„Ein bißchen Dreck hat noch niemandem geschadet“
Kommt darauf an -
wenn der Organismus des Menschen gesund ist
und sein Immunsystem funktioniert,
mag diese Behauptung zutreffen.
Kommt wiederum auf die Auslegung an.
In den Medien werden ständig
Waschmittel, Putzmittel und anderes propagiert,
mit deren Benutzung
man sich eine keimfreie Umgebung schaffen kann.
Mal abgesehen von der Toilettenschüssel
in einem der Werbebeiträge im TV,
die mehr aus Schmutz denn aus Porzellan besteht.
Vorausgesetzt,
daß diesen manipulativen Produktbewerbungen
uneingeschränkt Glauben geschenkt wird,
ist eine keimfreie Umgebung in der eigenen Wohnung
mehr als nur erstrebenswert.
Was könnte das Gegenteil davon zur Folge haben?
Unmengen von Bakterien, Milben, Schaben,
Ratten, Mäusen, Spinnen und anderes Getier
bilden Kolonien und fallen über einen her.
Sehr zu empfehlen sind auch die Waschmittel
zur Anwendung für Kleidungsstücke,
welche zur Reinigungswirkung
zusätzlich auch noch desinfizieren.
Ach ja -
bei der Körperpflege natürlich nicht das
Antischuppenshampoo vergessen.
Ein gepflegter Mensch hat ja keine Schuppen,
denn beim gepflegten Menschen
erneuert sich die Haut nicht.
Würde sie das tun,
verlöre er nämlich ständig Hautschuppen -
und das am ganzen Körper.
Fernsehen bildet.
So sind da z. B.
auch häufig Touristen zu sehen,
welche für ihren Urlaub ein Hotel gebucht
und während ihrem Urlaub
nichts besseres zu tun haben,
als mit einer Kameraausrüstung vom Feinsten
Jagd auf Schimmelpilzkulturen,
verschmutzte Abflüsse,
Spinnweben oder eingetrocknete Flecken
irgendwelcher Flüssigkeiten bzw.
Körperhaare oder sonstigem
auf der Matratze des Bettes zu machen.
Haben diese Touristen
dann endlich ihr Beweismaterial
allumfassend zusammengetragen,
wird ein Fernsehsender im Heimatland
davon in Kenntnis gesetzt.
Haben die Touristen Glück,
so schickt dieser Sender jemanden los,
der das betreffende Hotel
dann zusammen mit ihnen
genauestens unter die Lupe nimmt
und die Ergebnisse der Geschäftsführung präsentiert.
Wenn alles klappt,
bekommen die geschädigten Touristen
daraufhin einen wesentlich kürzeren Aufenthalt
in einer Dependance oder aber ein Abendessen
auf Kosten des Hotels zur Wiedergutmachung angeboten.
Diese Touristen sind überglücklich
und stolz auf sich,
weil sie diesen Verbrecher zur Strecke gebracht haben.
Dass das ihre einzige Urlaubserinnerung ist,
spielt dabei keine Rolle...
Tatsache ist,
dass diejenigen,
welche eine weitgehend sterile
der schmutzbehafteten Umgebung vorziehen,
ein wesentlich schwächeres Immunsystem haben.
Wiederum ist es nicht möglich,
„dem Dreck“ aus dem Weg zu gehen.
Was bringt es,
wenn jemand tatsächlich
all diese Chemiebomben einkauft,
um damit irgendwelche Kulturen
in seiner Wohnung zu vernichten?
Wenn dieser Mensch
Desinfektionsmittel noch und nöcher benutzt
und jedes Staubkorn mit der Lupe jagt.
Und vieles andere mehr.
Sobald dieser Mensch
sein vermeintlich steriles Heim verlässt,
um etwa Semmeln beim Bäcker zu kaufen,
hat er Kontakt mit „Dreck“ -
das fängt bei alledem an
und hört bei alledem auf,
das sich außerhalb der der Wohnung
zugewandten Seite der Wohnungstür befindet.
Hier lauern sie – die Keime. Welche auch immer.
Sehr beliebte Aufenthaltsorte
sind nicht etwa die verdreckten WC-Schüsseln,
sondern etwa Türklinken,
Laufbänder an Rolltreppen
und vieles andere mehr.
Nein, da nützt es auch nichts,
wenn man die außerhalb
der eigenen Wohnung verbrachte Zeit über
alle paar Minuten die Latexhandschuhe wechselt,
welche man sich übergezogen hat.
Und außerdem und überhaupt:
Was ist mit dem „Dreck“,
der zu der Luft gehört, die man einatmet?
Was ist mit dem „Dreck“
auf dem Boden, über den man geht?
Dreck ist überall.
All das bisherige bezieht sich
auf den Umgang gesunder Menschen
mit dem „Dreck“.
Wie sieht es jedoch bei Menschen aus,
die eben nicht gesund sind.
Deren Immunsystem geschädigt ist,
die offene Wunden haben
oder oder oder?
Diese Menschen befinden sich,
wenn ein behandelnder Hausarzt
das für nötig befunden hat,
in einem Krankenhaus,
um geheilt zu werden.
Das gilt auch für den Fall,
in welchem kein Hausarzt hinzugezogen wurde -
etwa im Anschluß an einen Unfall.
Da sich in einem Krankenhaus
Menschen befinden, die krank sind,
ist davon auszugehen,
dass dort ganz besonders auf deren Gesundheit
geachtet wird, um die Heilung garantieren zu können.
Wozu auch eine keimfreie oder keimarme Umgebung zählt,
da die Ansteckung oder Infektion
mit diesen oder jenen Keimen vermieden werden muss.
Um eben die Gesundheit des Patienten
nicht aufs Spiel zu setzen.
Theoretisch zumindest
bzw. vom „gesunden“ Menschenverstand ausgehend.
Dem widersprechen jedoch die Meldungen,
welche in München in den letzten Tagen
in den meistgekauften Tageszeitungen
zu lesen standen.
Da wurden in zwei großen Münchner Kliniken
Zustände aufgedeckt,
welche die Grenze des Vorstellbaren überschreiten.
Das bezog sich auf die Auswahl
und den hygienischen Zustand
von OP-Werkzeugen -
manche waren überhaupt nicht vorhanden,
andere bereits in moderatem Zustand
und alle anderen nicht keimfrei.
So stand es zumindest in der Presse.
Der Münchner Oberbürgermeister
hat daraufhin die Staatsanwaltschaft eingeschaltet,
um der Angelegenheit auf den Grund zu gehen
und nach Verantwortlichen dafür zu suchen.
War das vielleicht erst die Spitze des Eisbergs?
Immerhin geht es bei denen,
welche mit dem OP-Besteck in Kontakt gekommen sind,
nicht nur um die Ärzte,
sondern in erster Linie um jene Menschen,
welche nicht gesund sind.
Ein Skandal sondergleichen,
der hier aufgedeckt worden ist
und der von den Medien
nun ausgeschlachtet werden wird.
Doch da ja die Staatsanwaltschaft nun aktiv ist,
kann davon ausgegangen werden,
daß es allein mit Schönrederei seitens der Verantwortlichen
nicht getan sein wird.
Schließlich geht es hierbei nicht um ein Kavaliersdelikt.
Begrüßenswert wäre es,
wenn die angestrengten Untersuchungen
der Sachverhalte und Zusammenhänge
so gründlich und allumfassend sind,
dass jegliche Beeinträchtigung der Gesundheit
gerade an diesen Orten künftig ausgeschlossen ist.
Doch ist das mit den Münchner Kliniken
eben nur „die Spitze des Eisbergs“ -
wer weiß schon,
wie weit es mit der Hygiene etwa
bei Lebensmitteln oder der Speisenaufbewahrung
und -zubereitung in Gaststätten oder anderen Lokalitäten
bestellt ist?
Oder oder oder.
Die Palette ist zu umfassend,
um hier abschließend aufgeführt
werden zu können.
Eine überaus positive
und zu befürwortende Folge
dieser bekanntgewordenen Vorfälle
wäre ein steigendes Bewußtsein
in der Öffentlichkeit.
So dass die Verwendung
von keimabtötendem Material in der eigenen Wohnung,
desinfizierenden Waschmitteln für die eigene Kleidung
und die Benutzung von Antischuppenshampoo
künftig kritischer und aus anderen Blickwinkeln beurteilt wird.
Und die Wahrnehmung
über den Tellerrand hinausgeht.
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am Text: beim Autor
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Tag der Veröffentlichung: 11.07.2010
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