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Prolog

Der Wald war von durchdringendem Sonnenlicht durchzogen. Alles war still und ich hörte nur das Rauschen der Blätter und das zarte knirschen, wenn ich über Äste und Blätter trat. Kali, der unbemerkt neben mir her schlich, grinste mich verschmitzt an. Ich grinste zurück und zwinkerte ihm kurz zu, ehe ich ein Geräusch vernahm und kurz zusammenzuckte. Jetzt konnte hier noch niemand sein, es war viel zu früh!

 

Kali packte automatisch meine Hand und führte mich hinter einen Baum. Sein Atem ging regelmäßig, sein Herzschlag war ruhig und so passte ich mich ihm bestmöglich an. Es war spät Nachmittag und bevor nicht die Nacht einbrach, durfte in diesem verborgenen Winkel niemand sein. Instinktiv drückte ich Kalis Hand, die sich perfekt in meine schmiegte. Er drückte knapp zurück, regte sich dann nicht mehr. Die Minuten verstrichen und niemand war weit und breit zu sehen, nichts war zu hören. „Ich glaube, niemand ist da“, flüsterte Kali schließlich. Ich schaute ihn panisch an, „Wieso flüsterst du dann?!“, verlangte ich zu wissen.

 

Er zuckte nur mit den Schultern, zog mich dann aber ohne Vorwarnung in seine Arme, „Wolltest du nicht schon immer das unglaubliche entdecken?“, sprach er träumerisch und fuhr mir sanft durch Haar. Ich nickte, „Mehr als alles andere. Das weißt du“, er küsste mich vorsichtig aufs Haar, als hätte er Angst, ich könne zerbrechen. Er nickte und ich ebenfalls, ohne ihn anzuschauen. Wieder verstrichen Sekunden, dann löste er sich von mir, schaute mich ermunternd an und lief mit mir den Pfad entlang. Für das, was wir tun werden könnten wir sterben.

 

The Kiss

 

1)

Inzwischen war die Abenddämmerung eingetroffen und der Wald explodierte förmlich von den wundervollen Farben. Ich sog grinsend die frische Luft ein, die mir auf der Haut kitzelte. Wir liefen, bis mir meine Beine wehtaten und das Blut mir in den Ohren rauschte. „Komm, Cel!“, er umfasste meine Taille und schob mich hinter einen dicken Felsen. Hier würden wir nun ruhen. Bis sie kamen.

 

 

In Narata, unserem Heimatland gab es ein Mythos. Ich und auch besonders Kalis Familie leben nah eines Waldes, der tief und verborgen liegt. Alte Geschichten berichten, dass dies ein magischer Wald sei und das betreten sei strengstens untersagt. Als ich dies erfuhr, musste ich darüber lachen. Wie bei Harry Potter! Hatte ich gewitzelt. Doch als ich eines Tages, als ich alt genug war wirklich einmal den Wald besuchen wollte, brach Panik aus. Meine Eltern verbieten es mir und versuchten alles Mögliche, um, wie sie es sagen, den Unfug aus meinem Kopf zu verbannen. Nur das Land Narata konnte mit Sicherheit sagen, dass es diesen Wald gab.

Und das Gesetz bestrafte diejenigen mit dem Tod, die in den Wald gingen.

 

Wenn man überhaupt lebend rauskam. Aber was sollte es schon schlimmes dort geben? Ein naiver Gedanke, aber wenn es so böse Kreaturen gäbe, warum haben sie den Wald nie verlassen? Die Mythen reden im Übrigen nur von Elfen und sprechenden Tieren. Außerdem – ein wenig Abenteuer nahm ich in Kauf. Unser Land war ein ödes Land. Manchmal ungerechte Gesetzte, hohe Erwartungen.

Ich brannte einfach darauf, den Wald zu erkunden! Es ging nicht anders, dieses Feuer, welches schon ein Leben lang in mir brühte, wurde immer und immer größer! Kali ging es ebenfalls so – meinem Freund, meinem Bruder, meinem Beschützer seit eh und je.

 

 

Die Sonne erlosch und wir wurden in kompletter Dunkelheit zurückgelassen. Ich ruhte an Kalis Schulter und seufzte. Dann hörte ich wie mein Magen grummelte. Kali zog eine Augenbraue hoch, „Nichts gegessen, Cel?“, neckte er mich, während er ein Baguette auspackte. Ich lächelte dankbar, „Ein Mann für alle Fälle“, lachte ich und bis herzhaft hinein. Doch schon beim nächsten Bissen musste ich husten, da Kali mich plötzlich am Handgelenk packte. „Hast du das gesehen?“, flüsterte er aufgeregt und sein Atem streifte mein Gesicht. Ich erzitterte und schüttelte kaum merklich den Kopf. Doch dann sah ich es.

 

Die Lichtung strahlte. Obwohl kein einzges Licht zu sehen war. Ich starre einige Sekunden geschockt, dann klammerte ich mich an Kali. „Sie kommen meist nur nachts“, zitierte er den Mythos und ein lächelte umspielte seine Lippen. Er drückte mich fest, „Leuchtend hell und vor allen versteckt, doch keiner wird sie übersehen“, sein Atem beschleunigte sich und auch ich schaute auf die helle Lichtung. Meine Augen brannten und meine Kleider waren schon durchnässt, doch ich schaute in den Ball aus Licht, welche sich langsam zu ein Dutzend gestalten formte. Ich spürte, wie alles vor Macht vibrierte und sie kamen. Ich konnte sie deutlich erkennen. Ich formte ein lautloses „Oh mein Gott“

 

 

Es war wahr. Die Elfen existieren schon einmal. Ich sag eine Frau, welche so weißes Haar besaß, das es um ein vielfaches heller als ihre reine Haut war. Ein mattes, luftiges Kleid schmiegte sich an sie und sie wurde von hellem Licht umgeben. Ihre Ohren waren ein wenig spitzer, als man es kannte und ihre Augen ein durchdringendes Blau. Ich verfiel in Starre durch diesen atemberaubenden und berauschenden Anblick. Hinter ihr waren ähnliche Gestalten – Männer Frauen, gekleidet in Silber und Gold, umgeben von Wind und Licht, erhalten durch Macht und Magie.

 

Jeder von ihnen besaß zarte, fast durchsichtige Flügel. Wenn ich nicht so besessen darauf gewartet hätte, wären mir die Flügel wahrscheinlich nicht aufgefallen. Sie durchdringenden den Körper ausnahmslos und ließen sie schwerelos wirken. Ihre Gestalt war einfach nur stolz und aufrecht und ihre schrägstehenden, katzenartigen Augen wirkten tiefgründig. „Lichtelfen“, hauchte Kali. Ich hätte den Begriff Waldelfen passender gefunden, aber Kali behielt recht. Waldelfen waren kleiner und flinker als Menschen, die Flügel deutlicher. Diese graziösen, eleganten Geschöpfe waren ungefähr in unserer Größe und ähnelten einer Leuchtkugel, die alles Böse vertrieb. Ich streckte mich, um ein wenig besser die anderen sehen zu können. Da stürzte ich und fiel blindlings nach vorne auf die Lichtung. Zu geschockt, als mir etwas Leuchtendes vor den Augen vorbeiflog vergaß ich glatt mich zu erheben. „Kali, komm her“, flüsterte ich.

 

 

Alles geschah so schnell, dass Kali gar nichts tun konnte, als mich eine Elfe packte. „Packte“, denn sie berührte mich gar nicht, sondern machte eine Handbewegung. „Mutiges Gör“, hörte ich sie sagen, doch sie bewegte ihre Lippen nicht. Ich war zu gebannt von ihrem Auftreten, als vor Angst die Augen zu schließen. Doch statt irgendetwas Gefährliches zu tun, beugte sie sich vor und küsste mich. Ihre Lippen waren wie die Sonne. Als sie sich löste, hörte ich die Worte, „Unsere Tochter“, in der nächsten Sekunde waren alle verschwunden und Kali kam auf mich zugelaufen. Er stolperte einmal kurz, fing sich dann.

 

 

Meine Lippen brannten wie Feuer.

Was hatte das zu bedeuten?

Kali war ganz außer Atem, aber ich bezweifelte, dass es von laufen oder selbst von der Aufregung kam. Irgendetwas lag in seinen Augen. Eine Angst. Bewunderung. Eine Mischung aus purer Lebensfreude und dem eiskalten Tod, meiner Meinung nach „Du bist eine Geküsste“, er ergriff meine Hände und ich fühlte, wie sie zitterten. Er holte einige Male Luft und schaute in meine Benommenen Augen. „Du bist nun eine von Ihnen, Celeste“

 

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 26.05.2015

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