Sie war ganz in schwarz gekleidet. Die Dunkelheit schien sie verschlucken zu wollen, hätte sie auch beinahe völlig in sich verborgen, wäre da nicht ihre blasse Haut gewesen. Diese elegante Blässe, die sie gefährlich wie sexy wirken lies. Ein sachtes Grinsen umspielte ihre Lippen, als ihr eine Gruppe jugendlicher Männer hinterher schaute.
Sie genoss dieses Gefühl, so wie jede Frau. Auch wenn sie nicht wie jede Frau war. Nein nicht sie, sie war einzigartig, einmalig, ein Unikat. Oder doch ein Irrtum? Ein Fehler der Natur? Eine Bestrafung für ihre Eltern? Sie wusste es nicht. Keiner wusste es. Woher den auch? Ihre Eltern lebten schon lange nicht mehr. Sie kann sich gar nicht an sie erinnern. Verwandte? Hatte sie ebenfalls nicht. Freunde? Brauchte sie nicht. Sie war ihr Leben lang allein. Und sie verabscheute es nicht. Im Gegenteil. Sie war frei, wild eine Spielerin ohne Schwachpunkt, unantastbar. Sie liebte ihr Dasein. Meistens zumindest...
Aber hatte nicht jeder mal ein tief? War das nicht menschlich? War sie den ein Mensch? Bestimmt. Zumindest anteilig. Und doch, jagte sie Menschen. Ja oft sogar. Diese Nacht auch. Deswegen war sie ja auf dem Weg ins „Galaxy“. Um sich wieder ein ahnungsloses Opfer zu suchen.
Kaum hatte sie den Gedanken beendet, da sah sie auch schon die Lichter des Clubs. Er war ziemlich abgelegen, in der Nahe eines Hafens, mitten im Nirgendwo. Und dennoch super angesagt. Immerhin konnte man hier feiern so lange man wollte, es gab ja niemanden den es stören würde...
Mit selbstsicherem Lächeln schritt sie an der wartenden Menge vorbei, direkt auf den Türsteher zu. Mit argwöhnischem Blick betrachtete dieser sie, doch das brachte sie nicht aus der Ruhe. Sie wusste um ihre Kräfte. Ihr Blick traf den seinen, ihre Augen veränderten sich kaum merklich. Sie gewannen an Tiefe, man konnte plötzlich nicht anders als sich in ihnen verlieren...
Der Türsteher nickte auf ihren unausgesprochenen Befehl nur knapp und lies sie wortlos eintreten. Genervtes Raunen und Meckern drang an ihr Ohr, doch sie ignorierte es. Jeder andere der solche Gabe besäße, würde es ihr gleich tun. Dessen war sie sich sicher. Jeder würde es ihr gleich tun...Alles würden sie ihr gleich tun...
Sie überwand die Lobby ohne auch nur einen Cent zu bezahlen, mit selbem Trick wie bereits eben vor dem Eingang. Und dann eröffnete sich ihr endlich eine Galaxie von Musik und Alkohol...
Gelassen lies sie ihren Blick über die Menge schweifen. Es war faszinierend wie die Menschen sich veränderten, wie sie in diese Welt eintauchten. Sie wurden locker, willig, unvernünftig. Kurz, zu perfekten Opfern. Sie ging auf die Tanzfläche zu, tauchte in die Menge ein, bewegte ihren graziösen Körper im Takt der Musik, spielte mit Mimik und Gestik, bis sie zum Mittelpunkt der stillen Aufmerksamkeit wurde. Sie spürte die heimlichen Blicke der anderen auf ihrer Haut, bemerkte die sachten Annäherungen anderer Clubbesucher, schmeckte schon regelrecht die Chance die sich ihr bot. Doch war sie noch nicht bereit, sich jemanden aus zu suchen. Nein sie wollte noch weiter jagen , noch weiter suchen. Immerhin war doch genau das der Schlüsselreiz an dem Spiel. Als das nächste Lied, im nahtlosem Übergang erklang, begab sie sich von der Tanzfläche und schlug den Weg in Richtung Sitzecke ein.
Dort machte sie es sich bequem, ohne an Eleganz zu verlieren. Noch ehe sie vollständig saß, trat ein Mann auf sie zu. Ihre Augenbraue hob sich ungläubig. Er sah gut aus, schien willig, bereit einen Fehler zu begehen und war ihr dennoch nicht aufgefallen. Merkwürdig, normal fiel ihr derartige Beute gleich auf. Ob sie nach lies? Konnten Kräfte wie sie sie besaß schwinden? An Intensität verlieren? Oder war sie heute einfach nicht in Form? Nun den darüber konnte sie sich morgen noch Gedanken machen. Jetzt, wurde erst einmal gespielt...
Es lief gut. Schon nach knapp einer Stunde, hatte sie ihn. Er tanzte nach ihrer Melodie, schien ihr hörig. Und das obwohl sie noch nicht einmal ihre Macht eingesetzt hatte. Wie außergewöhnlich. Dieser Mensch musste ein Adrenalin Freund sein. Denn sie strahlte nicht gerade die Botschaft von leichtem und ungefährlichem Spiel aus. Aber nun den es sollte ja solche mutigen Playboys geben.
Sie nahm in bei der Hand und führte ihn hinaus. Es wurde Zeit. Sie wollte es wie immer Handhaben. Zuerst führte sie ihre Opfer ans Wasser. Das dürfte hier kein Problem sein. Sie befanden sich ganz nahe dem Hafen. Dann verführte sie ihre Beute und bestrafte sie dann für ihren Fehler.
Warum sie das tat? Ganz einfach, Menschen durften in den Himmel. Sie mussten nur Reue heucheln. Aber sie... Sie hatte keine Chance. Und das war nicht Fair. Nein das war es ganz und gar nicht! Aber diese Ungerechtigkeit hatte ein Ende. Sie würde diese Himmels Unwürdigen töten, noch ehe sie Zeit hatten Reue zu heucheln. Das war ihre Aufgabe, ihre Bestimmung, ihr Grund zum Leben.
Sie liefen eine Weile, ehe sie einen perfekten Platz gefunden hatte. Abgelegen nah am Wasser, düster und dennoch leicht vom Mond erhellt. Perfekt. Sie legte den Arm um seinen Nacken, und blitzte ihn aus ihren einzigartigen Augen an. Ihre Miene war undeutbar, sie war bereit ihn in ihren Bann zu ziehen und ihn dann ertrinken zu lassen. Oder sollte es heute doch etwas blutiger werden? Hatte sie dafür genug Hass in sich hoch wallen lassen? Ihre Gedankengänge wurden unterbrochen, als sich eine Hand um ihre Kehle legte.
Erschrocken klärten sich ihre Augen und sie starte in ein wunderschönes Gesicht, das Gesicht, das sie sich gerade eben noch leblos und blass vorgestellt hatte. Ein bösartiges Lächeln zierte seine Lippen und sie war bereit es ihm sofort weg zu wischen. Ihre Augen gewannen an Tiefe, doch es schien nicht zu helfen. Die Hand lies nicht locker, nein im Gegenteil der Griff wurde fester, ihr blieb die Luft weg, sie geriet in Panik.
Zum ersten mal in ihrem Leben, hatte sie Todesangst. Wahre Angst.
Geflüsterte unendlich sanfte Worte drangen an ihr Ohr, seine Worte.
„ Du hast viel Böses getan, viele Menschen um ihren Aufenthalt im Himmelsreich betrogen. Und warum das alles? Weil du nur von Hass lebst, im Zwiespalt von Moral und deinem Irrsinn...Doch dein verwirrtes und abtrünniges Leben, wird nun ein Ende finden...Du wirst für deine Taten bestraft werden."
Nur schleppend begriff sie die Worte des Mannes, doch dann erhellten sich ihre Augen für sie Wahrheit. Sie sah den Mann in merkwürdigem Glanz, erkannte im Schimmer seine Flügel, doch waren es keine reinen weißen Flügel, nein es waren schwarze, strafende Federn die sich zu einem Flügel formten. Dann wurde es dunkel, und ein unerträglicher Schmerz erfüllte die Stelle, wo eigentlich ihr Herz saß...
Texte: Die Rechte des gesamten Text unterliegen mir
Tag der Veröffentlichung: 11.11.2010
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für Galina F. sodass du deine dunkle Phase endlich vergessen kannst...