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Prolog




Es war einmal, vor langer langer Zeit, die Erde war in sieben verschiedene Teile geteilt. Sie beinhaltete Millionen an verschiedenen Sprachen und Milliarden an verschiedenen Problemen. Krieg war immer schon die schlimmste Gefahr, die man sich vorstellen konnte. Die Menschen lebten in ihrer eigenen Traumwelt aus Sicherheit und Komfort. Niemand war an den Problemen der anderen interessiert.
Aber alles änderte sich, wurde zur blutigen Realität, als der dritte Weltkrieg begann. Die größte Angst der Menschheit wurde zur bitteren Wahrheit. Eine Bombe, so gigantisch und gefährlich, dass man an ihrer Existenz gezweifelt hatte, wurde abgefeuert. Die Welt wurde auseinandergerissen. Australien und alle anderen Inseln binnen Sekunden überschwemmt und zur Legende. Das Festland schob sich ineinander und die Einheit war geboren.
Die Menschen hatten die Vision einer besseren Welt in Wohlstand und Frieden. Diesem Idealbild voran begannen sie die Erde wiederaufzubauen. Es war ein langer, mühevoller Weg bis zum Ziel, doch jeder glaubte an die Zukunft. Mit dieser Aussicht vor Augen fanden sie die Kraft ein neues zu Hause zu schaffen. Die Zeit des Leidens, des Schmerzes und des reinen Überlebenskampfes war vorüber und die Menschheit schien aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt zu haben. Es war nur mehr eine Nation, eine Sprache, aber immer noch Milliarden Probleme, die gelöst werden mussten.
Zeit verstrich und ihre Technologie entwickelte sich rapide. Obwohl sie an ihre Fortschritte glaubten, veränderte sich die Gesellschaft erneut. Wieder verschlossen sie sich in ihre eigenen Welten und kümmerten sich nicht um ihre Umgebung. Die Welt war nur ein süßes Bild, gemalt in weiß und grün, mit zivilisierten, höflichen und wohlerzogenen Menschen.


Kapitel 1



Quentin und Jared gingen die Straße entlang, während ihnen die Sonne in den Nacken brannte und eine leichte Brise ins Gesicht wehte. Es war ein wunderschöner Sommertag, wie er im Buche stand. Die Sonne stand im Zenit und erleuchtete alles soweit das Auge reichte. Der kleine Teil des Himmels, den man zwischen all den Hochhäusern erkennen konnte, war strahlend blau und nur ein paar vereinzelte Wolken wagten es diese Perfektion zu zerstören. Jedermann war gut gelaunt und es hatte den Anschein, als könnte nichts und niemand etwas daran ändern. Keiner hatte einen Grund frustriert oder böse zu sein. Schließlich lebte man ein gutes und organisiertes Leben in der Einheit. Jeder besaß das, wovon man in der Vergangenheit nur hätte träumen können. Einen Job, Geld und eine Familie. Keine Sorgen, keine Ängste, die ihren Alltag durcheinanderbringen würden. Mussten sich nicht um Hungersnöte oder Krieg kümmern. Sie befanden sich in einer Welt der Freiheit und Harmonie. Keine Person war besser als die andere. Alle waren gleich.
Quentin und Jared waren ebenfalls Teil dieses Systems. Und doch waren sie sich ähnlicher, als die anderen. Die beiden waren nicht nur Brüder, sie waren Zwillinge. Beide hatten sie dasselbe kurzgeschnittene blonde Haar. Die selben blauen Augen, tief wie der Ozean und genauso mysteriös. Nur ihre Gesichtszüge unterschieden sich deutlich voneinander, die auch das Innerste ihrer Seele widerspiegelten. Quentin war sanft. Hatte die Züge seiner Mutter geerbt. Konnte keiner Fliege etwas zuleide tun. Jared war der Ältere. Um exakt eine Stunde. Er kam ganz nach seinem Vater. Hatte harte, eckige Konturen, die ihn manchmal grober aussehen ließen, als beabsichtigt. Wenn die Brüder einmal etwas angestellt hatten, konnte man stets sicher sein, dass die Idee auf Jareds Mist gewachsen war.
Trotzdem hätten sie sich nicht mehr gleichen können. Beide hatten sie ein Lächeln, das nicht nur ein Herz in der Vergangenheit gebrochen hatte. Weil sie ihren Vater vor Jahren verloren hatten, nahmen sie die Familienführung in ihre Hände. Versorgten ihre Mutter und ihre jüngere Schwester mit allem, was nötig war.
Es war zirka einen Monat nach ihrem 19. Geburtstag. Man konnte schon den Ansatz eines Flaums an ihrem Kinn erkennen, den sie mit Stolz trugen.
Sie waren gerade auf dem Weg zum Strand, um sich ein bisschen im Wasser abzukühlen und sich in der Sonne bräunen zulassen. Und natürlich um ein paar Mädchen zu treffen.
Als sie im Begriff waren die Straße zu überqueren, die sie von dem Sand und kühlen Nass trennte, konnten sie das laute Hupen eines Autos war nehmen. Es war eines der am seltensten gehörten Geräusche überhaupt. Schließlich hatte fast nie jemand einen Grund sich aufzuregen. Ein alter Mann hatte anscheinend versucht vor ihnen den Strand über die Straße zu erreichen, dabei aber nicht genug aufgepasst, sodass er jetzt vor einem Fahrzeug lag. Obwohl das Hupkonzert nicht abnahm und sich der Mann noch immer in Gefahr befand, würdigte man die Szene mit keinem Blick. Schlimme Sachen passierten einfach nicht. Nicht in der Einheit, wo alles zur vollen Zufriedenheit ausgelegt war. Also hatten sich die Menschen etwas angeeignet. Sie hatten ihre richtigen Augen aufgegeben, hatten ihren Verstand vergessen, hörten nicht mehr auf die Stimme ihres Herzens. Sie hatten vollstes Vertrauen in das System. Nur die Zwillinge, die die Szenerie mit ansehen mussten, kamen dem alten Mann zur Hilfe.
„Ist Ihnen etwas passiert Sir?“, fragte Quentin ihn über seinen Zustand aus, während ihm Jared auf die Beine half. Zum Glück hatte der Mann keine sichtbaren Verletzungen davongetragen. „Sie wissen, dass Sie nicht einfach so die Straße überqueren dürfen. Was ist bloß in Sie gefahren? Sie hätten tot sein können.“ Die Haare des Alten sahen aus, als hätte ein Tornado über ihn hinweggefegt. An den Stellen, wo er keine mehr besaß hatte sich ein leichter Sonnenbrand gebildet. Sein Blick verriet aber zugleich, dass nicht nur sein Schopf einem Chaos glich.
„Danke, junger Mann. Ich glaube, Sie beide haben gerade mein Leben gerettet.“ Er klopfte sich den Staub von der Hose und schaute dem Fahrer hinterher, der sich nicht einmal die Mühe gemacht hatte auszusteigen, um sicherzugehen, dass dem alten Mann nichts passiert war. Er rief ihnen einfach nach, sie sollen doch lieber auf den Bürgersteig gehen wenn sie ein Kaffeekränzchen führen wollten. Jared machte eine vielsagende Geste in seine Richtung und sogar Quentin, welcher der Vernünftigere von den beiden war, versuchte nicht ihn zu stoppen. „Beruhige dich Junge, lass ihn sich nur aufführen wie einen Bekloppten“, sagte der alte Mann. Jared blickte noch mal finster drein, senkte aber dann doch seinen Arm. “Ich war früher genau so übermütig wie du jetzt. Aber ich hab gelernt mich zu beherrschen und das musst du auch, sonst könnten Dinge passieren, die du für immer und ewig bereuen wirst.“
“Okaaaaay…”, antwortete Jared und warf seinem Bruder einen flüchtigen Blick zu. Dieser jedoch schien genau so verwirrt zu sein wie er. „Ja..., sollen wir Sie nachhause begleiten?“, fragte Quentin ohne sich weiter darüber zu wundern ob der Mann verrückt war oder nicht.
„Würdet ihr das machen? Das wäre wirklich nett von euch beiden.“ Er grinste sie an und Jared zählte 11 Zähne - insgesamt.
„Wir müssen nur durch diese Gasse dort drüben“, er zeigte mit einem krummen Finger über seine Schultern, wo eine schlecht beleuchtete Gasse zu sehen war. Es war dort so dunkel, dass man das Ende nicht sehen konnte. Als würde die Sonne es nicht wagen auf diesen Fleck Erde zu scheinen.
Jared wollte schon losgehen als Quentin ihn zurückhielt.
„Würden Sie uns für einen Moment entschuldigen Sir?“, erkundigte sich Quentin, freundlich wie immer. Einzig und alleine Jared spürte, dass mehr hinter seiner gespielt lässigen Fassade steckte. Sie gingen ein paar Meter außer Hörweite des Mannes, der ihnen einen kurzen Blick zuwarf. Doch dann sehr fasziniert auf seine Schuhe starrte.
„Was ist los?“, fragte Jared, der seinen Bruder so gar nicht mehr verstehen wollte. Einen Menschen in eine dunkle Gasse zu begleiten war zwar nicht das gewesen, was er an diesem Tag vorgehabt hatte, aber wieso sollte er ihn jetzt auf einmal so stehenlassen?
„Denkst du allen ernstes daran diesem Verrückten dorthin zu begleiten? Mit dem stimmt doch was nicht.“ Man brauchte kein Genie zu sein, um Quentins Aufregung zu spüren.
„Wann genau hast du beschlossen nicht mehr der Vorzeigesohn zu sein und in meine Fußstapfen zu treten?“, neckte ihn Jared. „Es dauert vielleicht fünf Minuten. Außer du hast Angst vor diesem Typen.“ Er zwinkerte Quentin zu und wandte ihm den Rücken zu, um den Mann zu beobachten. Als er sich wieder umdrehte, lächelte er und fragte: „Wie sollte dieser Alte uns bitte etwas antun? Ich meine, schau ihn dir doch einmal an, der tut sich schon beim gerade Stehen schwer.“ Er drehte sich im Stand und ging zurück. Quentin folgte seinem Bruder widerstrebend. Sein Gesichtsausdruck verriet, dass ihm nicht wohl in seiner Haut war.
Sein Gesichtsausdruck verriet, dass ihm nicht wohl in seiner Haut war. Aber was tat man nicht alles, um nicht als Angsthase dazustehen. Der jüngere Zwilling holte die beiden ein, als sie gerade dabei waren die Straße zu überqueren. Zum Glück war weit und breit kein Fahrzeug zu sehen, dass ihnen erneut hätte Schwierigkeiten machen könnte. Die drei gingen die dunkle Gasse entlang.
„Dankeschön für die nette Begleitung. Es ist nicht sehr weit. Da vorne wohne ich schon. Es ist ziemlich düster hier, nicht? Aber ihr braucht keine angst haben“, neckte der Mann die beiden. Jared rollte die Augen, Quentin antwortete nicht.
Die Gasse schien bis in die Unendlichkeit zu reichen. Die Brüder verloren jegliches Zeitgefühl, Unsicherheit breitete sich aus. „Ich will mich ja nicht aufregen oder so, aber wie weit ist es noch?“ Kaum hatte Quentin ausgesprochen, schon befanden sie sich in einer Sackgasse. Die Dunkelheit schien erdrückend.
„Jared und ich werden dann mal gehen. Unsere Eltern warten am Strand auf uns und werden sich sicher schon fragen wo wir bleiben.“ Quentin versuchte seine Ausrede so überzeugend wie möglich klingen zu lassen. Doch das Zittern in seiner Stimme hatte er nicht unter Kontrolle bringen können. Etwas unbeholfen schielte er zu Jared hinüber. Dieser nickte und beide drehten dem alten Mann den Rücken zu, was genau das war, was sie nicht hätten tun sollen.
Er packte beide an den Schultern und wirbelte sie mit immenser Kraft herum, sodass sie nur noch Zentimeter voneinander entfernt waren.
„Es gibt keinen Grund gleich so übermütig zu werden.“ Plötzlich schien der Mann gar nicht mehr so alt und schwach. Seine Augen leuchteten gefährlich in der Dunkelheit, sodass die Zwillinge sein selbstzufriedenes Lächeln mehr als deutlich erkennen konnten.
Quentin versuchte sich aus dem Griff zu befreien. Der Kerl zuckte nicht mal mit der Wimper.
Dann veränderte sich die Farbe seiner Augen. Der zuvor existierende Grauton wich einem tiefen Schwarz, der die Haare im Nacken aufstehen ließ. Auch seine Stimme, war mit einem mal viel rauer und tiefer.
„Ich bin euer bester Freund und euer schlimmster Alptraum. Ich kenne eure sehnlichsten Wünsche und größten Ängste. Ich kann in euer Herz und eure Seele sehen. Menschen sind verschieden. Manche sind sich ähnlich. Doch nur zwei sind gleich. Ihre Beziehung ist die innigste auf Erden. Ihre Seele gleicht sich bis zur Verwechselbarkeit. Aber da ist noch etwas, das ihren Bund verstärkt. Ihre Herzen schlagen im selben Takt seit sie geboren sind. Sogar nach einem Marathon oder größter Anstrengung gleicht sich ihr Herzschlag wieder.“ Nun ergriff auch Jared die Panik.
„Ich weiß ja nicht was für Medikamente ihnen verschrieben wurden, aber...“ Er kam nicht dazu seinen Satz zu beenden. All seine Aufmerksamkeit schenkte er der Hand des Mannes, die mit übermenschlicher Geschwindigkeit etwas aus seiner Hosentasche zog. Weder Quentin noch Jared hatten die Chance sich zu wehren. Ihre Gehirne erkannten erst zu spät, was geschah. Der Mann reagierte schnell. Presste ihnen eine winzige, quadratische Platte auf die linke Seite ihrer Brust, über ihre Herzen. Sie strahlte in einem alles durchdringenden Smaragdgrün.
Jareds Augen weiteten sich, als er merkte, dass die Scheibe unter seine Haut schmolz. Ungläubig versuchte er an seinem Shirt zu kratzen, die Platte wieder sichtbar zu machen. Doch nichts geschah. Sie war verschwunden.
„Nun seid ihr wahre Heartbeat Brothers. Mehr müsst ihr für jetzt nicht wissen.“ Die Stimme kam von allen Seiten. Hüllte sie ein. Umgab sie wie eine Gefängniszelle. Der Ursprungsort war nicht auszumachen.
Plötzlich wurde die dunkle Gasse in ein grelles Licht getaucht. Die Zwillinge blinzelten im hellen Schein, bis sie das Schwarz wieder einholte. Sie fielen auf den dreckigen Boden, wie leblose Puppen, die man vergessen hatte aufzuziehen.


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Tag der Veröffentlichung: 12.07.2011

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