Cover

Da ich mich nun mehr mit den Charakteren beschäftigt habe, bekommen sie ab Kapitel 13 Nachnamen.^^ Des Weiteren ist auch eine etwas genauere geographische Beschreibung von Nöten.
Es gibt insgesamt acht Octate. Die Geschichte spielt hauptsächlich in den Octaten D´ganur und D´hatajak.
Charaktere
Der Aufstieg der Dunkelheit

Lebend:
• Kail Craftsmiter (Student an der Akademie der Magier; Nills Schüler)
• Blain Craftsmiter (Erzmagier des alten Königreichs)
• Nill Silverchill (Avatar, Kails Ausbilderin)
• Luzic Hollowborn (Avatar, Direktor der Akademie der Magier)
• Marlain Greyshifter (Magier der Bestimmung, Ziehkind Luzics)
• Zitt Upheaval (Kaiser und derzeitiger Regent des Octats D´ganur)
• Devian Gifter (Freund und Mitschüler Kails)
• Merissa Nightshield (Mitschülerin Kails)
• Priscilla Hel Urtavar (erste Tochter Jults,
Prinzessin des ersten Dämonenclans, Kails Vertraute)
• Jult Fenris Urtavar (Herrscher des ersten Demonenclans)
• Bavor Siegegear (Obergeneral von D´ganur)

Gestorben:
• Geddar von Reaptorn (König des Octats D´ganur)

Gottheiten der Ahnen
• Nervis – Gottheit der Natur, bezeichnet die Jahreszeit Frühling
• Tallwas – Gottheit der Sonne, bezeichnet die Jahreszeit Sommer
• Vallor – Gottheit des Verfalls, bezeichnet die Jahreszeit Herbst
• Xora – Gottheit des Todes, bezeichnet die Jahreszeit Winter


Geographie Mij D´fallit –Der Kontinent des Wechsels

Die acht Octate:
• D´ganur (Die Himmelsspitzen)
• D´watull (Der Lebensquell)
• D´nom (Der Eisenbrunnen)
• D´hatajak (Das Eismeer)
• D´grippon (Die Flügelscherben)
• D´verkur (Der Wüstenspiegel)
• D´immnagar (Die Feuerklamm)
• D´mallavor (Die Finsterödnis)

Der Nordwesten

Xoras Grenze
Ab dieser Grenze fällt die Temperatur in Richtung Norden auf unerbittliche Minusgrade.




Magieränge: Zeichen

1. Novize Ast
2. Erleuchteter brennender Ast
3. Bringer doppelseitge Axt
4. Nexus zweischneidiges Schwert
5. Avatar Schild
6. Mas ka´ligh (Entfremdeter) Flügel

Magiepfade:

Furu/a D´weili (Herrscher/in der Elemente)

Furu/a D´verdi (Herrscher/in des Lichts)

Furu/a D´kail (Herrscher/in der Dunkelheit)

Furu/a D´kline (Herrscher/in der Ahnen)

Gruppen innerhalb der Akademie:

Novizen (braune Roben)
Magier der Bestimmung (violette Roben)
D´weili (purpurne Roben)
D´verdi (weiße Roben)
D´kail (schwarze Roben)
D´kline (graue Roben)

Weiter Erklärung:
Zeichen:
Erkennungssymbol für die verschiedenen Ränge; ist auf die Linke Brusthälfte der Roben genäht;

Magier der Bestimmung tragen weder ein Zeichen für ihren Rang noch einen Hinweis auf ihren gewählten Pfad der Magie;


Prolog

Mij D´fallit, der Kontinent des Wechsels, so nannten ihn die Ahnen der ersten Ära. Damals war man sich schon bewusst, dass in einer Welt der Magie nichts gleich bleiben kann. Hand in Hand arbeiteten die beiden magiebegabten Rassen der Menschen und Elfen um mit Hilfe der Magie dem Land ihren Willen aufzuzwingen und es nach ihren Vorstellungen zu formen. So entstanden Berge, Wälder, Seen, Flüsse, Wüsten aus Sand und Eis. Danach wurde der riesige Kontinent in acht Länder aufgeteilt. Während sich die Elfen in die Wälder und Eiswüsten begaben, errichtete die Menschheit Städte und Straßen. Es bildeten sich Orden die der Magie huldigten, sie verteidigten und lehrten. Damals gab es eine kleine Gruppe, die sich D´Bel D´schak, die Seher der Zeit, nannten. Sie erstellten Prophezeiungen für die zukünftigen Generationen um die Menschheit vor großem Unheil zu bewahren. Die wohl schlimmste Vorhersage war die des letzten Propheten, bevor auch dieser sich im Angesicht seines geistigen Martyriums das Leben nahm.
Sie lautete:
„Wenn die weißen Mauern des Schildes der Hoffnung fallen und unrechtmäßiges Blut den Thron besteigt, ist Dunkelheit das Einzige was bleibt.

1. Kapitel

„ „Die Bestimmung“ sollte bald eingeleitet werden. Auf jeden Fall war es letztes Jahr um diese Zeit so weit.“ Diese Worte ließ Kail resignierend über seine Lippen wandern. Begleitet von einem herzhaften Seufzer erhebt er ein weiters mal seine Stimme um eine Frage an seine Jugendfreundin Claire zu richten.
„Glaubst du, dass wir erwählt werden? Alt genug wären wir ja jetzt, aber kannst du dir vorstellen unser Dorf zu verlassen?“
Als er endete drehte er sein Gesicht zu ihr um ihre Reaktion genauer zu betrachten. Eigentlich nicht nur deswegen. Sie ist sehr hübsch, wenn man den einfachen Standard eines Bauernjungen als Maßstab nimmt. Ihr schulterlanges hellbraunes Haar umrahmt ihr schmales Gesicht aus dem ihn ein Paar dünkelgrüne Augen mit einem leicht nassen Schimmer anblickten. Auch ihre restliche Statur war eher zierlich als robust und ihre Haut war von der Arbeit ihm Gemüsegarten leicht gebräunt.
Ihre zitternde Stimme brachte nur ein leises gestottertes „ich hoffe nicht das wir erwählt werden“ zu Tage und griff nach seiner freien Hand die neben ihrer lag. Sie umklammerte sie beinahe so, als ob sie der einzige Strohhalm wäre, der sie im hier und jetzt hält, um ja nicht über die Zukunft nachzudenken.
Er ließ sie gewähren und streichelte ihr übers Haar um sie zu beruhigen bevor Kail ihr erneut eine Frage stellte.
„Aber findest du nicht, dass ein Leben als Magier mehr Vorteile bringen würde? Stell dir nur vor was wir unserm Dorf alles Gutes tun könnten wenn wir die Macht hätten etwas zu ändern.“
„Du hast ja Recht, aber trotzdem fühle ich, dass ich hier nicht weg will. Deshalb werde ich mich in den Wäldern verstecken bis der ganze Spuk vorbei ist. Und wie soll ich es sagen, ich möchte, dass du ebenfalls bei mir bleibst. Wir sind zusammen aufgewachsen und kennen uns besser als wir uns selbst. Denkst du nicht, dass du einen Teil verlieren würdest wenn wir uns trennen?“
Kail sah sie gelassen an und mutmaßte, dass sie ihren ganzen Mut aufbringen musste um ihm das zu gestehen was sie fühlte und es bewegte ihn auch, dennoch verblieb sein Herzschlag in einem ruhigen Rhythmus. Er atmete noch einmal tief ein bevor er ihr seine Antwort geben würde und um noch einmal nachzudenken, ob es das Richtige wäre sie derartig vor dem Kopf zu stoßen.
Als sein Atemzug getan war wandte er seinen Blick gen Himmel und sprach:
„Ich bin davon überzeugt, dass dieser Schritt eine unumgängliche Notwendigkeit für mich ist und das es an der Zeit ist, dass wir uns trennen. Mit deiner Einstellung würdest du mich nur zurückhalten und somit mir und im Endeffekt dem Dorf schaden. Also verzeih mir bitte wenn ich dir sagen muss, dass ich auf deine Bitte nicht eingehen kann.“ Während Kail Claire antwortete spürte er wie sich der Griff um seine Hand löste und sich ein brennender Schmerz über seine linke Gesichtshälfte ausbreitete. Sein Blick blieb weiter an den Wolken geheftet während er hörte, dass sich eine bestimmte Person immer weiter von ihm entfernte und bittere Tränen weinte. Kurze Zeit später war auch dieses Ärgernis verschwunden. Kail strich sich durch sein dunkelbraunes Haar und blieb allein mit seinen Gedanken zurück.
Später als die Sonne hinter dem Kamm des Jut D´tes, dem Berg der Prüfung, verschwand, machte sich Kail auf um sich seinem Schicksal zu stellen, welches ihn in wenigen Tagen erwarten würde.

2. Kapitel

„Sie kommen, die Magier der Bestimmung kommen!“
Es war nicht einmal fünf Uhr morgens und dennoch wurde Kail von quietschender Mädchenstimme geweckt, die das ganze Dorf in Aufruhr versetzte. Nur wenige Augenblicke später hörte er wie die Tür zu seinem kleinen Zimmer geöffnet wurde, das nur spärlich mit einem Bett, einem Stuhl und einer größeren Truhe, die er auch als Tisch verwendet werden konnte, ausgestattet war. Sein Vater stand in voller Gewandung im Türrahmen und rief zu dem fast noch schlafenden Sohn:
„Kail, wach auf. Die Magier kommen.“
„Und dies ist der Grund warum du so aufgeregt bist, Blain. Ich hab dir schon vor einigen Tagen erklärt, dass ich Magier werden will. Also noch mal, wieso diese Gehetztheit?“
„Du darfst nicht mit ihnen gehen. Wenn du unbedingt auf das Studium der Magie aus bist, dann werde ich dich lehren.“
„Wovon redest du, alter Mann?“
„Für Fragen ist jetzt keine Zeit mehr! Ich selbst habe nicht gedacht, dass du das Angebot von Claire ausschlagen würdest. Man kann deine Mutter einfach nicht verleugnen. Sie ließ sich auch von keiner ihrer Entscheidungen abbringen wenn sie sie einmal getroffen hatte, aber es ist nun wirklich nicht der Moment für Diskussionen. Also beeil dich und zieh dich an. Ich packe in der Zwischenzeit unsere Rucksäcke.“
„Willst mich mit Hilfe einer Person manipulieren die ich noch nie in meinem Leben gesehen habe und schon tot ist? Das ist lächerlich, sogar für dich Vater. Und wie willst du mich Magie lehren, wenn du nicht einmal Mitglied der Akademie bist?“
Während Kail fragte zog er sich sein Lederhose und sein Leinenhemd an.
Auf eine Antwort wartete er jedoch vergeblich, denn sein Vater drehte sich einfach um und ließ Kail zurück. Nachdem sie gepackt hatten und aus der Tür traten konnten sie in der Mitte des Dorfes ein riesiges Feuer ausmachen, welches den ganzen Hauptplatz und mit ihm die Menschen die dort standen ausleuchtete.
„Sieht so aus als hätten sie schon angefangen.“, ließ Blain mit angespannter Mine hören. Er griff Kail am Unterarm und zog seinen widerwilligen Zögling hinter sich her, um aus dem Dorf und somit der Bestimmung zu entkommen.
„Verdammt sie haben ein enge Barriere um das Dorf gezogen. Dann bleibt nur noch Gewalt.“
Kail verstand zuerst nicht wovon sein alter Herr sprach, aber sobald er sah das dessen rechte Hand bläulich und die linke leicht grünlich schimmerte blieb ihm die Luft weg. Blain brachte beide Hände vor seinem Körper zusammen und entfesselte einen Eisstrahl der seines Gleichen sucht. Die Kälte war beinahe unerträglich als der Strahl und die Barriere sich einen erbitterten Kampf lieferten. Obwohl die Barriere schon bebte und flimmerte ließ sie den Strahl in alle Richtungen zerschellen und dieser überzog die Umgebung mit Eis, welches im entfernten Schimmer des Feuers glitzerte. Die nächsten Worte murmelte Blain wohl mehr für sich als für sein Kind.
„Sie haben dazugelernt, das ist gar nicht gut. Aber was mich mehr beunruhigt ist, dass man um eine Barriere dieser Stärke zu erschaffen einen Avatar braucht. Seit wann stört der König Avatare mit der einfachen Aufgabe der Bestimmung.“
„Ich denke, um diesem Fall hier vorzubeugen, oh weiser Vater.“
Kail konnte sich ein lächeln über sein Kommentar nicht verkneifen während sein Vater das Gesicht zu einer undeutbaren Grimasse verzog.
Erneut packte Blain Kails Unterarm, blieb jedoch nach eine Wende plötzlich stehen. Sie waren von zehn Gestalten in violetten Roben, die Gewandung für Magier, welche die Aufgaben der Bestimmung auf sich genommen haben, umstellt. Einer von ihnen trat vor. Kail konnte erkennen das der Magier ungefähr 1,80 m groß war, so wie er selbst. Dennoch strahlte er eine unheimliche Aura aus die ihn wie angewurzelt stehen ließ. Auch als der Mann seine Kapuze zurückwarf und mit einer warmen Stimme zu sprechen begann ließ zwar Kails Anspannung nach, ein ungutes Gefühl blieb trotzdem zurück und breitete sich in seiner Magengegend aus.
„Es benötigt eine Menge Kraft meine Barriere so stark zu schwächen, dass sie beinahe kollabiert. Deshalb frage ich mich wie es ein Bauer und sein Kind dies bewerkstelligen konnten? Ich bitte um eine Erklärung.“
Obwohl seine Stimme freundlich blieb ging der gefährliche Unterton nicht verloren und Kail bekam es langsam mit der Angst zu tun, wenn er daran dachte, dass er diesem Mann freiwillig entgegentreten wollte um Magier zu werden.
„Das war noch gar nichts.“
Blain warf ihm diese Bemerkung mit Gelassenheit entgegen und zeigte ein Lächeln bei dem er die Zähne aufblitzten ließ.
„Dennoch würde ich eine friedliche Lösung bevorzugen. Wie solltet ihr dem König sonst erklären wie zehn Magier seiner ach so hochgeschätzten Akademie gegen einen Bauern verloren haben.“
„Ich bin von Eurem Selbstvertrauen beeindruckt. Dennoch werden wir uns holen weswegen wir hergekommen sind. Also wärt Ihr so freundlich und würdet uns Eurer Kind für einen kurzen Moment überlassen, sodass wir das Ritual der Bestimmung durchführen können.“
Ohne auf Blains Antwort zu warten, wendete er sich von ihm ab und blickte Kail mit dem gleichen warmen Gesichtsausdruck an und fragte ihn:
„Wie alt bist du und wie heißt du, mein Junge.“
Kail brauchte ein wenig Zeit um sich zu sammeln, welche ihm geduldig vom Magier gewährt wurde.
„Ich bin sechzehn Jahre alt und mein Name ist Kail, Sohn von Blain“
Der Magier zuckte kaum merklich zusammen als er seinen Namen hörte, fand aber kurzer hand seine Haltung wieder. Er starrte einen Moment Blain an, womöglich in der Hoffnung mehr Informationen zu gewinnen. Dies blieb aber erfolglos und der Zauberer richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Jungen.
„Wer hat dir diesen Namen gegeben?“
„Mein Vater natürlich.“
„Nun gut, du bist im richtigen Alter also werden wir jetzt die Bestimmung bei dir durchführen. Trete dafür bitte in unsere Mitte.“
Kail tauschte noch einmal Blicke mit seinem Vater aus, worauf hin dieser ihm stumm zunickte.


3. Kapitel

Ein grelles, dennoch kühles Licht umgab Kail wie eine zweite Haut und er wunderte sich was genau man mit ihm machte. Dieser Zustand zog sich über einige Minuten hin und endete damit das Kail sich schwer atmend am Boden wiederfand. Es dauerte etwas bis er seine Fassung wieder zurück gewonnen hatte und aufstehen konnte. Der Mann, dessen Anwesenheit ihm zuvor schon ein gewisses unwohl sein beschert hatte, starrte ihn jetzt mit schmalen vor Interesse funkelnden Augen an und sprach:
„Du bist ein sehr außergewöhnlicher Junge, weist du das?“
Kail brachte darauf nur einen schweren Seufzer zusammen, da er immer noch von der Bestimmung erschöpft war. Blain der bis jetzt im Angesicht dieser Übermacht still geblieben war, richtete seine Aufmerksamkeit auf den Sprecher der Magier.
„Wie ich sehen kann seit ihr über das Ergebnis überrascht, wie erfreulich. Und dies ist der Grund weshalb ihr ihn nicht mit euch nehmen könnt.“
„Ich bin ziemlich neugierig wie ihr dies bewerkstelligen wollt. Ich bin mir sicher das ihr wisst, dass ihr euch hier in der Minderheit befindet.“
„Dem bin ich mir durchaus bewusst. Nur wisst ihr nicht mit wem ihr es hier zu tun habt.“
„Wenn das so ist, bitte ich um Erleuchtung.“
Kail der dem Wortgefecht nur als Zuschauer beiwohnte, merkte alsbald das sich der Gesichtsausdruck seines Vaters verdunkelte, wie er es zuvor noch nie gesehen hatte.
Der violett gewandete Zauberer schien diese Veränderung ebenfalls zu bemerken und sein Gesicht zeigte leichte Verunsicherung. Während dieser versuchte die Situation einzuschätzen, gab er ein Handzeichen, dessen Bedeutung Kail ein Rätsel war, an seine Mitbrüder. Plötzlich bildete sich eine Schildkuppel in der nur Blain und ihr Anführer standen. Die Kuppel war mit so viel Magie errichtet worden, dass sie sichtbar wurde. Man konnte die Magie in ihr zirkulieren sehen während von ihr ein leicht bläulicher Schimmer ausging. Blain schnaufte und verhöhnte sein Gegenüber.
„Angst?“
„Nein, nur eine kleine Vorsichtsmaßnahme.“, kam sofort als Antwort. Doch die Mine des Zauberers strafte seiner Worte Lügen, denn Kail konnte deutlich erkennen, dass dem Magier Schweiß über das versteinerte Gesicht lief.
Blain stocherte weiter um seinen Rivalen weiter aus der Fassung zu bringen.
„Geh ich recht in der Annahme das ihr höchstens auf dem Rang eines Bringers seit und das die Barriere um unser Dorf mit kombinierten Kräften errichtet wurde, da ich hier nicht die Gegenwart eines Avatars spüre?“
„Ihr wisst viel für einen Bauern. Woher kommt dieses Wissen, wenn man fragen darf?“
„Oh, das dürft ihr durchaus. Ich gehe davon aus, dass ihr bei der Invasion vor sechzehn Jahren dabei wart, als unser damaliger König Gaddar zur letzten Verteidigung in der weißen Zitadelle zu Aoin rief. Ihm blieben nur noch fünftausend Mann und zwanzig Magier. Dennoch schaffte er es die Invasoren unter unserem jetzt ach so geehrten Kaiser Zitt über einem Zeitraum von neun Monaten zurückzuhalten und ihm sogar schwere Verluste zuzufügen. Den Großteil dieses Verdienstes ging auf das Konto des obersten Kriegsmagiers, der sich ebenfalls in der weißen Zitadelle befand und mit der Verteidigung beauftragt war. Man erzählt sich, dass er alleine gegen mehrere Hundertschaften gezogen ist und nur Asche zurückließ. Ihr kennt diese Geschichte, nicht wahr?“
Blains Gegenüber schluckte schwer und erwiderte:
„Ja, diese Erzählungen sind mit durchaus bekannt. Nur was hat es hiermit zu tun?“
Blain lächelte schief und schien langsam Gefallen an dem kleinen Geplänkel zu finden.
„Eine Menge. Denn du stehst hier mit diesen obersten Kriegsmagier unter einer Schildkuppel aus der es für einen kleinen Fisch wie dich kein Entkommen gibt.“
Jetzt fing der Magier der Bestimmung an zu lachen und gab in einem erleichterten Ton eine Antwort.
„Laut den Erzählungen ist er mitsamt seinem minderwertigen König untergegangen. Dein Versuch mich einzuschüchtern war also ein Fehlschlag.“
Blain ignorierte den Zauberer einfach und ließ Feuermagie in beide Hände fließen. Vor seinem inneren Auge bildete sich eine Kreatur die sich alsbald vor ihm und allen anderen materialisierte. Der Bär war von blauen Flammen überzogen, vielmehr sah es so aus als würde sein ganzer Körper aus flüssigem Feuer bestehen, das nur darauf wartet wie eine Welle über seinen Gegner hereinzubrechen. Dieses Tier war zur Zeit Gaddars Blains Markenzeichen gewesen und nach seinem Wissen wurden heute noch Geschichten über das Gemetzel erzählt, die dieses Wesen, geboren aus reinstem Feuer, bei seinen Feinden hinterließ. Kail sah wie unter den Violetten eine gewisse Unruhe ausbrach und Getuschel ausbrach. Blain atmete noch einmal durch und sprach mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht:
„Ich glaube, es ist Zeit für Verhandlungen.“

4. Kapitel

Kail war kurzer hand zum Nebendarsteller geworden, dem niemand mehr große Aufmerksamkeit schenkte. Dennoch war eine Flucht unmöglich, da immer noch eine Barriere um das Dorf errichtet war und er daher zwangsweise feststeckte. Aus diesem Grund blieb Kail einfach stehen und beobachtete wie sich sein alter Herr schlagen würde. Blain, der sich seiner Sache nun ziemlich sicher war, fing nun mit der Verhandlung an.
„Ich hab ein paar Vorschläge wie wir dies immer noch friedlich abwickeln können. Da ich mir sicher bin, dass ihr nicht von Kail ablassen werdet, übergebe ich ihn euch. Natürlich nicht ganz ohne Gegenleistung.“
`Er benutzt mich wirklich als eine Art Handelsware. Aber ich muss zugeben, dass ich auf diesen Weg in die Akademie komme, ohne irgendwelche Konsequenzen befürchten zu müssen, die mich eigentlich nicht erwartet hätten, wenn wir von Anfang an nicht geflohen wären und ich mich aus freien Stücken der Bestimmung gestellt hätte. Verdammt seiest du alter Sack!´
Während Kail sich weiterhin innerlich über seinen Vater ausließ, legte dieser die Konditionen des Handels vor.
„Punkt 1: Dieses Dorf wird niemals wieder Ziel einer Bestimmung.
Puntkt 2: Dieses Jahr nehmt ihr kein anderen außer Kail mit euch mit.
Und zu guter letzt Punkt 3: Ich werde Lehrer an der Akademie.
Natürlich werdet ihr keinen meine Identität verraten, da ich sonst die gesamte Schule den Erdboden gleich machen würde.“
Blains Gegenüber hatte einen fiebrigen Blick und schwitzte in der Nähe des Bären nur noch mehr. Dennoch schaffte er es zögerlich eine Antwort zu formulieren.
„Es steht in meiner Macht eure ersten beiden Forderungen zu gewähren, jedoch kann ich der letzten nur zur Hälfte zustimmen. Wir werden eure Identität mit ins Grab nehmen, aber das Lehramt kann nur der König bei einer persönlichen Audienz gewähren. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ihr über diesen Umstand Bescheid wisst und das jemand mit euren Fähigkeiten zu einem erfolgreichen Attentat durchaus fähig wäre.“
Blain seufzte und erwiderte:
„Ich konnte es ja versuchen. Nun gut, ich denke wir sind auf einen gemeinsamen Nenner gekommen. Kail ist ab jetzt in eurer Obhut.“
Nachdem Blain seinen Satz beendete, löste sich die Schildkuppel auf und auch der Bär verschwand wieder im Nichts. Jetzt bewegte sich Blain auf seinen Jungen zu und legte seine Hände auf dessen Schulter als er vor ihm stand.
„Das ist unser Abschied. Ich wünsche dir viel Glück und pass auf dich auf.“
„Keine Angst, ich weiß mir schon zu helfen und danke für alles was du für mich getan hast, alter Mann.“
Blain drückte kurz Kails Schulter, schenkte ihm noch einmal ein Lächeln und ging in die Dorfmitte auf das Feuer zu ohne sich ein einziges mal umzudrehen.
Jetzt war Kail allein in einem Kreis aus violetten Gestalten. Der Magier mit dem warmen Gesichtsausdruck richtete seine Worte nun an den Jungen in der Mitte.
„Da du schon gepackt hast können wir auch gleich aufbrechen. Wenn wir uns beeilen, können wir noch vor Einbruch des Morgengraus den Fuß des Jut D´tes erreichen. Ach ja, ich hoffe du kannst reiten.“
Der Zauberer wartete nicht einmal auf die Antwort und deutete Kail mit einer einfachen Handgeste ihm und seinen Zaubererbrüdern zu folgen.

5. Kapitel

Kail schaute sich um, dennoch fand er kein vertrautes Gesicht, da Blain dafür gesorgt hatte, dass niemand außer ihm durch die Bestimmung erwählt wurde. Auch die Müdigkeit die sich nach gut zwei Wochen Reise immer deutlicher spürbar machte verlange ihren Tribut. Da Kail seiner Willenskraft nicht mehr ganz vertraute, band er sich mit einem Seil an den Sattel, um nicht aus dem Selbigen zu fallen. Er gähnte und versuchte sich mit etwas anderem abzulenken um nicht einzuschlafen.
`Sehr gesprächig sind sie ja nicht, dabei haben wir schon den Jut D´tes hinter uns gelassen. Die Reise scheint ihnen auch nichts auszumachen. Naja, ich glaube das macht die Übung, da sie jedes Jahr mindestens drei Monate auf der Suche nach neuen Schülern sind. Vielleicht lerne ich auch wie…´
„Wir werden bald die Akademie erreichen, also setz ein fröhlicheres Gesicht auf, verstanden?“
Kail wurde von dieser Bemerkung aus seiner eigenen Gedankenwelt gerissen. Er konnte spüren wie alle Trägheit von ihm abfiel und sein Herz zu rasen begann.
„So ist es recht.“
Diesmal kamen die Worte von einer Stimme, die einer Frau gehörte, die links neben Kail ritt. Ohne es zu merken wanderten seine Wangen nach oben und sein Mund formte ein leichtes Schmunzeln.
Nach zwei weiteren Stunden kamen sie auf eine gepflasterte Straße, die zu einer Zitadelle am Horizont führte, welche die Größe einer Stadt besaß.
Je näher sie der Akademie kamen, desto gesprächiger wurden die Violetten. Jedoch war für Kail vieles nicht verständlich. So verging die Zeit und schlussendlich standen sie vor einer Marmormauer in der sich ein gut zehn Meter hohes Tor aus Ebenholz befand, das mit Gold beschlagen war. Der Magier mit dem warmen Gesichtsausdruck gab das Zeichen zum Absitzten und führte die Gruppe anschließend an das Tor heran. Er klopfte an und eine Tür innerhalb des Tores wurde geöffnet. Er drehte sich noch einmal um und lächelte Kail an.
„Willkommen in der Akademie der Zauberei.“

6. Kapitel

Kail hatte mit seiner Vermutung recht. Die Akademie sah nicht nur so aus wie eine Stadt, sie war eine. Eine breite Hauptstraße zweigte in verschiedene Seitengassen, welche das ganze Stadtviertel durchzogen. Er konnte Wirtshäuser, Herbergen, Schmieden und unzählige Stände die ihre Waren anboten, ausmachen. Erst als sie entlang der Straße auf ein weiters Tor zugingen und Kail seinen Blick von seiner Umgebung gelöst hatte, bemerkte er, dass nun alle Magier der Bestimmung ihre Kapuzen nach hinten geworfen hatten. Er konnte nun fünf Frauen und fünf Männer ausmachen. Sie sahen überraschend einfach aus. Keiner von ihnen hatte besondere Merkmale, welche einem im Gedächtnis bleiben würden. Dies machte sie, so fand Kail, noch unnahbarer als er sie bis jetzt kannte. Des Weiteren nannte keiner von ihnen seinen Namen, wodurch es für Kail relativ schwierig war ein Gespräch mit jemand anzufangen. Deshalb war er glücklich über jedes gesprochene Wort, das an ihn gerichtet war, obwohl er diese Momente an einer Hand abzählen konnte.
Vor den Toren, die von zwei Wachposten in eisernen Rüstungen bewacht werden, angekommen, blieb die kleine violette Gruppe stehen.
„Die Magier der Bestimmung unter der Führung Marlains sind zurückgekehrt.“
„Der Direktor möchte umgehend mit euch und eurer Entdeckung sprechen.“
„Das hab ich mir schon gedacht. Schickt einen Boten und richtet ihm aus, dass wir gleich eintreffen werden.“
Der Soldat salutierte indem er die flache rechte Hand auf die Brust legte und den Oberkörper leicht beugte. Danach gab er das Kommando, das Tor zu öffnen. Die Gruppe trat nun in die wahre Akademie ein. Der riesige Innenhof war in konzentrischen Kreisen ausgelegt in deren Mitte ein zehn Meter hoher Brunnen aus schwarzem Marmor mit hellgrauer Maserung stand. Das Wasser war türkis und schien die Sonnenstrahlen zu brechen, da es wild schimmerte und dabei ein fröhliches Farbenspiel zur Schau stellte. Um diesen herum waren gepflasterte Wege, ebenfalls kreisförmig, angelegt in deren Zwischenräumen zueinander Beete angelegt wurden, in denen diverseste Pflanzenarten gezogen werden. Kail war zuerst sprachlos und merkte nur peripher, dass sich die Gruppe der Violetten auflöste und nur noch Marlain, der Mann mit dem netten Gesicht, übrig blieb.
„Es ist jetzt an der Zeit unseren Schulleiter zu treffen, also folge mir bitte.“
Nach dieser kurzen Aufforderung machte er sich in Richtung Säulengänge auf, die den großen Garten umgaben.
„Wieso sehe ich hier keine Schüler?“
„Das Schuljahr beginnt erst nächste Woche und viele Studierende wollen noch Zeit in dem Stadtviertel verbringen, bevor sie wieder zurück in die Akademie kommen. Natürlich bleiben auch einige von ihnen in der Akademie und widmen sich ihrer Magie. “
„Ist es vielleicht verboten während der Schulzeit das Stadtviertel zu betreten?“
„Das ist richtig. Du scheinst schnell zu begreifen. Ich hoffe, diese Eigenschaft bleibt dir ein Leben lang erhalten. Nun lass uns aber schnell weitergehen.“
Daraufhin blickte Kail noch einmal nach oben, um die ganze Größe dieses mehrstöckigen Gebäudes einschätzen zu können, während er Marlain folgte. Ihre Odyssee, so empfand Kail, führte sie über unzählige Treppen, Wendeltreppen, durch Gemeinschaftsräume und komischer Weise durch den Waschbereich der Mädchen. Kail blieb aber keine Zeit darüber nachzudenken, da der Zauberer vor ihm ein scharfes Tempo vorgab und nicht den Anschein machte auf ihn zu warten. Schlussendlich trafen sie vor der Tür des Direktors ein und warteten dort kurze bis die schwere Eichentür selbstständig nach innen aufschwang. Kail wurde zuerst von einem grellen Licht geblendet und es dauerte einige Zeit, bis sich seine Augen von dem plötzlichen Lichtstrahl erholten. Als er nun solange blinzelte bis er seinem Sehvermögen wieder trauen konnte, war das erste das er sah ein schier endloser Gang, in dem an beiden Seiten Regale voller Bücher standen.
Allem Anschein nach war das erst der Anfang unserer Reise zu den Räumen des Direktors.
Kail stieß zu diesem Gedanken einen resignierenden Seufzer aus und folgte den Violetten weiter in die Ungewissheit.

7. Kapitel

Nach einiger Zeit und vielen Abzweigungen hatten Marlain und Kail ihr Ziel erreicht. Wieder war es eine Eichentür vor der sie standen und abermals ging sie selbstständig nach innen auf. Diesmal blieb Kail von einer erneuten Blendung verschont und er konnte ein geschmackvoll eingerichtetes Zimmer bestaunen, welches mit Bildern von Landschaften und alten Möbeln eingerichtet war. Sie bewegten sich weiter, als Kail plötzlich ein kalter Schauer den Rücken hinunter lief. Derartig geschockt fiel es ihm schwer die nötige Entschlossenheit aufzubringen, die er brauchte, um sich umzudrehen. Dennoch schaffte er es und als er seine halbe Drehung beendet hatte konnte er ein Kind sehen das ihn aufgeregt musterte.
„Du musst dann Kail sein, habe ich recht?“
Der kleine Junge mit weißem Haar und eisblauen Augen, der nur, so schien es, ein langes Hemd trug, fing ohne Scheu an Fragen zu stellen, während er Kail weiterhin mit halbgeschlossenen Augen fixierte. Kail war vollkommen perplex im Angesicht dieser Situation. Dennoch brachte er einen vollständigen Satz zusammen.
„Marlain, wer ist dieses Kind?“
Anstatt zu Antworten kniete sich Marlain hin und senkte den Kopf. Kail war zu erst etwas verwundert, als ihn aber wenige Augenblicke die Erkenntnis traf, tat er es dem Violetten gleich.
„Er begreift schnell, nicht wahr Marlain?“
„Da habt ihr Recht, Meister.“
„Ihr beide könnt euch jetzt erheben.“
Nachdem beide der Aufforderung nachgegangen sind, war es an Kail eine Frage zu stellen.
„Wieso leitet ein Kind die Akademie der Zauberer?“
Der Direktor zeigte ein böses Lächeln, welches jedem eine Gänsehaut bescheren würde. Dennoch schwang Erheiterung mit, was umso beunruhigender war, je länger Kail das verzerrte Gesicht des Leiters der Akademie betrachtete.
„Ich bin 128 Jahre alt, also ist die Bezeichnung „Kind“ nicht ganz zutreffend. Aber ich bin mir durchaus im Klaren, dass dich meine Erscheinung verwirrte haben muss.“
„Und wie ist es jetzt möglich in diesem Alter, dieses Aussehen zu bewahren?“
Marlain war geschockt. Allem Anschein nach wusste selbst er nicht wieso der Schulleiter seine Jugend behielt. Diese Reaktion entging dem Mann in der Gestalt eines Kindes nicht.
„Wenn ihr uns nun bitte alleine lassen würdet Marlain, wäre ich euch sehr verbunden.“
Der Zauberer nickte kurz und entfernte sich ohne Widerrede. Der Direktor wartete bis der Violette die Tür hinter sich geschlossen hatte und richtete danach seine Aufmerksamkeit wieder auf Kail.
„Es ist ein wohl gehütetes Geheimnis, das nur ich kenne. Aber was sind schon Geheimnisse wenn man sie mit niemandem teilen kann?“
Kail zuckte nur mit den Schultern, da ihm keine passende Antwort einfiel.
„Bevor ich es dir verrate, möchte ich dir nur versichern, dass ich dein Leben zu einem Albtraum machen kann, aus dem es kein Erwachen gibt, Falls du es jemals weitererzählen solltest. Ich denke, dass versteht sich von selbst. Aber nun genug der Drohungen. Durch meine Adern fließt das Blut von Eiselfen. Das einzig störende dabei ist, dass mein Körper entsprechend meine Lebenserwartung wächst. Zwar bin ich 128 Jahre alt, stecke aber dennoch im Körper eines Zwölfjährigen. Du kannst dir vorstellen, dass mir meine Pubertät besonders Spaß machen wird. Deshalb habe ich schon ein paar Vorkehrungen getroffen.“
„Vorkehrungen für die Pubertät?“
Kail konnte die Worte des Schulleiters nur wiederholen, da er diese Informationen erst verarbeiten musste.
„Ja, ich möchte sie dir gerne zeigen. Übrigens mein Name ist Luzic.“
Luzic streckte einen Arm aus um Kail die Richtung zu deuten.
Sie stiegen auf ein Podium auf dem weitere Bücherregale und Tische mit verschiedensten Apparaturen standen, deren Verwendungszweck Kail nur vom bloßem Hinsehen nicht herausfinden konnte. Der kindgleiche Alte führte ihn zu einem Fernrohr, dessen Ende in die Wand eingearbeitet war und vor dem ein Stuhl stand. Während Kail darüber rätselte, wieso man ein Fernrohr auf so seltsame Art und Weise ausrichtete, hörte er Luzic flüstern.
„Bitte, nimm Platz und wirf einen Blick durch meine liebste „Vorkehrung“. Es sollte jetzt die richtige Zeit sein.“
Kail nahm immer noch leicht verwirrt Platz und brachte sein Auge vor die Linse.

8. Kapitel

`Was will dieser alte Sack in der Gestalt eines Kindes nur von mir. Des Weiteren kann ich nichts erkennen, da alles weiß ist.´
Kail drehte sich zu Luzic um. Dieser grinste nur und deute ihm noch etwas länger nachzusehen. Darauf hin wendete sich Kail wieder dem Fernrohr zu während er seine Beobachtung kommentierte.
„Wie ich mir gedacht habe. Es hat sich nichts geändert. Was ist so interessant …
Warte. Was ist das? Das Weiß löst sich auf. Ich kann … … … … … … … … … …
Brüste sehen! Nein, noch viel mehr … .“
Sichtlich irritiert färbten sich Kails Wangen leicht rötlich, dennoch löste er seinen Blick aber nicht vom Fernrohr.
„Wie ich sehen kann, gefällt dir die Aussicht. Am Ton arbeite ich noch.“,
bemerkte Luzic mit einem wissenden Grinsen auf den Lippen.
Kail schenkte den Worten des über hundertjährigen Kindes neben ihm keine Aufmerksamkeit. Er war komplett verzaubert, als seine gierigen Blicke den wunderschönen Körper einer Frau musterten. Während sie sich dem Becken mit heißem Wasser näherte, sich hinkniete und mit den Fingerspitzen die Temperatur maß, konnte Kail die glatten Züge ihres Gesichtes erkennen. Ihre dunkelgrauen Augen betrachteten noch einmal ihre Umgebung, bevor sie sich wieder erhob und ins Wasser hinein stieg. Ihr hüftlanges blondes Haar war vom heißen Wasserdampf schon ganz feucht und klebte an ihrer weißen Haut. Es dauerte einige Minuten bis Kail sich vom Fernrohr entfernte und immer noch sichtlich rot angelaufen, fragte:
„Luzic, wer ist das?“
Kail machte den kleinen Mann Platz und als auch dieser diese einzigartige Schönheit bewundert hatte, fing er an zu kichern.
„Diese Frau, mein Junge, heißt Nill. Sie ist eine Fura D´kail, eine Herrscherin der Dunkelheit, die seit kurzem an dieser Fakultät unterrichtet.“
Als Kail diese Bezeichnung in der Sprache der Ahnen hörte, war er leicht verwirrt, denn eines der Wörter kam ihm ziemlich bekannt vor.
„D´kail?“
„Wie es aussieht, wusstest du nicht was dein Name in der alten Sprache `Dunkelheit´ bedeutet, nicht wahr?“
Kail bejahte Luzics Frage mit einem Nicken.
„Nun gut, belassen wir es dabei. Aber eine gute Nachricht habe ich für dich. Schüler die eine besondere Affinität zu einem bestimmten Pfad der Magie haben bekommen einen Helfer, der ihnen mit Rat und Tat zur Seite steht.“
„Ich schätze mal, dass ich so eine Affinität besitze und höchstwahrscheinlich liegt diese beim Pfad der Dunkelheit. Ist meine Annahme korrekt?“
„Vollkommen und da ich gut gelaunt bin werde ich dir Nill als Helfer zuteilen. Sie ist ein wahres Naturtalent. Normalerweise bekommt man das Lehramt höchstens nach zehn Jahren, sie hingegen erlangte es nach vier. Ich denke, dass du bei ihr gut aufgehoben bist.“
Kail brachte im Angesicht seines Glücks, eine so bezaubernde Helferin zugeteilt bekommen zu haben, nur ein gestottertes „Danke“ heraus.
„Ich werde heute Abend ein Treffen bei einem gemeinsamen Abendessen arrangieren und euch beide näher bekanntmachen. Ich hoffe, du hast nichts dagegen einzuwenden?“
„Nein.“
„Perfekt, ich begleite dich noch vor die Tür. Marlain wartet auf dich, um dir dein Zimmer zu zeigen.“

9. Kapitel

Das Zimmer war schlicht und nutzungsorientiert eingerichtet. In der rechten hinteren Ecke stand ein Bett, vor dem eine Truhe für Kails Sachen Platz fand, und auf der gegenüberliegenden Seite befanden sich ein Schreibtisch und ein Stuhl. Neben dem Tisch gab es ein Fenster, welches das Licht der aufgehenden Sonne am Morgen direkt auf das Bett scheinen lässt. Auch war, nicht weit entfernt, eine etwas größere Nische in die steinerne Wand eingearbeitet. Dort befanden sich eine Schale, ein Krug mit Wasser und ein Kerzenständer.
„Dieses Zimmer wird für die Zeit, die du bei uns verbringst, dein Zuhause sein.“
Marlain, der in der Tür stehen geblieben ist, schüttelte kurz den Kopf und fuhr fort.
„Deine Robe findest du in der Truhe. Sie wird das einzige sein was du hier benötigst. Das Abendessen ist in ungefähr einer Stunde fertig, also wasch dich und zieh dir deine neuen Sachen an. Ich werde dich dann abholen kommen.“
„Vielen Dank.“
Kail schenkte Marlain kaum noch Aufmerksamkeit und nahm nur am Rande wahr das er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Nachdem er die Truhe geöffnet hatte und eine fein gearbeitete braune Robe ans Tageslicht brachte, legte er diese über den Stuhl und fing an sich zu entkleiden. Danach benutzte er das Wasser um sich für das Abendessen frisch zu machen und war zugleich dankbar wieder einmal Wasser auf seiner Haut zu spüren, da auf der Reise hierher des Öfteren nicht genug Zeit hatte, um sich zu waschen. Nun, einigermaßen gereinigt, legte er sich auf sein Bett und schloss die Augen um sich etwas Ruhe zu gönnen. Kurze Zeit später schlief Kail, noch von der Reise mitgenommen, ein, nur um nach wenigen Minuten des Schlafes durch ein hartnäckiges Klopfen aufgeweckt zu werden. Kail rieb sich den Schlaf aus den Augen und vernahm die fordernde Stimme Marlains. Jetzt wieder hellwach, sprang er aus seinem Bett, legte seine Robe an und öffnete dem Mann mit dem ehemaligen warmen, nun wütenden Gesicht die Tür.
„Das Abendessen wird bald serviert, dennoch wünscht dich der Direktor vorher noch einmal zu sprechen. Also folge mir.“
Marlain verlieh seinen Worten mit einer Geste seiner Hand noch einmal Nachdruck und Kail ging ihm ohne Widerrede hinterher. Diesmal führte Marlain Kail nicht zu den Räumen des Schulleiters, sondern zu einem Turm, der, so schien es, den Mond berührte.
„Wo gehen wir hin, Marlain?“, fragte Kail, dem das Schweigen des Violetten nervte, obwohl er es eigentlich von ihrer gemeinsamen Reise gewohnt sein musste.
„Zum Mondturm, er wird für diverse Veranstaltungen benutzt, so auch für Mahlzeiten mit wichtigen Leuten.“
Kail seufzte schwer und sein rechter Mundwinkel verzog sich soweit nach oben, dass es schon wehtat. Leise flüsterte er dann zu sich selbst.
„Einfallsreichtum ist wohl auch unter Magiern ein Fremdwort.“
Auch wenn Marlain es sich kaum anmerken ließ, so hatte er doch Kails Kommentar gehört und zuckte, auf Grund dieser Beleidigung, kurz zusammen. Dies blieb Kail nicht verborgen und er stichelte ein wenig weiter.
„Das bedeutet also, dass ich eine wichtige Person bin, nicht wahr?“
„Natürlich.“
`Er will mir also keine Angriffsfläche geben. Nun gut, vielleicht wäre eine andere Herangehensweise hilfreich.´
Kails Verstand klügelte bereits neue, hinterlistige Fragen aus, die aus Marlain vielleicht eine etwas heftigere Reaktion herauslocken würden. Jedoch kam er nicht mehr dazu sie zu stellen, da sie bereits kurz vor dem Erreichen ihres Ziels standen. Marlain machte eine schnelle Handbewegung, wodurch sich die Tür vor ihnen langsam öffnete und sich die Fackeln in den Halterungen neben dieser entflammten. Der gelbe Schein, so empfand Kail, hatte etwas Beruhigendes und Vertrautes an sich. Von den Fackeln beschienen, stand ein etwa dreizehnjähriger Junge mit weißem Haar hinter dem Türrahmen und er begrüßte Kail mit einem breiten Lächeln, welches er auch behielt, nachdem Marlain die Tür hinter ihnen schloss und Kail mit ihm alleine ließ.
„Luzic, ich glaube Marlain hat etwas gegen mich.“,
bemerkte Kail mit einer übertrieben verletzten Stimme während er so tat als würde er sich Tränen aus den Augen wischen. Luzic konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen und hielt sich eine Hand vor dem Mund bevor er sich wieder fing.
„Ich denke, er ist eifersüchtig.“
„Eifersüchtig? Inwiefern?“
Wenn Kails Neugier einmal geweckt war, gab es meist kein Halten mehr. Außerdem vermutete er ein paar interessante Informationen zu erhalten.
„Ich fand ihn auf einer Rundreise durch das Land Geehna, als er weinend und verlassen vor einem niedergebrannten Haus hockte. Da er glaubte ich bin in seinem Alter und teile mit ihm das gleiche Schicksal wurden wir schnell Freunde. Wie du dir sicher vorstellen kannst, dauerte es nur ein paar Jahre bis er merkte, dass ich nicht in dem Maß alterte, wie alle anderen. Er fragte mich immer wieder nach dem Grund, nur um die gleiche Antwort von mir zu bekommen, „Ich kann es dir nicht verraten“. Schlussendlich gab er es dann irgendwann auf und als er sechzehn wurde, nahm ich in mit auf die Akademie. Dies war zu der Zeit als die Invasion endete. Später wurde ich vom neuen König, der irgendwie von meinen Umständen erfahren hatte, als Direktor der Akademie eingesetzt und wurde zu Marlains Meister und Helfer. Und jetzt stehe ich hier und rede mit dir.“
Kail hielt sich das Kinn um nachzudenken und um das Gehörte zu verarbeiten bevor er eine Vermutung anstellte.
„Also ist er wütend, weil du mit einem Kind, das du gerade einmal einen halben Tag lang kennst, ein Geheimnis teilst, welches du selbst deinen engsten Vertrauten nicht erzählt hast.“
Luzic nickte und schenkte Wein in seinen gläsernen Kelch. Er nippte kurz daran und stieß einen zufriedenen Seufzer aus bevor er wieder zu sprechen begann.
„Wie es aussieht ist auch mein letzter Gast eingetroffen.“
Luzic machte eine schnelle Handbewegung, woraufhin die Tür aufschwang und den Blick auf eine wunderschöne Frau mit langem blondem Haar, grauen Augen, die einem die Welt um sich herum vergessen lassen und einem Lächeln, welches wohl jeden auf der Stelle verzauberte, freigab.
„Herzlich willkommen, Nill!“

10. Kapitel

Nill trug ein langes schwarzes Kleid und dazu einen Umhang in der gleichen Farbe, der durch eine goldene Fibel in der Form eines Schildes zusammengehalten wurde. Sie verbeugte sich vor Luzic und schätzte gleichzeitig Kail mit einem Seitenblick ab. Das Lächeln verblieb auf ihren blassrosanen Lippen.
„Vielen Dank für die Einladung, Meister Luzic. Ich nehme an, dass dieser Junge der Grund für unser Treffen ist.“
„Ja, das ist Kail und ich habe vor, euch als seinen Helfer einzuteilen.“
„Kail?, Ironie findet wohl immer einen Weg, nicht wahr Meister?“
„Durchaus meine Liebe. Ich hoffe, dass ihr euch gut um meinen Freund kümmert.“
Nill zog erstaunt die Augenbrauen hoch, als sie Luzic das Wort „Freund“ aussprechen hörte und wendete abrupt ihren Blick Kail zu, der immer noch wie angewurzelt auf der Stelle stand und Nill anstarrte.
`Das kann ja heiter werden´, dachte sie während sie Luzic versicherte, dass dies der Fall sein wird. Nun bewegte sie sich auf ihren persönlichen Schüler zu, der ihr leicht irritiert, aber dennoch mit Entschlossenheit in die Augen sah.
`Interessant, ich schätze ich kann was mit ihm anfangen.´
Nill musterte Kail von oben bis unten, was ihm wohl sichtlich unangenehm war, da seine Wangen rot anliefen und er seinen Blick von ihr abwendete.
„Wie niedlich.“ sagte sie und lächelte als sie weitersprach.
„Ich freue mich schon sehr auf unsere gemeinsame Zeit, Kail. Ich denke du hast großes Potenzial, welches zu erwecken und zu formen meine Aufgabe als deine Meisterin sein wird.“
Kail antwortete nur leise, fast geflüstert.
„Ich bin auch überaus erfreut, euch meine Meisterin nennen zu dürfen.“
Nun näherte sich Nill Kail an und legte ihre Hände auf seine Schultern. Danach gab sie ihm als Zeichen ihres Bundes jeweils einen Kuss auf die Stirn, auf die Wangen und schließlich einen auf den Mund. Kail, der zuvor schon rot war, spürte wie noch mehr Blut in sein Gesicht und in einen anderen Körperteil strömte und nun hilfesuchend Luzic anblickte. Luzic hielt sich aber nur eine Hand vor dem Mund um sein Kichern zu unterdrücken, während Nill, so tat, als ob dies die natürlichste Sache der Welt sei und weiterhin ein Lächeln auf den Lippen behielt. Im nächsten Moment wurde die Haupttür ein weiteres Mal geöffnet und ein Servierwaagen voller Speisen und Getränken der von vier Dienern begleitet wurde, kam ins Zimmer. Dort richteten sie die Speisen auf den runden Tisch in der Mitte des Raumes an und zeigten Kail, Nill und Luzic mit einer Verbeugung an, dass das Essen angerichtet ist und sie nun Platz nehmen können. Als die drei der Aufforderung folgten verließen die Diener das Zimmer. Kail konnte eine breite Variation von Speisen ausmachen, die alle sehr ansprechend arrangiert und zubereitet waren. Während sie aßen, sprachen sie über den Unterricht an der Akademie und Kails spezifisches Training mit Nill. So vergingen ein paar Stunden und schließlich standen sie alle vor der Tür des Mondturmes. Luzic verabschiedete sich, indem er sich wieder in den Turm zurückzog und somit Kail und Nill alleine zurückließ.
„Vergiss nicht, das Training fängt Morgen an, also ruh dich etwas aus.“
Sie berührte Kail noch einmal sanft an der Schulter und machte sich auf den Weg in ihr Zimmer. Kail, der ziemlich erschöpft die kühle Brise genoss, die der Nachtwind mit sich brachte, brach zögernd zur Rückkehr in sein eigenes Zimmer auf. Als er dort ankam und sich rücklings auf sein Bett fallen ließ, war sein letzter Gedanke bevor er einschlief, der erste Kuss seines Lebens mit einer Frau, die damit auch den Bund von Meisterin und Schüler besiegelte.


11. Kapitel

`Verdammt! Wo ist sie?´, Kails Verstand raste, während er hinter einem Baum Deckung bezogen hatte.
Es waren bereits drei Monate seit seiner Ankunft vergangen und er musst lernen das Nill alles andere als nachgiebig war, was sein Training betraf. Jedoch schien sie sich mit dieser Übung selbst übertroffen zu haben. Es war Wochenende und daher gab es auch keinen Unterricht. Daher ging Kail nachdem der gefrühstückt hatte zurück auf sein Zimmer um noch sich noch einmal hinzulegen, weil Devian, ein Junge mit dem er sich in der Zeit in der Kail hier war sehr gut angefreundet hatte, nicht da war. Als Kail nun vor der Tür seines Zimmer stand, konnte er eine Notiz sehen die dort angebracht war. Da er noch immer etwas schläfrig war, dauerte es, bis der Sinn des Wortes richtig verstanden wurde. „Lauf!“, Kails Augen weiteten sich, während auch das letzte Bisschen Müdigkeit von ihm abgefallen war. Nachdem er seinen Gliedern den Befehl gab, der schlichten Aufforderung nachzukommen, spürte Kail schon wie etwas scharf an seinem linken Ohr vorbei sirrte. Das schwarze pfeilähnliche Geschoss verpuffte and der steinernen Wand, ohne sichtlichen Schaden zu hinterlassen. Für Kail hingegen begann hiermit eine irrwitzige Hetzjagd durch die Akademie und schließlich durch Wald.
`Das zieht sich jetzt schon den ganzen Vormittag hin und ich hab immer noch keine Ahnung wo sie steckt. Vielleicht kann ich sie ja irgendwie herauslocken, indem ich …´. Weiter konnte Kail seinen Gedanken nicht asführen, da neben ihm der dicke Stamm einer Eiche in tausend Splitter zerbarst. Zum Glück hatte er am Tag zuvor gelernt wie man sich mit einem Schild gegen physische Angriffe abschirmen konnte. Dieses Wissen kam Kail jetzt sehr gelegen, als eine Unmenge Holzsplitter auf ihn zugeschossen kam. Auch wenn ihn ein Schild schützte, brachte ihn die bloße Wucht der Geschosse aus dem Gleichgewicht und Kail drohte hinzufallen. Jedoch fand er Halt an einem dickeren Ast und konnte somit seine Standfestigkeit wiedergewinnen.
`Gut, also keine Verschnaufpause.´ Kail grinste als er kurz einen schwarzen Umhang hinter einem Baum flattern sah.
`Da bist du ja, meine Liebe.´, dachte Kail während er mit einem heftigen Ruck den Ast abriss, mit dem er sich nur wenige Moment zuvor vor einem Sturz rettete. Da sein Dorf in der Nähe eines Waldes erbaut wurde, verbrachte Kail einen großen Teil seiner Kindheit zwischen Bäumen und war mit dieser Umgebung nur zu Vertraut. Er wusste, dass dies wohl sein einziger Vorteil war, der ihm vergönnt wurde. Da er nun ihre Position kannte, wirbelte er mit einem Tritt das Laub am Boden auf, um dadurch die Sicht auf seine Aktionen etwas zu verhüllen. In der Deckung des Laubes rannte Kail los, mit dem Wissen, dass dies seine Einzige Chance war, seine Meisterin zu bezwingen. Er sah wie mehrere schwarze Pfeile auf ihm zugeschossen kamen, jedoch waren sie nicht sehr präzise und Kail konnte ihnen ohne große Mühe ausweichen. Jetzt begab sich auch Nill aus der Deckung des Baumes heraus, hinter den sie sich versteckt hatte. Darauf hatte Kail nur gewartet. Er umfasste den Ast wie einen Speer und schleuderte diesen im vollen Lauf auf seine Lehrmeisterin. Diese wehrte ihn mit einem weiteren magischen Pfeil ab, der diesmal sein Ziel fand. Nill, die derartig abgelenkt war, bekam nur peripher mit, das sich Kail ihr bedrohlich genäherte hatte. Bevor sie aber reagieren konnte, stürzte er sich mit einem Sprung auf sie und riss sie beide zu Boden.
„Ich schätze euer kleines Spiel ist somit zu Ende.“ Kails Gesicht zierte ein triumphierendes Lächeln als er so auf Nill lag und sie sich in die Augen sahen.
„Nicht schlecht. Ich muss zugeben, dass mich die primitive Art deines Angriffs überrascht hat. Glaub aber nicht, dass dir dies ein zweites Mal gelingt. Ach, nur so neben bei, gefällt es dir auf mir zu liegen?“ Nill zog ihre Augenbrauen hoch, um die Frage noch zu unterstreichen. Kail der nun begriffen hatte, rappelte sich schnell auf und reichte seiner Meisterin die Hand um ihr aufzuhelfen. Diese nahm das Angebot dankend an. Als Kail Nill im gedämpften Licht, welches durch das grüne Blätterdach schien, betrachtete, während sie sich Laub aus den zerzausten blonden Haar zupfte, konnte er nicht umhin zu bemerken, dass sein Herz wie wild zu schlagen begonnen hatte und er erinnerte sich darin wie er sie durch Luzics „Vorkehrung“ in ihrer unverhüllten Erscheinung betrachtet hatte.
„Ich schätze du hast eine Belohnung verdient.“ Nill befreite ihr Haar von den letzten Blättern und musterte Kail mit einem Seitenblick, während sie weiter sprach.
„Was hältst von einem gemeinsamen Essen im Gasthaus zur „Goldenen Krone“? Ich habe gehört, dass sie dort die besten Speisen des Reiches zubereiten.“
„Ich nehme meine Belohnung mit dem größten Vergnügen an.“
Kail vollführte eine übertriebene Verbeugung, die mit einem genervten Seufzen auf Seiten Nills beantwortet wurde.
„Ich gebe dir dann bescheid, wenn es soweit ist. Nun lass uns aber zurückgehen, wie du selbst gesagt hast, ist das Spiel zu Ende und wir können endlich ernst machen.“
Kail war in diesem Moment vollkommen davon überzeugt ein Kichern gehört zu haben, welches sogar einem Kriegsveteran das Blut in den Adern gefrieren lassen würde.

12. Kapitel

Es war bereits eine Woche her, dass Kail seine Belohnung von Nill bekommen hatte, dennoch lag er in Embryohaltung in seinem Bett und flüstere leise jeden Fluch der ihn in den Sinn kam. Offensichtlich fand sie es wichtig das Essen mit besonderen Zutaten zu verfeinern, die nur Kail vorgesetzt wurden. Schon nach ein paar Minuten merkte er, dass etwas nicht stimmte, als sein Magen plötzlich eigentümliche Geräusche von sich gab. Plötzlich setzte stechender Schmerz ein und Kail wurde mit einem Schlag die Luft aus seinen Lungen gepresst. Während er seinen Bauch mit beiden Armen fest umschlossen hatte, blickte er auf, nur um zu sehen, dass Nill ihn mit einem breiten, hämischen Grinsen auf den Lippen und funkelnden Augen betrachtete.
„Das ist deine Strafe dafür, dass du mich im Wald zu Boden geworfen hast. Ich habe mir noch Stunden später Blätter aus den Haaren klauben können.“
„Ihr habt … es ver … dient.“, war Kails angestrengter Versuch eine Antwort unter all seiner Qual hervorzuwürgen.
„Du wirst dich ungefähr ein bis zwei Wochen so fühlen, bis dahin bin ich gnädig und lasse dein Spezialtraining ausfallen. Ich wünsche dir gute Besserung.“
Mit all ihrer Eleganz stand Nill vom Stuhl auf und entfernte sich. Dank der Hilfsbereitschaft der Angestellten, traf auch Kail einige Stunden später, noch immer unter Schmerzen leidend, in der Akademie ein. In seinem elendigen und erbärmlichen Zustand vegetierte er nun schon seit einer Woche in seinem Zimmer dahin, ohne dass ihm seine Meisterin ein einziges Mal einen Besuch abgestattet hätte.
„Verdammt, was soll das Ganze. So beleidigt kann sie doch gar nicht sein. Vielleicht kann man sich auch nichts anderes von einer Herrin der Dunkelheit erwarten. Und wenn ich daran denke, das ich nach ihrer Ausbildung auch so drauf sein werde, vergeht mir jetzt schon der ganze Spaß daran.“
„Oh, so schlimm wird es schon nicht werden.“
Der Schmerz wich plötzlicher Überraschung und Kail richtete sich blitzschnell auf um sich in seinem Zimmer umzusehen. Doch da war niemand, nur die spartanische Einrichtung und der Schein der Kerze, die auf seinem Schreibtisch stand. So schnell wie der Schmerz verschwunden war, so schnell kam er wieder mit aller Gewalt über Kail, so dass er sich in sein Bett zurückfallen ließ und die Schuld, dass er Stimmen hörte, auf sein Delirium schob.
„Du kannst mich doch nicht einfach als Magenverstimmung abtun, dass ist überhaupt nicht nett.“
Diesmal kam die Frauenstimme aus seinem Kopf und Kail dachte schon, dass seine Qualen den Rest seines Verstandes als Tribut gefordert hatten, aber da er nichts Besseres zu tun hatte spielte er einfach mit.
„Mit wem hab ich den das Vergnügen? Es ist unhöfflich, wenn man sich nicht zuerst vorstellt.“
„Du hast ja recht, wo bleiben nur meine Manieren. Mein Name ist Priscilla Hel Urtavar, aber du kannst mich einfach Priscilla nennen.“
„Priscilla also. Und was machst du in meinem Kopf, wenn mir die Frage erlaubt ist.“ Bei seiner Antwort versuchte Kail nicht einmal seinen genervten Unterton zu verstecken.
„Du bist witzig.“
„Interessant, du bist die erste die mir das sagt. Ich denke, ein Dankeschön ist angebracht. Also Danke, aber ich bin noch immer neugierig, warum du jetzt in meinem Kopf bist.“
„Oh, kein bestimmter Grund, ich bin nur auf der Suche nach einem Partner.“
„Partner, wie darf ich das verstehen.“
„Ein Partner eben, jemand dem du hilfst wenn er dich braucht und umgekehrt. Vor allem haben mich deine Schmerzen angezogen. Die ziehen sich ja schon über eine Woche hin, nicht war?“
„Scharf beobachtet, nur was soll ich jetzt machen?“
„Ich helfe dir mit deinen Schmerzen und ich trainiere dich auch in Magie, dafür musst du mich nur für den Rest deines Lebens als deine ständige Begleiterin aushalten. Was sagst du?“
„Ich sage nichts, bevor ich dich nicht einmal gesehen habe!“
Die Schärfe in Kails war nicht zu überhören und es dauerte ein wenig bis sich die Frauenstimme wieder zurückmeldete.
„Natürlich.“
Plötzlich wurde vor Kails innerem Auge alles schwarz. Es fühlte sich so an als ob sein ganzer Körper im totalen Nichts schweben würde, dennoch fand er halt unter seinen Füßen. Er schaute sich um und bemerkte eine Gestalt auf ihn zukommen. Als sie näher kam konnte er erkennen, dass aus den schneeweißen Haar zwei kleine Hörner hervorkamen. Ihre Bekleidung war einheitlich in schwarz gehalten, Eine enge Lederjacke, die gerade dazu reichte ihre Brüste zu verdecken, eine kurze Lederhose und Lederstiefeln. Die Charakteristika die am meisten hervorstachen waren wohl ihre Flügeln die sie eng an ihren wohlgeformten Körper legte und ihr Schwanz der sich perfekt in ihre Bewegungen fügte.
Als sich ihre Augen trafen, winkte sie ihm mit einem breiten Lächeln zu und rief:
„Hallo, ich bin Priscilla!“

13. Kapitel

„Wo genau befinden wir uns?“
Priscilla, die die Distanz zwischen ihr und Kail bereits zurückgelegt hatte, stand nun locker, eine Hand an der Hüfte abgestützt, vor ihm.
„Wir sind im Nürr, dem Reich der Dämonen. Ich habe deinen Geist hier hergeholt um, wie du gewünscht hast, persönlich mit dir zur sprechen. So junger Craftsmiter, bist du jetzt für eine nette Unterhaltung zu haben?“
Der Bursche zeigte seine Zustimmung indem er kurz nickte und wartete schließlich auf das, was sein Gegenüber ihm mitteilen wollte.
„Wie ich dir schon zuvor gesagt habe, biete ich dir eine Partnerschaft an. Die Konditionen haben sich nicht geändert. Ich stelle deine Gesundheit wieder her und lehre dich die Magie der Dämonen. Im Austausch dafür bleibe ich bis zu deinem Lebensende an deiner Seite.“
Kail war schon zu Beginn skeptisch und jetzt, da er Priscilla in Angesicht zu Angesicht stand, rührte sich diese Gefühl erneut und zwar noch stärker als zuvor.
„Welchen nutzten ziehst du aus unseren Handel? Ich meine, dass du nur durch meine Gesellschaft nicht wirklich etwas gewinnst.“
Obwohl sie sichtlich überrascht schien, verlor das bezaubernde Lächeln der Dämonien nichts von seiner Schönheit. Vielmehr, so war Kail überzeugt, hat seine Frage ihr Interesse geweckt, das sich nun in ihren Augen widerspiegelte.
Priscilla streckte ihre linke Hand aus und berührte zärtlich Kails Wange. Er zuckte kurz unter ihrer Berührung zusammen, da er aus irgendeinem Grund erwartete, dass ihre Hand eiskalt wäre. Doch das Gegenteil war der Fall und als er ihr wieder in die Augen blickte, führte sie ihren Mund sein linkes Ohr und flüsterte beinahe:
„Ich lerne etwas Neues und das allein ist viel wert. Vor allem wenn ein unendliches Leben auf einen wartet, sucht man doch nach ein wenig Ablenkung um die Ewigkeit zu vergessen.“
Der warme Atem der Dämonien hinterließ ein angenehmes Gefühl auf seiner Haut und Kail verlor sich fast in ihrer Verführung. Dennoch, als er bemerkte, dass sein Verstand im Begriff stand abzustumpfen und seine Gedanken träge wurden, versetzte ihn die Erkenntnis einen Schlag, der Kail wieder zurückholte.
Er atmete noch ein paar Mal tief durch um seinen Geist zu sammeln, bevor er Priscilla mit Wut in den Augen anstarrte.
„Hahahahaha!“
Priscilla krümmte sich und hielt sich mit beiden Händen den Bauch. Ihr plötzlicher Lachanfall brachte auch Kail ein wenig aus der Fassung und er wusste nicht wie er jetzt reagieren sollte. Die Dämonien richtete sich wieder auf, während ihr noch ab und zu ein Kichern entkam.
„Jetzt hast du es geschafft. Ich will dich als meinen Partner und keinen anderen.“
„Ich fühle mich geschmeichelt. Aber bitte versuch nicht wieder mich zu verzaubern. Ich mag dieses Gefühl nicht besonders.“
„Versprochen. Also was sagst du? Kommen wir ins Geschäft?“
„Ja. Außerdem habe ich noch eine Rechung mit meiner Meistern offen und da kann ich jede Hilfe gebrauchen.“
„Gut.“
Plötzlich erschienen ein Pergament in einer Hand und eine Feder in der anderen.
„Das ist unser Vertrag. Sobald du hier unten unterschreibst ist der gültig und unwiderruflich.“
Kail zögerte noch einmal kurz bevor er die Feder nahm und seinen Namen in das Pergament kratzte.
„Auf gut Zusammenarbeit, Partner.“
„Ja, auf gute Zusammenarbeit.“
Er versuchte nicht einmal sein Mistrauen zu verschleiern und verzog sein Gesicht zu einer undeutbaren Maske.
„Dann schicke ich dich wohl besser wieder zurück!“
Wie hinter einer dichten Nebelwand verschwand die Person vor Kails Augen und als er aufwachte fand er sich nackt auf den kalten Steinfußboden seines Zimmers wieder.
„Verdammt!“

14. Kapitel

„Heute lernt ihr, wie ihr einfache Angriffszauber wirkt, die als Basis für das Verständnis der späteren feineren und komplizierteren Zauber benötigt werden. Zuerst werdet ihr den Japur, oder auch Geisterstoß genannt, lernen. Er dient hauptsächlich um den Feind aus dem Gleichgewicht zu bringen und einen selbst somit in eine bessere Lage. Jedoch prallt er sehr leicht an Schilden ab und dient daher nur als Überraschungsangriff. Um ihn zu üben, teilt euch bitte in Zweiergruppen auf und wendet ihn aufeinander an. Dazu konzentriert ihr eure Magie in eine eurer Handflächen und formt sie dort zu einer Faust, bevor ihr sie in Richtung eures Trainingspartners schickt. Wie ihr einen Schild zu Verteidigung gegen magische Angriffe errichtet, wurde euch bestimmt schon gelernt, und wenn nicht, wäre es wohl jetzt der Zeitpunkt es herauszufinden.“
Der Lehrerin für Angriffsmagie konnte man ihr Alter an den vielen Falten in ihrem Gesicht ablesen, dennoch machte sie ihre Arbeit auch noch nach 50 Jahren genau so gut wie am ersten Tag. Ja, es war nicht übertrieben, wenn man sagte, dass Karoline Witherless, die gleiche Härte besaß, als sie noch Magier für den Krieg gegen König Geddar ausbildete. Damals wurde sie Himmelsschleifer genannt, da nur zwei drittel ihrer Rekruten überlebten. Zwar sind diese Zeiten schon längst in der Vergangenheit, dennoch verbreiten die Geschichten über sie noch heute Angst und Schrecken unter den Schülern. Kail bemerkte, wie er mit einem trägen Blick seinen Freund Devian ansah und auch dieser sah nicht besser aus. Schließlich war es die erste Stunde an einem Montagmorgen und anscheinend meinte die Schulleitung, dass etwas Action der perfekte Start in die neue Woche sei. So dauerte es auch seine Zeit, bis sich die Zweiergruppen zusammengefunden und ihre Positionen eingenommen hatten. Kail tat sich aus Bequemlichkeit mit Devian zusammen und beide stellten sich gegenüber von einander auf. Die Schilde zur Abwehr von magischen Attacken hatten sie erst vor zwei Wochen gelernt und noch nicht alle beherrschten ihn gut genug um sich von den Japur ihres Partners zu schützen, was schon in den ersten Minuten dazu führte, dass sich einige Schüler diverse Knochenbrüche und Prellungen am ganzen Körper zuzogen.
„Craftsmiter, Gifter, bitte tretet in die Mitte und zeigt den anderen wie es richtig gemacht wird. Wenn das so weitergeht überschreite ich womöglich noch meine Quote für Verletzungen an diesem Tag schon in der ersten Stunde!“
Widerwillig traten die beiden in das Zentrum des Saals, wo jeder ein Auge auf sie werfen konnte und auch jede ihrer Bewegungen mitverfolgen konnte. Als sie ihre Positionen eingenommen hatten, errichteten beide ein Schild um sich herum, der sie wie eine Sphäre umgab. Wenn man genauer hinsah, konnte man erkennen, dass sie leicht weißlich glühten, aber trotzdem für das freie Auge unsichtbar blieben.
„Wer von uns soll anfangen, Devian?“
„Das fragst du mich. Ich hab genauso wenig Lust dies hier zu machen wie du.“
„Du hast recht, was machen wir hier eigentlich? Ich habe gehört heute soll es zu Mittag Hünchen geben. Was hältst du davon?“
„Ich weiß nicht, letztes Mal war es etwas trocken. Aber vielleicht wird es heute besser, man kann ja nie wissen.“
„Ich bin vollkommen deiner Meinung. Diesmal soll es eine Soße dazu geben und …“
„HÖRT ENDLICH AUF MIT EUREM UNNÜTZEN GESCHWÄTZ UND FANGT AN ZU KÄMPFEN!!!“
Allem Anschein nach war Professor Witherless nicht sehr von der ihr dargebotenen kulinarischen Diskussion begeistert und gab dies nun auch lautstark kund.
„Ich denke, wir sollten anfangen. Bist du bereit?“
„Bereit? Ja, was auch immer.“
Kurz darauf konnte man beobachten wie von beiden Schilden Funken sprühten, die sogleich wieder verglühten. Es waren richtige Salven die sich die beiden entgegen warfen, doch hatten sie keine Wirkung und nach ein paar Minuten des sinnlosen hin und her Feuerns von Magie, gab Witherless das Kommando die Angriffe einzustellen.
„Nichts anderes habe ich mir von euch erwartet. Kail, der persönlich von Nill unterrichtet wird und Devian, der aus einer Familie der begabtesten Magier des Landes stammt. Ihr beide seid wirklich meine Musterschüler. Und ihr anderen, ihr könnt euch eine Scheibe von den beiden abschneiden. Es dauerte nicht einmal ein paar Minuten und sie konnten den Japur schon perfekt anwenden. Nehmt dies als Denkanstoß und bemüht euch mehr um euer Studium der Magie. Damit ist die Klasse für heute entlassen.“
Karoline klatschte zweimal in die Hände und öffnete die Türe, die aus dem Lehrsaal hinausführte. Die Schüler packten ihre Sachen und entfernten sich aus dem Saal, während sie schon über andere alltägliche Dinge redeten. Kail und Devian ließen sich Zeit, da beide keine Lust hatten, am wilden Gedränge Teil zunehmen. Außerdem sorgte das Lob ihrer Professorin dafür, dass sie viele ihrer Mitschüler mit Missgunst, Verachtung und vor allem Neid ansahen. Doch Kail hat sich schon lange an diese Blicke gewöhnt und auch Devian war diese Nichtigkeit egal. So warteten sie, bis sich die Traube vor der Tür aufgelöst hatte, um nun auch den Saal zu verlassen.
„Findest du nicht, dass der Schulalltag anfängt etwas langweilig zu werden?“
Devian schaute mit einem finsteren Blick durch die Fenster des Korridors in den zweiten von sechs Innenhöfen. Anders als der den Kail zu Beginn seiner Ankunft gesehen hatte, war dieser eher schlicht gehalten. Bäume die in voller Blüte standen, zierten den Rand und in ihren Schatten fanden Schüler auf Steinbänken platz.
„Das, mein Freund, kann ich nur bestätigen. Obwohl,“ Kail schüttelte seinen Kopf, „Nill mich richtig ran nimmt, wenn ich mit ihr alleine trainiere. Aber ich bezweifle, dass man dies zu alltäglichen Schultätigkeiten zählen kann.“
Kail lachte einmal kurz auf, bevor er wieder verstummte.
Als sie um die Ecke bogen um zu ihrer nächsten Stunde zu gelangen, kam aus einem Saal vor ihnen eine Gruppe von sieben Mädchen heraus. Zuerst beachtete keiner der beiden Zauberlehrlinge die Gruppe, doch als Kails bemerkte, dass sechs der Mädchen um die Aufmerksamkeit einer einzigen Person in ihrer Mitte rangen. Langes dunkelbraunes Haar rahmte ein Gesicht ein, das jeden für einen Moment innehalten ließe, nur um ihren Anblick zu bewahren. Augen von dunkelstem blau, die, alsbald sie einen sahen, einem das Gefühl gaben, sich vor ihr verbeugen zu müssen. Sie war ungefähr ein Kopf kleiner als Kain, und dennoch wirkte sie so, als wäre sie ihm an Größe gleich. Der Rest ihres Körpers wurde von den weiten braunen Roben eines Novizen beziehungsweise einer Novizin verdeckt. Der junge Magier griff seinen Freund an dessen Gewand und zwang ihn somit stehen zu bleiben und ihn fragend anzusehen. Kail sah aus den Augenwinkeln den verwirrten Blick seines Mitschülers und deutete mit einer Kopfbewegung in Richtung der jungen Frau. Devian bewegte seinen Kopf in die gezeigte Richtung und gähnte anschließend. Kurz darauf war die kleine Gruppe hinter der Biegung verschwunden und Kail sah Devian mit großen Augen an.
„Was?“
„Was? Hast du sie gesehen, das Mädchen das von allen anderen umgeben war?“
„Ja, und weiter?“
Devian gähnte erneut, während er sich streckte.
„Kennst du sie? Obwohl ich schon seit ungefähr einem halben Jahr hier bin, habe ich sie noch nie gesehen.“
„Oh, ja, natürlich. Ja ich kenne sie, ihr Name ist Merissa Nightshield und sie ist in unserer Parallelklasse, Sie stammt wie ich aus einer Familie aus begabten Zauberern die ihre Macht schon seit Generationen weitergeben. Ich hab sie heute ebenfalls zum ersten Mal gesehen, dennoch habe ich sie gleich erkannt. Die Gerüchte über ihre Schönheit scheinen zu stimmen, bei ihren magischen Fähigkeiten bin ich mir da nicht so sicher, aber was soll es.“
„Merissa also. Mhmm. Okay, ich glaube wir sollten uns auf den Weg machen, die Stunde fängt gleich an.“
Devian nickte kurz und die beiden machten sich wieder auf den Weg.
- Reichen dir deine hübsche Lehrerin und ich nicht aus. Musst nun auch noch anderen Frauen nachschauen. -
Diese süße und dennoch dämonische Stimme war Kail schon allzu bekannt.
- Priscilla, ich habe dich schon vermisst. Ganz ehrlich. –
- Spar dir deine Lügen für ein andermal, obwohl es mich sehr glücklich machen würdest, wenn du wirklich so über mich denken würdest, mein Lieber. –
- Also was willst du? –
- Hab ich dir das nicht schon gesagt, ich begleite dich bis an dein Lebensende und ab und zu melde ich mich zu Wort oder besuche dich in deinen Träumen.-
- Ja, darauf kann ich zurzeit verzichten. Meine nächste Stunde fängt gleich an, ich würde dich nun bitten aus meinem Kopf zu verschwinden. –
- Wie du befiehlst, Meister. –
Der Zynismus den sie in das letzte Wort gesteckt hatte, war kaum zu überhören, aber dennoch verschwand und Kail war wieder allein in seinen Gedanken.
Als er die letzten Schritte zum Lehrsaal ging, ließ Kail das Gefühl nicht los, dass dies erst der Anfang von etwas war, über das er sich jetzt beim besten Willen noch keine Gedanken machen wollte.

15. Kapitel

Sechs Monate später, Nervis Zeit (Frühling) …
Zitadelle der letzten Hoffnung, Residenz des hohen Kaisers Zitt Upheaval, Kommandoraum des Heeresstabs von D´ganur, in der Stadt Himmeltor.
Der Kaiser trug nur schlichte Kleidung, ein fein gewebtes Wollhemd und eine Lederhose. Er mochte es nicht seiner kompletten Gewandung, bestehend aus einem schweren Samtmantel und Gewänder die nur von Gold und Silber strotzen, erdrückt zu werden, wenn es keinen öffentlichen Anlass gab, der danach verlangte. Zitt wartete geduldig, auf seinem Holzthron sitzend, dass seine Generäle endlich eintrafen. Es verstrichen noch etliche Minuten, bis endlich die schwere Eisentür aufgedrückt wurde und sowohl sieben Männer als auch drei Frauen , allesamt in schwarz-silberner Uniform, eintraten. Auf ihren Schultern konnte man einen Adler sehen, der mit Querstreifen unterlegt war. Die Anzahl der Streifen variierten. Die zehn Personen nahmen vor dem Thron Aufstellung und knieten nieder. Derjenige mit den meisten Streifen unter dem Adler ergriff das Wort:
„Obergeneral Bavor Siegegear und die gesamte Generalität, unter eurem Befehl, mein Herrscher!“
„Erhebt euch, bitte.“
Der Generalstab erhob sich synchron und sah nun seinen Kaiser an.
„Wie verlaufen die Vorbereitungen für die Invasion von D´hatajak?“
Bavor ergriff erneut das Wort.
„Alles wie geplant. Im nächsten Mondzyklus werden wir die Grenzstädte evakuiert haben. Des Weiteren werden Informationen verbreitet, die besagen, dass unsere Grenzposten von den Elfen des Eismeers vernichtet wurden und wir uns nun zum Verteidigungskrieg rüsten müssen.“
Zitt konnte nicht anders als zu schmunzeln, während er sich mit der Linken das Kinn rieb, eine Angewohnheit, die immer dann hervortrat, wenn alles so funktioniert wie er es wollte.
„Ich hoffe, die Grenzposten sind alle entbehrlich? Es wäre ja schade, wenn gute Soldaten schon vor dem Krieg für unsere gute Sache sterben müssten.“
„Natürlich, alles Milizen, bestehend aus Obdachlosen, Bettler und Arbeitslosen.“
„Gut. Wie viele Soldaten zählt unsere Armee zurzeit?“
„In diesem Moment haben wir 300 000 Mann unter Waffen, 250 000 Infanterie und 50 000 Reiter. Sobald der Krieg ausbricht sollten unsere Zahlen noch einmal um das doppelte steigen, sodass unsere Streitmacht schlussendlich knapp 900 000 Soldaten beträgt.“
„Das sind erfreuliche Nachrichten. Dennoch beschäftigt mich noch eine Frage, wie sollen wir fast eine Millionen Menschen dazu bringen Xoras Grenze zu überqueren und bis zur Eisfront vorzustoßen, ohne das der Großteil davon stirbt?“
„Dies, mein Kaiser, wird die Aufgabe der Magier sein. Sie werden einen Schild weben der die Kälte abschirmen wird. Diese Taktik hat sich in kleineren Gruppen bei Feldversuchen bewährt und sollte auch im großen Maßstab umsetzbar sein. Außerdem wird unsere Schlagkraft durch die Magier um einiges erhöht. Glaubt man den Berichten, so verfügen auch die Elfen über starke Zauberer, die wir nur mit unseren eigenen Magiebegabten bekämpfen können.“
Ein tiefes Lachen erhellte den Raum, welches vom Kaiser höchstpersönlich stammte.
„Wunderbar, hahaha..“ Zitt versuchte wieder seine Fassung zurückzugewinnen und sich zu beruhigen, „ einfach fantastisch. Wie lange wird die Invasion schätzungsweise dauern?“
„Wenn wir gut vorankommen vier bis sechs Monate. Auch wenn wir über die Schilde der Zauberer verfügen, ist das Gelände dennoch unwegsam und nur schwer zu überqueren.“
„Ja, Geduld ist eine Eigenschaft über die nur wenige gebieten. Glücklicherweise kann ich sie mein Eigen nennen. Mhmm, und wie sieht es mit den Verlusten aus?“
„Laut unserem Taktik-Hauptquartier werden wir an die 500 000 Mann verlieren. Den höchsten Anteil an den Verlusten werden die neu rekrutierten Soldaten haben.“
„Das klingt annehmbar. Bavor, ich vertraue dir das Oberkommando unserer Invasionsstreitkräfte an. Enttäusche mich nicht.“
„Jawohl, mein Herrscher.“
„Ihr könnt euch nun entfernen.“
Mit einer ausschweifenden Handbewegung zeigte der Kaiser dem Militär noch mal, dass sie nun gehen konnten. Die Generäle verbeugten sich erneut und machten sich dann in Richtung Tür.
Als sich die Tür hinter dem Letzten von ihnen schloss, sprach er Zitt leise zu sich.
„Bald ist es so weit, bald werde ich die größte Macht des Ganzen Kontinents besitzen; ja, schon bald wird es mir gehören; Hahahahaha…“

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Texte: cover © 2004 by Ivan Flores www.crimsonjassic.com story: all rights are reserved to me
Tag der Veröffentlichung: 19.08.2010

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