Seenebel

Phillip Grebenburg wurde das ungute Gefühl nicht los, dass sich Holger und Ava gegen ihn verbündet hatten. Das Schweigen wenn er in ihre Büros trat und ihre unterkühlte Feindseligkeit sprach für sich. Auch die gewohnte Rückendeckung bei Konferenzen fehlte. Gerade bei Holger, den Phillip seit ihrer Firmengründung für einen Freund gehalten hatte, enttäuschte ihn das seltsame Verhalten.
Und seit die beiden ständig ihre Köpfe zusammen steckten, kam Holger öfter mit einer Fahne in die Firma. Seine Solariumsbräune war einer ungesunden Gesichtsbleiche gewichen und seine Augen lagen tief in den Höhlen, als hätte er die Nächte durchgezecht.
Phillip steckte die Hände in die Taschen seines Armanianzugs und drehte sich zu seinem Kompagnon um. „Seit Ava bei uns eingestiegen ist, hast du dich verändert Holger.“
Holger biss sich auf die Lippen. Sein schwarzer Kinnbart zitterte. „Es hat nichts mit Ava zu tun. Aber alles in unserer Firma hat an Volumen und Stress zugenommen. Wir müssen in Zukunft größer denken.“
Phillip schüttelte seine blonden Locken. „Sind wir deshalb hier?“
Hier! Sie hatten die Halbinsel über den vier Kilometer langen Autodamm erreicht. Das grüne Herz des Wattenmeeres, das Nordstrand hieß, war ein echter Ruhepol, ganz im Gegensatz zum lauten Frankfurt.
Ihr Hotel mit dem Reetdach lag auf einer Warft, einem etwa fünf Meter aufgeschüttetem Hügel, mitten zwischen Feldern und Weiden mit grasenden Schafen.
Warum hatte Holger ausgerechnet diesen Ort ausgesucht? Zufall? Oder meinte er, in konträrer Umgebung, zwischen Sandstränden, Möwenkreischen und Seerobben könnten sie ihre Zwistigkeiten lösen?
„Wir sind gerade erst angekommen.“, sagte Holger. „Und es ist schon zu spät für ein Gespräch unter vier Augen.“
„Okay.“, lenkte Phillip ein, obwohl er sich wunderte, warum Holger ihn bis an die Nordsee bugsiert hatte. Wollte er ihm seine Kündigung in angenehmer Seeatmosphäre präsentieren? Oder war etwas weitaus Übleres im Busch?

weitere Infos zu meinen Veröffentlichungen unter:
www.gabrieleseewald.de

Impressum

Texte: Text von Gabriele Seewald Da dieser Kurzkrimi (18 Seiten) demnächst in einem Buchsampler erscheinen wird, ist hier aus urheberrechtlichen Gründen nur noch eine kurze Leseprobe veröffentlicht.
Tag der Veröffentlichung: 29.06.2009

Alle Rechte vorbehalten