Einsicht
Morgengruß
Soller, Mallorca, März 2014
Karfreitag
Ostern mit Goethe
Sommer
Dunkelheit
Advent
Nachweihnacht
Silvester
Jahresrückblick
Kleines Senfkorn Hoffnung
Klagelied eines jungen Ukrainers
Sorgen und Ärger, verdrängte Wut -
sagt der Spiegel - tun nicht gut,
weder der Schönheit noch dem Magen.
Und mit oder ohne Klagen
ändern sich Dinge - oder nicht.
Der frühe Vogel zwitschert um halbacht,
und es ist gar nicht früh - eigentlich -
für einen Vogel mitten im Winter,
und ich weiß das nur nicht - leider.
Der frühe Vogel bringt mir um halbacht
viel gute Laune ins Haus -
danke.
'Wenn der Hahn kräht auf dem Mist,
ändert sich's Wetter oder bleibt, wie es ist.
'So einfach ist das in deutschen Gefilden,
man soll sich selbst eine Meinung bilden.
Auf unserem Inselparadies kräht der Hahn
nicht auf dem Mist.
Er wandelt unter Orangenbäumen mit seinen Hennen.
Doch man vermisst
auch hier seine Botschaft nicht.
Er kräht, kaum dass der Tag anbricht, -
und mittags und abends und,
wenn wir träumen.
'Warum nur kräht er immer?'
grübeln wir im warmen Zimmer,
während der Sturm an den Fenstern rüttelt
und gnadenlos die Orangen schüttelt.
Die Antwort kann nur sein:
Er kräht gar nicht allein.
Mit seinen Kollegen kräht er Schicht.
Dazwischen arbeitet er nicht
.Doch auch hier ist die Aussage unklar.
'Ändert sich's Wetter oder bleibt's wie es war?
'Wetter com' hilft gern weiter
mit eindeutiger Botschaft: Morgen wird's heiter. !
Am Rand steht er - am Abgrund.
Wohin soll er schauen - er, der nichts mehr sieht?
Ins Tal, wo sie ein Fest feiern - mit Birkenzweigen
und Girlanden?
Er kann es nicht sehen.
In die Wolken, die grau drohen oder weiß spotten?
Der Blick schmerzt und vermisst lindernde Tränen.
Es ist kalt.
Am dritten Tag danach:
Der Aufstieg war schwer.
Ins Tal blickt er zurück und kann die Fröhlichkeit sehen.
Er grüßt die Wolken - grau und weiß schwebend.
Grau, das ihn besänftigt und ermunterndes Weiß.
Woher kommt Hilfe?
Ohne zu wissen, weiß er -
um Hoffnung ohne Begründung
um Leben ohne Versicherung.
An Tagen wie diesen ...
geht der Blick besorgt zum Himmel.
'Er ist auferstanden!'Bleibt es sonnig?'
Ostern das liebliche Fest war gekommen ...
'Entschuldige Johann, bin nicht bei der Sache.
Soll ich die Eier jetzt schon verstecken?
'Er ist auferstanden!' Vielleicht regnet es doch?
Ist der Kuchen zu trocken? Achja, die Sahne!
'Im Tale grünet Hoffnungsglück.'
'Entschuldige Johann, ich bin zu beschäftigt.'
An Tagen wie diesen
stampfen kurze Beinchen über junge Pflänzchen,
strahlen überraschte Augen.
Auferstehung? - Da! - ist noch ein rotes!
Lange Ohren unter Goldpapier,
braunverschmierte Münder.
'Er ist wahrhaftig auferstanden!'
Telefonklingel durchdringt fröhliches Gespräch
und kündet von Altersleid und Verwirrung.
'Ostern das liebliche Fest war gekommen! ...'.
Und ich bin Mensch und darf es sein.
Der Sommer zieht sich eine Jacke an.
Müde ist er, und ihm wird kalt.
Er hat sich verausgabt und fühlt sich alt.
Genug ist genug.
Erntedank und Melancholie begleiten ihn
noch eine Weile.
Er geht gemächlich und ohne Eile
wie alte Weiber, die Fäden spinnen
von Baum zu Baum.
Sie weben für ihn einen Traum -
von Sonne beschienen - und dazu
Decken für die Winterruh'.
Wenn's am schönsten ist,
dann soll man gehen,
sich vermissen lassen und freudig geseh'n
beim Wiederkommen.
Dunkelheit senkt sich auf Sträucher und Blüten,
will sie mit grau-blauem Schleier behüten.
Konturen verschwimmen, - aus Bäumen wird Wald.
Die Gedanken sind müde – und bald
bist du eins mit dem Wald
und der Dunkelheit -
und dem entzauberten Mond. - Bist bereit,
nun auch Wald zu sein, kein einzelner Baum,
ein Ganzes aus vielen – ein Traum.
Hell wird es, voll Energie und Tatendrang
verkünden die Vögel des Tages Anfang.
Es ist Zeit, sich zu lösen, sich zu besinnen,
mit dem Erwachen zu beginnen.
Gedanken kämpfen gegen Träume,
und die Konturen der Bäume
sind wieder scharf und so klar, -
als ob nie Dunkelheit war.
Vier dunkelrote Kerzen im Grün der biegsamen Zweige -
Erinnerung, Hoffnung, ängstliche Freude.
Vier Wochen schnelles Warten.
Es wird wieder still sein auf den Straßen,
Plätze werden verschneite Oasen der Ruhe.
Und die Unschuld, das kindliche Staunen
wird wiedergeboren
im Einklang von Stille Nacht und o du Fröhliche.
Zum Himmel hoch erklingen Lieder,
laut gerufen nach der Stille.
Jedes Jahr wieder und unermüdlich,
und ganz bestimmt wird es wieder geschehen -
in dieser besonderen Nacht.
Eine Rose wird blühen im Dezember -
wider die Vernunft und die Wissenschaft,
und wir werden etwas spüren,
das gut und wichtig ist,
und das wir nicht beschreiben können,
und das uns hilft – zu leben.
Wir hatten dieses Jahr eine Fichte. Sie nadelt schon sehr.
Der Weihnachtsteller mit den Plätzchen ist leer.
Noch ein paar Tropfen für den Magen.
Die Füße hochgelegt, und voller Wohlbehagen
lasse ich die Bilder, buntgemischt wie Puzzleteile
an mir vorüberzieh'n. Bilder, die noch eine Weile
lebendig halten alles das,
was ich mir ständig wünsche: Freude, Rührung,
Spiel und Spaß.
Die Bilder werden mich, hoffe ich, tragen,
wenn nach den frohen Weihnachtstagen
Gefühle von Sehnsucht und Verlust
nach oben drängen, und Alltagsfrust
regieren will. Der Teller ist leer.
Die Fichte hat keine Nadeln mehr.
Die Plätzchen mit dem Zuckerguss
waren Verführung und Genuss.
Der Weihnachtsbaum
- ein grün-rot leuchtender Traum.
'Ich bin dann mal weg', sagt das Jahr und verschwindet
dahin, wo es keiner mehr findet
mit lautem Getöse.
'He – warte, ich bin noch nicht fertig mit dir.
Bleib' doch ein paar Tage noch hier.
Ich muss noch deine Geschenke und Spuren wegräumen
für das neue Jahr – und nicht versäumen,
das Beste davon zu bewahren.'
'Zeit genug hattest du doch, denke ich', sagt das Jahr
und verschwindet
dahin, wo es keiner mehr findet,
mit lautem Getöse.
Unsortiert liegen sie nun bei den anderen –
die Spuren der Jahre und die Geschenke
und hoffen, dass ich noch an sie denke,
wenn ich sie brauche.
Was bringt das neue Jahr? Man wird sehen.
Ok – altes Jahr, du kannst gehen!
Das Jahr macht sich nun auf die Socken,
und wie immer sind wir wieder erschrocken.
'
'Was, schon? - Ich wollte doch noch...'
Mit gemischten Gefühlen blickt es zurück.
Zwar hat es vielen ein kleines Glück
geschenkt. - doch nicht allen.
Im Gegenteil – Und ihm ist leider klar,
dass seine Zeit keine gute Zeit war -
im Ganzen gesehen.
Wenn es bald mit Sekt und Radau begleitet
zu den anderen geht, dann bereitet
ihm das Kummer.
Im Vergangene-Jahre-Verein angekommen
und von den Mitgliedern herzlich aufgenommen,
wird es getröstet.
'Manche haben vom Glück
ein kleines oder großes Stück
abbekommen
oder sich genommen.'
Ein kleines Senfkorn – Hoffnung heißt es –
wird es gerade zertreten – von schwarzen Stiefeln,
blankgeputzt?
Es hätte zum Baum wachsen können,
mit einer breiten Krone,
Schatten spenden lachenden Menschen,
die jetzt weinen.
Könnte ich es retten, bewahren an sicherem Ort,
kein Weg wäre zu weit, zu beschwerlich,
dorthin, wo sie nicht scharren,
die blankgeputzten schwarzen Stiefel.
Das Senfkorn muss leben, gegen die Resignation.
Sanft legte ich es in Erde im Garten –
als Zwischenstation.
Ein Fleckchen Erde mit Sonnenschein
soll ihm einstweilen Heimat sein,
damit es ein Baum wird mit einer Krone,
die Schatten spendet und Schutz.
Und es soll viele Körner gebären,
die der Wind zerstreut, überall dorthin,
wo Menschen schwarze Stiefel fürchten müssen,
und dorthin, wo das nicht nötig ist. -
Dort sollen sie Mitgefühl heißen
und Mut und Vernunft.
Ich will nicht sterben, aber ich werde.
Ich will nicht töten, aber ich muss.
Ich will meinen Eltern Sohn sein,
aber ich darf nicht,
Frau und Kind beschützen,
aber ich kann nicht.
Ich will raus hier. Sie verbieten es.
Sie bieten mir Geld - für Blut.
Sie wollen mehr Waffen
und bekommen sie.
Sie wollen mich benutzen
und werden benutzt.
Sie sagen Freiheit und meinen Macht.
Sie vergelten Gewalt - mit Gewalt.
Ich soll für sie kämpfen -
und kann doch nur weinen.
Tag der Veröffentlichung: 06.02.2015
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