verstorbenen, die das irdische Dasein nicht loslassen konnten. Sie nahmen Cel wahr, doch meist war es zwecklos, mit ihnen zu reden, da sie im Augenblick ihres Todes gefangen blieben. Wie diese Frau, die im weißen Gewand blutend durch die Reihen der Gräber ging. Sie war durchscheinend und fast so jung wie Sirona und doch gestorben im Kindbett, denn flehentlich rief sie nach ihrem verlorenen Säugling – dabei war sie selbst die Verlorene.

Das Blut rann von ihren Beinen hinab und verdunkelte die Erde. Doch nicht für lange. Das Blut verschwand, es versickerte nicht im Boden, sondern löste sich einfach auf. Konnten die anderen das und die Tote denn nicht sehen?

Offenbar nicht, denn Aiolos lief geradewegs durch sie hindurch. Welch ein Seher er doch war! Andererseits konnte er froh sein, von dieser zweifelhaften Gabe verschont zu werden. Den Anblick des Geistes der toten Frau, die für alle Ewigkeit ihr Kind suchte, das vermutlich auch schon lange tot war, empfand Cel als verstörend. Er wandte daher seinen Blick ab.

Aiolos hielt seine Lampe über ein Grab, auf dem die Überreste von Opfergaben lagen: inzwischen verdorrte Früchte, verschimmeltes Brot, versickerter Wein, Milch, Nüsse, Salz und Kuchen, von welchen die Tiere den größten Teil mitgenommen hatten.

Cel betrachtete seine Begleiterin von der Seite. Er entschied, sie für sich Lysandra zu nennen. Das Wissen um ihr Geschlecht behielt er vorerst für sich. Er war gespannt, wie lange sie diese Maskerade aufrecht zu erhalten gedachte. Womöglich war es zu ihrem Schutz gedacht, wenn die Hellenen ihre Frauen wirklich einsperrten, wie sie es ihm erzählt hatte.

Aiolos reichte Lysandra seine Lampe. »Ich brauche die Hände frei. Die Lampe spendet ohnehin nur mickriges Licht. Ich benötige sie hauptsächlich, wenn es ein Täfelchen mit Zaubersprüchen zu lesen gibt. Seht zu, dass das Feuer darin nicht erlischt.«

Seinen Worten gemäß lief Lysandra langsamer und schützte die Flamme mit einer Hand vor dem Wind. Aiolos lief ihnen voran zwischen den Gräbern hindurch. Nebel umwogte die steinernen Stelen. Beinahe lautlos waren seine Schritte. Aiolos’ Umhang verschmolz mit der Nacht. Er wirkte höchst konzentriert, lenkte seine Schritte mal hierhin und mal dorthin. Es war düster und schattig, da der Mond sich wieder hinter einer Wolkenbank verbarg. Celtillos konnte seine eigene Hand kaum vor Augen sehen.

»Hast du schon eine Spur?«, fragte Lysandra, die ein Stück hinter ihnen lief. Sirona konnte er trotz ihres hellen Felles nirgendwo entdecken.

»Seid still, ich muss mich sammeln«, sagte Aiolos. »Gleich werde ich fündig. Gleich. Ich spüre es.«

Celtillos vernahm Schritte, danach ein Knirschen und Knacksen, einen Schlag und schließlich einen gedämpften Schrei. Sein Herz schlug schneller, als er die Stelle suchte, wo Aiolos verschwunden war.

»Was ist geschehen?«, fragte Lysandra hinter ihm.

Aiolos sagte etwas, doch Cel verstand ihn nicht. Seine Stimme hörte sich seltsam dumpf an.

Sie eilten in die Richtung, aus der sie seine Worte vernommen hatten, und kamen zu einem Loch im Boden.

»Ich habs gefunden!«, erklang Aiolos’ Stimme aus dem Grab. »Ich verstehe das nicht. Entweder haben die eine Holzkiste verwendet oder die Ziegel des Sarkophags sind zu feucht gewesen. Auf jeden Fall hat das Grab nachgegeben, als ich draufgefallen bin.«

Oder es hatte bereits jemand anders nach dem Grab gesucht und einen Teil des Sarkophags zerstört. Vermutlich war dies die Zauberin gewesen. Glücklicherweise lag Aiolos nicht allzu tief. Cel beugte sich hinab und reichte ihm die Hand, die dieser ergriff, um sich daran hochzuziehen.

Aiolos klopfte die Friedhofserde, Regenwürmer und Käfer von seinem Gewand. Er nahm von Cel einen der Spaten entgegen. Gemeinsam begannen sie zu graben. Bald hatten sie den Sarkophag weitgehend von der Erde befreit. Der Deckel war, wie erwartet, in Stücke gesprungen. Aiolos ließ sich von Lysandra die Öllampe geben, um hineinzuleuchten. Von einem jung und erst kürzlich Verstorbenen konnte keine Rede sein, auch sah Celtillos dessen Geist nicht.

Aiolos beugte sich über die verdorrte Leiche und nahm ihr etwas aus den Händen, wobei die Finger des Toten zerbrachen. Cel hoffte, dass dieser Wahnsinn bald vorbei war und er endlich den Zauber würde lösen können, der seine Schwester viel zu früh ins Grab bringen sollte.

Aiolos hielt eine kleine Wachsfigur, die, wenn man nach den überdeutlich ausgeprägten Geschlechtsmerkmalen ging, einen Mann darstellte, ins Flackerlicht der Öllampe. Die Figur war an mehreren Stellen mit Nadeln durchbohrt.

»Eine Statuette«, sagte Aiolos. »Die Zauberin scheint einen Bindungszauber versucht zu haben.« Aiolos blickte Cel fragend an.

»Was ist ein Bindungszauber?«

»Er dient dazu, einen Menschen dem eigenen Willen zu unterwerfen, sodass er unfähig zu eigenem Handeln wird. Ich vermute in diesem einen Liebeszauber. Es ist Euer Name in die Statuette eingraviert. Außerdem ist eine Strähne hellen Haares darum gebunden, vermutlich das Eure.«

Cel starrte die Statuette an. »Wie ist Creusa an mein Haar gekommen? Wenigstens hat der Zauber nicht gewirkt. Durch einen Liebeszauber an dieses Weib gebunden zu sein, wäre schlimmer als der Tod.«

»Es verwundert mich, dass der Zauber nicht gewirkt hat«, sagte Aiolos, »denn dies sieht nach dem Werk von jemandem aus, der sich wirklich auskennt. Sie muss so erzürnt gewesen sein, dass sie gleich einen neuen Zauber wob, der offenbar diesmal Wirkung zeigte. Womöglich war sie beim ersten so emotional involviert gewesen, dass sie einen Fehler, welcher Art auch immer, beging.« Aiolos nahm achselzuckend ein Wachstäfelchen aus dem Grab und hielt es ins Licht. »Darauf steht der Zauberspruch: In die Gestalt des Greifen nach Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang banne ich Celtillos, und seine Liebste, Sirona, soll eine Katze sein bis ans Ende ihrer Tage.«

»Genau dies ist der Zauber, der mich bindet!«, sagte Cel.

»Eure Liebste?«

»Creusa wollte mich, doch ich sie nicht. In ihrer Eifersucht hielt sie meine Schwester für meine Geliebte.« Als Cel ihren Irrglauben korrigiert hatte, war es zu spät gewesen. Der Schaden war angerichtet.

Aiolos wirkte höchst angespannt. Die Utensilien in den Händen haltend, starrte er entrückt in die Flamme.

Nach einer Weile schüttelte er den Kopf. »Ich verstehe es nicht. Es ist, als würde ich an eine Wand stoßen, wenn ich versuche, dem Ursprung des Zaubers zu folgen. Es ist ohnehin ein Wunder, dass es der Zauberin gelungen war, ihn mit einem derart lange Verstorbenen durchzuführen. Sie muss wirklich sehr gut darin sein.«

»So alt erscheint mir die Grabstele nicht«, sagte Lysandra. »Sie ist noch kaum verwittert. Da sehen viele der anderen schlimmer aus.«

Aiolos hielt seine Öllampe vor die Stele. »Bei Artemis’ Hintern! Sie hat recht. Dieser Mann verstarb erst vor über einem Jahr, doch war bereits jetzt nicht mehr von ihm übrig als ein Gerippe, das noch dazu porös war. Normalerweise braucht es bei der Trockenheit hier etwa fünf Jahre, um in einen solchen Zustand zu gelangen.«

»Ja, und? Was bedeutet das?«, fragte Cel.

Aiolos verstaute die Utensilien in seinem Beutel. »Hier stimmt etwas nicht! Ganz und gar nicht.«

»Und was genau stimmt nicht?«, fragte Cel.

Aiolos hob die Achseln. »Das wüsste ich auch gerne.«

Cel wagte es nicht zu fragen, woher Aiolos sein Wissen über die Verwesungsstadien hatte. Offenbar ging er häufiger der Grabräuberei nach.

Plötzlich erklangen Schritte.

»Verdammt!« Aiolos dämpfte seine Stimme. »Wenn sie uns finden, sind wir dran wegen Grabschänderei. Das kann ich mir nicht erlauben. Das ist höchst geschäftsschädigend. Schnell, verschwinden wir durch das hintere Tor!«

»Wer ist da?«, erklang eine Männerstimme. »Macht Euch kenntlich, wer auch immer Ihr seid!«

»Passiert das hier öfters, dass einer die Gräber öffnet?«, fragte Lysandra leise.

»Ja. Schwatzt nicht, verschwindet einfach nur.« Aiolos’ Stimme klang gehetzt.

»Ich sehe aber nichts«, sagte Lysandra und stolperte prompt. Gerade rechtzeitig umfing Cel sie und presste sie an seine Brust. Sie fühlte sich so zart an in seinen Armen und roch dezent nach Seifenkraut und sich selbst, einem sehr femininen Duft. Auch spürte er ihre Brüste an seinem Leib und die zarte Rundung ihrer Hüfte.

»Hast du dich verletzt?«, fragte er besorgt.

»Mir ist nichts geschehen.«

Seine Hand umfing die ihre. Etwas huschte in entgegengesetzter Richtung an ihnen vorbei. Sie hasteten weiter, denn man durfte sie nicht erwischen.

»Es war nur eine Katze«, vernahmen sie dieselbe Männerstimme wie vorhin. Cel fluchte lautlos. Sirona würde doch nichts Unüberlegtes tun?

»Sicher?«, fragte ein anderer Mann den ersten. »Ich dachte, ich hätte Schritte vernommen.«

»Das liegt an diesem Ort. Wenn man zu lange hier arbeitet, glaubt man sogar, die Toten flüstern zu hören.«

Das kannte Celtillos allzu gut. Er wünschte, er könnte die Toten nicht reden hören. Meist handelte es sich um verstörende Monologe. Viele der Toten dachten, sie würden noch leben und waren irritiert, dass die meisten Menschen sie nicht wahrnahmen. Viele waren im Augenblick ihres Todes gefangen und verspürten die Angst und Pein unvermindert weiter.

Cel vermutete, dass es sich bei den beiden Männern um Gärtner oder Steinmetze handelte. Doch was taten diese zu solch später Stunde noch hier? Möglicherweise hatten sie etwas vergessen oder es handelte sich um eine dringende Arbeit.

Endlich erreichten sie das hintere Tor. Sie warteten kurz, bevor sie aus dem Gebüsch stürmten, doch niemand schien sich in der unmittelbaren Nähe zu befinden. Cel ging als Erster durchs hintere Tor, um zu sehen, ob sich jemand auf der Straße befand. Er winkte seinen Begleitern zu, woraufhin diese ihm folgten, doch hinter der Mauer blieb er stehen.

»Wartet auf meine Katze. Sie müsste gleich hier sein. Sie werden sie ja hoffentlich nicht gefangen haben.«

»Warum sollten sie das tun?«, fragte Lysandra.

»Esst ihr Hellenen denn keine Katzen?«, fragte Cel.

Lysandra starrte ihn entsetzt an. »Wie kommst du auf so was? Ich dachte, ihr Barbaren tut das!«

»Genauso wenig wie wir Hunde opfern.«

Lysandra schwieg und Celtillos ließ es ebenfalls dabei bewenden. Er hielt sich lange genug in der Gegend um Delphoí auf, um zu wissen, dass einige Hellenen tatsächlich nach der Geburt eines Kindes den Göttern Hunde opferten, um sich von den dadurch verursachten Verunreinigungen zu befreien. Das ganze Haus galt nach einer Geburt oder einem Todesfall als unrein. Die hellenischen Sitten würde er wohl nie verstehen.

Cel atmete auf, als endlich Sirona erschien.

»Intelligentes Tier.« Aiolos betrachtete die Katze anerkennend. »Ich hoffe, Ihr könnt mich entlohnen für diese gefährliche Arbeit.«

Cel schüttelte den Kopf. »Du bekommst deinen Lohn auf Erfolgsbasis und bisher hast du unser Problem noch nicht lösen können.«

»Bezahlt jetzt oder ich mache nicht weiter.«

»Nereas Bekannte Briseis hat auch erst im Nachhinein für deine Dienste bezahlt«, sagte Lysandra.

Aiolos sah sie aus zu Schlitzen verengten Augen an. »Das war eine Ausnahme.«

»Woher soll ich wissen, ob Ihr den Zauber wirklich lösen könnt?«, fragte Cel.

»Natürlich kann ich das. Ich habs mir überlegt: Ihr könnt mir anstatt des Goldes auch Eure Katze geben. Als Anzahlung.«

Sirona machte einen Satz von Aiolos weg.

Cel schüttelte den Kopf. »Auf keinen Fall!«

»Wie Ihr wollt. Dann machen wir eben nicht weiter.«

»Gebt mir die Utensilien!«, sagte Cel.

Aiolos sah sich hektisch um und erbleichte plötzlich. »Bei Aletheia, folgt mir schnell.« Er packte Lysandra am Arm und zog sie mit sich in eine düstere Nebengasse.

Cel folgte ihnen. »Lass ihn los!«

Aiolos gebot ihnen mit einer Geste zu schweigen. Schweiß rann über seine Stirn. Er presste sich dicht gegen die mit Weinranken bewachsene Wand. Männer liefen durch die andere Gasse unweit von ihnen, ohne sie zu entdecken.

Als sie außer

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Februar 2012 Sharon Morgan
Bildmaterialien: Berchtesgaden, Vektor: Zdanchuk Svetlana/Fotolia
Lektorat: Anti-Fehlerteufel
Tag der Veröffentlichung: 28.03.2014
ISBN: 978-3-7309-9588-4

Alle Rechte vorbehalten

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