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Aufstieg der Vampire – Das Blut der Urahnen

Prolog



Thyrik. Ein friedliches, unscheinbares Dorf in den Bergen im Königreich von Tranak, regiert von König Geralt. Dort lebte das junge, aufgeweckte Mädchen Nyria Eiryss, zusammen mit ihrer schwangeren und an der Grippe erkrankten Mutter Celen Eiryss. „Ich gehe raus, spielen, Mama!“ rief Nyria die Treppe des zweistöckigen Wohnhauses herauf. „Komm bitte einmal hoch und bring mir einen feuchten Lappen mit, Nyria.“ antwortete ihre Mutter mit krächzender, schwacher Stimme. Nyria grummelte, tat dann aber, wie ihr angewiesen. „Pass bitte auf dich auf. Du bist die Einzige, die ich noch habe, seit dein Vater… fort ist.“ „Ich weiß, Mama. Ich passe auf mich auf. Bald sind wir schon zu dritt!“ sprach das junge Mädchen mit einem Lächeln auf dem Lippen. „Jona wartet schon! Ich will dann langsam los.“ Nyria’s Mutter erwiderte das Lächeln so gut, wie es die Grippe zuließ. „Ist gut. Bis später, meine Kleine.“ Kaum vollendete sie den Satz, brach sie in Husten aus. Nyria blickte ihre Mutter einen Augenblick sorgenvoll an, ehe sie sich abwendete und die Treppen herunter ging. Sie ließ sich Zeit dabei… „Vater… Das einzige, was mich an ihn noch erinnert, ist dieses Amulett. Vor 3 Jahren, als ich sechs war, bist du fort gegangen… Wann kommst du endlich wieder?“ hauchte sie fast tonlos, während sie auf die Hälfte eines silberfarbenen Medaillons, verziert mit blauen Streifen, sah.
Sie verstaute das Andenken sicher in ihrer Tasche, öffnete die schwere Holztür des Hauses und trat heraus. Ihr blondes, zu einem Zopf gebundenes Haar glänzte im Schein der Sonne und sie schütze ihre hellblauen, aufgeweckten Augen kurz mit der Hand vor ihr. Sie zupfte sich ihr schlichtes Kleid zu Recht und machte sich auf den Weg zum anderen Ende des Dorfes. Auf dem Weg wurde sie von einigen Leuten freundlich begrüßt, woraufhin sie ebenso freundlich zurückwinkte. An einem Teich beobachtete Nyria im Vorbeigehen ein paar Enten. Erst nach einigen Augenblicken bemerkte sie, dass sie verfolgt wurde. Ein hagerer, grünhaariger Junge stand hinter ihr, die Brille zurechtrückend. Nyria seufzte. „Was willst du denn schon wieder?“ fragte sie, offensichtlich genervt von dem Jungen. „Ich, ähm… wollte nur sicher gehen, dass du nicht in den Teich fällst und ertrinkst!“ – „Wie du siehst, bin ich das nicht… Wenn du mich dann also wieder in Ruhe lässt?“ erwiderte das junge Mädchen, während sie mit den Schultern zuckte. Der Junge stand verdutzt dar und Nyria schmunzelte kurz, als sie sah, wie er schwitzte und zitterte. Der Junge versuchte das Wort zu ergreifen, aber er brachte keinen Laut heraus, lief nur tiefrot an und lief dann kehrt, in die andere Richtung. "Tss... So wird der nie bei mir landen." kicherte Nyria. Dann ging auch sie weiter, lief zu einem Haus am anderen Ende der Stadt. Es war nicht ganz so groß wie das, worin Nyria lebte. An der Tür wurde sie bereits von Jona, einem etwa gleichgroßen und gleichalten, braunhaarigen Mädchen, erwartet.
Jona's Mutter starb noch, als sie klein war und sie lebte seit ihrem dritten Lebensjahr mit ihrem Vater alleine. Nyria war ihre beste Freundin und sie war stets froh, wenn sie mit ihr zusammen das Dorf unsicher machen konnte. So vergaß sie, dass sie eigentlich doch ziemlich einsam war.
Beide winkten sich freudig zu. „Hallo Jona!“ „Hallo Nyria, schön dich zu sehen. Ich dachte, du hast unsere Verabredung vergessen.“ „Nein, habe ich nicht… Mama wollte noch mit mir reden, tut mir leid.“ „Schon gut. Sag, wollen wir verstecken spielen? Du zählst bis zehn, während ich mich im Dorf verstecke. Du suchst mich dann, okay?“ „Okay, machen wir. Eins… Zwei…“ „Hey, Augen zu! Sonst ist es unfair.“ „Nagut.“ Nyria schloss ihre Augen und drehte sich um. Sie zählte langsam von eins bis zehn, ehe sie ihre Augen wieder öffnete und sich umsah. Keine Spur von Jona. Nyria machte sich auf, das Dorf zu durchsuchen. Hinter den Apfelbäumen, am Teich, in den Ecken der Häuser. Nirgends war Jona zu sehen. Sie fragte die Leute im Dorf, die Nyria schließlich den Tipp gaben, im Süden des Dorfes zu suchen. Nach kurzer Suche fand sie Jona unter einer Bank versteckt. Sie grinste und rief laut „Hab dich!“ „Hihi, ja, hast du. Was machen wir jetzt?“ „Gehen wir zur Klippe?“ „Au ja, gerne!“ Nyria und Jona machten sich also auf den Weg zu den Klippen, außerhalb des Dorfes. Es ist mittlerweile schon Abend geworden, der Himmel wurde tiefrot.

Auf halber Strecke flog eine schwarze, merkwürdig große Fledermaus an den beiden Kindern vorbei, was ihnen einen gehörigen Schrecken einjagte. „Hast du die gesehen?! Seit wann gibt es denn Fledermäuse hier?“ stotterte Jona. Nyria zuckte mit den Schultern. „Es gibt für alles ein erstes Mal. Komm, gehen wir weiter.“ Einige Minuten später erreichten beide die Klippen. Ein wundervoller Ausblick auf das Gebirge und das grüne Tal erstreckte sich vor den beiden Kindern. Sie zogen die frische, nach Kräutern duftende Luft tief in sich hinein und verharrten still. Eine, oder gar zwei Stunden vergingen, als die Nacht schließlich die Überhand gewann.
„Lass uns nach Hause gehen, Nyria. Es ist schon dunkel.“ „Okay.“ So machten sich beide auf den Weg zurück ins Dorf. Auf halber Strecke fing es an zu regnen und zu Gewittern. „Auch das noch… Schnell, nach Hause, Jona.“ Nyria verabschiedete sich von Jona und huschte schleunigst nach Hause. Dort angekommen wurde sie Zeugin einer furchtbaren Tat.

Junges Leben. So unberührt. So verwundbar. So naiv. Vom gleichen Blut. Und doch so verschieden.



Nyria schien überrascht, dass ihre Mutter zu der späten Stunde noch wach war. Sie blickte herauf, zu dem, aus dem Fenster scheinenden, Licht. Ihre Hand versuchte die Türe zu öffnen, doch vergebens. Es war abgeschlossen. Plötzlich waren ein lautes Scheppern und der Schrei einer Frau zu vernehmen. Nyria erstarrte vor Schreck, blickte zu dem Fenster auf. Das Licht erlosch, die Scheibe zerbarst und sie sah, wie eine Fledermaus ihre Mutter mit sich in Richtung Westen, aus dem Dorf heraus, trug. Das junge Mädchen reagierte sofort, wollte ihrer Mutter zur Hilfe eilen, doch ohne Hilfsmittel war es nicht möglich. Sie versuchte die Türe, geschickt wie sie war, mit einer Haarspange zu öffnen, doch ohne Erfolg. Schließlich kam ihr die Hintertür in Gedanken. Sie lief auf die Rückseite des Hauses und ließ ein erleichtertes Seufzen erklingen, als sie die Tür auf schob. Sie lief durch den Keller hinauf, in das Erdgeschoss. Aus einigen Fässern an der Wand nahm sie ihre Wurfmesser heraus. Schon lange übte Nyria mit dieser Waffe um ihre Mutter im Ernstfall beschützen zu können. „Der Schlüssel steckt noch, Gott sei Dank!“ sprach sie überrascht, als sie die Haustüre entriegelte und sich auf die Versen der Fledermaus machte. In der Dunkelheit konnte Nyria kaum etwas sehen, doch teilte ihr die Erfahrung mit, welchen Weg sie einschlagen muss.
Nach kurzem Marsch kam sie an einer Klippe an, die einzig durch einen Baum am Ende geschmückt war. Sie erblickte erst ihre Mutter, schwer verletzt und blutend am Boden liegend. Ihre Augen verengten sich, bevor sie die düstere Gestalt am Baum musterte.
„Sieh an… Frischfleisch!“ sprach die Gestalt mit rauer, dunkler Stimme. „Lass meine Mutter in Ruhe, du Monster!“ schrie Nyria laut, die Messer bereit haltend. Ihre Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit, sie erkannte das gemeine Grinsen des Mannes. Er war in einen dunklen Umhang gehüllt, seine Augen funkelten bedrohlich und dunkelrot im Mondschein. Langsamen Schrittes kam er näher. „Keinen Schritt weiter! Oder du wirst es bereuen!“ - „Ach, meine Kleine… Halt still. Dann wird dir nichts geschehen.“ Auf halbem Wege entschloss sich Nyria zum Angriff. Blitzschnell und wie von Magie geleitet warf sie ihr erstes Messer dem Scheusal entgegen. Das Messer bohrte sich in das Herz des Mannes, er keuchte und taumelte zurück. Ein zweites Messer flog und grub sich tief in den Bauch. Wieder machte er einen Schritt zurück, schrie vor Schmerz. An den Baum gedrückt durchstieß ein drittes Messer den Kopf der Gestalt. Das Schreien verstummte, der Geruch von Blut durchströmte die Luft. Nyria lief zu ihrer Mutter. „Mama, alles in Ordnung?! Komm, ich helfe dir. Wir müssen hier weg!“ – „Uhhh… Nyria… Mir tut alles weh…“ Das junge Mädchen griff ihre Mutter an den Armen und zog sie fort vom Schauplatz des Kampfes. Plötzlich regte sich das Wesen wieder. „Du.. entkommst mir nicht…!“ Er befreite sich von den Messern, machte zwei Schritte auf Nyria zu. „Wie.. wie kann das..!?“ Noch bevor sie den Satz vollenden konnte, begann der Himmel stark zu grollen, ein Gewitter zog auf. Ein Blitz schlug in den Baum ein, setzte die Gestalt in Flammen. Nyria lief mit ihrer Mutter so schnell sie konnte, den Blick nicht zurück wendend. Von weitem noch waren die Schmerzensschreie des Mannes zu hören, welche jedoch nach einer Weile komplett verstummten. Einzig der Regen und das Schnaufen von Nyria haben die Stille der Nacht noch durchdrungen. Mutter und Tochter kehrten beide zurück nach Hause, sich von den Strapazen und Ereignissen der Nacht erholend.
Fortan vergingen viele Tage, Wochen und Monate ohne große Ereignisse. Bis zu dem Tag, wo neues Leben die Welt verändern sollte.

„Na komm her, Jayna. Komm zu mir, deinem Schwesterchen.“ sprach Nyria, mit einer Rassel lockend. Jayna, die Neugeborene in der Familie Eiryss quengelte und krabbelte auf Nyria zu, machte auf halben Wege aber kehrt und kroch zu Celen ins Bett. Sie lächelte amüsiert und die kleine Jayna lachte erfreut. Nyria grummelte. „Na fein. Dann eben nicht!“

Neun ganze Jahre vergingen ruhig und friedlich. Der Fremde tauchte nie wieder auf, alles verlief ruhig. Jayna wuchs prächtig heran. Sie war ein wunderschönes, junges Mädchen. Ihr feuerrotes Haar war zu zwei Zöpfen zusammen gebunden. Ihre Haut war gesund gefärbt, nahezu makellos. Ihre dunkelblauen Augen strahlten eine große Lebensfreude aus. Auch aus Nyria ist eine gestandene Frau geworden. Sie ist groß und, durch das Training im Kampf, kräftig geworden. Nyria nahm ihre Schwester eines Tages mit, um Ihr das Kämpfen beizubringen. „Wir machen uns nun auf den Weg, Mama!“ rief Nyria von oben. „Bis später, Ihr Beiden. Seid aber vor dem Abendessen zurück!“ „Natürlich!“ Beide Damen verließen das Haus. Jayna war schon ganz aufgeregt, tänzelte freudig umher. Beide machten sich auf den Weg zu einer Wiese, außerhalb des Dorfes. Als sie eintrafen, beobachteten sie Jona in einem Kampf gegen eine Schlange. Jayna zuckte zusammen und rief „Ist die Schlange nicht besonders giftig?!“ „Shhht! Ruhig, Jayna. Jona schafft das schon.“ Zögerlich nickte Jayna. Der Kampf verlief, wie erwartet. Jona blockte einige Angriffe mit dem Schwert ab und versetzte der Schlange einen Stich mit der Schwertspitze, welcher diese in die Flucht trieb. Jayna bejubelte Jona und lief auf diese zu. „Lauf nur, blöde Schlange! Du hast ja eh keine Chance!“ Die Schlange machte plötzlich kehrt und schien durch die hastigen Bewegungen von Jayna aggressiv geworden zu sein. Mit hohem Tempo schlängelte sie sich auf das junge Mädchen zu. Erschrocken stürzte sich Nyria auf Jayna, um diese weg zu stoßen. Die Schlange sprang vor und biss sich in Jona’s Bein fest. Sie schüttelte die Schlange ab, welche schließlich endgültig das Weite suchte. Jona allerdings fiel bereits auf die Knie. „Jona! Jona, bleib stark!“ Das Gift breitete sich in dem Körper der jungen Frau aus. Es wurde schwarz um sie herum. Sie fiel zu Boden, zuckte einige Male, doch jede Hilfe kam zu spät. Jona starb innerhalb von Minuten schmerzvoll an dem Gift.
Nyria und Jayna, von dem Schock und der Trauer gezeichnet, trugen Jona’s Körper zu der Klippe, bei der sie als Kinder stets waren. Es war der Lieblingsort beider Mädchen. Wortlos hob Nyria ein Grab aus, legte den leblosen Körper Jona’s hinein. Erst, als die letzte Schaufel mit Erde ihre Freundin begrub, begann sie ihrer Trauer freien Lauf zu lassen. Sie weinte, stundenlang. Und auch wenn sie Jaina zu verstehen gab, dass es nicht ihre Schuld war, so konnte Nyria ihrer Schwester doch niemals verzeihen.

„Warum nur? Warum musste sie sterben? Warum sie und nicht ich?“ Nyria erhob beide Schwerter. Es vergingen viele Stunden, Nyria sprach kein Wort. Innerlich schwor sie sich, niemals wieder einen solchen Fehler zu machen. Niemals mehr, jemanden zu verlieren.

Schicksal. Nur ein Spiel Gottes? Glück und Unglück. Nur eine Laune Gottes? Jeder muss seinen Weg gehen. Egal, was die Zukunft bringt.



„Ich werde König Gerald’s Armee beitreten um meine Fähigkeiten zu verbessern. Ich darf nie wieder in eine Situation geraten, in der ich nur hilflos zusehen kann.“ sprach Nyria, nachdem die Nacht angebrochen ist. „Das wird Mama und mich sehr traurig machen…“ entgegnete ihr Jayna mit trauriger Mine. „Ich habe mich entschieden. Es gibt keinen anderen Weg für mich.“
Noch am nächsten Morgen begann Nyria ihre Sachen zu packen. Der Abschied verlief nüchtern. Nyria verlor nicht viele Worte, versicherte aber, sich regelmäßig in Thyrik zu melden. Jayna und ihre Mutter waren fortan alleine. Keine von beiden hat den Verlust, erst von Jona, dann von Nyria, je verkraftet.

Impressum

Texte: Aus: Vampires Dawn 2 von Alexander "Marlex" Koch
Tag der Veröffentlichung: 11.02.2010

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Das Buch ist vorallem allen Liebhabern von Vampires Dawn 2 gewidmet. Ganz besonderer Dank geht an: Alexander Koch, für die Produktion dieses Titels.

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