Cover

Dieses Buch zu schreiben, fällt mir schwer.

Was ich mit diesem Buch beabsichtige, ist die Stellung der Frage, ob Zivilcourage notwendig ist und ob jede bzw. jeder einzelne von uns sich in der Lage dazu sieht, couragiert zu handeln.
Die Frage richtet sich an jede Leserin und jeden Leser dieses Buches und ich wäre sehr froh darüber, wenn diese Lektüre zum Nachdenken anregt. Nicht zu dem Nachdenken, welches etwa die zumeist mit Schockeffekt aufgemachten Schlagzeilen der meistgekauften Tageszeitungen hervorrufen. Das nämlich ist die Aufnahme der Information ohne sie auf sich selbst zu beziehen. Wer dieses Buch durchgelesen hat, möge doch bei sich selbst nachforschen, Bilanz darüber ziehen und sich sowohl in die Lage der hilfebedürftigen als auch der helfenden Personen versetzen, um sich danach dann ganz bewußt für die eine oder andere Möglichkeit (Zivilcourage: ja oder nein) zu entscheiden.

Das ist sehr viel verlangt – zumal meine Eltern mir dieses Leben nicht zu dem Zweck ermöglicht haben, damit ich die Welt verändere. Das ist auch nicht meine Absicht. Vielmehr ist mir ein Ereignis, welches wegen gerichtliche Verurteilung der mutmaßlichen Täter gerade wieder durch die Medien publik gemacht wird, seinerzeit sehr nahe gegangen. Es hat mich nicht „begeistert“, da ich selbst nicht zu den Menschen zähle, die an Orten solcherlei oder ähnlichen Geschehens zu den Schaulustigen zähle. Das war bei mir noch nie so und wird es wohl auch nicht sein. Mag sein, dass diese Eigenschaft in meiner Erziehung oder aber vor allem in meiner Vergangenheit begründet liegt. Da war ich nämlich selbst oft genug auf die Hilfe und Unterstützung meiner Mitmenschen angewiesen und habe diese, wenn irgend möglich, auch anderen gegenüber erbracht. Das bezog und bezieht sich bei mir auf Hilfestellung in meinem direkten Lebensumfeld – ich leiste also keine finanziellen Spenden für Vorkommnisse in anderen Teilen dieser Welt.

Um die Vorkommnisse, welche mich so ergriffen haben, möglichst realitätsnah wiedergeben zu können, schreibe ich nun den aktuellen Teletext des Bayerischen Fernsehens nieder.

Der Angriff auf Dominik Brunner

Die beiden mutmaßlichen Mörder des Geschäftsmanns Dominik Brunner stehen derzeit vor dem Münchner Landgericht. Die Anklage geht von folgendem Tathergang am 12. September 2009 aus:

- - 15:48 Uhr: Die beiden Angeklagten Markus S. (zum Tatzeitpunkt 18 Jahre alt) und Sebastian L. (zum Tatzeitpunkt 17 Jahre alt) sowie der Jugendliche Christoph T. pöbeln auf dem Münchner S-Bahnhof Donnersberger Brücke vier Kinder im Alter zwischen 13 und 15 Jahren an und fordern von ihnen die Herausgabe von insgesamt 15 Euro. Sie schlagen auf die Kinder ein. Christoph T. verlässt den Tatort.

- - 15:59 Uhr: Die vier Kinder besteigen die S-Bahn der Linie S 7 in Richtung Wolfratshausen. Markus S. und Sebastian L. folgen ihnen. Die beiden kündigen mehrfach lautstark an, die Teenager zu überfallen und „abzuziehen“.

Dominik Brunner, der ebenfalls in der Bahn sitzt, kommt den Kindern zu Hilfe und verständigt per Mobiltelefon die Polizei. Er kündigt an, gemeinsam mit den Kindern am S-Bahnhof Solln auszusteigen.

- - 16:10 Uhr: Die S-Bahn hält in Solln. Brunner, die vier Kinder und die Jugendlichen steigen aus.
Die beiden Angeklagten beschließen nach Ansicht der Staatsanwaltschaft, den Geschäftsmann „aus Verärgerung“ über den verhinderten Überfall „zu bestrafen und zusammenzuschlagen“.

Mit geballten Fäusten gehen sie auf Brunner und die Kinder zu. Brunner gelingt es, den ersten Angriff mit einem Faustschlag abzuwehren. Die beiden Angreifer schlagen und treten jetzt „mit äußerster Wucht“ auf Brunner ein.

Sie beschimpfen den Geschäftsmann dabei unter anderem als „Dreckschwein“, „Sau“ und „Bastard“. Selbst als Brunner das Bewusstsein verliert und schwer verletzt am Boden liegt, treten die beiden Angeklagten noch mit den Füßen auf den Kopf des Mannes. Dann flüchten sie in ein nahe gelegenes Gebüsch.

- - 17:30 Uhr: Die beiden mutmaßlichen Täter werden in ihrem Versteck von der Polizei festgenommen.

- 18:20 Uhr: Dominik Brunner stirbt im Münchner Klinikum Großhadern infolge seiner schweren Verletzungen. Er hatte bei dem Angriff insgesamt 22 schwere und schwerste Verletzungen erlitten.>/fontForderung nach Zivilcourage und Deeskalation – eine hochaktuelle und brisante Frage

Artikel aus FOCUS ONLINE PANORAMA, gepostet am 14.09.09 im Internet

S-Bahn-Überfall

Appell für mehr Zivilcourage

Das Bundesjustizministerium hat nach dem tödlichen Überfall in der Münchner S-Bahn Forderungen nach einem härteren Jugendstrafrecht zurückgewiesen. Unterdessen riefen Politik und Polizei dazu auf, weiterhin Zivilcourage zu zeigen. Das 50-jährige Opfer war Kindern zu Hilfe gekommen, die von den Schlägern bedroht worden waren.

Nach dem tödlichen Gewaltexzess in der Münchner S-Bahn hat das Bundesjustizministerium Forderungen nach einem härteren Jugendstrafrecht zurückgewiesen. Schon jetzt bestehe die Möglichkeit, bei Heranwachsenden im Einzelfall ein Urteil nach dem Erwachsenenstrafrecht zu fällen, erklärte eine Sprecherin am Montag. Angesichts der Brutatlität der beiden Jugendlichen in München – ihr Opfer erlitt 22 verschiedene Verletzungen – riefen Politik und Polizei die Bürger dazu auf, trotzdem weiter Zivilcourage zu zeigen.

Die Verletzungen wurden von Faustschlägen und Tritten gegen Kopf und Oberkörper verursacht, wie Staatsanwalt Laurent Lafleur mitteilte. An welcher Verletzung der 50-jährige am Samstag letztlich starb, werde noch untersucht. Die Kinder, die der Mann schützen wollte, hätten bezeugt, dass die inzwischen wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft sitzenden 17 und 18 Jahre alten Jugendlichen ihrem Opfer auch gegen den Kopf getreten hätten, sagte der Leiter der Mordkommission, Markus Kraus.

Ein Komplize, der bei dem vorangegangenen Angriff auf die vier Kinder 15 Euro gefordert und zwei von ihnen mit der Faust geschlagen haben soll, wurde ebenfalls festgenommen. Die Staatsanwaltschaft beantragte gegen den wegen Körperverletzung vorbestraften 17-jährigen Haftbefehl wegen gemeinschaftlicher räuberischer Erpressung. Der Jugendliche habe den Überfall zugegeben, sagte Kraus. Er soll die beiden späteren Täter angestiftet haben, die Kinder in der S-Bahn nach Solln weiter zu bedrängen.

Den folgenden Absatz lasse ich aus und lasse den vorletzten Absatz dieses Artikels sowie einen Leserkommentar dazu folgen

„Gewaltorgie“

Politiker und Polizei appelierten an die Bürger, trotz allem weiter Zivilcourage zu zeigen. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, sagte: „Wir dürfen jetzt aber nicht zurückschrecken, wenn wir Übergriffe auf Schwächere bemerken.“ Ähnlich äußerte sich die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG). Beide Verbände lobten das Verhalten des 50-jährigen. Er habe alles richtig gemacht, erklärte die DPolG. „Das unfassbare Ausmaß der Gewaltorgie, die dann folgte, konnte er nicht voraussehen.“

Auch der SPD-Politiker Oppermann verlangte „eine Kultur des Hinschauens“ und mehr Zivilcourage. „Es ist beschämend, dass in einer mit vielen Fahrgästen besetzten S-Bahn nur ein Fahrgast den Mut und die Zivilcourage aufbrachte, bedrängten Kindern zu helfen“, sagte er.

Leser-Kommentar

Zivilcourage?!
Das Problem zerfällt doch in zwei Bereiche. Wenn in einer Großstadt wie München 10 Min. vergehen bis die Polizei am Bahnhof ist und ja nichteinmal der Zugführer befragt werden kann, ob dieses Trio in seinem Zug ist, klemmt es doch schon. Problem zwei ist, wann werden denn „die armen Jugendlichen „ aus der Haft entlassen um bis zum Sanknimmerleinstag auf ihren Prozess zu warten!

Außerdem füge ich hier noch einen im Internet geposteten Beitrag der Polizei bei:

Polizeiliche Kriminalprävention – Richtig helfen, aber nicht den Helden spielen

Das Ziel der „Initiative für mehr Zivilcourage“ ist, innerhalb der Bevölkerung den Gedanken der Solidarität und des Helfens zu fördern. Oft wissen die Bürgerinnen und Bürger allerdings nicht, wie sie wirkungsvoll eingreifen können, ohne sich selbst dabei in Gefahr zu bringen.

Deshalb hat die Polizei sechs praktische Regeln für mehr Sicherheit zusammengestellt, die jeder anwenden kann.

1.Ich helfe, ohne mich selbst in Gefahr zu bringen.
2.Ich fordere andere aktiv und direkt zur Mithilfe auf.
3.Ich beobachte genau und präge mir Täter-Merkmale ein.
4.Ich organisiere Hilfe unter Notruf 110.
5.Ich kümmere mich um Opfer.
6.Ich stelle mich als Zeuge zur Verfügung.

Gefordert ist nicht Heldentum. Vielmehr genügen oft schon Kleinigkeiten, um eine große Wirkung zu erzeugen. Manchmal reicht es bereits, das Handy zu benutzen und Hilfe zu holen oder weitere Passanten um Unterstützung zu bitten.

Schon heute schreiten Bürgerinnen und Bürger immer wieder couragiert und beherzt in brenzlige Situationen ein. Damit verhindern sie Schlimmeres oder tragen entscheidend dazu bei, eine Tat aufzuklären. Dies ist umso erfreulicher, da bekanntlich eine Haltung des Wegschauens den idealen Nährboden für kriminelle Machenschaften bereitet. Deshalb müssen die Möglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger, Hilfe zu leisten, noch gezielter genutzt und die Bereitschaft dafür ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt werden. „Weggeschaut. Ignoriert. Gekniffen.“ - diese Einstellung kann und darf keiner an den Tag legen.

Passivität schützt die Straftäter

Neben der Aktivierung des Helferverhaltens in der Bevölkerung zielt die Kampagne auch darauf ab, das Zeugenverhalten zu fördern. Ohne die Mithilfe der Bürgerinnen und Bürger wäre es um die polizeiliche Aufklärung nicht gut bestellt. So wird ein Großteil der bei der Polizei erfassten Straftaten durch die Bevölkerung bekannt gemacht. Die Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger bei der Ermittlung des Straftäters liegt der Polizei darum sehr am Herzen.

Gaffer und Schaulustige, die Straftaten in der Öffenlichkeit als „Unterhaltung“ missverstehen, sind gänzlich fehl am Platz. Noch immer gibt es viel zu viele, die ein Ereignis zwar von Anfang bis Ende verfolgt haben, sich anschließend gegenüber der Polizei aber unwissend geben und sich nicht als Zeuge zur Verfügung stellen. Wer es mit der Förderung des sozialen Miteinanders und der Verantwortung für den Nächsten ernst meint, muss solchen Situationen entschlossen entgegenwirken. Schließich ist ein höheres Maß an Solidarität auch mit einem nicht zu vernachlässigenden Vorbeugeaspekt verbunden. Kriminelle werden verunsichert, wenn sie sich nicht mehr darauf verlassen können, durch die Passivität möglicher Zeugen Schutz vor dem Zugriff der Polizei zu finden.

Das zu dem, wie sich dieses Ereignis in den Augen anderer widerspiegelt. Nun zu meiner ganz persönlichen Meinung zu dieser Tat und den Fragen, die sich mir stellen, wie so etwas in Zukunft durch unsere Mitwirkung verhindert werden kann.

Da ist zuallererst mal die Gewaltbereitschaft.
Die ist im Übermaße vorhanden, so traurig und beängstigend sich das hier auch liest.
Glaubst Du nicht?
Dann schau Dir doch mal Fußballfans an – da treffen sich hauptsächlich Vertreter des männlichen Geschlechts aus verschiedensten sozialen Schichten. Was machen die? Die besuchen ein Fußballspiel, um sich das Spiel anzusehen. So weit, so gut. Nichts dagegen einzuwenden.
Was aber ist, wenn es dann plötzlich dazu kommt, dass unter diesen vielen Fans einige wenige sind, die die Anhängerschaft der jeweils anderen Fußballelf beschimpfen und damit eine Konfliktspirale schaffen, die schließlich in körperlicher Gewalt mit oftmals schlimmen Folgen eskaliert.
Was ist mit der Beurteilung solcher Situation durch „die Gesellschaft“?
Gerade diese Ausschreitungen werden heutzutage doch als gegeben hingenommen und akzeptiert. Pech hat halt der, der dabei den Kürzeren zieht und entweder sein Leben verliert oder aber den Rest seines Lebens unter den Folgen der Verletzungen zu leiden hat.

Warum ich das so ausführlich beschreibe?

Um aufzuzeigen, dass ein Gutteil „der Gesellschaft“ alles andere als „feige“ ist – nein, damit will ich Gewalt keineswegs gutheißen, wirklich nicht. Ich will damit nur herausstellen, dass in einer Konfliktsituation wie der an der Münchner S-Bahn keiner der anderen Fahrgäste einen Entschuldigungsgrund dafür hat, wieso er nicht die Seite der unterlegenen Partei, also der Kinder, vertreten hat, um Schlimmeres zu verhindern. Dabei geht es nicht um das Aufeinandertreffen körperlicher Gewalt, sondern das Zeigen der eigenen Präsenz und das Interesse an einer Deeskalation, welches jedoch nicht mittels körperlicher Gewalt gezeigt wird.

Wo kommen wir denn hin, wenn wir uns nicht aufeinander verlassen können? Wenn wir tatenlos zusehen, wenn es einem von uns schlecht geht und uns weigern, ihr oder ihm zu helfen? Sind wir wirklich so wenig an uns interessiert?

Welche Erfahrungen hast Du mit Deeskalation und Zivilcourage schon gemacht?

Freue mich auf einen Kommentar von Dir!>/font<

Ende des Blogs.

Ich habe mein Anliegen an alle hier nochmals zu Papier gebracht – jetzt bist Du dran! Mach keinen Rückzieher und stell Dich der Verantwortung. Nicht nur für Dich, sondern für die Gemeinschaft.

Ich möchte niemandem ein schlechtes Gewissen „einreden“, ich will nur, dass sich so etwas wie der Tötung des Herrn Brunner inmitten von passiven Zuschauern nicht mehr ereignet.

Mit vielem Dank für das Interesse und die Initiative!

Impressum

Texte: alle Rechte liegen beim Autor
Tag der Veröffentlichung: 21.07.2010

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