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Mit unbeholfenen Schritten, kämpfte sich junges Kind schwerfällig durch das Unterholz, den geliebten Stoffbären fest an sich gepresst. Ihr Kleid war vom Waldboden beschmutzt. Verräterisch waren die Flecken auf Kniehöhe, der Schmutz an Ellenbogen und Handflächen verriet endgültig, das dieses Mädchen bereits hingefallen war. Und dennoch schritt es unbeirrt weiter. Verfolgt wurde sie nicht, dessen war sich stiller Beobachter sicher. Ein Wesen welches verfolgt wurde, bewegte sich anders. Dessen Herztöne klangen gehetzter, dessen Blick war verstört.

Es war ein unnatürliches Szenario. Keine Menschenseele befand sich um diese Zeit noch im Wald. Nichtmal mehr die Krieger wagten sich nun noch hier her. Es war einfach zu gefährlich, nicht zuletzt weil sich zu jener Stunde sämtliche Höllenwesen ihren Weg zur Oberfläche bahnten und ihre Opfer erwählten. Doch sie, dieses kleine unscheinbare Ding, mit den dunkelblonden Haaren und den grau blauen Augen, wagte sich hier her.

Aber warum nur wagte sie es? Und wie nur konnte dies geschehen? Wer lies sein Kind in diesen Wald? Allein und schutzlos? Ein Straßenkind, war sie sicher nicht, dazu war ihr Kleid zu vornehm. Doch was war sie dann? Eine Verstoßene? Aber die wurden meist im Namen der Götter noch in der Stadt getötet. Nichts ergab einen Sinn. Doch das war nicht weiter schlimm. Egal welche Geschichte sie hier her trieb, er wurde dafür sorgen, das sie nicht dazu käme, ihre Entscheidung offenkundig zu bereuen. Auf leisen Sohlen bahnte er sich leichtfüßig durch das Unterholz, ihr dicht aber unbemerkt auf den Versen.

Die kleinen Füße, trugen das junge Ding direkt auf eine Lichtung. Das Gras reichte ihr mühelos bis zu den Oberschenkeln, was sie etwas verloren auf der großen Fläche aussehen lies. Er beschloss sich weiter im Schatten des Waldes auf zu halten, und noch eine Weile zu beobachten. Doch wurde sein jeher Plan schnell vereitelt.

„Ich kann dich sehen...,“ sang diese kleine unschuldige Stimme mehr als das es als sprechen zu bezeichnen war. Unheilvoll langsam drehte sich das Mädchen zu ihm um. Ihre Blicke schienen ihn zu durchlöchern, und das obwohl ihr Gesicht ausdruckslos wie leer war. Den Bären hielt sie immer noch fest im Arm, als sie andere Hand nach ihm aus zu strecken schien.

„Komm zu mir, spielt doch etwas mit mir. Ich erwarte diesen Moment schon den ganzen Tag über Kane...“
Mit schreckerstarrter Mine wich Kane einen Schritt zurück. Hätte er es nicht besser gewusst, hätte er all dies nun für einen Alptraum gehalten. Diese unheimlichen Worte des Mädchens, waren zu viel für den Vampir. So etwas hatte er in seiner ganzen Zeit noch nicht erlebt. Was war dieses Kind?
Wieder verklang die unschuldige Kinderstimme in einem Singsang.

„Nun komm doch endlich...Wir haben heute noch viel vor, wenn du dich weiter so zierst, bleibt bald keine Zeit mehr zum spielen...“ Diesmal trat sie einige Schritte auf ihn zu. Ihre Miene nicht mehr ausdruckslos und leer, sondern diesmal ein Zeugnis von leichter Beleidigung und trotziger Trauer. Ein wahres Kunstwerk der Gefühle.

Doch Kane blieb weiterhin ein Gefangener seines Unglaubens und schaffte es nicht sich zu rühren. Zu unnatürlich war das was sich hier abspielte. Dieses Kind lies Angst in ihm aufwallen. Angst die ein Vampir eigentlich nicht haben sollte.

Mit Verblüffung sah er nun zu, wie sie trotzig mit dem Fuß auf den Waldboden stampfte. „ Na dann halt nicht. Komm endlich zu mir, wenn du wieder genug Vampir bist um dich einem Kind zu stellen.“ Mit diesen Worten drehte sie sich auch bereits mit kindlicher Beleidigung um, und ging einige Schritte von ihm fort, nur um sich dann ins hohe Gras zu setzten und mit ihrem Bären zu reden. Nun vollends verwirrt und nicht mehr fähig den Bezug zum Realem zu erkennen, schritt Kane langsam auf sie zu. Heiser und fremd klangen die Worte die nun aus seiner Kehle kamen.
„Was willst du?“

Ohne sich auch nur zu ihm um zu drehen, gab sie Antwort. „Mutter und Vater waren sehr böse Kane. Du musst sie für uns bestrafen...“ Mit leiser tief schauriger Stimme, hallten diese Worte in dem Kopf des Vampirs wieder. Ehe er etwas erwidern konnte, stand sie vor ihm. Den Stoffbären immer noch im Arm, doch diesmal bekam dieser Wesen aus Watte und Stoff rotglühende Augen. Jeglicher Widerspruch in Kane wurde erstickt, jegliche Fragen ausgelöscht. Er hatte nur noch ein Ziel vor Augen. Die Eltern des Kindes zu bestrafen...

Großer Trubel ereignete sich vor dem Haus ihrer Nachbarn, als Helen am frühem Morgen vom Besuch ihrer Schwiegertochter heimkehrte. Die Stadtwache, und andere hohe Rechtsbürger waren vor dem Anwesen verstreut. Verwundert wandte sie sich an eines der Hausmägde ihrer Nachbarn, welches verloren in der Straße stand. „Sag Mara was ist passiert?“ Eindringlich sah Helen die alte Magd an und erwartete bald die neusten Neuigkeiten zu erfahren. Und wurde nicht enttäuscht.

„Meine werten Herren wurden ermordet. Man fand sie heute morgen, angeblich vollkommen blutleer und die Körper zerrissen, als wären sie nichts als billige Puppen gewesen.“
Tiefes Entsetzten zeichnete sich in Helens Gesicht ab. Kurz darauf, ergriff Unverständnis ihren Geist. Wie konnte diese undankbare Magd nur so unberührt über diese Schandtat sprechen? Und das obwohl Magda und Hinrich so gut zu ihr waren. Doch hatten Helens Geist, noch immer nicht die Absicht, das Entsetzten versiegen zu lassen. Im Gegenteil eine Frage fraß sich nun schmerzlich in ihr Bewusstsein.

„ Und was ist mit Nelia?“ Ihre Stimme verklang leise und bestürzt. Angst vor der Antwort, keimte in Helen auf. Sie hatte das Kind ihrer Nachbarn so sehr gemocht. Und auch wenn diese sich seid einiger Zeit sehr verändert hatte, liebte sie sie immer noch, und würde nicht damit leben können, zu wissen, dass dem jungem Ding das selbe Schicksal ereilt hatte, wie ihre Eltern. Doch beruhigte die Magd sie. Knapp deutete sie in Richtung Garten, wo Nelia allein im Gras saß und mit ihrem neustem Stoffbären redete. „Die Kleine muss grausig Leiden, zumal sie doch gestern morgen noch Streit mit ihrem Eltern hatte...Warum ging es noch?“

„Um den Bären werte Dame. Sie wollten ihn ihr wegnehmen, und nun sind sie tot...“ Vielsagend sah Mara zu Helen und entschwand dann ohne weitere Worte.
Helen hingegen tat die unsinnige Anspielung der Alten ab und trat zu Nelia. „ Komm her mein Kind dir muss es ja furchtbar ergehen...“ Sie schloss das kleine Mädchen in ihre Arme und wiegte sie sanft. „ Das haben deine Eltern nicht verdient. Und ich hoffe du weißt, das sie dich trotz dieses Streits von gestern lieben und immer vom Himmel auf dich herab sehen werden...“ Beruhigend sollten diese Worte auf das Kind wirken, Wunden sollten diese Worte versiegeln. Doch erhielt Helen nicht erwartete Reaktion.

„ Doch sie haben es verdient. Mutter und Vater waren böse, sie wollten mir meinen Bären wegnehmen, ihn verbrennen. Das konnten wir nicht zulassen stimmts Baldo? Wir gehören doch zusammen... Mutter und Vater waren böse. Und das war nun ihre gerechte Strafe, nicht war Baldo?“ Liebevoll hob Nelia den Bären in die Höhe und betrachtete ihn. Als Helens verstörter Blick den Bären Baldo traf, hatte dieser rotglühende Augen. Und ehe sie zu Widerspruch ansetzen konnte, hallten die Worte in ihrem Kopf wieder und sie empfand sie für vollkommen richtig...

Impressum

Texte: Jegliche Rechte sind mir vorbehalten
Tag der Veröffentlichung: 06.08.2010

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
An meine treue Freundin, dessen Kind mich zu dieser Geschichte inspirierte

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