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So wie damals

 Die Zeit soll mich vergessen lassen. Das ist mein einziger Wunsch im Moment. Sie soll mich vergessen lassen, was passierte, dass ich ihm nicht helfen konnte. Doch leider erinnere ich mich noch an die Ereignisse, als wäre es gestern gewesen. Ich konnte es nicht verhindern. Doch wie sehr wünsche ich mir, ich hätte es tun können. Man, er hatte wirklich Talent. Ich hörte ihm gern zu, wenn er sang und dabei sachte die Tasten des Pianos bediente. Er hatte so eine unglaublich sanfte, beruhigende Stimme, die mich sofort zum träumen veranlasste. Und dann sagte er mir immer, wie viel ihm das bedeutete. Ja, er war wohl die Art von Mann, bei dem ich mir vorstellen konnte, für immer mit ihm zusammen zu sein. Damals. Als er es noch nicht getan hatte. Wie dumm das doch von ihm war. Wusste er denn nicht, wie viel er mir bedeutet hatte? Wie sehr ich ihn brauchte? Anscheinend nicht. Sonst hätte er es nicht getan. Hätte ich es ihm sagen sollen? Hätte er es dann nicht getan? Diese Frage stelle ich mir Tag für Tag.

 

Ich stehe auf. Leise Musik läuft im Hintergrund. Es ist eines von den langsamen, gefühlvollen Stücken, die er mir so oft vorspielte, eines von den Stücken, die ihm besonders viel bedeutet hatten. Ich trete an mein Fenster. Es ist so schön, am offenen Fenster zu stehen und in die Dunkelheit zu starren. Zu träumen. Von einer Zeit, in der ich noch glücklich war. Lange ist das her. Es ist eine schöne, kühle, dunkle Nacht. Sternenklar. Es ist genau so eine Nacht wie damals. Wie gern würde ich jetzt spazieren gehen. An den Ort, an dem du es getan hast. Ich denke, das werde ich jetzt auch tun. Ich ziehe mich langsam an, schließlich habe ich ja Zeit. Zu viel Zeit. Ich muss immer wieder daran denken. Daran was passierte, in einer kühlen Nacht wie dieser. Ich hole meinen Mantel. Ich will mich ja nicht erkälten. Ich verlasse meine Wohnung und schließe ab. Dann beginne ich die wenigen Stufen bis zur Haustür hinab zu steigen.

 

Ich werde den Ort zum ersten Mal wieder besuchen, an dem es passiert ist. Oh, es ist so schön kühl hier draußen! Kühl und irgendwie leer. So wie in mir. Ich habe vergessen die Musik auszuschalten. Aber das ist jetzt egal. Langsam schlendere ich die kleine Gasse mit dem Kopfsteinpflaster entlang. Das Klacken meiner Stiefel ist das einzige Geräusch in der sonst so stillen Nacht. Hier sind wir früher oft entlang gegangen, wir waren dann immer so glücklich. Damals. Hat er das vergessen? Wie konnte er das bloß tun? Ich weiß warum er das getan hat. Aber ich will es nicht wahrhaben, es verdrängen. Ich wünsche mir kühlen Regen. Vielleicht ein Gewitter?! Das wäre jetzt schön! Gewitter sind so schön reinigend, finde ich. Ich bin inzwischen an dem kleinen Park angekommen, indem wir früher so oft spazieren gegangen sind. Und in dem du es getan hast. Damals. Ich werde bald da sein. Es wird nicht mehr lange dauern. Hast du es vielleicht getan, weil du dachtest, ich würde deine Gefühle nicht erwidern? Dich nicht lieben? Hast du das wirklich geglaubt? Wie dumm von dir! Ich habe dich geliebt. Immer schon. Ich tue es noch immer. Mehr als alles andere. Ich glaube, du hast es deshalb getan. Was für ein lächerlicher Grund! Oder nicht?

Ich kann schon das kleine Brückchen sehen, auf dem wir uns immer trafen. Und auf dem es passierte. Es beginnt langsam zu regnen. So wie ich es mir gewünscht habe. Schön! Ein letztes Lächeln huscht über mein Gesicht. Ich bin nun da. Es ist das allererste Mal, seit es passierte. Damals, vor drei Monaten. Die Einsamkeit gibt mir das Gefühl es seien drei Jahre. Ich balanciere auf dem Geländer hin und her. Es ist rutschig. Der Regen wird stärker. Hast du mich geliebt? Ich hoffe es. Denn Ich werde zu dir kommen. Gleich. Dann werde ich dich endlich wieder sehen. Ich vermisse dich so sehr. Dann werden wir uns umarmen und einfach nur glücklich sein. Darauf freue ich mich.

 

Ich bin ausgerutscht. Ich fühle, wie das Wasser meinen Körper umgibt. Es fühlt sich wunderbar kühl an. Ich schließe die Augen. Dieses mal werde ich es dir sagen. Wie sehr ich dich liebe. Ich kann dich sehen. Du kommst langsam auf mich zu. Wir umarmen uns. Hand in Hand gehen wir fort und sind einfach nur glücklich. So wie damals…

 

Nachwort

Liebe Leser,

ich hoffe ich konnte euch mit meiner ersten Geschichte ein wenig die Zeit vertreiben. Am besten liest sie sich mit einem Glas Rotwein in der Hand. Das hätte ich vielleicht lieber als Vorwort mitteilen sollen :) Aber man kann sie ja einfach irgendwann nochmal lesen...

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 02.11.2013

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