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Prolog: Rins Traum


Sengoku-Zeit:

Die Sonne versank bereits hinter den majestätisch in den Himmel ragenden Gipfeln des nahen Gebirges und tauchte das Land unter sich in eine schattenreiche Dämmerung. Rosarote und orange flauschige Wolken trieben am Himmel entlang und die letzten Vogelschwärme verkrochen sich zurück in ihre Nester im dichten Geäst einiger Laubbäume.
Eine Eule öffnete verschlafen ihre Augen und drehte ihren Kopf in mehrere Richtungen, bevor sie ihr prächtiges goldbraunes Gefieder schüttelte und ihre Schwingen ausbreitete, um sich in die Lüfte zu erheben und nach einem Abendschmaus zu suchen. Ihre Suche führte sie über das aufgeschlagene Nachtlager einer kleinen Reisegruppe, deren zweiköpfiges Reittier nervös in ihre Richtung sah. Da sie aber zwischen den Beinen des Tieres keine Feldmaus oder Ähnliches erspähte, flog sie weiter.

Als die Nacht das Land mit ihrem üblichen dunkelblauen Tuch verhüllte, auf das silberne Sterne gestickt worden waren, erschien das Feuer der Reisegruppe wie eine grelle gefährlichschöne Blüte, deren Funken in den Himmel stiegen, nur um kurz darauf zu erlöschen und als winzige Aschestückchen wieder hinab zu segeln. Das Knistern und Knacken des verbrennenden Holzes und das leise Seufzen des kleinen grünen Kappas waren die einzigen Geräusche, die zu hören waren. Das verwunderte ihn, denn normalerweise trieben sich viele Yōkai in dieser Gegend herum und seine kleine menschliche Begleiterin wäre sicherlich eine schmackhafte Beute, für die es sich vielleicht auch zu sterben lohnte.
Doch es war alles still, kein übernatürliches Wesen regte sich und er entspannte sich ein wenig. Vielleicht spürten die Dämonen seine mächtige Aura und wagten es deshalb nicht sie anzugreifen. Oder aber sie versteckten sich immer noch vor Naraku. Bei dem Gedanken an diesen Namen verengte er seine Augen zu Schlitzen und ballte seine Hände zu Fäusten. Dieser Abschaum war ihm schon wieder entkommen! Und jetzt versteckte sich dieser hinterhältige Hanyō irgendwo an einem Ort, den niemand wagte zu betreten. Aber Naraku wiegte sich zu sehr in Sicherheit. Es war nur eine Frage der Zeit bis er ihn aufspüren und dann ein für alle Mal erledigen würde. Wenn nicht nur wieder dieser Inuyasha und seine menschlichen „Freunde“ wieder auftauchen und seinen Plan ruinieren würden. Wütend lies er die Fingergelenke knacken und wanderte scheinbar teilnahmslos zurück zu ihrem Feuer, an dem Rin und Jaken saßen und darauf warteten, dass die Stockfische endlich durch würden.
Obwohl er sich lautlos an die beiden herangepirscht hatte, wurde er von Jaken sofort bemerkt und der Kappa sprang unterwürfig auf die Füße. „Oh Sesshōmaru-sama! Da seid Ihr ja endlich! Wo wart Ihr denn nur?“ krächzte er und tänzelte aufgeregt vor den Füßen seines Meisters herum.
Mit finsterem Blick beobachtete er den kleinen Kerl und signalisierte ihm mit seiner angespannten Körperhaltung, dass es ihn nichts anging. Sofort war Jaken still und Sesshōmaru wandte sich an Rin, welche ihn überglücklich anlächelte. „Ich bin so froh, dass ihr wieder da seid, Sesshōmaru-sama! Mir war so langweilig und Jaken-sama hat die ganze Zeit vor sich hingenörgelt.“
„Hast du dich auch um A-Un gekümmert?“ fragte er kühl und das Mädchen nickte stürmisch.
„Ja, das habe ich. Seht nur, ich habe ihnen einen Kranz aus Blumen geflochten!“ Sie deutete auf ihr gemeinsames Reittier, welches nun eine Girlande aus hellrosa und weißen Blüten schmückte.
Unbeeindruckt lies er den Blick zurück zu Rin schweifen und legte ihr eine Hand auf den Kopf.
Das war seine Geste ihr zu zeigen, dass er sie ein wenig leiden mochte und sie schien ihn zu verstehen, denn sie lächelte breiter und hüpfte fröhlich zurück an das wärmende Feuer.

Wachsam lies sich Sesshōmaru in das weiche Gras sinken, welches sich in der lauen Brise sanft hin und her wiegte. Sein Blick schweifte gen Himmel und suchte ihn nach verdächtigen schwarzen Punkten ab, von denen er hoffte, dass sie zu Narakus Insekten gehörten. Doch leider fanden seine scharfen Augen kein noch so winziges Zeichen dieser widerlichen Viecher und er warf dem Mond und den Sternen einen hasserfüllten Blick zu, so als wären sie schuld daran, dass er keine Spur von Naraku fand. Er würde ihn schon noch kriegen, diesen ekelhaften Hanyō und dann würde er ihn endgültig erledigen. Und als nächstes wäre sein verlauster Bruder Inuyasha dran, damit Tessaiga endlich in seinen Besitz übergehen konnte. Obwohl er selten dazu geneigt war zu lächeln, tat Sesshōmaru in diesem Moment genau dies, allerdings war es weder ein freundliches, noch ein spöttisches Lächeln. Es war erfüllt von tiefstem Hass.

Später in der Nacht sah er zu Rin und Jaken, welche beide eng an Ah-Um gekuschelt schliefen. Jaken hatte dabei den Kopfstab fest umklammert und murmelte etwas für ihn Uninteressantes im Schlaf. Rin jedoch schien einen Alptraum zu haben, denn sie wand sich hin und her und ihre Augen rasten unter ihren Lidern. Mit einem Anflug von Besorgnis kniete sich Sesshōmaru neben das Kind und legte ihr wie vorhin eine Hand auf den Kopf, um sie zu beruhigen. Doch offenbar hatte es genau den gegenteiligen Effekt, denn Rin stieß einen entsetzten Schrei aus und riss erschrocken die Augen auf.
Seine Hand fuhr zurück, als hätte er sich verbrannt und Rin blickte ihn mit großen Augen verängstigt an. „Sesshōmaru-sama. Ihr seid noch hier.“ Offenbar hatte sie angenommen, dass er wieder die Gegend auskundschaften würde. „Hm.“ machte er nur und richtete sich wieder auf. „Ich hatte einen furchtbaren Alptraum.“ flüsterte sie und erwartete offenbar, dass er ihr zuhörte.
Sein Kopfnicken schien sie zu ermutigen weiterzuerzählen und sie begann wispernd zu erklären: „Zuerst war es ein ganz schöner Traum, Sesshōmaru-sama. Ich saß in einem Blumenfeld und überall flogen kleine Bienen und Schmetterlinge umher. Das war toll. Aber dann ist ein Sturm aufgekommen und ich habe einen Mann gesehen. Er war als Affe verkleidet und kam bedrohlich auf mich zu. Ich bin natürlich weggelaufen, aber er hat mich gefangen und mitgenommen. Ich hatte solche Angst, ich glaube ich war bewusstlos. Als ich dann wieder aufgewacht bin, befand ich mich in einer kalten Höhle ohne jegliche Art von Licht. Tastend habe ich mich auf die Suche nach einem Ausgang gemacht. Doch anstatt den Ausgang habe ich ein Licht gefunden. Es strahlte aus dem Körper einer wunderschönen Frau heraus. Sie hatte pechschwarzes Haar und sie hat mich freundlich angelächelt. Und dann hat sie so ein schwarzes metallenes Etwas gehoben und auf eine Gestalt hinter mir gezielt. Es hat einen ganz lauten Knall gegeben, deswegen habe ich geschrien. Es tut mir Leid, Sesshōmaru-sama, ich wollte Euch nicht besorgen.“
Rin biss sich auf die Unterlippe und sah demütig zu Boden, doch er strich ihr abermals über den Kopf und sie lächelte leicht. Sie umarmte ihn zögerlich, doch er beachtete diese ungehörige Kleinigkeit nicht im Geringsten. Ihr Traum dagegen interessierte ihn dafür umso mehr. Er wusste, dass es sich bei dem Affen um Naraku handelte, oder zumindest eine seiner Puppen. Aber wer war diese Frau? Und warum schoss sie mit einem Gewehr auf einen Yōkai, wenn es ihr doch nichts nützte? Vor allem aber, warum hatte sie Rin so beschrieben, als würde die Frau strahlen wie ein Licht? Hatte sich das Mädchen getäuscht? Oder war die Frau vielleicht ebenfalls ein Yōkai?
Sesshōmaru hasste es, wenn so viele Fragen in seinem Kopf umherkreisten, ohne dass er eine Antwort darauf hatte.
Er war jemand der nicht gerne ohne jegliche Information in einen Kampf zog oder durch die Weltgeschichte spazierte wie sein jüngerer Bruder es für gewöhnlicht tat. Jetzt drängte sich noch eine weitere Frage in sein Unterbewusstsein. War dieser Traum vielleicht eine Art Vision gewesen? „Rin?“ fragte er leise und das Mädchen sah zu ihm auf. „Ja Sesshōmaru-sama?“ wollte sie neugierig wissen und setzte sich zurück in das weiche Gras. „Wie sah die Frau in deinem Traum genau aus?“
Nicht dass es ihn brennend interessierte, aber vielleicht würde ihre Antwort seine Vermutung bestätigen. „Hm, na ja sie war auf jeden Fall älter als ich. Und sie hatte lange schwarze Haare. Oh und wunderschöne grüne Augen, fast so wie Edelsteine. Und sie trug ganz besondere Kleidung, so wie das Mädchen in Inuyashas Begleitung. Einen grünen Rock und eine weiße Bluse. Sie war sooo hübsch, aber ich glaube in einem Kimono wäre sie noch bezaubernder.“
Seine Hände wieder zu Fäusten geballt wandte sich Sesshōmaru ab. Er hatte genug gehört. Das Mädchen sah also aus wie diese Kagome, welche Inuyasha immer begleitete. Was hatte das zu bedeuten? War es also doch eine Vision gewesen? Oder hatte das Kind einfach eine wilde Fantasie und alles Mögliche darin zusammengeworfen? Nein, es war bestimmt eine Vision gewesen. Wenigstens hatte er darin jetzt Gewissheit. Allerdings warf diese Tatsache gleich noch einmal zwei Fragen auf. 1. Wer war diese Frau denn nun? und 2. Warum träumte ausgerechnet Rin von ihr?

1. Kapitel: Vertrauensschülerin No. 1!


Gegenwart, London:

„Ladies and Gentlemen, the flight No. JT 87341 from London to Tokyo will leave London City Airport in half an hour. Please go to the check-in terminal at gate G5 in the main building. Thank you very much and have a nice flight.” Die blecherne Lautsprecheransage hallte durch das riesige Gebäude des London City Airports und veranlasste Yukiko Hibiya sich in Richtung des genannten Gates zu bewegen. Sie war nicht allein – mehrere Menschengruppen setzten sich nach der Durchsage in Bewegung und sie fühlte sich mit ihrer großen Handtasche zwischen den ganzen Touris total bedrängt.
Auch wenn an diesem Wochentag hier nicht ganz so viele Leute herumspazierten wie an den Wochenenden und da der London City Airport zum Narita International Airport in Tokyo vergleichsweise überschaubar war, konnte man hier doch von Völkerwanderungen und Menschenmassen sprechen.
Yukiko hasste Menschenmassen. Sie mochte es nicht gerne zwischen Menschen gequetscht in eine Richtung zu laufen, wie ein Fisch in seinem Schwarm. Und der Gestank erst. Sie ging lieber ihren eigenen Weg, allerdings konnte sie sich nicht beschweren, da sie in einer Weltmetropole lebte und demnach keine Wahl hatte. Allerdings wäre sie viel lieber auf dem Land in einer kleinen Stadt aufgewachsen, als in Tokyo, wo es den berühmten Beruf des U-Bahnquetschers gab. Man konnte sich vorstellen, dass sie beim ersten Mal eine totale Krise bekommen hatte und seitdem aufs U-Bahn-Fahren verzichtete. Yukiko fuhr gerne mit dem Rad, das war sowieso viel gesünder. Und es schonte die Umwelt.
Sie beschleunigte ihre Schritte, um der Menschenmasse um sich herum zu entgehen und eilte in Richtung Gate G5. Am Gate warteten bereits zwei Stewardessen, die ihre Tickets und ihre Ausweise kontrollieren würden. Es dauerte eine Weile bis sie dran kam, dann konnte sie endlich passieren und sich auf den Weg zum Flugzeug machen. Yukiko fragte sich wie es ihrer Familie inzwischen ergangen war und was ihre Freundinnen drüben in Japan alles erlebt hatten. Sie war ein halbes Jahr in England gewesen und würde nun mitten im Schuljahr die 10. Klasse wiederholen müssen. Der Auslandsaufenthalt wurde von ihrer Direktorin zu ihrem Glück anerkannt und sie hoffte die zweite Hälfte des Schuljahres bestehen zu können.
Seufzend begrüßte sie die Stewardess im Flugzeug und machte sich auf die Suche nach ihrem Platz in der Buisiness-Class. Es saßen noch nicht viele Passagiere im Flugzeug und sie war froh, dass das Drängen erst nachdem sie ihren Sitzplatz gefunden hatte beginnen würde.
Keine zwei Minuten später fand sie ihren Platz ein paar Reihen vor dem linken Tragflügel des Flugzeugs und kramte in ihrer Handtasche nach ihrem Buch und ihren Schlaftabletten. Sie würde die 16 Stunden Flug nicht ohne ein wenig Schlaf überstehen. Nachdem sie auch noch ihren Geldbeutel herausgefischt hatte, wuchtete sie die Tasche in die Gepäckablage über ihrer Reihe und lies sich freudig auf ihren Fensterplatz sinken. Yukiko war jemand der gerne Regeln befolgte und so schnallte sie sich jetzt schon einmal ordnungsgemäß an. Anschließend verstaute sie ihre Sachen in dem Netz am Rückenteil des vorderen Sitzes und sah gespannt aus dem kleinen Bullauge. Ein paar Fluglotsen eilten um den eisernen Vogel herum und kontrollierten noch schnell den Druck der Reifen.
Mittlerweile füllte sich die Kabine des Flugzeugs und Yukiko spannte sich ein wenig an. Hoffentlich saß kein fetter schwitziger Typ neben ihr, von dessen Anblick ihr schon schlecht werden würde, bevor sie sich in die Lüfte erhoben – sie hatte ein wenig Höhenangst. Nervös sah sie immer wieder in Richtung Gang, wenn jemand ihre Reihe erreichte, doch niemand besetzte die beiden Plätze neben ihr.
Dann jedoch lies sich ein dunkelhaariger schlaksiger Junge neben ihr sinken in Begleitung einer älteren Dame mit einem sonderbaren altrosafarbenen Hut. Die beiden hatten auf jeden Fall einen asiatischen Touch, allerdings konnte sie nicht sagen, ob die beiden Chinesen oder auch Japaner waren.
Als die Dame dem Jungen etwas zurief merkte sie, dass sie ebenfalls Japaner waren und seufzte erleichtert auf. Wenigstens zwei Landleute und dann auch noch einen einigermaßen attraktiven Jungen neben sich sitzen zu haben, das war auf jeden Fall angenehmer als ein fettleibiger Europäer.

„Sag mal habe ich etwas auf der Stirn oder warum guckst du mich die ganze Zeit so an?“ fragte der Junge plötzlich kess und sie errötete leicht. „Ach nichts.“ erwiderte sie nervös und sah schnell wieder aus dem Fenster. „Ich bin Satō und wer bist du?“ plapperte er munter weiter und sie errötete noch mehr. „Äh .. ich bin Yukiko. Yukiko Hibiya.“ Stellte sie sich dann zögerlich vor und der Junge grinste. „Freut mich dich kennen zu lernen, Yukiko Hibiya. Kommst du aus Tokyo oder aus London?“
Eigentlich wollte sie sich nicht mit ihm unterhalten, da es ihn eigentlich nichts anging woher sie kam oder ging, aber eine innere Stimme riet ihr sich mit ihm zu unterhalten und so erzählte sie, dass sie aus Tokyo kam und halbes Jahr in London verbracht hatte. „Cool. Meine Oma und ich waren nur im Urlaub hier, aber deine Geschichte hört sich spannender an. Wir kommen übrigens aus Osaka.“

Yukiko lächelte nun etwas vertrauensseliger zurück, vertiefte sich dann allerdings in den Prolog ihres Buches über japanische Mythologie und die Sengoku-Zeit.
„Wir können ja später weiter reden, wenn du möchtest.“ sprach Takashi freundlich und wandte sich zrück an seine Oma, die ihn inzwischen verärgert am Ärmel seines T-Shirts zog, damit er ihr den Flugzeuggürtel zuschnallte. Yukiko bekam den zweiten Teil des Satzes allerdings kaum noch mit, da das Buch sie so sehr fesselte, dass sie alles um sich herum vergaß.
Es war eine gute Idee das Buch vor dem Flug zu kaufen, allerdings war sie noch nicht dazugekommen es zu lesen. Tja und jetzt hatte sie fast 16 Stunden Zeit dazu, welche Ironie.
Es faszinierte sie sehr etwas über das japanische Mittelalter zu erfahren und wie de Menschen damals so lebten. Es gab sogar zwei ganze Kapitel die sich nur mit dem Thema Yōkai und anderen Fantasiegestalten beschäftigten.
Interessant, manche Yōkai tauchten sogar in einer Art menschlichen Gestalt auf und brachten die Frauen in ihrer Nähe beinahe um den Verstand. „Ts, wer´s glaubt.“ murmelte sie spöttisch und sah zur Abwechslung wieder einmal aus dem Fenster.

Es war mittlerweile Abend geworden und die Sonne lies die Wolken am Himmel in einem hellen orange erscheinen. Die Stewardessen verteilten das Abendessen, welches ausnahmsweise genießbar war, und fragten die Passagiere nach Kissen oder Schlafmasken für den restlichen Nachtflug.
Auch Yukiko verlangte nach einem Kissen, da sie seit einiger Zeit eine gewisse Müdigkeit verspürte und kaum hatte sie sich entspannt zurückgelehnt fielen ihr auch schon die Augen zu und sie schlummerte friedlich ein. In ihren Träumen begegnete sie zahlreichen Dämonen in Menschengestalt, doch keiner von ihnen wirkte wirklich anziehend auf sie.
Bis sie einem Mann mit wallendem silbrig glänzendem Haar, welches ihm bis zur Taille reichte, traf. Sie konnte sein Gesicht nicht ausmachen, aber sie spürte eine gewisse geheimnisvolle Düsternis von ihm ausgehen. Beeindruckt lief sie auf ihn zu, um sein Gesicht erkennen zu können, doch je mehr Schritte sie auf ihn zu machte, desto mehr schien er sich zu entfernen.
„Junges Fräulein.“ ertönte eine weibliche Stimme an ihrem Ohr, doch sie ignorierte sie geflissentlich und rannte noch schneller. „Warte, Lauf nicht weg!“ schrie sie aufgebracht. Jetzt rüttelte sie jemand an der Schulter und rief noch energischer „Junges Fräulein!“ Als hätte man mit einer Nadel in eine Seifenblase gepiekt, zerplatzte jetzt auch Yukikos Traumwelt und sie riss erschrocken die Augen auf. Über ihr stand eine Stewardess gebeugt und lächelte sie erleichtert an. „Junges Fräulein, wir sind angekommen.“ sprach sie freundlich und Yukiko schreckte hoch. „Oh Gott, wie lange schon?“ wollte sie entsetzt wissen und rappelte sich auf. „Seit knapp 10 Minuten. Der Bus wartet bereits auf Sie.“
Peinlich berührt schnappte sie sich ihre Sachen, sowie ihre Handtasche und hetzte zum Ausgang des Flugzeuges. Schließlich eilte sie über das Rollfeld zum wartenden Transferbus und quetschte sich gerade noch rechtzeitig durch die sich schließenden Türen. „Da bist du ja Yukiko, wir haben auf dich gewartet!“ rief Takashi erleichtert und sie keuchte angestrengt. „Warum … warum hast du mich nicht geweckt?“ fragte sie vorwurfsvoll und lies sich neben ihm auf den Sitz sinken. „Na ja, du hast so friedlich geschlafen und ich dachte du würdest selbst aufwachen, wenn wir landen und jeder klatscht. Offenbar hast du einen sehr tiefen Schlaf.“ Er grinste verlegen und sie konnte ihm gar nicht mehr böse sein.

Während sie im Flughafengebäude auf ihr Gepäck warteten, rief sie ihre Eltern an, die bereits draußen vor dem Flughafen auf sie warteten. Mit einem kurzen Blick auf die Uhr stellte sie fest, dass es gerade einmal 2 Uhr nachts war. Seufzend wartete sie auf ihren zweiten Koffer und zog ihn mit Hilfe von Takashi vom Band als er beinahe an ihr vorbei rollte.
„Danke. Du bist wirklich nett. Gute weiterreise noch.“ rief sie, bevor sie zum Ausgang hetzte und ihr schien es, als wäre der Junge ein wenig enttäuscht, dass sie ihn so schnell abstempelte. Was erwartete er denn von ihr? Dass sie ihm ihre Telefonnummer gab? Nie im Leben! Er war eindeutig nicht ihr Typ.
Schnellen Schrittes verlies sie das Flughafengebäude und machte sich auf die Suche nach ihren Eltern, die sie herzlich empfingen und die schweren Koffer abnahmen. „Jetzt bist du endlich wieder zu Hause. Das ist wirklich schön, Yukiko.“ sprach ihre Mutter und sie lächelte knapp. Sie war immer noch müde, doch während des Autofahrens konnte sie nie einschlafen.
Also sah sie aus dem Fenster und dachte über ihren Traum nach. Wer war wohl dieser eigenartige Fremde aus ihrem Traum? Warum hatte sie sein Gesicht nicht sehen können? Und warum war er weggelaufen? Bedeutete er Gefahr oder war das alles nur Einbildung?
Yukiko schüttelte ihren Kopf. Sie musste aufhören an den Mann zu denken. Es war nur ein lächerlicher Traum gewesen. Sie war wieder zu Hause und würde in zwei Wochen wieder in ihre alte Schule gehen, um die letzte Klasse zu besuchen. Emotionales Denken konnte sie sich also abschieben, ihr rationaler Verstand hatte ab sofort das sagen! Und sie war gut darin ihre Gefühle zu verbergen!

2 Wochen später …

Mit einem schrillen Rattern klingelte der Wecker Yukiko aus dem Bett und sie schlug verschlafen mit der Hand danach um ihn auszuschalten. Blinzelnd sah sie auf das Zifferblatt und war nicht überrascht, dass sie eine Stunde zu früh aufgestanden war. Ihre Verantwortung hatte sich gestern Abend zu Wort gemeldet und sie als Vertrauensschülerin konnte es sich nicht erlauben zu spät zu kommen.
Schon etwas munterer sprang sie aus dem Bett und marschierte ins Badezimmer um sich für die Schule fertig zu machen. Ihre jüngere Schwester Ami war auch gerade aufgestanden. „Guten Morgen, Ami.“ begrüßte sie sie freundlich und gähnte leise, bevor sie sich die Zähne putzte. „Guten Morgen, Schwester. Freust du dich wieder bei uns auf die Schule zu gehen?“ gab Ami zurück und Yukiko lächelte, soweit es ihre Zahnbürste zu lies. „Aber klar doch, ich habe Japan vermisst.“ erwiderte sie und schlüpfte in ihre frisch gebügelte Schuluniform. Auch in Großbritannien trugen die Schüler Uniformen, allerdings gefielen ihr die japanischen besser, da der Schnitt moderner und die Materialien hochwertiger waren.

Das Frühstück stopfte sie nur so in sich hinein und wenn sie ihre Mutter nicht daran erinnert hätte, ihr Mittagessen mitzunehmen, dann hätte sie es glatt vergessen. „Danke Mama. Bis später dann!“ rief sie gehetzt, schnappte sich die Schultasche und eilte aus dem Haus. Heute war wieder ein Tag an dem sie beweisen konnte wie klug und verantwortungsbewusst sie war. Letztes Jahr hatte sie den Schulorden als „Vertrauensschülerin No. 1“ erhalten und sie hatte nicht vor dieses Jahr den Preis an einen anderen Kandidaten abzugeben. Sie würde sich noch mehr ins Zeug legen!
Mit diesem Gedanken setzte sie sich in den Schulbus und sah während der Fahrt aus dem Fenster.
Während den letzten Tagen hatte sie immer wieder von diesem geheimnisvollen Menschenyōkai geträumt, doch immer wenn sie sich ihm näherte dann zog er sich zurück, sodass sie sein Gesicht nicht sehen konnte.
Das machte sie noch wahnsinnig! Wer war der junge Mann? Nein, hör auf an so etwas Unwichtiges zu denken! Du hast jetzt wieder Schule, da zählen nur deine Taten als Vertrauensschülerin und deine guten Noten, schalt sie sich selbst und runzelte die Stirn.
Gegen halb acht Uhr erreichte sie das Schulgebäude und lief zügig zu ihrem alten Klassenzimmer. Sie wusste, dass sie wieder in diesem Zimmer sein würde und war gespannt wie ihre neue Klasse wohl so sein würde. „Hey, Yukiko!“ rief jemand hinter ihr und sie wirbelte herum. Ein Mädchen mit blonden langen Zöpfen stand hinter ihr und grinste frech. „Oh hallo Sakura. Was machst du denn hier?“ begrüßte sie sie artig und Sakura erwiderte kess: „Ich bin hier in der Klasse. Du auch wie es aussieht. Toll, du kannst neben mir sitzen, wenn du willst!“
Sie schleifte Yukiko ins Klassenzimmer und löcherte sie die ganze Zeit bis zum Unterrichtsbeginn mit Fragen über ihren Auslandsaufenthalt. Yukiko kannte sie noch von ihrer Zeit im Schulvolleyballteam und sie wusste, dass Sakura eine große Ratschtante war, wenn auch eine liebenswerte Ratschtante mit Sinn für Humor. Sie war froh, dass sie in ihrer neuen Klasse wenigstens jemanden kannte und Sakura stellte ihr sogleich ihre Freundinnen Alicia, Suki und Rima vor, welche sich alle als sehr nett entpuppten.
Sie luden sie sogar nach der Schule auf ein Eis ein, damit sie sich etwas austauschen könnten. „Danke das ist sehr nett von euch.“ bedankte Yukiko sich etwas nervös, da sie es nicht gewohnt war so viele Freundinnen um sich zu haben.

Der Unterricht zog sich zäh dahin und sie waren alle froh, als es zur Pause läutete. Yukiko nutzte die Gelegenheit um kurz auf dem Mädchenklo zu verschwinden. Als sie zurück zum Klassenzimmer lief begegnete ihr auf dem Gang eine Person die sie nur allzu gut kannte. „Kagome Higurashi?“ fragte sie trotzdem und das Mädchen blieb verblüfft stehen. „Ja? Kennen wir – Yukiko?“ fragte sie dann und diese lächelte. „Lange nicht gesehen, Kagome-chan. Sag haben sich unsere Mütter in meiner Abwesenheit oft getroffen?“ „Hm, jedes zweite Wochenende. Sie haben den ganzen Abend Rezepte ausgetauscht oder Majong gespielt. Wie war denn dein Auslandsaufenthalt?“ Yukiko berichtete knapp, was sie während ihres letzten Jahres erlebt hatte und Kagome nickte interessiert. „Das hört sich toll an.“ „Na ja, es war teilweise schon anstrengend. Und bei dir so?“ „Äh na ja nichts Besonderes.“ Dabei sah sie nervös woandershin und verschränkte die Hände ineinander. „Kagome du kannst es mir doch sagen, wenn du etwas auf dem Herzen hast.“ ermutigte sie die jüngere und das Mädchen seufzte. „Es ist ein wenig kompliziert.“ wich sie aus und Yukiko lächelte freundlich. „Hör zu, wenn du es hier nicht mit mir besprechen möchtest, dann warte bis der Unterricht vorbei ist und komm dann zu meinem alten Klassenzimmer. Dann können wir über alles reden. Du kannst mir wirklich alles sagen, Kagome. Dafür sind wir doch Freundinnen und ich bin immerhin die ehemalige Vertrauensschülerin No. 1!“ riet sie ihr aufgeregt und Kagome gab resigniert auf. „Na gut, dann bis nach dem Unterricht. Bist du sicher, dass du dir meine langweiligen Probleme anhören möchtest?“ „Auf jeden Fall! Bis später dann, Kagome-chan.“ verabschiedete Yukiko sich und eilte zurück zum Klassenzimmer, damit sie wenigstens ein wenig von ihrem Mittagessen genießen konnte, bevor der Nachmittagsunterricht begann.

Später am Nachmittag überredete sie ihre neuen Freundinnen schon einmal nach Hause zu gehen, sie würde den Tafeldienst alleine übernehmen und sie später besuchen damit sie ein Eis essen könnten. Nur widerwillig liesen sie ihre Arbeit stehen und Yukiko fegte wie ein Blitz über die Tafel und den Boden damit alles ordentlich war. Dann wartete sie auf Kagomes Erscheinen. Es dauerte auch nicht lange, da öffnete sich die Türe und die jüngere streckte vorsichtig ihren Kopf herein. „Komm rein, es ist niemand mehr hier.“ Sie winkte das Mädchen herein und diese schloss die Türe hinter sich. „Also was hast du denn jetzt im letzten Jahr alles erlebt Kagome-chan?“ erkundigte sie sich erneut und Kagome errötete leicht. „Hast du etwa einen Freund?“ stieß Yukiko überrascht aus und Kagome errötete noch mehr. „Das ist doch schön, dafür brauchst du dich nicht zu schämen. Wer ist er? Kenne ich ihn?“ Ihre Freundin schüttelte den Kopf. „Aha, er kommt also von einer anderen Schule.“ schlussfolgerte sie und schob ihre kleine rechteckige Brille zu Recht. „Eher aus einer anderen Welt.“ murmelte Kagome und schlug sich entsetzt die Hand vor den Mund.
Misstrauisch runzelte Yukiko die Stirn und löcherte die jüngere weiter. „Kagome du kannst mir alles sagen und ich werde dich nicht auslachen, so abgedroschen es klingen mag, versprochen!“ Sie hob ihre Hände zum Schwur und Kagome nickte.

Dann berichtete sie wie sie ihren „Freund“ kennengelernt hatte und von ihren Reisen in die Sengokuzeit. Dort würden sie und ihre anderen Freunde Dämonen bekämpfen und zur Zeit waren sie auf der Suche nach einem besonders finsteren Exemplar namens Naraku. Das alles klang so sehr nach einem Traum oder einem Film, dass Yukiko innerlich starke Zweifel bekam, ob es Kagome geistig wirklich gut ging. „Und, glaubst du mir die Geschichte?“ fragte Kagome am Ende und sah sie hoffnungsvoll an. „Äh na ja … chrm, also was soll ich sagen, es ist auf jeden Fall sehr spannend. Und … ich glaube dir.“ Das war gelogen aber das musste Kagome ja nicht wissen. „Wirklich? Du findest nicht, dass ich in die geschlossene Anstalt gehöre?“ hinterfragte sie Yukikos Antwort und diese schüttelte den Kopf. „Oh danke, Yukiko! Du bist die einzige neben meiner Familie die mir glaubt!“ Sie umarmte die ältere Schülerin und Yukiko schlang zögernd die Arme um ihre Freundin. „Äh … kein Problem, Kagome. Du bist meine beste Freundin und ich habe versprochen dir zu glauben, erinnerst du dich?“ „Hm, ja du hast recht. Oh schon so spät, ich muss wieder gehen, aber danke dass du mir zugehört hast.“ „Ah, warte Kagome-chan! Wann … wann gehst du denn wieder in die Sengokuzeit?“ fragte sie noch beiläufig und Kagome überlegte kurz. „Morgen. Inuyasha wird mich abholen.“ „Oh okay. Kann ich … kann ich ihn dann einmal treffen? Ich meine ich würde ihn gerne kennen lernen.“
Kagome riss die Augen auf und legte den Kopf schief. „Bist du da ganz sicher?“ „Ja klar warum nicht? Er wird mich schon nicht beißen oder?“ „Äh nein, das wohl eher nicht. Na gut, dann sehen wir uns morgen nach der Schule. Du kannst gerne mit zu mir kommen. Inuyasha wird dich bestimmt mögen.“ Sie lächelte und verschwand, während Yukiko mit dem Kopf auf die Tischplatte sank. Das würde ja lustig werden. Warum hatte sie das gesagt? Konnte sie nicht einmal ihren Mund halten? Aber, rief sie sich in Erinnerung, sie war die Vertrauensschülerin No. 1 und deswegen war es ihre Pflicht sich um ihre Mitschülerinnen zu kümmern. Und Kagome schien eine stark blühende Fantasie zu haben. Sie würde Kagome beschützen und dafür sorgen, dass sie wieder auf den rechten Weg kam. Motiviert schnappte sie sich ihre Tasche und eilte nach Hause. Morgen würde sie ja sehen, ob Kagome noch ganz dicht war oder nicht. Jetzt musste sie sich nur noch einen Plan überlegen ihr schonend beizubringen, dass sie ein Rad abhatte. Es würde nicht leicht werden, aber sie würde nicht aufgeben! Yukiko grinste in sich hinein, während sie in den Bus stieg und auf einem der schäbigen Sitze Platz nahm. Dieses Jahr würde sie wieder ihr geliebtes Abzeichen bekommen und darauf freute sie sich schon riesig! Sie hatte ja keine Ahnung, dass sie schon sehr bald dem Mann aus ihren Träumen begegnen würde, der sie regelmäßig um den Verstand brachte …

2. Kapitel: Willkommen in der Sengoku-Zeit!


Kagomes wilde Fantasien gingen ihr den ganzen Heimweg über nicht aus dem Kopf und sie fragte sich warum sie ihrer Freundin weiß gemacht hatte ihr zu glauben. Wahrscheinlich hatte sie Kagome einfach nicht verletzen wollen, immerhin hatte die sehr verzweifelt ausgesehen, als sie ihr von ihrem Abenteuer in der Sengokuzeit erzählt hatte. Kopfschüttelnd stieg sie in den Schulbus nach Hause und sah während der gesamten Heimfahrt aus dem Fenster.
Und wenn es doch wahr ist? Wenn Kagome tatsächlich in die Vergangenheit reisen kann? „Ach Unsinn! Rede dir doch nicht so einen Unsinn ein.“ schalt sie sich selbst und verdrehte die Augen. Nach einer Weile hielt der Bus an ihrer Station und sie stieg seufzend aus. Kagome hatte nur eine sehr ausgeprägte Fantasie, mehr nicht. Sie war erst 15 und damit in der Pubertät, da dachte man sich manchmal wilde Geschichten aus. Sie kannte das von sich selbst. Sie hatte ihren Eltern auch manchmal wilde Lügen aufgetischt, als sie heimlich mit ihren Freundinnen auf die Abschlusspartys der Oberstufenschüler gegangen war. Leider war daraus nie etwas geworden und sie hatte die Partys immer frühzeitig verlassen.
Sie seufzte ein weiteres Mal tief und öffnete mit ihrem Haustürschlüssel, an dem ein kleiner grauer Plüschkatzenanhänger hing, die neu gestrichene Haustüre. „Hallo, Mama ich bin wieder da.“ rief sie laut und schmiss den Rucksack neben die Kommode im Flur. „Hallo, Liebling, na wie war dein erster Schultag?“ begrüßte sie sie herzlich und kam aus der Küche ins Esszimmer gelaufen. „Ach ganz in Ordnung. Wir haben nur Herrn Hachimoto als Klassenlehrer und der ist ja bekannt für seine cholerischen Wutausbrüche. Aber dafür bin ich mit Sakura aus dem Volleyballteam in einer Klasse.“ „Wie schön. Hast du dich schon für irgendwelche Kurse eingetragen?“ „Nein, noch nicht, aber ich überlege ob ich zum Team der Bogenschützen gehen soll. In England hatte ich Bogenschießen im Sportunterricht und das hat mir eigentlich sehr gefallen. Hat sich Ami schon entschieden?“ „Hm, ja sie ist im Schultheater dabei.“ bejahte ihre Mutter und lächelte. „Im Schultheater? Ich wusste gar nicht, dass sie sich für musische Dinge interessiert.“ erwiderte sie verdutzt und griff nach einer Orange aus dem Obstkorb. „Tja da staunst du was Schwesterherz?“ rief Ami stolz und nahm sich selbstsicher eine Banane. „Frau Akimichi hat gemeint ich hätte sehr viel Talent und könnte eine Hauptrolle bekommen.“
„Das ist toll, Ami.“ bemerkte sie nebenbei und überlegte angestrengt. Konnte es vielleicht auch sein, dass Kagome für ein Theaterstück übte? Vielleicht war sie auch im Schultheater und dachte sich bereits ein Stück aus, dass ihre Gruppe vorführen konnte. Vielleicht war das vorhin nur ein Test gewesen, wie sie als Außenstehende darauf reagieren würde.
Um ehrlich zu sein, war die Idee gar nicht schlecht, aber für ein Schultheaterstück war es doch etwas zu lang. Es war wohl besser Kagome morgen darauf anzusprechen. Dieser Inuyasha war dann natürlich auch nur ein Schulkamerad, der mit Kagome das Stück probte. Und sie dachte sie wäre schon sehr fleißig, immerhin war das gerade der erste Schultag gewesen. Na ja es war ja auch egal, Kagome war nicht verrückt und nur das zählte im Moment.

Den restlichen Nachmittag verbrachte sie damit ihre ersten Hausaufgaben zu machen und ihr Zimmer aufzuräumen. Sie hatte die schlechte Angewohnheit ihre getragene Kleidung immer unordentlich auf den Boden zu werfen und ihre Schulbücher im ganzen Zimmer zu verstreuen. Ächzend fing sie also an ihr Schlafzimmer in Ordnung zu bringen und war gute zwei Stunden später fertig mit aufräumen, saugen und wischen. „Puh, das war mal nötig.“ meinte sie und wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn.
Nach dieser Putzaktion fühlte sie sich dann so erschöpft, dass sie nach dem Abendessen nur noch schnell die Zähne putzte und das hellblaue Leinennachthemd überwarf, bevor sie todmüde ins Bett fiel.

Wieder einmal war es ihr Wecker der sie unsanft aus dem Schlaf riss und sie schmiss das Teil ungehalten auf den Boden, bevor sie sich noch einmal auf die andere Seite drehte. Nach einer Weile fiel ihr siedend heiß ein, dass sie ja heute wieder in die Schule musste und sprang hastig aus dem Bett. „Mann Yukiko, das hätte aber auch ins Auge gehen können!“ tadelte sie sich und hetzte ins Badezimmer. Ami machte große Augen, als sie so in den kleinen hellgrün gefliesten Raum gerannt kam und wich ein wenig zur Seite, damit sie nicht über den Haufen gerannt wurde. „Sorry Ami.“ entschuldigte sie sich japsend und begann schnell ihre Zähne zu putzen.
Kaum hatte sie sich in ihre Schuluniform gezwängt, da erschrak sie noch mehr, denn sie war schon zehn Minuten über ihrem eigentlichen Zeitplan. Der Bus war wohl weg und sie würde das Rad nehmen müssen. Na ja, ein wenig Bewegung schadete ja nichts.
„Danke Mama, bis heute Abend ich gehe heute am Nachmittag mit zu Kagome.“ rief sie und eilte nach draußen. „Warum hetzt sie denn so? Sie hat doch noch eine halbe Stunde Zeit bis der Unterricht anfängt.“ brummte ihr Vater hinter der Zeitung hervor und ihre Mutter zuckte die Schultern. „Sei doch froh, dass sie so engagiert ist, Kensuke.“ erwiderte sie dann und zwinkerte ihrem Mann zu.

Tatsächlich war Yukiko zehn Minuten zu früh an der Schule und sie atmete erleichtert aus. „Das ist grade noch einmal gut gegangen.“ murmelte sie und sperrte ihr Fahrrad mit dem Schloss sicher an einen der Fahrradständer im Schuppen ab. Sie war gespannt darauf Kagomes Freund kennen zu lernen und würde ihr anbieten, bei den Vorbereitungen für die Theateraufführung zu helfen.

Gut gelaunt betrat sie das Klassenzimmer und konnte den Nachmittag kaum noch erwarten. Kaum hatte der Gong die letzte Stunde beendet, da hetzte sie als eine der ersten aus dem Klassenzimmer und eilte hinab zum Fahrradschuppen, wo Kagome bereits auf sie wartete. „Hallo, Yukiko, na wie war dein Tag?“ begrüßte sie sie freundlich und Yukiko lächelte. „Angenehm und deiner?“ „Ebenso. Na dann, lass uns mal gehen. Ich bin gespannt auf deine Reaktion, wenn Inuyasha dich begrüßt.“ Sie kicherte kess und Yukiko lächelte noch breiter. „Darauf bin auch ich gespannt.“ gab sie zurück und löste das Schloss an ihrem Fahrrad.
Den Weg zum Higurashi-Schrein unterhielten sie sich über beiläufige Dinge wie die Schule, ihre Hobbys und ihre Freundinnen. Yukiko hatte sich kurz vor der ersten Stunde bei Sakura dafür entschuldigt, da sie ja nicht wie vereinbart zu ihrem Treffen gekommen war. Sie hatte behauptet ihr wäre nicht gut gewesen und sie hatte sich Zuhause hinlegen müssen.
Sakura hatte ihr das natürlich verziehen und gemeint sie wäre mit den anderen sowieso nicht mehr Eisessen gewesen, da Alicia ihre Tante im Krankenhaus besuchen wollte. Die vier hatten sich darauf geeinigt nächste Woche ins Kino zu gehen und Yukiko freute sich schon darauf endlich wieder etwas unternehmen zu können. Jetzt wollte sie allerdings erst einmal diesen Inuyasha kennen lernen.

„Hallo Mama, ich bin wieder da und ich habe Yukiko mitgebracht.“ rief die jüngere laut und ihre Mutter kam mit einer gelben Schürze bekleidet aus der Küche. „Hallo Yukiko, wir haben uns ja schon lange nicht mehr gesehen. Na wie geht es dir so? Freust du dich wieder in Japan zu sein?“ begrüßte sie sie herzlich und Yukiko lächelte. „Mir geht es eigentlich ganz gut Frau Higurashi danke. Und ja ich freue mich tatsächlich wieder hier zu sein. Am meisten habe ich das Essen vermisst um ehrlich zu sein, die Engländer haben einen sehr außergewöhnlichen Geschmack.“ antwortete sie ehrlich und Kagomes Mutter lachte. „Wie schön, ich habe heute extra ein wenig mehr gekocht, du wirst es nicht bereuen gekommen zu sein.“ Sie zwinkerte und verschwand wieder in der Küche. Kurze Zeit später streckte sie noch einmal den Kopf heraus und meinte: „Ach Kagome, Inuyasha ist schon wieder da. Er ist oben in deinem Zimmer und spielt mit Buyo, seht doch mal nach ihm ja? Ich rufe euch, wenn das Essen fertig ist.“ Mit diesen Worten war sie dann wieder verschwunden und Kagome seufzte.
„Dieser Kerl ist unmöglich. Komm ich mache euch miteinander bekannt.“ Entschlossen zog sie Yukiko an der Hand mit nach oben in den ersten Stock und öffnete schwungvoll die Türe ihres mädchenhaften Zimmers. Yukiko hatte allerdings keine Zeit sich in dem vertrauten Raum nach eventuellen Veränderungen umzusehen, denn ihre ganze Aufmerksamkeit galt dem Jungen der im Schneidersitz auf Kagomes Bett saß und sie aus goldenen Augen verdutzt ansah. Sein Haar war silbrig weiß, doch die Augenbrauen waren schwarz, also war es wohl gefärbt. Er trug altertümliche rote Hofkleidung, ähnlich der aus Yukikos Buch über die Sengoku-Zeit und an seiner Hüfte hing die Scheide eines Schwertes. Schuhe hatte er keine an, dafür trug er allerdings eine dunkle Perlenkette um den Hals. Das Auffälligste an ihm waren jedoch die zwei weißen Hundeohren, die aus seinen Haaren hervorragten und in ihre Richtung zuckten.
„Yukiko das hier ist Inuyasha, ein Hanyō und ein Freund von mir. Inuyasha das hier ist Yukiko, eine alte Schulfreundin.“ stellte Kagome sie einander vor und Yukiko streckte höflich die Hand aus. Anstatt sie zu ergreifen stand der Junge auf und musterte sie eindringlich. „Du hast mir nicht gesagt, dass du eine Freundin mitbringen würdest, Kagome. Ich habe doch meine Kappe nicht auf, sie kann meine Ohren sehen.“ nörgelte er und verschränkte die Arme vor der Brust. „Das soll sie ja auch. Sie ist meine beste Freundin und ich habe ihr alles von unseren Abenteuern erzählt.“ erklärte Kagome und Inuyasha sah aus als hätte sie ihm eine Ohrfeige verpasst. „Du hast was? Kagome, das sollte doch unser Geheimnis bleiben!“ wetterte er los und Kagome verengte die Augen. „Hör auf damit mir Vorhaltungen zu machen. Yukiko ist eine liebe Freundin und sie würde niemals jemandem verraten, dass du ein Halbdämon bist und ich ins Mittelalter reisen kann. Ich meine es würde ihr eh keiner glauben. Ich bin ja schon froh, dass sie mir glaubt.“ Dabei lächelte sie ihre ältere Freundin an und Yukiko bekam ein ganz schlechtes Gewissen.
„Du Kagome, ich muss dir etwas sagen.“ gestand sie dann nervös und wartete auf die Reaktion ihrer Freundin. „Was ist denn Yukiko? Ist dir nicht gut? Du bist auf einmal so blass.“ bemerkte Kagome besorgt und dirigierte sie zu ihrem Bett, worauf sie sich ächzend sinken lies. „Nein, das ist es nicht. Aber ich muss dir gestehen, dass ich dir das gestern gar nicht geglaubt habe. Es tut mir leid. Ich dachte du hättest eine wilde Fantasie und würdest für ein Theaterstück proben. Ehrlich gesagt glaube ich das immer noch. Es tut mir wirklich leid, ich bin eine miese Freundin.“ entschuldigte sie sich kleinlaut und vergrub ihr Gesicht in den Händen.

„Ist schon gut, Yukiko. Du brauchst dich nicht zu schämen, ich bin nicht sauer. Nur etwas enttäuscht. Ich dachte du wärst die einzige neben meiner Familie die mir glauben würde.“ versuchte Kagome sie zu beschwichtigen und Yukiko hob das Gesicht. „Ich möchte dir ja glauben, aber ich glaube das kann ich erst, wenn ich mit eigenen Augen gesehen habe, dass du verschwindest.“ sprach sie leise und ihre Freundin nickte. „Ich verstehe. Nun dann beweisen Inuyasha und ich dir nachher, dass ich tatsächlich ins Mittelalter reisen kann.“ Sie legte eine Hand auf das Knie der älteren und diese lächelte etwas beruhigter. Es war nicht ihre Stärke sich bei anderen für eine Lüge zu entschuldigen und das nervte sie.
„Sag mal, sind diese Ohren also tatsächlich echt?“ fragte sie dann an Inuyasha gewandt, um das Thema zu wechseln und der schnaubte verächtlich. „Natürlich sind die echt, was dachtest du denn?“ „Sei nicht so gemein zu Yukiko ja? Sie ist immerhin die erste die nach Großvater, Mama und Sota von dir erfahren hat.“ tadelte Kagome streng und Inuyasha sah gekrängt woanders hin. An Yukiko gewand sagte sie: „Du kannst die Ohren ruhig anfassen. Das habe ich auch schon gemacht, die fühlen sich super weich an.“
Neugierig und durch die Ansprache ihrer Freundin etwas bestärkt strich Yukiko sanft über die Hundeohren und war erstaunt wie weich sie tatsächlich waren. Fast als wären sie aus Samt. „Tatsächlich, super weich. Irgendwie süß.“ Inuyasha brummte etwas unverständliches und zuckte plötzlich mit einem der Ohren in Richtung Türe. „Dein Bruder kommt.“ sprach er und keinen Moment später öffnete Sota die Zimmertüre. „Oh hallo Yukiko, ich wusste gar nicht dass du hier bist. Ich soll euch sagen, dass das Essen fertig ist.“ rief er und machte auf dem Absatz kehrt, um wieder nach unten zu verschwinden.
„Nun dann lasst uns gehen.“ Kagome klatschte aufmunternd in die Hände und verlies als erste den Raum, dicht gefolgt von Inuyasha.

Nach dem reichlichen Mittagessen, machten die beiden Schülerinnen ihre Hausaufgaben, bevor Kagome erklärte, dass es jetzt an der Zeit wäre zurück in die andere Welt zu kehren. Yukikos Herz klopfte vor Aufregung bei diesen Worten und sie bekam ganz schwitzige Hände. Inuyasha hatte die ganze Zeit ungeduldig auf Kagomes Bett gewartet, währen die beiden ihre Schularbeiten erledigt hatten und die Hauskatze Buyo geärgert. Jetzt war er der Erste der das Gebäude, in dem der Brunnen lag, betrat und selbstsicher die Stufen hinabmarschierte. Kagome hatte einen riesigen gelben Rucksack geschultert und folgte ihrem dämonischen Freund selbstbewusst eben jene Stufen hinab zum Brunnen. „Ich freue mich schon darauf die anderen wieder zu sehen.“ meinte Kagome und kletterte auf den Brunnenrand. „Viel Spaß auf der anderen Seite, Kagome.“ rief Yukiko und war ein wenig enttäuscht, dass es nur Kagome und Inuyasha gegönnt war, zwischen den Welten zu wechseln. „Ich wünschte ich könnte mitkommen.“ beklagte sie sich und Kagome legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Wir werden uns bald wieder sehen, versprochen. Wünsch uns Glück.“ Mit diesem letzten Satz sprang sie gemeinsam mit Inuyasha in den Brunnen. Ein gleißendes rosafarbenes Licht hüllte die beiden ein, dann waren sie verschwunden.
Ungläubig blickte Yukiko in den Brunnen hinein, um sich zu vergewissern, dass sie nicht träumte - tatsächlich, von den beiden fehlte jede Spur.
„Dann war es also wirklich keine Fantasie.“ schlussfolgerte sie und beugte sich noch ein wenig weiter vor. Kagome war also in der anderen Welt verschwunden. Und Inuyasha war ein richtiger Halbdämon. Das war kaum zu fassen. Wenn sie es nicht besser wüsste, würde sie sagen sie träumte. Sie wünschte sie hätte mitgehen können. Dann müsste sie nicht morgen noch einmal in die Schule gehen, bevor endlich Wochenende war.
„Miaow.“ ertönte es plötzlich laut hinter ihr und sie erschrak beinahe zu Tode. Dabei war es wahrscheinlich nur Buyo der ihnen gefolgt war. Doch Yukiko hatte sich zu weit über den Brunnenschacht gebeugt und jetzt verlor sie vor Schreck das Gleichgewicht und viel vornüber in den Brunnen.
Das würde schöne Prellungen und Schürwunden geben, dachte sie nicht gerade begeistert und kniff die Augen zusammen.
Dann spürte sie etwas Warmes um sich herum und diese Wärme zog sie immer weiter mit sich. War sie jetzt bewusstlos? Aber wo war der Aufprall geblieben? Verwirrt blinzelte sie einmal und da war auch schon der Boden, allerdings hatte ihr irgendetwas den Schwung genommen, denn sie landete sanft wie eine Feder auf dem mit Knochen übersäten Brunnenboden. Waren die vorher auch schon da gewesen? Unsicher richtete sie sich auf und sah sich um. Als ihr Blick gen Himmel schweifte traf dieser allerdings nicht auf die Unterseite des Daches, sondern auf weiße Schäfchenwolken und einen strahlend blauen Himmel.
Das war ja merkwürdig. War sie etwa auf den Kopf gefallen und fantasierte jetzt? Wahrscheinlich lag sie in Wirklichkeit im Krankenhaus und träumte jetzt vor sich hin. So musste es sein. Doch sie wollte noch nicht aufwachen, sie wollte erst noch herausfinden wo genau sie sich befand. Dazu kletterte sie an den Schlingpflanzen, welche in den Brunnen wucherten hinauf und spähte keuchend über den Holzrand des Brunnens.
Um sie herum war nichts als Wald und Wiesen. Dies musste definitiv ein Traum sein. Neugierig hievte sie sich nun vollends aus dem Brunnen und setzte sich auf den Rand um nachzudenken. Was sollte sie jetzt tun? Einfach die Gegend erkunden? Aber was, wenn irgendwelche gefährlichen Wesen hier ihr Unwesen trieben? Sie sollte sich erst einmal eine Waffe zulegen.
Entschlossen sah sie sich um, doch außer ein paar dicken Ästen, gab es hier nichts Brauchbares. Nicht einmal einen großen Stein. Also müsste sie wohl etwas weiter in den Wald hineingehen. Unsicher trat sie von einem Bein auf das andere. Sollte sie sich jetzt unbewaffnet in das unbekannte Unterholz begeben oder sollte sie lieber hier bleiben? Aber hier war sie auch nicht wirklich in Sicherheit. So oder so konnte sie jederzeit von einem Monster angegriffen werden.
„Ach lass dich nicht unterkriegen, Yukiko. Du schaffst das. Nimm einfach einen großen Ast, der tut´s schon bis du eine geeignetere Waffe gefunden hast.“ sprach sie sich selbst Mut zu und schnappte sich den größten Ast, den sie finden konnte. Dann machte sie sich auf den Weg in das Unterholz, ohne jegliche Ahnung wo sie sich hier befand oder ob sie gleich angegriffen würde.

Ungefähr zwanzig Minuten wanderte sie so umher, dann hörte sie das vertraute Geräusch von menschlichen Stimmen und lief etwas schneller. Als sie aus dem Unterholz sprang prallte sie beinahe mit einem Mann zusammen. „Oh Verzeihung, ich habe Sie nicht gesehen. Können Sie mir sagen wo ich hier bin?“ entschuldigte sie sich zerknirscht und der Mann blinzelte verwirrt. „Du siehst ja aus wie Kagome-sama.“ war das erste was er erwiderte und sie stutzte. Der Mann kannte ihre Freundin? „Sie … äh kennen Kagome?“ „Ja aber sicher! Sie trägt die gleiche Kleidung wie du.“ bestätigte er und lächelte.
Als Yukiko den Mann musterte traute sie ihren Augen kaum. Er sah aus wie ein mittelalterlich gekleideter Reisbauer, sogar der Hut passte. „K-können Sie mir sagen wo Kagome gerade ist?“ stammelte sie dann zerstreut und der Mann nickte. „Ja klar, sie ist mit Inuyasha und ihren Freunden in Kaede-samas Dorf gegangen. Da unten liegt es. Und dort ist Kaede-samas Hütte.“ Er deutete auf eine große Hütte am Rande eines Hügels auf welchem Treppen hinauf zu einem Tempel führten. „Gut, dann werde ich einmal dahin gehen und Kagome besuchen.“
Sie bedankte sich artig und marschierte mit klopfendem Herzen über die sanften Hügel hinab zu der Hütte. Konnte das tatsächlich sein? War sie etwa auch in der Sengoku-Zeit gelandet? Aber das konnte ja nicht sein! Es war nur Kagome und Inuyasha möglich durch die Zeit zu reisen. Das war alles nur ein herrlich schräger Traum, weiter nichts.

Als sie die Hütte erreicht hatte, da bekam sie schon wieder schwitzige Hände und sie biss sich auf die Unterlippe. Wie würde Kagome wohl darauf reagieren, wenn sie sie sehen würde? Wahrscheinlich wäre sie genauso verdutzt wie Yukiko selbst. Gerade hatte sie sich entschlossen die Hütte zu betreten, da trat eine junge brünette Frau heraus. Sie trug einen schwarzen Ganzkörperanzug mit rosafarbenen Knie- und Ellbogenschützern, sowie einem riesigen Bumerang auf dem Rücken. Überrascht blinzelte sie, als sie Yukiko wahrnahm und legte den Kopf schief. „Na so was, du siehst ja genauso aus wie Kagome-chan.“ Das hatte sie heute ja schon gehört. „Ja ich weiß, ich bin ihre Freundin Yukiko. Ist Kagome da drin?“ „Hm, ja. Kagome, hier ist jemand, der dich sprechen möchte.“ rief die Frau und eine Weile später erschien besagtes Mädchen neben ihr. Als sie erkannte wer ihr da gegenüberstand, fiel sie scheinbar aus allen Wolken. „Yu-Yukiko? fragte sie unsicher und diese nickte. „Oh Gott, was machst du denn hier? Wie ist das möglich?“ „Ich habe keine Ahnung. Aber ich fürchte das ganze ist nur ein verrückter Traum.“ erwiderte sie und versuchte ein Lächeln zustande zu bringen, was ihr nicht gerade gut gelang. „Was ist denn los, Sango?“ ertönte eine männliche Stimme hinter den beiden und ein junger buddhistischer Mönch gesellte sich zu der kleinen Truppe. „Na nu, du siehst ja aus-„ „Wie Kagome, ich weiß. Also noch mal für alle ich bin Yukiko Hibiya und Kagomes beste Freundin. Und ich habe echt keine Ahnung wieso ich hier bin, denn eigentlich ist es ja nur Kagome und Inuyasha möglich zwischen den Welten hin und her zu springen und ich glaube, dass das hier nur ein verrückter Traum ist. Und ich glaube auch, dass ich gleich ohnmächtig werde.“
Tatsächlich wurde ihr keine Sekunde später schwarz vor Augen und sie sank in sich zusammen. Na das war ja wundervoll. Die anderen dachten sich jetzt wahrscheinlich, dass sie eine hysterische Idiotin war. So hatte sie sich ihren Aufenthalt in der Sengoku-Zeit ganz bestimmt nicht vorgestellt.

3. Kapitel: Midorikos Erbe


Als sie eine Weile später wieder ihre Augen aufschlug, war ihr Blick gegen eine hölzerne Decke gerichtet und ihr Kopf auf etwas Weiches gebettet. Wie ein typisches Krankenhaus sah das ganze ja nicht aus. Langsam drehte sie ihren Kopf zur Seite und bemerkte, dass jemand neben ihr kniete. Die Person trug einen kurzen grünen Rock und eine weiße Bluse. Kagome! Sie träumte also immer noch? Oder … war sie tatsächlich hier in der Sengoku-Zeit? Entsetzt richtete sie sich auf und griff sich an die pochende Schläfe. „Kagome! Kagome, ist das ganze hier ein Traum? Sag, dass es ein Traum ist, bitte!“ flehte sie und ihre Freundin legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter. „Alles ist gut Yukiko. Beruhige dich.“ versuchte sie sie zu beschwichtigen und Yukiko konnte nicht fassen, wie sie in so einer Situation von Ruhe sprechen konnte.
„Ich soll mich beruhigen? Ich kann mich erst beruhigen, wenn ich verdammt noch mal weiß was los ist! Was ist passiert, wieso bin ich in dieser Zeit gelandet?“ wetterte sie los und verschränkte wütend die Arme vor der Brust. „Ich fürchte du bist genauso wie ich in der Lage in diese Zeit zu reisen, Yukiko. Allerdings wissen wir noch nicht warum dies so ist. Kaede-sama hat gemeint sie würde dich genauer untersuchen, wenn du wieder wach bist. Sie hat mir extra diesen Kräutertee für dich gegeben, damit du dich etwas beruhigst. Hier trink, das wir dir gut tun, ehrlich.“
Kagome reichte ihr eine dampfende Tasse mit Tee und Yukiko nahm sie zögerlich entgegen. Missgelaunt kippte sie die bittere Flüssigkeit hinab und spürte wie eine wohlige Wärme ihren Körper durchzog. „Und, fühlst du dich etwas besser?“ erkundigte sich die jüngere und tatsächlich hatte sie sich etwas beruhigt.
„Ja ich glaube schon. Tut mir leid, dass ich dich so angefahren habe, aber es ist einfach verrückt, genauso hier zu sein wie du. Ich verstehe das nicht.“ Kagome nickte verständnisvoll und lächelte aufmunternd. „Wenn du willst, werde ich jetzt Kaede-sama holen und die wird dich untersuchen. Vielleicht hat sie eine Erklärung für dieses … außergewöhnliche Ereignis.“
Sie verließ die Hütte und Yukiko sank zurück in die weichen Kissen. Es war also tatsächlich kein Traum. Ob das jetzt gut war oder nicht, das mochte einmal dahin gestellt sein, aber Yukiko hatte keine Ahnung warum das Schicksal ausgerechnet sie dazu auserkoren hatte, hier zu landen. Kagome hatte immerhin die Fähigkeit die Juwelensplitter aufzuspüren und war Kikyos Widergeburt. Doch sie hatte keinerlei besonderer Fähigkeiten, außer vielleicht ihrer Schießkünste, aber die würden ihr gegen die angriffslustigen Yōkai in dieser Welt auch nicht viel nützen.

Einige Zeit später betrat Kagome in Begleitung einer älteren Dame mit Augenklappe und altertümlicher Priesterinnenkleidung die Hütte und Yukiko richtete sich wieder auf. „Das hier ist Kaede-sama, Yukiko. Sie wird dich jetzt untersuchen. Fühlst du dich schon etwas besser?“ Die ältere Schülerin nickte und Kagome lächelte freundlich.
Dann machte sich die alte Miko daran Yukiko zu untersuchen und legte ihr dabei mehrmals die Hände auf die Stirn und das Herz. Mit gerunzelter Stirn zog sie ihre Hand zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Nun zuerst einmal eine gute Nachricht, dir fehlt nichts mein Kind. Du bist kerngesund, nur ein wenig schockiert, aber das ist verständlich.“ sprach sie mit rauer Stimme und Yukiko nickte. „Du fragst dich sicher, warum dich das Schicksal hier her geführt hat nicht wahr?“ Als ihre Zuhörerin kräftig nickte, fuhr die alte Frau in ernstem Tonfall fort: „Tja ich bin mir leider noch nicht ganz sicher, aber –„ Sie unterbrach sich, als hinter ihr jemand die Hütte betrat.
Es war Inuyasha, der sich gelassen neben Kagome niederließ und ohne auch nur einen Funken von Reue die Dame aufforderte weiterzureden.
Als Yukiko ihn schon für diese Ungehörigkeit rüffeln wollte, merkte sie, dass etwas nicht stimmte. Nicht im negativen Sinne, aber es war etwas anders als sonst.
Sie betrachtete Inuyasha noch einmal ganz genau und konnte ein silbrig schimmerndes Licht um ihn herum erkennen. Verwirrt berührte sie ihn am Arm und das seltsame Licht fuhr sofort in ihren Körper ein. Mit weit aufgerissenen Augen sah sie einige Bilder vor ihrem Geiste vorbeiziehen. Bilder von Inuyasha als Kind, wie er fröhlich mit einem Ball spielte, doch keiner des Hofstaates um ihn herum, wollte etwas mit ihm zu tun haben. Sie beschimpften ihn als „Halbling“ und „Halbdämon“ und er rannte verwirrt zu einer jungen hübschen Frau, deren Gesicht im Schatten verborgen blieb.

Erschrocken zog sie ihre Hand zurück, als hätte sie sich verbrannt und das Licht kehrte zu Inuyasha zurück. Was um alles in der Welt war das denn gewesen? Was hatte das wohl zu bedeuten? Mit großen Augen blickte sie verstört von Kagome zu Kaede und dann zu Inuyasha der ihr sehr misstrauische Blicke zuwarf und die Augen verengt hatte. „H-habt ihr das auch gerade gesehen?“ fragte sie dann stammelnd und Kagome legte den Kopf schief. „Meinst du, als du Inuyasha angefasst und ganz große Augen bekommen hast? Ja das haben wir gesehen.“ antwortete sie ernst und Yukiko nickte. „Ja, aber habt ihr auch das Licht gesehen?“ bohrte sie weiter und ihre Freundin sah zu der alten Priesterin. „Welches Licht? Hast du ein Licht gesehen, Kaede-sama?“ „Hm, nein ich habe kein Licht gesehen, aber ich fürchte das bestätigt meinen Verdacht. Wie genau hat das Licht ausgesehen, Yukiko?“ wandte sie sich an die Schülerin und diese erklärte stammelnd, dass sie ein silbriges Licht um Inuyasha bemerkt hätte und sie ihn deswegen berührt hatte. Dann wäre das Licht in ihren Körper geströmt und sie hätte einige Bilder von Inuyasha als Kind gesehen.
„Bilder von mir als Kind?“ knurrte Inuyasha und klang alles andere als begeistert. „Ja, du warst noch sehr klein, ungefähr vier oder fünf Jahre alt und du hast Ball gespielt, aber niemand wollte etwas mit dir zu tun haben. Und dann bist du in die Arme einer jungen Frau gelaufen, wahrscheinlich deiner Mutter oder? Ich kann mir das auch nicht erklären!“

Das war ehrlich gesagt gruselig und ihr schauderte es. Es war nicht richtig die Erinnerungen von jemandem ohne dessen Erlaubnis zu erfahren. Und dann auch noch nur mit einer einzigen Berührung.
„Dachte ich es mir doch. Es passt alles zusammen. Ich hatte vorhin schon einen Verdacht, als ich dich sah, aber jetzt wo du mir dies erzählst, bin ich mir auf jeden Fall sicher. Ich weiß, warum das Schicksal dich hier her gebracht hat und ich fürchte du hast keine leichte Aufgabe vor dir, mein Kind.“ bemerkte Kaede laut und alle Aufmerksamkeit war auf sie gerichtet.
„Und was ist jetzt der Grund dafür?“ wollte Yukiko ungeduldig wissen und die alte Frau fuhr unbeirrt fort: „Du bist Midorikos Erbe. Ihre Widergeburt um genau zu sein.“ Schweigen machte sich breit und Yukiko bekam eine Gänsehaut. Von wem sollte sie die Reinkarnation sein? „Äh … eine Frage, wer ist bzw. war diese Midoriko?“ wollte sie dann zaghaft wissen und die anderen warfen ihr gemischte Blicke zu. Kagome schien zu verstehen, dass sie verwirrt war, schien aber auch ein wenig eifersüchtig zu sein, warum auch immer. Inuyashas Blick konnte sie nicht richtig deuten, irgendetwas aus einer Mischung von tiefem Misstrauen, Verachtung und … Neid?

„Midoriko war eine sehr starke Priesterin, die vor vielen Jahrhunderten in dieser Gegend lebte. Sie beschützte die Bewohner des Landes vor den immer stärker werdenden Dämonen und als ihre Kräfte nach einem tagelangen Kampf beinahe am Ende waren, da sog sie die Seele des bösen Dämons gegen den sie kämpfte aus seinem Körper und verband sie mit ihrer eigenen Seele. So entstand das Shikon-no-Tama, das Juwel der vier Seelen. In seinem inneren fechten die beiden Seelen immer noch einen unerbittlichen Kampf aus. Das Juwel besteht aus den vier Seelen Aramitama, das bedeutet Mut, Nigimitama, was Freundschaft bedeutet, Kushimitama, das steht für Weisheit und zum Schluss Sakimitama, was so viel wie Liebe bedeutet. Bei diesem Kampf starb Midoriko, doch ihre Seele wurde in deinem Körper wiedergeboren.
Ihre Fähigkeit war es, die Aura von allen Yōkai und Hanyō dieser Welt zu spüren und wenn sie einen von ihnen berührte, dann konnte sie seine Erinnerungen lesen. Alle Erinnerungen. Du hast diese Fähigkeit von ihr geerbt, allerdings ist sie noch nicht sonderlich ausgeprägt, da du sie erst jetzt entdeckt hast. Aber wenn du fleißig übst, dann wird diese Fähigkeit reifen.“

Ja sicher, jetzt war sie zuerst die Wiedergeburt irgendeiner Dämonen besiegenden Priesterin und dann sollte sie auch noch ihre Fähigkeit Auren zu spüren trainieren! War die irre? „Äh … das wird ganz sicher nicht passieren. Ich kann nicht trainieren die Auren von Dämonen aufzuspüren und deren Erinnerungen zu lesen. Ich muss wieder nach Hause. Ich bin durch Zufall hier gelandet und ich bin bestimmt auch nicht die Nachfahrin dieser Priesterin! Das ist eine Verwechslung. Tut mir Leid, aber ich glaube es ist besser wenn ich gehe.“
Mit diesen Worten erhob sie sich, doch die alte Miko hielt sie am Arm fest.
„Warte! Du kannst jetzt nicht gehen! Du hast eine große Aufgabe vor dir und du kannst Kagome und die anderen nicht im Stich lassen! Du bist wirklich Midorikos Wiedergeburt, Yukiko. Sieh!“ Die alte Schachtel zog eine altertümliche Schriftrolle aus Pergament hervor und entrollte es mit lautem Knistern vor ihr. Auf der Rolle war eine junge Frau im typischen Priesterinnengewand zu sehen. Sie hatte schwarzes taillenlanges Haar und smaragdgrüne Augen. Ihre Gesichtszüge glichen denen von Yukiko aufs Haar und auch den entschlossenen Blick kannte sie von sich nur zu gut.
„Ist das … bin das ich als Midoriko?“ hauchte sie und schluckte. Ihre Kehle war ganz trocken und ihre Hände schwitzten wieder wie verrückt. Kaede nickte und Yukiko kam sich vor als wäre alle Luft aus ihr gewichen. Die Frau auf dem Bild sah wirklich aus wie sie, als wäre sie ihre eineiige Zwillingsschwester. Dann war sie vielleicht doch Midorikos Reinkarnation … Sie war verwirrt und musste sich erst einmal setzen. „Das bin also ich … also so sah ich damals aus, ja? Und jetzt ist die Seele von dieser Frau in mir drin und ich bin ihre Reinkarnation. Und ich kann Auren spüren und die Erinnerungen von Dämonen lesen. Das ist wirklich verrückt. Kagome, hast du dir das auch gedacht, als du erfahren hast, dass du Kikyos Wiedergeburt bist und die Fähigkeit hast Juwelensplitter aufzuspüren?“

Mit hoffnungsvollem Blick sah sie die jüngere an und diese nickte bestätigend. „Ich dachte erst, dass das alles ein verrückter Zufall oder eine Verwechslung sein musste. Aber dann habe ich mich daran gewöhnt und ich finde es eigentlich ganz praktisch, denn so können wir im Moment noch vor Naraku die Juwelensplitter aufspüren. Und deine Fähigkeiten werden sich ebenfalls als nützlich erweisen, glaube mir.“
„Was soll bitte daran nützlich sein, die Erinnerungen von Dämonen zu lesen?“ „Wenn du deine Fähigkeiten trainierst, dann kannst du auch ohne einen Dämon zu sehen spüren, dass er da ist. Das könnte euch aus manchen brenzligen Situationen retten.“ erklärte Kaede und Kagome nickte bekräftigend.
„Na ja, vielleicht ist das wirklich nicht ganz schlecht. A-also gut, ich denke ich kann noch ein bisschen bleiben und üben.“ Dabei warf Yukiko Inuyasha einen kurzen Blick zu und der fauchte: „Bilde dir bloß nicht ein, dass du an mir üben kannst, klar?! Shippou ist das bessere Versuchsobjekt, immerhin ist er ein vollwertiger Dämon. Und er ist noch so klein, in seiner Rübe haben noch nicht viele Erinnerungen platz gefunden. Er wird sicher nichts dagegen haben mit dir zu üben.“

Schnaubend wandte er sich ab und wollte wieder aus der Hütte marschieren, was Kagome mit einem „Mach platz!“ kommentierte und Inuyasha unsanft auf die freche Schnauze fiel. „Sei gefälligst nicht so fies zu Shippou! Immerhin hat er keine Eltern mehr, wie oft soll ich dir das noch sagen?“ fauchte sie und Inuyasha brummte eine nicht ganz ehrlich gemeinte Entschuldigung.
Und mit dieser Gruppe soll ich durch das mittelalterliche Japan reisen? Na das konnte ja heiter werden! dachte sich Yukiko kopfschüttelnd und erhob sich. „Na schön, aber wenn ich mit euch reise, dann streitet euch bitte nicht ständig ja? Das kann man ja nicht mit ansehen.“ verlangte sie und die beiden anderen nickten. „Gut, wann brechen wir auf?“ fragte sie unternehmenslustig und dachte dabei „Na das konnte ja lustig werden.“


Einige Zeit zuvor …

Er hielt mitten auf einer grünen Wiese inne und spitzte seine feinen Ohren, um feindliche Yōkai frühzeitig auszumachen. Stattdessen vernahm er allerdings eine fremde Person, die sich durchs Unterholz schlug und leise vor sich hinschimpfte. Diese Person war eindeutig ein Mensch und doch trug sie die gewaltige spirituelle Kraft einer starken Priesterin in sich. Wie konnte ein Mensch solch gewaltige Kräfte besitzen? Das war schier unmöglich!
Skeptisch überlegte er, ob er der Person, als er ein weiteres Mal schnupperte stellte er fest, dass es sich um eine Frau handelte, folgen oder er seine Suche nach Narakus Insekten fortsetzen sollte. Prüfend glitt sein Blick wie so oft in letzter Zeit zum Himmel, doch wieder einmal fand er auf die schnelle kein Anzeichen der lästigen Viecher. Und somit war die Entscheidung gefällt dieser Frau zu folgen.
Es war nicht die Neugierde, die ihn dazu trieb der Frau zu folgen, zumindest nicht hauptsächlich. Eher lag es an seinem Unglauben, dass ein Mensch diese starken Kräfte besitzen sollte. Sesshoumaru vermied es meistens sich in der Gegend von Menschen aufzuhalten. Sie waren nutzlos, leicht verwund- und manipulierbar und einfach nur lächerlich schwach. Kurzum, einfach eine lästige Plage, die es nicht wert war auf dieser Welt zu leben.
Natürlich gab es eine seltene Ausnahme, nämlich Rin, doch mit den anderen Menschen wollte Sesshoumaru nichts zu tun haben. Normalerweise. Entschlossen folgte er dem Fluchen der jungen Frau, sie hatte sich inzwischen ein ganzes Stück weiter weg bewegt und er spürte ihre Aura ein wenig schwächer. Als er weiter lauschte, vernahm er bald das Gespräch zwischen einer Frau und einem Mann, offenbar hatte die mysteriöse Miko in dieser Einöde einen anderen Menschen getroffen und fragte ihn nach dem Weg. Gesprächsfetzen drangen an seine empfindlichen Ohren und er runzelte die Stirn, als sie ungläubig rief: „Sie … äh kennen Kagome?“
Der Name sagte ihm etwas und als er genauer darüber nachdachte, erinnerte er sich daran, dass sie Inuyashas Begleiterin war. Das Mädchen, welches es geschafft hatte, Tessaiga anzufassen und aus dem Podest zu ziehen. Woher kannte diese Miko wohl diese Plage? Nach einem weiteren Gesprächsfetzen erkannte er, dass er sich inzwischen in der Nähe des Dorfes aufhielt, in dem sein Halbbruder lebte. Schnaubend wollte er schon umdrehen, als er es sich anders überlegte. Er wollte wenigstens einen kurzen Blick auf diese Frau erhaschen. Schnellen Schrittes verlies er das Unterholz und spähte hinter einem Baum hervor. Er konnte gerade noch erkennen, wie eine junge Frau mit schwarzen taillenlangen Haaren und einem grünen Faltenrock die Hügel hinuntereilte. Konnte diese Frau etwa die Person aus Rins Traum sein? Interessiert setzte er einen Fuß nach vorne, doch dann hielt er inne und spähte gen Himmel. Ein verdächtiges Brummen lies ihn die Augen zusammenkneifen. Sesshoumaru wusste nur zu gut, dass es sich um die Insekten Narakus handelte und er suchte das Firmament hach ihnen ab.
Da! Mehrere schwarze Punkte in der Ferne, welche sich von dem Dorf wegbewegten. Vielleicht waren sie auf dem Weg zu Naraku. So schnell er konnte rannte er in möglichst großem Abstand zum Dorf über die Hügel und hinter den lästigen Biestern her. Das war seine Chance Naraku zu finden und ihn ein für alle Mal zu erledigen.
Die junge Miko konnte er sich immer noch einmal genauer ansehen, immerhin war sie in irgendeiner Weise mit Kagome bekannt und wahrscheinlich reiste sie demnächst mit Inuyashas kleiner Gruppe weiter, auf der Suche nach Naraku und den Juwelensplittern. Es war nur eine Frage der Zeit bis er sie wiedertreffen würde.

4. Die Räuberbande


„Zunächst sollten wir dich noch mit den anderen bekannt machen. Die wundern sich bestimmt schon wer du bist.“ erklärte Kagome feierlich, als sie die Hütte verliesen und Yukiko erwiderte, dass sie sich doch schon vorgestellt hatte. „Ach ja richtig. Wie dumm von mir.“ Kagome grinste und sie konnte nicht umhin auch ein wenig zu lächeln. „Aber Shippou kennst du noch nicht. Du wirst dich sicher prima mit ihm verstehen.“
Aufgeregt sah sich Kagome nach diesem Shippou um und rief mehrmals seinen Namen. Plötzlich kam ein riesiger pinker Luftballon mit Gesicht herangeschwebt und platzte direkt vor ihren Augen. Zum Vorschein kam ein kleines Kind mit spitzen Ohren, feuerrotem Haar und einem Fuchsschwanz. „Hier bin ich Kagome! Ich habe im Wald ein paar Blumen für dich gepflückt, hier sieh mal!“ Das Kind reichte Kagome ein paar weiße Blümchen und diese nahm sie gerührt entgegen. „Shippou, ich möchte dir jemanden vorstellen. Das hier ist Yukiko, sie ist Midorikos Erbe.“ Dabei deutete sie auf ihre Freundin und Yukiko lächelte höflich. „Hallo, Shippou, es freut mich dich kennen zu lernen.“ sprach sie und der Fuchsyokai lächelte zurück. „Es freut mich auch dich kennen zu lernen. Hui du siehst ja aus wie Kagome, kommst du auch aus ihrer Welt mit dem Ninja-Essen?“ plapperte er drauf los und sie blinzelte ein wenig verwirrt. „Ninja-Essen?“ fragte sie dann leise und Kagome schob sie weiter. „Das erkläre ich dir später, jetzt müssen wir erst mal weiter. Wir müssen Naraku finden und vorher jeden Juwelensplitter einsammeln, den wir kriegen können.“
Entschlossen marschierte sie mit ihrem gelben Rucksack im Gepäck voran und Yukiko blickte noch einmal zurück auf die spärliche Hütte. Es war immer noch ein wenig verrückt hier zu sein, doch den ersten Schock hatte sie allmählich verdaut. Jetzt war es an der Zeit den Schurken zu jagen. Irgendwie aufregend. Und hatte sie sich nicht ein Abenteuer gewünscht? Auf jeden Fall war es besser, als den ganzen Tag in der Schule zu sitzen und sich mit schwerem Schulstoff herumzuplagen.
Herrje, seit wann dachte sie denn so über die Schule? Sie war doch früher immer so gerne hingegangen! Das Auslandsjahr hatte ihr wohl nicht gut getan!
Das redete sie sich die nächste Zeit über ein und folgte Kagome und den anderen in die Ferne. Dieser Miroku hatte sie gleich nach dem Aufbruch gefragt, ob sie seine Kinder austragen würde, was sie mit einem deutlichen „Nein!“ kommentiert hatte. Sango hatte ihn daraufhin am Ohrläppchen gepackt und mich sich geschleift und Kagome hatte ihren Kopf geschüttelt. „Der ist immer so, gewöhn dich lieber gleich daran. Arme Sango, er sollte sich schämen!“ flüsterte sie und Yukiko nickte.

Sie hatten schon eine große Strecke hinter sich gebracht, als die Sonne bereits hinter dem Horizont verschwand und es langsam dämmerte. „Es wird Zeit, dass wir ein Nachtlager finden.“ bemerkte Sango ernst und die anderen nickten zustimmend. „Das ist mein Stichwort! Ich werde uns einen Platz im besten Gasthaus in diesem Dorf besorgen!“ rief Miroku begeistert und zog ein paar seiner Siegel aus seinem Umhang. Entschlossen marschierte er voraus und sprach wie scheinbar üblich von einem Dämon, der sich in dem Gasthaus breit gemacht hatte. Natürlich bat ihn der leichtgläubige Inhaber diesen sofort zu entfernen und bot ihnen im Gegenzug eine warme Mahlzeit und einen Platz für die Nacht an.
„Skrupellos!“ kommentierte Yukiko dieses Verhalten und rührte nur das Nötigste von ihrem reichlichen Mahl an, um ihren knurrenden Magen zu besänftigen. „Na ja, aber immer noch besser als im Freien schlafen zu müssen, oder?“ erwiderte Kagome und schob sich ein Reisbällchen in den Mund. Yukiko riss empört ihre Augen auf. Wie konnte ihre wohlerzogene Freundin so ein egoistisches Verhalten für gut heißen?
Da kam der Inhaber des Gasthauses erneut zu ihnen und verneigte sich respektvoll. „Hat euch das Mahl geschmeckt, Meister Miroku?“ fragte er hoffnungsvoll und der Angesprochene nickte. „Danke, guter Mann, es hat uns allen sehr geschmeckt.“ Der Mann lächelte leicht und sprach weiter: „Ich freue mich euch einen Platz zum Schlafen anbieten zu können, denn seit einiger Zeit treibt sich hier in der Gegend nämlich eine Räuberbande in der Gegend herum. Bleibt also besser im Haus, wenn euch euer Leben lieb ist.“
Kagome warf Yukiko einen „Siehst-Du-Blick“ zu und diese seufzte resigniert.
Die Worte des Mannes sollten sie wohl eigentlich warnen, doch bei Inuyasha verursachten sie offenbar den gegenteiligen Effekt.
„Ha, mit den Räubern werde ich schon fertig, alter Mann, also mach dir keine Gedanken.“ prahlte er und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wenn ihr meint. Aber seid trotzdem vorsichtig.“ Verabschiedete sich der Inhaber und rief jemanden zu sich. Das Mädchen, welches nun erschien hieß Ayumi und sie würde ihnen später die zwei Gästezimmer zeigen in denen sie nächtigen würden.
„Nun denn, eine Gute Nacht.“ Das waren die letzten Worte des Mannes, bevor er sie verlies und Yukiko fragte sich, warum er sie wohl vor der Räuberbande gewarnt hatte und dann ein Mädchen ganz alleine im dunklen Haus herum laufen lies.

Doch schon bald verebbte ihr Misstrauen und Müdigkeit machte sich in ihr breit. Bereitwillig folgte sie den anderen zu ihren Schlafzimmern. „Dies hier ist für die Frauen. Und das auf der anderen Seite für die Männer.“ sprach Ayumi und deutete auf die beiden Zimmer. Sie gab den Männern und Frauen jeweils zwei Kerzen, damit sie sich in den Zimmern zu Recht finden könnten, bevor sie noch flüsterte: „Bitte verlasst unter keinen Umständen das Haus. Mein Onkel hat ja bereits erwähnt, dass eine gefährliche Räuberbande hier die Gegend unsicher macht. Sie haben schon viele Dörfer überfallen und einige Menschen getötet. Wir wollen nicht, dass ihr auch sterbt, wo ihr uns doch geholfen habt, den Dämon zu vertreiben.“
Yukiko schnaubte, sagte jedoch nichts und die Kleine trollte sich. Die Mädchen wünschten den Jungen eine gute Nacht und verschwanden in ihrem Zimmer. Groß war es nicht, aber trocken und warm. Trotz der Tatsache, dass Inuyasha und die anderen sie vor den Räubern beschützen würden, war sie doch froh ihre Waffe in ihrer Tasche zu spüren. Sie hätte heute Abend eigentlich eine Trainingseinheit gehabt, aber das konnte sie wohl vergessen. Seufzend kuschelte sie sich in ihren Futon und wünschte den anderen eine gute Nacht. Dann schlief sie müde ein.

Mitten in der Nacht erwachte sie aufgrund eines eigenartigen Kratzens an der Türe. „Hm?“ machte sie verschlafen und setzte sich langsam auf. Das war doch kein Räuber oder? schoss es ihr durch den Kopf und sie spähte vorsichtig zur Türe. Es war jedoch bloß Kiara, die Katze von Sango, welche offenbar einmal hinaus musste. „Warte ich öffne dir die Türe.“ murmelte sie und schlich sich zu Kiara, um sie hinaus zu lassen. „Aber lauf nicht zu weit weg, ja? Du weißt ja, hier könnten Räuber herumschleichen. Wir wollen ja nicht, dass Sango traurig ist, wenn du stirbst oder?“ flüsterte Yukiko ihr zu und Kiara miaute leise.
Sie beobachtete wie die Katze in den kleinen Garten lief und zwischen ein paar Büschen verschwand. Gähnend wartete sie auf deren Rückkehr und betrachtete die Sterne. So einen schönen Anblick hatte sie schon lange nicht mehr gesehen.
Nach einer geschlagenen Viertelstunde, machte sie sich langsam Sorgen um Kiara und rief ein paar Mal leise ihren Namen, doch die Katze antwortete nicht. Misstrauisch wollte sie ihr schon in den Garten folgen, doch dann überlegte sie es sich anders und holte vorsichtshalber ihre Tasche. Darin befand sich ja ihre Glock, welche sie eng an ihre Brust presste. Wenn sie sich schon in Gefahr begab, dann wenigstens nicht unbewaffnet.
Leise schlich sie sich in die Mitte des Gartens und die schwärze der Nacht umfing sie, was ihr einige Schauer über den Rücken jagte. „Reiß dich zusammen, Yukiko. Du hast deine Glock und wahrscheinlich ist Kiara nur in einem Gestrüpp hängen geblieben und kann deswegen nicht zurück. Oder sie hat eine Maus entdeckt.“ beruhigte sie sich selbst und atmete tief ein und aus.

„Kiara. Kiara, wo steckst du? Gib doch wenigstens einen Laut von dir, damit ich weiß wo du dich versteckst.“ flüsterte sie in die Nacht hinein und hörte mit einem Mal ein leises Fiepen. Das musste sie sein! Yukiko eilte zu einem Hortensienbusch und wühlte sich durch die Äste. „Kiara, bist du da?“ sprach sie nervös und fegte ein paar Zweige zur Seite um besser sehen zu können. Plötzlich wurde sie von hinten gepackt und die Person legte ihr eine Hand auf den Mund, damit sie nicht schrie. O Gott, war das ein Räuber? Oder der komische Inhaber des Gasthauses? Hoffentlich eher letztere Option betete sie und riss die Augen weit auf. Sie öffnete den Mund, aber nicht um zu sprechen, sondern um der Person in die Hand zu beißen. Da wurde sie gegen eine Männerbrust gedrückt am Kinn gepackt. Die Hand verschwand, doch so wie sie der Mann am Kinn packte, könnte sie auch nicht reden. „Na meine Hübsche, was suchst du denn so ganz alleine hier draußen?“ raunte ihr jemand ins Ohr und sie bemerkte eine deutliche Fahne. Widerlich. Auch roch der Mann intensiv nach Schweiß, Blut und Dreck.
Yukiko musste ein Würgen unterdrücken und wand sich ein wenig in seiner Umarmung. „Na, na halt still, oder willst du Bekanntschaft mit meinem Dolch machen?“ drohte er und sie schüttelte leicht den Kopf. „Na also. Der Chef wird sich freuen, dass ich so eine tolle Frau mitbringen werde.“ Er begrapschte ihren Busen und sie gab einen empörten Laut von sich.
„Still oder ich sorge dafür, dass du bewusstlos wirst!“ befahl er und zog eine Fessel aus seinem Gürtel. Sie hatte gar keine Chance zu schreien, so schnell hatte er sie gefesselt und geknebelt.
Verdammt! Aber er hatte ihre Glock nicht bemerkt. Gut so! Wenn sie es schaffen sollte, sich zu befreien oder wenigstens zu fliehen, dann könnte sie diesen Männern eine Lektion erteilen!

Widerwillig lies sie sich abführen und sah immer wieder zurück zu dem Gasthaus, in welchem Kagome und die anderen friedlich schliefen. Hoffentlich ging es Kiara gut, dachte sie und verengte die Augen, als der Kerl sie an den Sattel seines Pferdes band, damit sie hinterher lief wie ein Hund. So ein Dreckskerl.
Ihre Hoffnungen wurden dann jäh zunichte gemacht, als er einen hölzernen Käfig ebenfalls am Sattel befestigte, in welchem Kiara kauerte. Die ärmste. Offenbar war sie als Köder benutzt worden, um sie, Yukiko, herauszulocken. Wie hinterhältig! Na dem würde sie gerne mal die Meinung sagen!

Der Räuber brachte sie in das Lager seiner Bande, welches aus gut zwanzig Zelten bestand und etwas abseits im Wald aufgeschlagen worden war. Einige Feuer brannten und warfen gruselige Schatten auf die ohnehin schon nicht ganz vertrauensselig wirkenden Kameraden. Fast jeder von ihnen hatte Narben am Körper und alle sahen ihr auf den Hintern oder auf ihren Busen. Manieren hatte man denen wohl nicht beigebracht. Viel besser gesagt, im Räuberhandwerk brauchte man die ja nicht mehr. Sehr nett. Warum hatte sie ihren Wunsch mit Kagome in die Vergangenheit zu reisen eigentlich nicht für sich behalten? Dann wäre das ganze hier nicht passiert und sie könnte friedlich und sicher in ihrem Bett schlafen und müsste keine Angst haben, ob sie morgen noch Jungfrau war oder nicht!

Der Kerl führte sie direkt zu einem der am übelsten aussehenden Kerle, war ja klar, dass der Anführer auch gleich der hässlichste war. „Na sieh mal einer an, Toki, was hast du uns denn da mitgebracht? Ist ja ein hübsches Vögelchen!“ brüllte er und die Männer lachten johlend. „Hab sie grad frisch auf dem Gasthof gefangen. Hat ihr kleines Haustier gesucht, Chef.“ Dabei deutete er auf Kiara, welche wütend fauchte. „Ist die Kleine auch so ein Wildfang, wie dieses Mistvieh?“ fragte der Anführer und dieser Toki nickte. „Wollte mir in die Hand beißen, Chef. Aber ich hab ihr das ganz schnell ausgetrieben. Sie ist wirklich noch ganz frisch. Wir sollten sie heute Abend ausprobieren.“ Dabei grinste er fies und Yukiko hatte ein ganz ungutes Gefühl bei der Sache.
„Später, Toki. Erst einmal will ich wissen, wie gut sie sich mit Sake auskennt und wie fügsam sie ist. Mach sie los, aber pass auf, dass sie nicht gleich weg flattert!“ Wieder lachte er und Yukio verzog das Gesicht. Schrecklich. Warum musste sie ausgerechnet bei solch primitiven Leuten landen? Hätte sie nicht bei irgendeinem reichen gebildeten Mann landen können? Musste ihr Abenteuer in der Sengoku-Zeit unbedingt so beginnen?

Ihre Fesseln wurden gelöst und sie rieb sich die wunden Stellen. Wütend funkelte sie Toki an und hätte ihm am liebsten eine Ohrfeige verpasst, doch sie wollte nicht Gefahr laufen, selbst eine einzufangen oder gar schlimmeres. Besser sie sondierte erst einmal die Lage und dachte sich einen geeigneten Fluchtweg aus. Bis dahin musste sie allerdings das fügsame Frauenzimmer spielen, was so gar nicht nach ihrem Geschmack war. Doch sie hatte nun mal keine andere Wahl.

Der Anführer dieser Barbaren erhob sich von seinem improvisierten Thron aus Holz und Ziegenfell und musterte sie gierig. Dabei starrte auch er auf ihren Busen und zog sie ja schon fast mit den Augen aus. „Hast du einen Namen, Schöne?“ fragte er rau und sie nickte. „Yukiko.“ flüsterte sie dann leise und sah unterwürfig zu Boden. Es sollte ja alles echt wirken.
„Yukiko, wie hübsch. Nun, denn meine Kleine, dann werde ich dir mal sagen, was du zu tun hast. Du wirst uns Sake servieren, so viel wir wollen und wenn einer der Männer dich begrapscht, dann wird nicht zurückgeschlagen verstanden?“ Er kam bedrohlich Nahe auf sie zu und sie nickte respektvoll. „Gut. Toki, zeig ihr das Zeug und gib ihr ne Schürze. Wir wollen ja nicht, dass sie ihr hübsches Röckchen befleckt.“ Grinsend packte sie Toki am Arm und zog sie mit sich. Verdammt, sie trug ja immer noch ihre Schuluniform. Daher diese stierenden Blicke. Sie hielten sie hoffentlich nicht für eine Dirne!
Toki führte sie zu einem der Zelte und deutete auf ein paar Fässer mit Sake. Der Gestank nach Alkohol war widerwärtig doch sie riss sich zusammen und füllte ein paar Becher mit dem Zeug wie ihr aufgetragen worden war. Die ganze restliche Nacht verbrachte sie damit den Männern nach zu schenken und sich von ihnen wüst anfassen zu lassen. Es war entwürdigend und sie wünschte sich, dass dieser Alptraum möglichst bald endete.

Kurz nachdem der Morgen angebrochen war und die meisten der Männer schon schliefen, lief sie zu Tokis Pferd und sah sich verstohlen um. Sie hatte eine Nachricht geschrieben und band sie mit einem Stück Seil um Kiaras Hals. „Lauf schnell, Kiara und bring das zu Sango und den anderen.“ flüsterte sie und lies die Katze frei, welche sich schleunigst aus dem Staub machte. Hoffentlich fand sie den Weg zurück zu den anderen. Erschöpft sank sie neben dem Sakezelt zusammen und schlief ein.
Doch ihr Päuschen dauerte nicht lange, da wurde sie unsanft in die Seite getreten. „He, wach auf, Miststück. Unser Chef hat Hunger, also mach ihm etwas zu essen!“ schnarrte einer der Räuber und wankte zu seinem Zelt. Offenbar war er nicht mehr der nüchternste. Zornig ballte sie die Hände zu Fäusten und marschierte zu dem Anführer der Bande. Der saß betrunken auf seinem Thron und brüllte, als er sie auf sich zukommen sah, dass sie ihm gefälligst etwas zu essen machen sollte. Aber sie dachte gar nicht daran so etwas zu tun.
Sie hatte kaum geschlafen in dieser Nacht und sich die ganze Zeit anzügliche Bemerkungen gefallen lassen und den Diener spielen müssen. Irgendwann war es genug! „Du kannst mich mal! Ich bin nicht deine Haushälterin kapiert! Koch dir gefälligst selbst etwas!“ schrie sie und umfasste die Glock in ihrer Schürze fester.
„Wie war das!“ brüllte der Typ aufgebracht und erhob sich ruckartig, wobei er gefährlich schwankte. „Du widersetzt dich meinem Befehl? Du bist meine Gefangene und hast zu tun was ich dir sage!“ donnerte er bedrohlich und kam näher zu ihr. „Gib mir gefälligst etwas Sake!“ Kochend vor Wut hob sie ein halb volles Glas vom Waldboden auf und schüttete ihm die Flüssigkeit ins Gesicht. „Hier hast du deinen Alkohol, Drecksack!“ schrie sie und spuckte ihm vor die Füße.
„Männer, tötet dieses Weib!“ knurrte ihr Anführer und sie umklammerte die Glock noch fester. Jetzt gab es also kein zurück mehr, sie musste kämpfen! Glücklicherweise war ihre Glock voll aufgeladen, doch wie viele der Männer könnte sie in Schach halten? Es waren nicht gerade wenige und ihre Munition war begrenzt.

Sie schüttelte den Kopf und konzentrierte sich. Sie war eine gute Schützin und sie würde das durchstehen. Yukiko stieß trotzdem ein kurzes Gebet gen Himmel, bevor sie ihre Glock zog und scharf stellte. Dann zielte sie auf einen der Männer, der sich ihr kampfbereit näherte und drückte ab. Jaulend vor Schmerz sank er in sich zusammen, als die Kugel in seiner Brust verschwand und er viel Blut verlor. Sie hatte noch nie auf einen Menschen geschossen, doch jetzt hatte sie keine Zeit um schockiert zu sein. Es war Notwehr und sie musste hier weg, bevor sie selber drauf ging.

Wie eine Löwin kämpfte sie sich durch die Reihen und lies hier und da eine Kugel als Abschiedsgeschenk da. Yukiko arbeitete sich immer weiter zu Tokis Pferd vor und hatte es auch schon fast geschafft, als sie einen stechenden Schmerz in der Seite spürte. Einer der Männer hatte mit einem Pfeil nach ihr geschossen und sie an ihrer Seite verwundet. Keuchend sank sie auf den Boden und hielt sich die Wunde. Überall war Blut. Ihr wurde schlecht. Sie hatte noch nie so viel Blut gesehen. Benommen hielt sie sich den Kopf, als sie hörte wie ein Schwert aus seiner Scheide gezogen wurde.
Der Anführer stand leicht torkelnd vor ihr und hielt die Spitze seines Schwertes bedrohlich nahe an ihr Gesicht. „Du hast meine Männer auf dem Gewissen du Schlampe. Das verzeihe ich dir nie! Und noch nie hat mir jemand Sake ins Gesicht gekippt! Dafür wirst du büßen. Grüß die Hölle schön von mir, Miststück!“ rief er aufgebracht und stieß mit dem Schwert zu.

Ein brennender Schmerz loderte in Yukikos Bauchregion auf und breitete sich rasend schnell in ihrem ganzen Körper aus. Sie spuckte Blut auf den Boden und sank vornüber mit dem Gesicht auf den Waldboden. Keuchend schnappte sie nach Luft, wie ein Fisch auf dem Trockenen, doch sie fühlte wie ihr langsam die Lebensenergie verloren ging. Immer mehr Blut quoll aus ihrem Körper und sie wurde immer schwächer. Langsam wurde ihr schwarz vor Augen und der Schmerz lies nach. Sie spürte kaum noch ihren Körper. War das ihr Ende? Ein weißes Licht vernebelte ihre Sicht und sie hörte leisen Gesang. Würde sie jetzt sterben? Kam sie nun in den Himmel oder in die Hölle? Sie wusste es nicht, aber sie hoffte, dass sie danach keine Sorgen oder Schmerzen mehr haben würde. Eine Innere Ruhe machte sich in ihr breit und sie lächelte schwach. Sie würde ihre Eltern und ihre Geschwister nie wieder sehen, geschweige denn Kagome oder die anderen. So hatte sie sich ihren Aufenthalt in der Sengoku-Zeit wirklich nicht vorgestellt.
Yukiko keuchte noch ein paar Mal nach Luft, dann hauchte sie ihren letzten Atemzug auf dieser Welt und starb. Wenigstens hatte sie bis heute ein erfülltes Leben gehabt. Sie war nicht wirklich traurig über ihren Tod, es gab ja Leute, denen es schlechter ging. Aber ein wenig bedauerlich war es schon, denn sie hatte sich nicht verabschieden können. Und sie wusste immer noch nicht wer der mysteriöse Unbekannte in ihren Träumen war. Welch ein Jammer.

5. Der Dämon mit dem Engelsgesicht



Sie waren schon seit einiger Zeit unterwegs, auf der Suche nach den Insekten dieses Mistkerls Naraku. Er hatte sie aus den Augen verloren, doch er war sich sicher, dass sie in diese Richtung geflogen waren. Seine feinen Ohren vernahmen noch ganz leise das Brummen ihrer Flügel. Sie waren also auf dem richtigen Weg.
Rin war wie immer fröhlich und sang ein Lied vor sich hin, während Jaken versuchte mit ihnen Schritt zu halten. Während sie weiterliefen, bemerkte er plötzlich den Geruch von Blut und Verwesung. Rin und Jaken bemerkten natürlich nichts, doch er verengte misstrauisch die Augen und lauschte angespannt nach feindlichen Yokai. Als sie einen Wald betraten wurde der Geruch stärker und intensivierte sich bis sie eine Lichtung erreichten, auf der scheinbar ein Blutbad veranstaltet worden war.
Dutzende Männerleichen in ärmlicher Kleidung lagen in ihren Blutlachen auf dem Waldboden, die starren Blicke gen Himmel gerichtet. Zelte waren eingerissen, Essensreste und Sakeflaschen lagen herum und er rümpfte die Nase. Menschen waren ja manchmal so barbarisch. Eigentlich wollte er einen großen Bogen um dieses Massaker machen, doch Rin lief geradewegs mitten hinein. Traurigkeit zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab und er wusste, dass sie sich an ihre verstorbene Familie erinnert. Getötet von Wölfen. „Rin, lass uns gehen. Das ist nichts für dich.“ rief er barsch, doch mit einem etwas besorgten Unterton in der Stimme und sie nickte. Doch noch während sie sich von dem Schlachtfeld abwandte, entdeckte sie offenbar etwas Interessantes, denn sie verschwand plötzlich zwischen ein paar Zelten. „Rin, bleib hier!“ schrie Jaken hysterisch und rannte hinter ihr her.
Sesshoumaru seufzte und eilte hinter den beiden her. Man konnte sie auch wirklich nicht alleine lassen!
Als er Rin erreichte hatte sich diese neben einer der Leichen hingekniet und legte eine Hand auf ihre Brust. Es war die einzige Frau zwischen den Männern und sie trug die gleiche Kleidung wie Inuyashas Begleiterin Kagome. Appropos Inuyasha, er spürte wie sich sein verhasster jüngerer Bruder rasend schnell näherte, seine nervigen Menschenfreunde im Schlepptau. „Rin, lass uns gehen.“ forderte er und das Mädchen schüttelte den Kopf. „Wir können noch nicht gehen, Sesshoumaru-sama. Wir müssen sie doch noch begraben.“ widersprach sie und sah ihn flehend an. Widerwärtig von einem Menschenkind angebettelt zu werden. Und doch, ihren großen Augen konnte man nicht widerstehen …
Verärgert wandte er sich ab. Er war zu weich mit dem Mädchen. „Wir gehen, habe ich gesagt!“ knurrte er und sie erhob sich traurig. „Sie war so schön.“ flüsterte sie bedauernd und umklammerte seine Hand mit der ihren. Wohl eine besänftigende Geste, was er mit einem Brummen quittierte.

Da brachen auch schon Inuyasha und seine Freunde durch das Unterholz und kamen schlitternd keine drei Meter vor ihnen zum Stehen.
„Sesshoumaru. Was willst du denn hier?“ rief Inuyasha kampflustig und Sesshoumaru verengte die Augen. „Das gleiche könnte ich dich auch fragen, lieber Bruder!“ erwiderte er bissig und der Angesprochene verschränkte patzig die Arme vor der Brust. „Wir sind Kiara gefolgt. Sie hat eine Nachricht von Yukiko mitgebracht, welche offenbar von Räubern entführt worden ist. Hast du sie gesehen?“ meckerte Inuyasha und sein älterer Bruder lies die Fingergelenke knacken. Er war nicht in Stimmung um zu plaudern, vor allem nicht mit diesem Halbdämon. Er war auf dem Weg Naraku das Handwerk zu legen und sein Bruder würde ihn nur aufhalten, auch wenn es verlockend wäre ihm eine reinzuhauen.
Da stieß plötzlich seine Begleiterin Kagome einen Entsetzensschrei aus und lies sich neben dem toten Mädchen auf die Knie fallen. „Oh Gott, Yukiko! Nein, bitte das kann nicht sein!“ rief sie bestürzt und berührte die Gefallene zaghaft an der Schulter. Der Blick der Toten war starr, doch sie lächelte sanft. Ganz so als wäre sie froh gestorben zu sein. „Jaken, hol A-Un, wir gehen.“ meinte Sesshoumaru desinteressiert und wandte sich ab. Von dem Geheule bekam man ja Kopfschmerzen und er hatte gute Lust seine Wut an seinem Bruder aus zu lassen.
„Nein, sie kann doch nicht tot sein, bitte, Yukiko wach auf, bitte!“ schrie Kagome und Tränen rannen ihr über das Gesicht. Hätte er so etwas wie Gefühle gehabt, dann hätte er vielleicht Mitleid mit ihr empfunden, doch sie war nur ein Mensch und ihre Freundin war verstorben. Nichts besonderes, wenn man bedachte, dass die Menschen ständig starben wie die Fliegen.
Kaltherzig setzte er einen Schritt zurück in die Richtung aus der sie gekommen waren, als ihn jemand am Fuß festhielt. Zuerst dachte er, es wäre Rin, doch dann musste er feststellen, dass sich Kagome an ihn geklammert hatte und ihn mit Tränennassen Augen flehend ansah. „Bitte! Du musst sie retten, Sesshoumaru! Bitte! Du musst sie retten!“ flehte sie und hielt ihn noch fester. Jämmerlich. „Warum sollte ich einen Menschen retten, der mir eh nichts bedeutet? Außerdem früher oder später wäre sie sowieso gestorben, also warum sollte ich mir die Mühe machen?“ erwiderte er kalt und riss sich los.
„Nein, bitte! Du musst ihr helfen, bitte! Sie war doch noch so jung!“ schrie sie weinerlich und bekam einen Zipfel seines Mantels zu fassen. „Lass mich los, Menschenweib! Ich habe mit euch nichts zu tun, also vergeude nicht meine Zeit!“ knurrte er und schlug sie weg. Weinend hielt sie sich die Wange und er drehte sich wieder weg. Es gab nichts Schlimmeres als heulende Menschenfrauen!

Plötzlich spürte er, wie Tensaiga sich regte und sah an sich hinab. Das Schwert zuckte und pulsierte aufgeregt, ganz so als wollte es ihm etwas mitteilen. Mit gerunzelter Stirn, fasste er danach und spürte den Wunsch des Schwertes die tote Frau wieder zu beleben. „Ist das wirklich dein Wunsch? Warum sollte ich so etwas tun?“ raunte er und blickte über die Schulter auf die Tote.
Sie bot einen erbärmlichen Anblick. Ihr Taillenlanges tiefschwarzes Haar war zerzaust und voller Blätter. Die Kleidung teilweise zerrissen und die Schürze die sie trug, war spickvoller Dreck. Getrocknetes Blut vervollständigte das Bild und ihre Augen starrten gen Himmel. Alles in allem war sie gar nicht mal so unattraktiv für einen Menschen.
Hätte sie nicht dieses Lächeln auf dem Gesicht, hätte man tatsächlich Mitleid mit ihr haben können. Neben ihr erkannte er dann die Diener des Todes, welche sich an ihr zu schaffen machten und er zog entschlossen Tensaiga hervor. Wenn es sein Schwert so wollte, dann würde er diese Frau eben wiederbeleben. Aber nicht weil Inuyashas Freundin ihn darum bat.
Seufzend hob er das Schwert und lies es auf die Diener des Todes herabsausen.
Sie würde nun weiter leben, fragte sich nur wie lange. Aber das war egal. Sie war ein Mensch und damit uninteressant für ihn. Da öffnete sie langsam blinzelnd ihre Augen, welche die Farbe von Smaragden hatten und blickte ihm direkt ins Gesicht, wobei ihr Lächeln noch breiter wurde. „Nun bin ich endlich im Himmel angekommen, denn ich sehe bereits einen Engel.“ flüsterte sie und eine Träne rann über ihre Wange. Sesshoumaru hingegen verdrehte die Augen und wandte sich ab. Diese Frau war ja nicht ganz bei Sinnen, wenn sie IHN für einen Engel hielt. Er hätte sie doch lieber nicht wieder beleben sollen.

***

Ein Engel. Sie sah einen Engel. Glücklich lächelte sie und Tränen rannen über ihre Wangen. Sie hätte nicht gedacht, dass ihr Ableben so schön werden würde, vor allem da dieser überaus gutaussehende Engel dem Menschenyokai ähnelte, von dem sie immer geträumt hatte. Vielleicht war das ganze nur ein Traum und sie würde später irgendwann im richtigen Himmel aufwachen. Aber was soll´s?

Plötzlich wurde sie von jemandem stürmisch umarmt und diese Person schluchzte ihr glücklich ins Ohr. „Oh Yukiko du lebst, ich freu mich ja so.“ Sie erkannte Kagomes Stimme wieder und blinzelte verwirrt. Sie lebte? Aber sie hatte doch gerade einen Engel gesehen! Oder etwa nicht? „Kagome, bist du etwa auch tot?“ fragte sie leise und ihre Freundin schüttelte verneinend den Kopf. „Nein, du lebst und ich lebe auch.“ „Und wer war dann der Engel?“ wollte sie schließlich wissen und Kagomes Züge verhärteten sich. „Das war kein Engel, Liebes. Das war ein Yokai. Inuyashas älterer Bruder um genau zu sein. Sein Name ist Sesshoumaru und er ist normalerweise nicht so gnädig und belebt Menschen wieder.“ antwortete sie schließlich ernst und Yukiko erhob sich.
Der geheimnisvolle Unbekannte hatte also endlich einen Namen. Sesshoumaru. Das klang so … geheimnisvoll und ein bisschen gefährlich. Und wenn der Typ tatsächlich normalerweise gnadenlos mit Menschen umging, dann sollte sie sich glücklich schätzen, dass er es sich bei ihr anders überlegt hatte. Ein guter Grund also ihm zu danken.
Suchend sah sie sich um, und erkannte, dass Sesshoumaru bereits einige Entfernung zwischen Inuyashas Truppe und sich gebracht hatte. Wenn sie sich nicht beeilte, dann würde sie ihn vielleicht nie wieder sehen. Und sie war zu gut erzogen, als dass sie sich nicht einmal bei ihm bedankte.

Rasch rappelte sie sich auf, klopfte den Dreck von ihrer Kleidung und aus ihrem Haar und schnappte sich ihre Tasche, bevor sie hinter dem Kerl her rannte. „Yukiko wo willst du denn hin?“ rief Kagome entsetzt und rannte hinter ihr her. „Na mich bedanken, was sonst? Immerhin hat er mich gerettet!“ schrie sie über die Schulter zurück und rannte schneller. „Aber er ist gefährlich!“ erwiderte Kagome besorgt und wurde langsamer. „Keine Sorge ich habe meine Waffe bei mir, ich kann auf mich aufpassen!“ war das Letzte, was Yukiko sagte, bevor sie sich vollends auf die Verfolgung konzentrierte.
Bald schon kam Sesshoumaru in Sicht und sie beschleunigte noch ein letztes Mal ihre Schritte. Er war in Begleitung eines kleinen Kindes und eines merkwürdigen kleinen Wesens unterwegs, von dem sie vermutete, dass es ein Kappa war. Sie liefen durch einen dichten Wald und sie hörte in der Nähe das Rauschen eines Flusses. Irgendwie eine idyllische Landschaft. Ganz anders als die meisten Plätze des heutigen Japans.
„He, warte mal!“ schrie sie laut und winkte mit der Hand. Keine Reaktion. So etwas dummes, vielleicht hatte er sie nicht gehört. Keuchend blieb sie stehen und holte tief Luft, bevor sie erneut in seine Richtung schrie. Da blieb er tatsächlich stehen und sie lächelte, bevor sie auf ihn zu eilte. Als sie ihn erreichte, wandte er sich zu ihr um und starrte ihr mit eisigem Blick direkt in die Augen.
Sein Gesicht war wunderschön und so makellos und rein, dass er tatsächlich als Engel durchgehen könnte, wäre da nicht dieser tödliche und eiskalte Blick, der einem das Blut in den Adern gefrieren lassen konnte.
Doch nicht Yukiko, sie war eher hingerissen von seinem schönen Aussehen und brauchte einen Moment um sich zu fangen, ehe sie zu ihrem Dankeschön ansetzte.
„Danke, dass du mich gerettet hast.“ begann sie schließlich und verneigte sich höflich. Desinteressiert wollte er sich wieder abwenden, doch sie hielt ihn auf, indem sie ihn an seinem Ärmel festhielt. „Warte, bitte! Ich … ich weiß in deinen Augen bin ich vielleicht nur ein dummer Mensch, aber ich bin zu gut erzogen, als dass ich mich nicht bei meinem Retter bedanken würde. Ich … ich schulde dir etwas, immerhin hast du mein Leben gerettet.“ faselte sie weiter und er seufzte. „Hör zu, Menschenweib. Ich bin nicht interessiert an einer Kooperation mit dir. Lauf zurück zu meinem missratenem Bruder, aber lass mich in Ruhe, verstanden? Du störst mich mit deiner Anwesenheit auf der Suche nach Naraku.“

Whow, sie störte ihn also? Das war nicht fair! Immerhin wollte sie sich doch nur bedanken. „Hey, das ist nicht gerade nett, was du da von dir gibst, ja? Immerhin möchte ich mich nur anständig bei dir bedanken. Aber da du das Thema Naraku gerade erwähnst, vielleicht kann ich dir ja helfen. Immerhin kann ich die Auren von Dämonen wahrnehmen und seine dürfte ziemlich stark sein. Dann könnte ich ihn für dich finden und wir wären quitt. Einverstanden?“
Sesshoumaru wirkte nicht gerade überzeugt und hob seine feinen Augenbrauen an. Misstrauisch unterzog er sie einer langen Musterung, wobei er sehr lange bei ihren Augen verweilte. Anders als die Männer in ihrer Zeit, welch immer nur auf ihren Hintern oder ihre Brüste starrten. „Du glaubst also, du kannst die Auren von Dämonen aufspüren und bietest mir einen Handel an? Warum sollte ich mich darauf einlassen?“ „Na ja, weil äh … du Naraku vor Inuyasha finden würdest und äh weil ich so meine Schuld begleichen kann, vielleicht?“ versuchte sie es und grinste nervös.
„Und woher soll ich wissen, dass du mich nicht belügst?“ „Äh na ja, ich kann ja einen anderen Dämon zur Probe für dich aufspüren, wie wäre das?“ erwiderte sie und hoffte, er merkte nicht wie nervös sie war. Und vor allem, dass sie ein wenig flunkerte.
Natürlich sie hatte die Fähigkeit Dämonen aufzuspüren, allerdings hatte sie diese noch nicht trainiert. Es könnte also schwierig werden, einen Yokai aufzuspüren, ohne, dass sie sich verriet. Wenn sie versagte, würde er sie nämlich nicht mitnehmen und sie noch mehr verachten, als er es gerade schon tat. Und sie war überzeugt davon, dass es sehr schwer war wieder sein Vertrauen zu erlangen.

Das kleine Mädchen und der Kappa hatten sich ein wenig entfernt und beobachteten die Szene neugierig. Warum so ein kleines Kind mit einem furchterregenden Yokai reiste, war Yukiko zwar rätselhaft, doch sie war im Moment eher gespannt auf Sesshoumarus Antwort. Diese fiel überraschend positiv aus. „Nun gut, Menschenweib, dann spür mir mal einen Dämon auf. Wenn du es schaffst, dann kannst du meinetwegen mitkommen und mir helfen Naraku zu suchen. Solltest du allerdings versagen …“ Seine Stimme wurde todernst und er schnappte sich einen sehr dicken Ast, welchen er ohne große Mühe entzweibrach. Yukiko schluckte und verstand die Drohung. Sollte sie versagen, dann wäre sie geliefert.
Das war gar nicht gut. Hätte sie doch bloß ihre verdammte Klappe gehalten! Doch anstatt sich ihre steigende Nervosität anmerken zu lassen, erwiderte sie kess: „Kein Problem, das schaffe ich mit links. Ich spüre sogleich einen Dämon auf.“ Mit verschränkten Armen blickte er sie erwartungsvoll an und ihre Handflächen wurden schwitzig. Meine Güte, worauf hatte sie sich da nur eingelassen? fuhr es ihr durch den Kopf und sie schloss die Augen, um sich zu beruhigen.
Schließlich atmete sie langsam ein und aus und versuchte eine Aura aufzuspüren. Tatsächlich konnte sie ein paar Augenblicke später die gewaltige Aura eines Yokai ausmachen und wollte schon freudig etwas sagen, als sie bemerkte, dass diese Aura von Sesshoumaru kam. Verdammt. Er blendete ihre Antennen, oder wie auch immer man ihren Spürsinn bezeichnen sollte.
„Ich muss mich ein paar Schritte entfernen, deine Aura ist zu stark, so spüre ich kaum etwas.“ nuschelte sie und errötete.
Spöttisch verzog er den Mund und beobachtete wie sie einige Schritte nach links ging.
Wieder schloss sie die Augen und konzentrierte sich stärker. Sie würde schon einen Yokai aufspüren, es war ja egal was für einer es war. Irgendein kleiner armseliger Yokai oder Hanyou würde hier schon herumlaufen. Sie lächelte und sprach sich diese Worte als Aufmunterung immer wieder vor. Ihr Optimismus gewann langsam die Oberhand über ihre Nervosität und sie wusste, sie würde es schaffen.

Doch so sehr sie sich auch anstrengte, nach einer geschlagenen Viertelstunde hatte sie immer noch keinen Yokai aufgespürt. „Tut mir Leid, hier ist offenbar kein Yokai in der Nähe.“ entschuldigte sie sich und verneigte sich erneut. Verärgert verengte Sesshoumaru seine Augen und sie spürte, dass seine Geduld bis zum Äußersten gereizt war. Gerade wollte sie etwas Besänftigendes sagen, als er sein Schwert aus der Scheide zog und sich drohend vor ihr aufbaute. Wollte er sie etwa töten? Der Kerl war wirklich gefährlich! entschied sie und verfluchte sich innerlich, dass sie nicht auf Kagomes Warnung gehört hatte.

Jedoch schien er es nicht auf sie abgesehen zu haben, denn er lies das Schwert keine fünf Zentimeter neben ihr durch die Luft sausen und sie hielt erschrocken den Atem an. Als sie sich zur Seite wandte, stand da neben ihr ein Yokai in Gestalt eines langen Wurmes und spuckte eine Ladung Blut zu Boden bevor er leblos zu Boden sank. Die Erde bebte für einen Augenblick, als er auf den Boden knallte und Yukiko riss entsetzt die Augen auf. Zittrig sah sie zurück zu Sesshoumaru, der das Schwert zurück in die Scheide steckte und dem toten Yokai einen finsteren Blick zuwarf.

Verdammt, er hatte sie schon wieder gerettet. Und das ausgerechnet vor einem Yokai, den sie nicht aufgespürt hatte. Sie hatte nicht einmal gemerkt, dass er neben ihr stand. Peinlich. Und jetzt würde er sie fertig machen. Zeit zu verschwinden, dachte sie nüchtern und hatte gerade einen Schritt zur Seite gemacht, als Sesshoumaru sie drohend an der Kehle packte. Er drückte sie unbarmherzig gegen einen Baum und warf ihr einen vernichtenden Blick zu. „Ich hatte mir schon gedacht, dass du nutzlos bist. Und jetzt hast du mich auch noch eine Viertelstunde Zeit gekostet. Zeit in der ich vielleicht Narakus Insekten aufgespürt hätte. Zeit in der ich ihn bereits verfolgen könnte. Weißt du was ich mit Leuten mache, die mir kostbare Zeit rauben und mich anlügen?“ Er drückte demonstrativ fester zu und Yukiko schnappte keuchend nach Luft. „Bitte, es … es tut mir Leid, ich-„ „Es tut dir also leid? Weißt du wie egal mir das ist? Ich könnte dich jetzt innerhalb eines Augenblickes töten, doch das würde keinen Spaß machen. Es wäre besser dich zu quälen. So lange bis du den letzten Rest deines kümmerlichen Lebens ausgehaucht hast. Wäre das nicht wunderbar?“ hauchte er ihn ihr Ohr und sie schluckte. Tränen traten ihr in die Augen und sie schniefte. Sie wollte noch nicht sterben. Sie war doch noch Jungfrau! Und Vertrauensschülerin!
Das Leben war ungerecht!

„Was soll ich jetzt mit dir anstellen? Dir jedes Haar einzeln ausreißen? Dich in dünne Scheiben schneiden? Dir jeden Finger nach einander abhacken? Oder dich vielleicht –„ Er erstarrte und spitzte die Ohren. Yukiko hoffte, dass es ein anderer, noch größerer Yokai wäre, der ihn solange beschäftigte, dass sie davon laufen konnte. Zurück zu Inuyasha. Der würde sie schon beschützen. Hoffentlich.
Doch offenbar war es kein Yokai. Besorgnis blitzte für einen Moment in den Augen des Yokai auf und er löste seinen Griff um ihren Hals. Unsanft sank sie zu Boden und fasste sich japsend an die Kehle. Was war das jetzt? Hatte er es sich anders überlegt? Offenbar war sie ihm im Moment völlig egal, denn er wandte sich ab und rannte davon in Richtung Fluss.
Verwirrt erhob sie sich und eilte hinter ihm her, wobei sie etwas langsamer lief, da sie immer noch Schwierigkeiten beim Atmen hatte. Als auch sie den Fluss erreichte, sah sie wie Sesshoumaru am Ufer stand und das kleine Mädchen todernst beobachtete, wie sie hilflos mit der Strömung mit trieb. Sie konnte offenbar auch nicht schwimmen und hielt sich mit Hilfe eines herumirrenden Brettes über Wasser.
Der Kappa kreischte hysterisch und rannte am Ufer auf und ab, während sein Herr einfach nur da stand und nichts tat. Konnte der etwa auch nicht schwimmen? Das Mädchen schrie immer wieder seinen Namen und sie bemerkte, dass er seine Hände zu Fäusten geballt hatte. Offenbar bedeutete sie ihm etwas, wenn sie auch noch nicht wusste was genau. Und scheinbar konnte er nur tatenlos zusehen.
Aber Yukiko konnte das nicht. Sie war jemand, der nicht gerne aufgab und bis zum äußersten kämpfte. Sie würde das Mädchen retten! Entschlossen entledigte sie sich ihrer Schuhe und Strümpfe und kramte in ihrer Tasche nach etwas, dass sie als Seil verwenden konnte. Doch sie fand nichts und sah sich gehetzt am Flussufer um. Da entdeckte sie ein altes Fischernetz samt Seil und schnappte es sich rasch. Das eine Seilende band sie um einen starken Baum, während sie das andere um ihren Körper knotete. „Was hast du vor Menschenweib!“ knurrte Sesshoumaru, der sie inzwischen bemerkt hatte. „Ich werde das Kind retten!“ erwiderte sie entschlossen, stopfte das Netz in ihr Dekollete, was sehr unangenehm auf der Haut kratzte, und sprang ohne zu zögern in den reißenden Fluss. Sie würde es schaffen, sie wollte nicht schon wieder versagen!

Impressum

Texte: Die Geschichte ist frei erfunden, allerdings liegen die Rechte der Inuyasha-Figuren allein bei der großartigen Rumiko Takahashi!
Bildmaterialien: www.myspace.com
Tag der Veröffentlichung: 05.06.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme diese Geschichte meinen Freundinnen Mel und Simone, die mir immer neue Fantasien in den Kopf setzen XD. Hab euch lieb ihr beiden.

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