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Ich kann nur über euch Lachen, denn ihr meint zu wissen was das Wort Angst bedeutet. Tja, vielleicht würdet ihr mir jetzt Recht geben, doch die meisten von meiner Sorte sind längst ausgestorben. Sie wurden ausgerottet von den Menschen die perfekt geboren wurden. Perfekt geborene Menschen. Menschen, an denen man nichts auszusetzen hat und doch ist bei diesem Projekt etwas gehörig schief gegangen. Als ich noch zur Schule ging war alles in relativ weiter ferne, doch als ich meine Ausbildung zur Biologin machte geriet ich ohne jede Vorwarnung in ein Projekt der teuflischen Art. Ich spreche von Genen. Warum nun sage ich, das vor einem Jahr noch alles in weiter Ferne lag und nun schon brutale Realität geworden ist? Wir Menschen wissen eben nicht von all den Dingen bescheid, die unter der Erde geschehen. Wenn wir in unser Keller gehen ist das schon das tiefste, was wir von der Erde sehen, vielleicht kommen wir mal in eine Höhle oder in einen Untertagebau, doch mehr werden wir nie zu sehen bekommen. Doch was ist, wenn Forscher und Physiker schon längst das erreicht haben, was unsere Fantasy sich nie im Leben vorstellen wollte?

Wir schreiben den 19.08.2008. Wieder eine kurze Nacht für mich, denn der künstliche Vollmond, welcher uns helfen soll noch normal denken und schlafen zu können, schien mal wieder direkt in mein Zimmer mit der Nummer 1. Ich war für den Sektor XZ zuständig gewesen, das heißt für die Schwangeren, die mit einem Embryo mit einem eingespeisten neu entdeckten Gen befruchtet wurden und hatte deswegen das Zimmer 1 bekommen. Eigentlich ein guter Posten, hätte ich nicht schon seid Tagen diesen merkwürdigen Traum.

Alles ist still und ruhig. Man hörte noch nicht einmal die aufgelegte Cd der Naturgeräusche, die ich vor wenigen Wochen für die Frauen an dem Tageslicht gekauft hatte. Die Gänge waren leer gefegt, die Lampen, die an der Decke angebracht worden waren flackerten und gingen irgendwann ganz aus. Ich stand im Dunkel und wusste nicht was ich von dieser Sache halten sollte, denn wir hatten Notfallvorsorgungen getroffen, die uns den nötigen Strom liefern sollten, wenn die Hauptreaktoren mal ausfallen sollten. Doch nichts passierte. Ich stand Mitten in dem Gang und taste mich voran. Eine Taschenlampe hatte ich nicht dabei, weder ein Feuerzeug oder ein einfaches Streichholz. Nach wenigen Minuten flackerte am Ende des Ganges ein kleines Lichtlein auf. Es entsprang einem kleinen Schlitz, welchen die Tür verursachte. Schnellen Schrittes machte ich mich auf den Weg um die Tür zu öffnen und sah mitten in dem tristen Raum eine kleine Erhöhung und zu ihr laufende Kabel die an einem Kasten angebracht worden waren. Ich zog eine Augenbraue hoch, denn diesen Raum hatte ich als den Kreissaal in Erinnerung gehabt. Langsam machte ich ein paar Schritte nach Vorne und drehte mich um, als ich hörte wie die Tür sich wieder schloss. Mein Kopf wurde langsam schwerer und ich hatte Mühe mich aufrecht zu erhalten, doch ich musste herausfinden für was der rot leuchtende Knopf an dem Kasten gemacht worden war. Ich hielt mich mit meiner linken Hand an dem Kasten fest und zog mich die kleine Empore hinauf, schaute auf die goldene Inschrift und begann zu lesen: Du wirst die Macht haben die Welt zu retten in dem du diesen Knopf drückst und noch einmal alles von vorne beginnen lässt. Du wirst einschlafen und irgendwann als ein kleines Kind wieder aufwachen. Die Gene werden den Menschen gehören, denen Gott sie geschenkt hat. Die Menschen werden das Recht nicht mehr haben Menschen zu verändern um sie als perfekte Waffe gegen andere Länder zu nutzen. Drück einfach und der Traum von einer besseren Welt wird erfüllt werden.

An dieser Stelle wache ich immer auf, nie drücke ich den Knopf um zu erfahren, wie alles Enden würde. Ob es irgendwo in diesen Gängen von Kliniken und Versuchsräumen so einen Raum gibt? Ich stehe auf und schalte das Licht ein, sofort werden einige Sachen automatisch hochgefahren, damit andere Dinge Platz finden konnten. Aus meinem Bett wurde innerhalb kürzester Zeit ein Tisch, an dem ein paar Stühle gestellt werden konnten und aus dem kleinen Kamin, welcher für mein Wohlbefinden gedacht war, wurde zu einer kleinen Küche umfunktioniert. Ich suchte jedoch erst das Badezimmer auf und betrachtete mich im Spiegel. Ich fragte mich, was für ein Recht ich hatte so etwas zutun. Warum konnte ich dafür sorgen bessere Menschen zu entwickeln, nur damit die Welt irgendwann mal so ist, wie es sich einige angeblich auserwählte vorstellen? Ich kann doch nicht einfach sagen, das du blaue Augen hast, nur weil es dem Schema deiner Eltern passt? Haare kann man verändern, in dem man sie mit Chemie verfärbt, doch Menschen kann man nicht so einfach verändern. Dazu sind eine Menge Vorgänge die beachtet werden müssen und nicht immer so ohne weiteres durchgeführt werden können. Aber dann denke ich mir doch wieder, es ist für die Gesundheit. Kranke Menschen können geheilt werden und müssen nicht mehr leiden, doch was ist mit denen, die dafür etwas Opfern müssen? Ich habe einige Frauen meines Sektors befragt ob sie freiwillig hier wären, die meisten sagen ja, doch aus ihren Augen kann ich ablesen das sie lügen. Es geht um das Geld was sie bekommen oder um die Drohungen, ihrer Familie würde etwas passieren. Besonders eine Frau ist mir dabei ins Auge gefallen. Mrs Jackson. Sie ist eine sehr nette Frau, jedoch um die 56 und eigentlich zu alt um eine Schwangerschaft noch einmal auf sich zu nehmen, doch sie ist der Meinung, sie würde es für ihre Mutter tun, denn wenn sie das Kind bekommt, könnte die Krankheit ihrer 79 jährigen Mutter geheilt werden. Natürlich stehen die Chancen dabei praktisch auf 50-50, doch das war ihr egal. Hauptsache ihrer Mutter würde es gut gehen und deswegen würde sie dies alles noch einmal auf sich nehmen. Die meisten Frauen sind im alter von 18-50 Jahre alt, da ist sie wirklich schon die Älteste.

Ich drehe den von Plastik bezogenen Hahn um der vorsichtshalber wegen den Bakterien jeden Tag von der Putzfrau gewechselt wird, herum und warte auf das leise Plätschern des Wassers. Destiliertes Wasser. Wir dürfen es nicht zulassen, das die Frauen etwas fremdes in ihren Körper lassen, was wir nicht kennen. Dort sind zwar nicht die Näherstoffe drin die die Frauen brauchen, doch diese fügen wir mit Spritzen und Tabletten wieder in den Körper ein. Ich klatsche mir etwas kaltes Wasser ins Gesicht, bevor ich mich auf den Weg zu meiner Nächtlichen Kontrolle mache. Die Tür öffnet sich, ohne das ich etwas getan haben muss und lässt mich auf den Flur. Die Lampen flackern nicht, die Lichter gehen nicht einfach so aus, das beruhigt mich, denn dadurch muss ich nicht denken, dass der Traum sich erfüllt, wobei ich gerne wissen möchte, was das alles zu bedeuten hat. Ganz am Ende des Ganges sitzt ein Wachmann, der schon wieder vor Müdigkeit eingeschlafen war und nun vor sich hin schnarcht. Er bemerkt mich nicht, wie ich ungehindert auf die Treppen gelange um zum Sektor HD zu kommen. Dort ist einer meiner besten Freunde stationiert, der für die Forschung an Embryonen zuständig ist. Leise gehe ich die Treppe hinauf und öffne die Tür zu seinem Sektor. Auch hier hat der Schlaf den Wachmann überrannt und er merkt ebenfalls nicht, wie ich über den Flur laufe um in das Zimmer von Florian zu gelangen. Ich klopfte leise an die Tür, im Gegensatz zu mir hatte er seine Tür immer abgeschlossen und musste sie selbst öffnen. Erst nach einer Minute hatte er bemerkt, das jemand hinter der Tür stand und öffnete mir die Tür. Er schaute mich an. ,,Hast du etwas?”, fragte er mich noch schlaftrunken und torkelte zurück in sein Bett. ,,Ich konnte nicht mehr schlafen. Bei mir ist gerade Vollmond, am liebsten würde ich das einfach abschalten”, sagte ich und setzte mich zu ihm. Bei ihm schien der Mond nur immer ganz kurz in das Zimmer, dann hatte er bis zum nächsten Morgen Ruhe. ,,Dann sag es doch dem Chef”, murmelte er und drehte sich wieder um. ,,Ich hatte schon wieder diesen Traum”, platzte es aus mir heraus. Abrupt drehte er sich um und starrte mich an. Er hatte immer etwas für Träume übrig und glaubte auch daran. ,,Irgendetwas muss das zu bedeuten haben”, sagte er.

,,Und was? Jeder sagt das es etwas zu bedeuten hat, doch was, das weißt selbst du nicht!”, murmelte ich. Ich schaute Florian an, doch dieser war schon längst wieder am schlafen und träumte selbst etwas vor sich hin. Ich stand wieder auf und ging aus dem Raum heraus. Ich zuckte mit den Schultern und wusste nicht, was ich davon halten sollte. Ich drehte mich nach links und rechts, bemerkte, das einige Lampen begannen zu flackern. ,,Flo… Flo…”, ich klopfte etwas lauter an die Tür und hoffte er würde mich hören. Ein lautes Brummen erklang und wieder wurde mir die Tür geöffnet. ,,Siehst du das?”, fragte ich und zeigte auf die Lampen, die einer nach der anderen den Geist aufgaben. ,,Ja, und? Der Ersatz wird gleich eingeschaltet werden…”, sagte er und kratzte sich am Hinterkopf. ,,Und wenn nicht?”, wollte ich wissen. ,,Dann… woher soll ich das wissen? Geh doch ins Bett, da hast du den Vollmond und automatisch Licht!”, sagte er. Wir schauten beide auf den Gang, als die ganzen Lichter aus waren. Von dem Wachmann hörte man keinen Ton, irgendwie war alles sehr merkwürdig gewesen. ,,Meinst du, dein Traum geht jetzt in Erfüllung?”, fragte Flo mich und stupste mich an. Ich hingegen antwortete ihm nicht und wartete nur auf das kleine Lichtzeichen. ,,Das Licht muss irgendwo in einem Raum angehen…”, sagte ich. ,,Dann ist es wie in deinem Traum?”, fragte er mich. ,,Kann natürlich auch nur Einbildung sein”, gab ich zu. Florian schüttelte seinen Kopf. Für ihn war das alles kein Zufall mehr gewesen. Es war einfach Realität. Nach wenigen Minuten begann tatsächlich aus einem Türschlitz Licht zu funkeln. Eine Weile zögerte ich, bis ich mich traute einige Schritte zutun und gelang erst nach einigen Minuten an der Tür an. Mit meiner Zitternden Hand versuchte ich die Tür zu öffnen und sah eine Erhöhung mitten in dem Raum, die Kabel, die zu dem Kasten führten und an einem roten Knopf angeschlossen waren. Mein Traum wurde war. Ich stieg die Treppen hinauf, Florian hielt meine Hand fest in seine und zeigte mir, das er da war und wieder sah ich eine kleine Inschrift. ,,Notfall. Wenn das Projekt aus den Fugen gerät, dann drückt diesen Knopf. Die Welt wird gesprengt und kann sich wieder neu Aufbauen. Es wird eine kleine Verzögerung geben, doch der Vorgang kann dann nicht mehr abgebrochen werden. ,,Es ist wahr. Wir sollen die Welt zerstören damit sie wieder leben kann”, sagte ich Flo. ,,Du willst den Knopf drücken, ja?”, fragte er mich mit seinen treuen Augen. ,,Ist die Welt denn noch in Ordnung?”, fragte ich ihn ganz ehrlich, denn ich war da anderer Meinung gewesen. ,,Die Welt ist schrecklich. Es werden Designerbabys geboren und verkauft…”, sagte er. Ich nickte und führte meine Hand schon zu dem Knopf, doch wieder wurde ich zurückgehalten. ,,Ich hatte noch nie eine Freundin”, sagte er. Ich zog eine Augenbraue hoch. Wieso sagte er mir gerade das? ,,Ich habe dir nie sagen können das ich dich liebe, doch bevor wir getrennt werden möchte ich dir genau das sagen”, sagte er. Er spürte das er Angst hatte. Angst vor dem Ende, genau so wie ich, doch ich würde die jenige sein, die es auslöst. ,,Ich liebe dich auch”, sagte ich und atmete tief ein. Ich legte meinen Hand auf den Knopf und fragte mich, ob ich es wirklich machen sollte. Dann bemerkte ich, wie Florian ebenfalls seine Hand auf meine legte und zusammen drückten wir den Knopf. Es kam kein Alarm, kein Nichts, doch wir wussten beide, dass wir bald nicht mehr sein würden. Wir würden in keine Bücher vorkommen, die sagen, das wir die einen waren, die die Welt gerettet haben, die zuständig waren, das die Menschen ausgelöscht wurden.


1.… Mein letzter Atemzug wird der beste sein…

2... Das letzte was ich sehe wird meine Liebe sein…

3... Es tut gut frei zu sein…..

Das letzte was ich hörte war ein Krachen………


Ist das ein Leben?

Du meinst das dadurch alles besser wird? Du meinst, das es besser ist sich selbst zu verletzen damit man sich wieder gut fühlt? Nachdem es bei deinen Freunden, Drogenabhängige, Alkoholiker, Streber, best Friends, hübsche Mädchen, geile Boys genau so gut geklappt hat müsste es bei dir auch so laufen? Du willst anders sein als du bist, da du selbst nicht mit dir klar kommst?

Deiner Meinung nach bist du zu nichts zu gebrauchen. Deine Eltern sind sowieso nie zu Hause und wenn dann hängen sie an der Flasche, doch du sitzt daneben, vielleicht vor dem Pc und malst dir eine schönere Welt aus.

Kannst du nicht anders über dein Leben denken als du es ohnehin schon tust? Wenn du es malen müsstest würdest du dir ein weißes Stück Papier schnappen und es mit einem zack mit einem schwarzen Pinsel überqueren, es dem Lehrer auf den Pult klatschen und mit deinem selbst gespendetem Applaus die Klasse verlassen, nein?

Bist du vielleicht anders, kannst dich anders zeigen als du dich eigentlich fühlst? Wenn es dir schlecht geht, dann ziehst du deine Freunde nicht mit hinein und versuchst alles in dir zu vergraben, holst es jedoch am Abend wieder heraus um es mit einer Klinge wieder zu betäuben?

Am nächsten Morgen wachst du auf und ein neuer Tag wartet auf dich. Anstatt die Vorhänge aufzuziehen reißt du sie mit Gewalt wieder zu und ärgerst dich über die Sonnenstrahlen die du als kleines Kind genossen hattest. Lange lagst du noch wach im Bett und hast sie auf deiner Nase gespürt, wie sie tanzten, doch jetzt wäre es dir lieber du wärest gar nicht wieder aufgewacht um dieses helle Licht nicht mehr zu sehen.

Nach langen hin und her ziehst du deine schwarzen Klamotten über deinen abgemagerten Körper, suchst verzweifelt nach deinen Stulpen, damit die Lehrer dich nicht erneut zum Vertrauenslehrer schicken, dies würde dir endgültig den Rest geben. Schon lange liegt da ein Stück Papier auf deinem Schreibtisch, das dich herausfordert ein paar letzte Worte zu schreiben. Doch immer wieder findest du etwas, was dich von diesen letzten Worten abhält.

Etwas blitzt dir entgegen. Etwas, was sehr vertraut ist. Du hast es gestern Nacht benutzt, die Spuren siehst du an deiner linken und rechten Hand und Arm. Es liegt dort in deinem eigenen Blut, du warst einfach zu schwach dazu gewesen es noch sauber zu machen. Die Klinge, dein Freund und Helfer, in Guten wie in Schlechten Zeiten. Du schaust noch einmal auf die Straße bevor du nach unten zu deiner unsichtbaren Familie gehst. Die gehst langsam die Treppen hinab, öffnest die Tür der Küche und findest wieder einen Zettel von deiner Mutter geschrieben: Dein Essen steht im Kühlschrank, vergiss nicht deine Katze zu füttern und deine Schwester vom Kindergarten abzuholen.

Schon jetzt ist deine Stimmung auf dem Tiefpunkt und du glaubst es könnte nicht schlimmer werden, doch da war ja noch etwas. Die Schule. Ein Ort voller grausamer Menschen die sich deine Freunde nennen. Sie sind grausam, schlimmer als der herbeigesehnte Tod. Sie wollen dir helfen, dich trösten, wo gibt es denn so was? Du willst alleine sein, auch wenn das nicht typisch für dein Alter ist. Du möchtest einfach nichts mit denen zutun haben doch dies können sie einfach nicht verstehen. Sie wollen wissen was los ist, quälen dich mit Fragen wie: Wie geht es dir?

Wie sollte es dir nach so einer Nacht schon gehen? Nach einer Nacht, in der du dir schon wieder so viele Schmerzen zugefügt hast, das die anderen sogar besser wären, die du zuerst versuchst hast zu betäuben. Mit kleinen Schritten verlässt du das Haus ohne etwas gegessen zu haben, auf dem Rücken klebt ein schwerer Rucksack, in dem du auch die Tatwaffe hast. Dein Leben ein Ende zu setzen, das einzige was du jetzt nur noch willst.

Du biegst ein letztes Mal in die Straße deiner Schule ein, betrittst das Gebäude mit äußerster Vorsicht und schaust dich um. Die bekannten Ecken sind schon längst vergeben. Die hübscheste aus deiner Klasse hat ihren Freund an ihren Lippen kleben, die Zunge immer wieder im anderen Mund rüberhuschend ohne an die anderen zu denken, die sich das notgedrungen mit anschauen müssen und da sind auch die, die dich letztens überfallen haben. Mit ihrem Messer kratzen sie sich den Schmutz unter ihren Fingernägeln hervor und lachen höhnisch, als du ihren Weg noch einmal kreuzen musstest.

Einfach die Waffe zücken und dich vor ihnen erschießen, das wäre eine Lehre, doch ist es wirklich das was du willst? Deine schweren Füße tragen dich an eine Bank vorbei, vor der du stehen bleibst. Du setzt dich hin und holst einige Stifte heraus um etwas zu malen und zu schreiben. Was würdest du an so einem Tag schreiben? Die Sonne strahlt dir entgegen, Schmetterlinge fliegen an dir vorbei und setzen sich auf eine blaue, seltene Rose, oder ist sie vielleicht doch unecht, so wie dein ganzes Leben?

Du nimmst deinen Lieblingsstift in die Hand und beginnst diese zu bewegen. Schon nach kurzer Zeit entstehen so einige Worte, die ich kaum wage auszusprechen. So einen Menschen wie dich zu kennen, ist es toll oder ist es schlecht? Zu wissen wie ein Leben zu Ende geht, dabei hat es doch gerade begonnen. Deine Augen leuchten schon lange nicht mehr, nur als du diese Worte da auf das Blatt Papier bringst. Ich denke ich weiß, was du da gerade machst, doch wirklich verraten tust du mir nichts. Erst als du wieder aufstehst und einige deiner ,,Freunde” kommen beginnst du es vorzulesen und lässt auch mich daran teil haben:

Ich will rennen,
Komme nicht vom Fleck,
Spüre wie sie näher kommen,
Werde schneller,
Komme nur cm Weise voran,
Versuche zu schreien,
Kann nicht schreien,
Es kommt kein Ton aus mir heraus,
Ich habe angst,
Ich spüre Angst,
Sie fühlt sich kalt an,
Sie fühlt sich grauenvoll an,
Wird es besser wenn ich meine Augen für immer schließe?


Meinst du, es wird besser werden wenn du Tod bist? Wird der Tod eine Befreiung sein? Hast du dich damit schon einmal so richtig auseinander gesetzt? Weißt du was nach dem Leben kommt? Aber deiner Meinung nach ist doch alles besser was danach kommt. Doch du sagtest du hättest Angst vor der Angst. Sie fühlt sich kalt an. Was ist, wenn du deine Augen zum letzten Mal schließt und du aufwachst, in völliger Dunkelheit aufwachst und niemand dir helfen kann?

Du verlässt deine Freunde, gehst aus der Schule hinaus, wobei diese noch nicht einmal angefangen hat und suchst den Hafen auf. Bis lang hat dieser Ort dir immer geholfen dich zu fangen, doch wird es auch dieses Mal so sein? Du setzt dich an einen verlassenen Baum, er trägt keine Blätter so wie die anderen und wirkt dadurch anziehend auf dich. So wie du ist er ein Alleingänger, sieht anders aus als die anderen, doch trotzdem bleibt er standhaft seid Jahren auf diesen einen Platz und rührt sich nicht von Fleck. Anders als du kann er es sich nicht aussuchen. Er kann nicht einfach verschwinden wenn es ihm gerade passt, er muss hier bleiben, ob er nun will oder nicht.

Du öffnest deine Tasche und siehst die schwarze Waffe die du mit dem gleichen Atemzug heraus ziehst. Du schaust sie dir genau an, sie ist geladen. Dein Finger liegt im Schafft, die Pistole an deinen Kopf gerichtet zur Abrechnung bereit. Du musst es wissen. Soll es nun vorbei sein?

Du schließt deine Augen und bist kurz davor abzudrücken, verlierst keine weitere Träne mehr und dann spürst du einen harten Schlag. Die Waffe fällt auf den Boden, rutscht hinunter in den Hafen wo sie von der Strömung erfasst und weggerissen wird. Du drehst dich um und siehst zwei zitternde Beine. Sie gehören zu keinen die du kennst. Sie gehören einen Jungen. Du schaust hinauf und siehst ihn. Er zittert vor Wut und vor Trauer, vor Entsetzen laufen ihn Tränen übers Gesicht und du fragst dich was dieser Jemand mit dir zutun hat.

Du schüttelst deinen Kopf und bist froh das er dich vor einer Dummheit bewahrt hat. Er setzt sich zu dir und wischt dir eine Träne aus den Augen. Er scheint dich zu kennen, doch warum kennst du ihn nicht? Er legt seine Hand um deine Schulter und wartet mit dir bis die Sonne untergeht. Dann verlässt er dich wieder so schnell wie er gekommen war und du rennst nach Hause. Die Tür schließt du mit einem Ruck auf, antwortest deine Eltern jedoch nicht warum du so spät dran seiest, du gehst einfach weiter, steigst die knarrenden Treppen hinauf, öffnest die Tür zu deinem Zimmer, schließt sie mit einem großem Knall und wirfst dich aufs Bett. Du reißt die Decke über deinen Kopf und vergießt die Tränen, die du schon lange nicht mehr hast.

Nach einigen Stunden bemerkst du ein komisches Geräusch und du gehst zu deinem Pc der leise vor sich hin surrend schon seid einigen Tagen nicht ausgeschaltet wurde. Der Bildschirm ist heiß, du spürst die Hitze, besonders diese, die in deinen Fingern auftaucht, als du etwas auf dem Bildschirm erspähst. Der Name des Jungens taucht auf und du beginnst mit ihm zu Chatten.

Seid Tagen nun hast du keine Schule mehr von Innen gesehen, dein Magen knurrt vor Hunger und deine Kehle gibt schon komische Geräusche von sich, denn du hast durst. Schon lange warst du nicht mehr unten bei deiner Familie und schon lange hast du deine Freunde nicht mehr gesehen. Du sitzt nur noch vor dem Pc und chattest mit dem Jungen den du dein Leben zu verdanken hast. Auch ihn hast du nicht mehr gesehen, du liest nur die Worte die von ihm gelogen sein könnten. Nach einiger Zeit schaltest du den Pc aus und siehst wieder das weiße Stück Papier vor dir liegen. Willst du jetzt einen Schlussstrich ziehen, wobei alles besser werden könnte?

Als du durch die Stadt gehst siehst du ihn wieder. Er hat ein anderes Mädchen im Arm und du fühlst sich verstoßen, verletzt. Warum hat er dir Hoffnung gemacht? Nur um dein Leben zu retten? Nur um dich einer weitere Woche am Leben zu halten? Du kannst die Welt nicht mehr verstehen. Erst war da ein kleiner Lichtblick zwischen den dichten dunklen Wolken und nun möchtest du weg. Du möchtest einfach nur weg. Du rennst los, hast kein Ziel vor dir, rempelst Leute an, schreist deinen Schmerz heraus und rennst dann frontal gegen einen anderen jungen Mann, der scheinbar genau das gleiche wie du fühlt.

Ihr richtet euch wieder auf und schaut euch an. Was ist das? Was siehst du da in seinen Augen? Funkeln diese etwa? Funkeln sie wegen dir?

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 19.08.2008

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für Florian

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