Cover


Sonntagmorgen Ende November, Regentropfen und kalter Wind, und in den Wolken die erste kleine Schneeflocke. Sie war wohl an einer besonders kalten Stelle der Wolke angekommen und als sie über einer Gartenanlage schwebte, sprang sie ab ….
In der Gartenanlage war es still, nur ab zu zu knackte ein dürrer Ast, den der Wind abgebrochen hatte. Ich wollte mir aus meiner Gartenlaube eine Säge holen, um in der Wohnung etwas zu reparieren. Als ich das Tor wieder geschlossen hatte, hörte ich plötzlich Stimmen.
„Verdammt, so ein Schei …, äh Mistwetter, die Feuchtigkeit zieht in mein Mauseloch und ich hole mir davon noch einen Schnupfen“. „Ja, das ist nun mal im Spätherbst nicht anders“ kam die Antwort, krächzend, vom Gartenzaun herunter. Es war die Stimme einer großen schwarzen Krähe, ich glaube, die Maus nannte sie Krakela. „Wenn es noch kälter wird, müssen wir bald mit Schnee rechnen“. Als die Krähe diesen Satz beendet hatte, fiel wie auf Kommando eine einzelne Schneeflocke vom Himmel und setzte sich auf die warme Nasenspitze von Fips, so hieß der Mäuserich. „Au, jetzt habe ich mir den Podex verbrannt“ fiepte die Schneeflocke und verwandelte sich augenblicklich in einen Wassertropfen. Fips leckte sich die Nase und der Tropfen verschwand. Krakela und Fips sahen sich überrascht um. „Wer hat da gerade gesprochen?“. Ein feiner Nieselregen setzte ein und ab und zu segelte dazwischen wieder eine Schneeflocke mit zur Erde. Und ganz leise hörten die beiden ein Flüstern, es klang wie „na unsere Schwester, Fips hat sie gefressen!“. Und dazu kicherten sie noch, man konnte es allerdings nur hören, wenn es ansonsten ganz still war. Fips wurde verlegen und Krakela krächzte: „da lacht ihr noch? Ihr konntet eure Schwester wohl nicht leiden? Und wer seid ihr überhaupt?“ Wieder kicherte etwas und es klang, als würde das aus einem nassen Schneehaufen kommen, der sich in einer Astgabel gebildet hatte. Auf der Erde, die von den letzten warmen Herbsttagen noch aufgeheizt war, waren nur Pfützen zu sehen. „Wir sind Schneeflocken. und unsere Schwester wird bald wieder da sein, das ist sicher.“
Fips und Krakela wollten noch etwas fragen, aber es war wieder ganz still im Garten geworden. Nur das leise Plätschern von Regentropfen, die von den nassen Ästen in die Pfützen fielen, war noch zu hören.
„Ich fliege jetzt los und suche mir was zu fressen“ sagte Krakela und hüpfte vom Baum. Fips hatte noch keinen Hunger, er horchte in seinen Bauch, war da vielleicht wieder ein Flüstern?
Ich wartete auch noch etwas, aber in dem Garten blieb es still, der Regen wurde stärker und jetzt freute ich mich auf meine gemütliche Wohnung und einen starken Kaffee. Ich lief nach Hause und unterwegs dachte ich über die Worte der beiden nach, hatte ich sie wirklich gehört oder waren meine Gedanken mit meiner Phantasie durchgegangen. Interessant, dachte ich so bei mir und versuchte den Faden weiterzuspinnen, und ich spann und spann und dann schrieb ich alles auf.....


Krakela flog in die Stadt. Die Stadt war nicht groß, hatte aber eine Universität, wo viele junge Leute studierten. Krakela war ein Rabenvogel und diese Vögel sind schlau, auch Krakela hatte ein Semester dort studiert, na ja, zu mindestens die Vorlesungen besucht. Und das kam so. Letztes Jahr wurde ein Gebäude, in dem die Professoren den Studenten die Fachbücher vorlasen, die Vorlesungen eben, umgebaut. Die Räume wurden modernisiert, mit Leitungen für den Empfang aus dem Internet ausgerüstet und die Wände mit dicken Platten gedämmt. Da stand dann auch ein Gerüst vor dem Haus und die Bauarbeiter machten Löcher in die Fassade. Krakela fand so ein Loch, durch das sie in den Hörsaal hinein fliegen konnte. Eigentlich wollte sie ja nur die Reste von den Pausenmahlzeiten der Studenten holen, sie brauchte in der Zeit wirklich nicht zu hungern. Aber in der Zeit, wo sie auf die Pause wartete, hockte sie in dem Loch in der Wand und hörte ebenfalls dem Professor zu. Sie kam fast jeden Tag und sie fing an, sich mit dem, was sie hörte, zu beschäftigen. Jedenfalls flog sie heute wieder dorthin und wirklich, ein großes Stück von einem, schon etwas hart gewordenem Käse lag auf dem Boden. Krakela hatte Hunger. Mit aller Kraft hackte sie ihren großen Schnabel in den Käse. Aber, das hatte sie von ihrer Gier, der Käse stakte fest und hielt ihren Schnabel wie ein Beißkorb fest zu. Krakela kam gerade so durch das Loch ins Freie, der Käse klemmte im Loch und sie zerrte und zog und musste dann halt so mit dem Käse nach Hause fliegen.


Als sie im Garten ankam war Fips gerade mit seiner Schwester Micki und seinem Schwager Oskar beim schönsten Quatschen. Die beiden hatten ihr Mauseloch im Nachbargarten und hatten ähnliche Probleme wie Fips. Sie beratschlagten, was sie gegen die Feuchtigkeit in ihren Löchern tun könnten. In dem Moment flog Krakela mit dem Käse ein. Micki und Oskar riefen ihr einen Gruß zu, bekamen aber keine Antwort. Krakela saß auf dem Rasen und schwieg. Auf der Spitze ihres Schnabels steckte das große Stück Käse. Fips umkreiste Krakela, schaute immer wieder auf den Käse und lachte und lachte. Krakela konnte nicht lachen, der Käse verriegelte ihren Schnabel. Fips und die beiden anderen Mäuse überlegten was zu machen sei. "Habt ihr Hunger?", fragte Fips. "Ja, schon, es ist ja Zeit zum Mittagessen", sagte Oskar. "Na dann guten Appetit", rief Fips. Und die drei fingen an, den Käse von Krakelas Schnabel abzuknabbern. Zum Schluß blieb auch für Krakela ein großes Stück übrig, das sie, nachdem sie den Schrecken überwunden hatte, unter vielem Krächzen verputzte.

Inzwischen war der Himmel noch grauer geworden und langsam wurde es dunkel. Micki und Oskar gingen in ihren Garten hinüber und Fips krabbelte in sein Mauseloch. Krakela hatte ihren Schlafplatz an einer geschützten Stelle im Laubenvordach gefunden. Fips hatte noch ein wenig trockenes Heu in seinen Bau unter die Erde gebracht, aber insgesamt gesehen, es wurde immer ungemütlicher. Trotzdem schlief er bald ein und träumte von Wärme, von Blumen und auch ein wenig von den sprechenden Schneeflocken. Gegen Mitternacht wachte er auf und lief nach oben zu seinem Strauch, er musste Pipi machen. Als er fertig war und er wieder schnell in seinen Bau laufen wollte, hörte er auf einmal „Hallo, ich bin wieder da!“. Fips stutzte, die Stimme kannte er, es war die Schneeflocke, die er gefressen hatte. „Wo bist du und wo kommst du denn auf einmal her?“, rief er, sehen konnte er in der Dunkelheit nichts. „Na hier, ich bin ein Wassertropfen, siehst du mich nicht?“ Nein Fips sah nichts, nur nasses, altes Laub fühlte er unter seinen Füßen. „Ich denke, du bist eine Schneeflocke“. „Ich war eine Schneeflocke, wenn es warm wird, werde ich zum Wassertropfen, und das ist auf deiner Nase passiert“. „Und dann?“ fragte Fips. „Dann bin ich durch deinen Bauch gewandert und nun bin ich wieder hier. Wir nennen es - den Kreislauf des Wassers“. Fips wurde immer neugieriger.
Er hätte den Wassertropfen gern mit in seinen Bau genommen, aber der war nun wahrlich schon feucht genug. „Wartest du bis morgen hier, mir ist kalt und müde bin ich auch. Aber ich möchte noch so viel von dir hören und meine Freundin Krakela auch.“ “Kein Problem“, antwortete der Tropfen, solange die Sonne nicht scheint und kein Wind geht, bleibe ich wo ich bin“.
“Also, dann bis morgen“, sagte Fips und verschwand in seinem Loch. Der nächste Morgen war kalt, aber der Himmel war klar. An den kahlen Ästen der Bäume glitzerten tausende Regentropfen in der Sonne. Auch Fips und Krakela waren wieder da. Fips rannte unruhig im Kreis herum. „Hier bin ich!“ fiepte es plötzlich aus dem Boden unter dem Strauch. „Machs gut, ich komme bald wieder“ hörte Fips. Und plötzlich sah er, wie die Regentropfen auf den Bäumen und auf der Wiese immer kleiner wurden und dann an den Sonnenstrahlen im Gänsemarsch in den Himmel kletterten. Das waren so viele, dass die Sonnenstrahlen und die Tropfen einen zarten Schleier über der Erde bildeten. Es waren Nebelschwaden, die von der Sonne aufgesogen wurden. Tagsüber wurde es dann wärmer und Fips fing an, trockenes Material für sein Mäusenest zu suchen. Krakela flog wieder weg und im Garten wurde es still.


Fips arbeitete den ganzen Tag, er stopfte trockene Gräser in seinen Bau und so hatte er bald ein einigermaßen trockenes Lager aufgeschichtet. Dann lief er wieder hinaus und schaute nach dem Himmel. Der Himmel war tiefblau aber die Sonne war schon hinter dem Horizont verschwunden. Krakela kam gerade angeflogen und setzte sich unter das Laubendach wo sie bald den Kopf unter ihre Flügel steckte und einschlief. Fips fand keine Ruhe. Draußen wurde es wieder bitterkalt.

Impressum

Texte: Text und Illustrationen erstellt von jutta_s
Tag der Veröffentlichung: 08.08.2010

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /