Cover

Der Auslöser war und ist
die FIFA WM 2010 -
die allseitige Begeisterung
für die Bemühungen der Fußballer,
ihr Bestmögliches zu geben.
Wenn nicht hier, wo dann?
Wo sonst bietet sich die Möglichkeit,
der Weltöffentlichkeit zu zeigen,
wie gut man ist
und was man alles erreichen kann?

In den Medien wurde
so vieles darüber berichtet und gezeigt,
dass es wohl kaum jemanden gibt,
der das nicht mitbekommen hat.

Wie immer bei derartigen Anlässen
war auch während dieser Fußball-WM
die Stimmung in Deutschland euphorisch.


Selbst sich im Alltag
eher zurückhaltende Menschen zogen los,
um sich Produkte en gros zu kaufen,
mit denen sie ihrer Begeisterung
Ausdruck verleihen konnten.

Das Angebot war sehr breit gefächert -
von Sammelbildchen über Sportartikel,
Fußballtrikots, bedruckten T Shirts,
Schals, Kappen, Mützen und Hüten,
Schminkfarben und vielem anderen mehr
bis hin zu Wimpeln, Fahnen und Flaggen -
und das alles
in den Farben schwarz, rot und gelb.
Obwohl es eigentlich nicht Gelb,
sondern Gold ist...

In deutschen Großstädten sah es aus
wie an Nationalfeiertagen.


Von Spiel zu Spiel steigerte sich das
adäquat zum Ausmaß der Begeisterung
für die deutsche Nationalelf,
die mit ihren überragenden Leistungen
den sicheren Eindruck erweckte,
nach dem Endfinale Weltmeister zu sein.

Das ging so
bis zum Abend des 7. Juni 2010 -
an jenem Tag fand das Halbfinalspiel
gegen die spanische Auswahl statt.

Das erste Halbfinalspiel beendete
die niederländische Elf mit einem Sieg
über die Titelaspiranten aus Urugay.
Einer der beiden Anwärter
auf den Weltmeistertitel
stand also schon fest.

Da es am 7. Juni 2010 den deutschen Spielern
wohl an Motivation mangelte,
ging es 0:1 für sie aus.

Am Tag darauf war alles anders –
wer noch nach Wimpeln,
Fahnen, Flaggen oder anderem
in den Farben
Schwarz, Rot und Gelb oder Gold suchte,
bekam diese nicht mehr zu sehen.

Wie bitte?
Ich und Wimpel
auf meinem perfekt gepflegten Auto?
Ich soll meine Außenspiegel
mit Stoffüberzügen in den Nationalfarben
verunstaltet haben?
Ich hatte einen einem Sombrero ähnelnden Hut
mit den deutschen Nationalfarben auf?
An den Fenstern meiner Wohnung
wollen Sie deutsche Fahnen gesehen haben?
Nein – eine Vuvuzela habe ich nie besessen.
Nein,
da muß es sich wohl um einen Irrtum handeln.
Mich können Sie damit nicht meinen.

Schockierend und blamabel.
Nachdem doch der Eindruck entstanden war,
dass das deutsche Volk sich nach langer Zeit
wieder auf seinen Nationalstolz
besonnen hatte.
Dass ihm wieder bewußt geworden ist,
wie schön Deutschland ist
und was es alles zu bieten hat.

Dieses Verhalten
erinnert an vieles andere,
das in der Vergangenheit dieses Landes
geschah und in anderer Form
auch heutzutage noch geschieht,
schon alltäglich
und von vielen akzeptiert ist:
das bewußte Wegsehen und Verdrängen.

Das, was den Grundvoraussetzungen
für ein funktionierendes Miteinander
widerspricht.
Das, was kriminelles Verhalten
in jeder erdenklichen Form ermöglicht,
ohne dabei Schuldgefühle hervorzurufen.

Grundrechte und Strafgesetze?
Gibt es das wirklich?
Anstand,
gegenseitiger Respekt,
Zivilcourage?
Nie davon gehört – was soll das sein?
Wozu sich mit solchen Spaßbremsen aufhalten?

Es mag der Eindruck entstanden sein,
dass die FIFA WM 2010 nichts Gutes
mit sich gebracht hat.
Dieser Eindruck ist falsch.


Es waren wirklich sehr spannende Spiele -
von allen Beteiligten.
Es waren Momente des Erfolges
und der Niederlagen.
Es waren Erfahrungen,
die dort gemacht worden sind
und aus denen gelernt werden kann.

Und im Endeffekt geht es nicht
um den Pokal und den WM-Titel,
sondern vielmehr darum,
dass der Weg das Ziel ist.

Und dieser Weg hat eben auch
dieses Gefühl der Gemeinsamkeit,
der Zusammengehörigkeit,
des friedvollen Miteinander
und der fröhlichen Begeisterung
beinhaltet.

Das war es wert.

Wovon abgesehen die Spiele
um den 1., den 2. und 3. Platz
noch ausstehen,
was hier und jetzt aber nichts zur Sache tut.




Impressum

Tag der Veröffentlichung: 09.07.2010

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /