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Über dieses Buch

Laura ist glücklich: Den Winter über hat sie die Lavendelfarm zu ihrem Zuhause gemacht und werkelt fleißig in der Pension, die schon bald Gäste empfangen soll. Nur die Hochzeit mit Benjamin droht nicht nach ihrem Geschmack zu werden. Nicht nur ihre zukünftige Schwiegermutter Sophie mischt sich ein, sondern auch der eifrige Dorfpfarrer Édouard, der alles daran setzt, Laura katholische Gepflogenheiten beizubringen. Stress pur für die sonst so entspannte Hamburgerin! Als ihr dann klar wird, dass jemand ein aus den Fugen geratenes Spiel mit ihr treibt, will sie Schluss machen mit Traditionen und Konventionen. Sogar die Hochzeit steht auf der Kippe. Doch sie hat ihre Rechnung ohne Pater Édouard gemacht.

 

In dieser Serie sind bisher folgende Episoden erschienen:

Süßer Lavendel

Süßer Lavendel – Rückkehr in die Provence

Süßer Lavendel – Fünf sind drei zu viel

 

Die Figuren dieses Buchs sind frei erfunden und Ähnlichkeiten mit tatsächlich existierenden Personen sind nicht beabsichtigt. Auch Saint-Jacques-les-Monts entspringt meiner Fantasie. Die hier erwähnte Chartreuse de la Verne hingegen gibt es wirklich, sie liegt im Departement Var und kann in Teilen besichtigt werden. Alle geschilderten Abläufe sind jedoch ausgedacht oder durch folgenden, lesenswerten Artikel inspiriert: Ulla Plog: „Die Kartause von La Verne“, in: Merian – Côte d‘Azur, Heft 05/1999, S. 102-107.

 

 

Was bisher geschah

Immobilienmaklerin Laura hasst Urlaub. Nachdem sie sich im Kundengespräch einen Schnitzer geleistet hat, besteht ihr Chef auf eine Auszeit und schickt sie mit Spezialauftrag in die Provence: Sie soll einem Lavendelbauern namens René die Farm abluchsen. Doch kaum in Frankreich angekommen, wird sie angefahren und wacht erst auf der Lavendelfarm eines gewissen André auf. Der verbirgt nicht nur etwas vor ihr, sondern ist auch noch ungeheuer anziehend... 

Als Laura von den seltsamen Zufällen und Lügen genug hat, fliegt sie zurück nach Hamburg. Doch man sieht sich immer zweimal im Leben und so bricht sie, gelockt von Entschuldigungen und Besserungsversprechen, wieder nach Südfrankreich auf. Plötzlich ist André aber nicht mehr so begeistert, sie zu sehen und ergreift die Flucht. Als Laura dann auf jemanden trifft, der seit zwanzig Jahren ihre Träume heimsucht, ist die Verwirrung perfekt und sie muss sich fragen, was sie wirklich will im Leben. Immerhin haben sie die Menschen in Saint-Jacques-les-Monts ins Herz geschlossen und ihr Arbeit in einer zauberhaften kleinen Bäckerei gegeben. Und dann ist da noch Andrés bester Freund Benjamin, der ein Auge auf Laura geworfen hat.

Dann kündigt sich plötzlich ihre Familie für einen Besuch an. Das war nicht geplant, denn der hat sie ob des seit ihrer Kindheit schwierigen Verhältnisses erzählt, dass sie mit André seine Lavendelfarm bewirtschaftet. Als der jedoch kurzfristig auf Geschäftsreise geht und ihr den Schlüssel gibt, glaubt Laura eine Lösung gefunden zu haben... Dabei ist sie auf die Hilfe von Andrés bestem Freund Benjamin angewiesen, denn ihr falsches Spiel könnte schnell auffliegen. Und dann lernt sie nicht nur ihre Familie, sondern auch ihr Herz besser kennen, als ihr lieb ist. Es kommt, wie es kommen muss: Ein dummer Zufall verrät Laura und zumindest ihre Mutter ist zutiefst beleidigt und enttäuscht. Sie reist ab, ohne dass Laura ihr alles erklären und sich entschuldigen kann. Auch in Sachen Liebe geht etwas in ihr vor. Schneller als sie gucken kann, macht Benjamin ihr tatsächlich einen Heiratsantrag. Und ihr Herz sagt ja.

 

 

Prolog

Ostern war sehr früh in diesem Jahr, es hatte in der Nacht sogar geschneit. Laura hatte draußen bei eisigen Temperaturen nach deutscher Tradition Ostereier aus Schokolade für Lou versteckt, die das Kind dann zitternd und mit dickem Schal und Handschuhen vom frostigen Boden löste.

„Echt toll, diese deutsche Tradition“, gab sie durch den Schal gedämpft von sich und verzog sich dann wieder in die warme Küche, wo Ben den Holzofen angeheizt hatte.

Laura seufzte. „Ich mag nicht, wenn Kinder erwachsen werden. Wenn sie erst einmal Ironie gelernt haben, war‘s das.“ Zerknirscht bestand sie auf mehr Enthusiasmus. Sie erinnerte sich an letzte Weihnachten, das erste gemeinsame Fest. Sie hatte extra eine kleine Fichte aus Nordfrankreich kommen lassen und in einem Musikgeschäft in Marseille zwei Blockflöten gekauft, damit sie und Lou gemeinsam „Oh Tannenbaum“ spielen konnten. Laura hatte sogar hochkonzentriert einen deutschen Gänsebraten zustande gebracht und über das Internet die besten Lebkuchen und Printen bestellt. Lous und Bens vor Ekel verzogene Gesichter hatte sie nicht vergessen. Gerne hätte sie sich nach Weihnachten einfach zurückgezogen und in aller Stille geweint, weil man ihre Bemühungen, ihrer neuen Familie Traditionen zu vermitteln, nicht würdigte. Aber dann stand ja noch Silvester an, es musste Käsefondue und Knallbonbons mit nutzlosem Klimbim geben, denn das war so Tradition und Laura war sich sicher, dass es ihr eines Tages gelingen würde, Benjamin und Lou dafür zu begeistern. Aber jetzt stand ihr mit dem deutschen Osterfest die nächste Pleite ins Haus.

Benjamin besaß nicht einmal Handschuhe, seine Hände waren knallrot von der Kälte, die der Mistral noch verstärkt hatte. Im Winter pfiff er häufig über das Land und versuchte ins Haus zu kommen. In der morgendlichen Küche saß bereits Sophie, Bens Mutter, die es vorgezogen hatte, der deutschen Tradition nicht beizuwohnen. Sie rührte in ihrem Kaffee und kostete nur hin und wieder von der Schokolade, die sie wohl gar nicht so übel fand. Beim gemeinsamen Frühstück taute die Familie auf, aber niemand wollte über Lauras Ostererfahrungen aus der Kindheit reden, die nur mit einem „Aha“ und verständnislosen Blicken quittiert wurden.

„Traditionen sind doch großartig“, versuchte Laura Begeisterung zu versprühen. „Und ich bin noch längst nicht fertig mit eurer Germanisierung. Es gibt noch diverse Kuchenzeremonien, Weihnachts- und Silvesterbräuche...“

„Benjamin, Liebling, gibst du mir mal die Marmelade? Die schmeckt himmlisch“, unterbrach Sophie Lauras Monolog. Danach entstand ein Moment der Stille.

„Apropos Tradition“, sagte Ben mit halbvollem Mund. „Wir wollten dir noch etwas sagen und denken, jetzt an Ostern ist der richtige Zeitpunkt. Du solltest kein Stress mit Vorbereitungen und so weiter haben, deswegen erst jetzt: Wir sind seit letztem Herbst verlobt und werden im Mai heiraten, Mama.“

Sophie verschluckte sich an ihrem Kaffee. Als sie die Tasse hinstellen wollte, kippte diese um und kurz darauf auch Sophie.

Kapitel 1: Keine Zeit für Smartie-Madeleines

Es war der erste warme Tag des Jahres. Ein Tag, an dem die Sonne vom Himmel brannte und der kalte Mistral-Wind in den Bergen geblieben war. Bienen und Hummeln schwebten von einer Blüte zur nächsten und Blütenstaub zog in süßen Wogen über das Land. Und in der Nacht waren Laura die Sterne nie heller vorgekommen. Sie lag mit dem Rücken auf dem Felsen, der die Wärme des Tages gespeichert hatte und sah in den Himmel. Mondscheinpicknick.

„Hast du je versucht, die Sterne zu zählen, Ben?“, fragte sie und seufzte. Der Fels unter ihrem Rücken tat gut, denn sie hatte den ganzen Tag hart gearbeitet und auf der Baustelle der neuen Pension Zimmer für Zimmer von alten Tapeten befreit. Sämtliche Knochen und Muskeln taten ihr weh.

„Ich bin doch nicht irre.“

„Und einen Sinn für Romantik hast du auch nicht.“ Laura griff nach dem Lavendel-Milchshake, den Bens Tochter Lou ihr hinhielt.

„Das sagt die Richtige. Darf ich dich daran erinnern, wie wir uns kennengelernt haben? Du hast bis aufs Letzte mit André um ein Stück Seife gefeilscht, als wir zusammen auf dem Markt waren. Unromantischer geht es ja wohl nicht.“

„Die Seife war überteuert“, verteidigte Laura sich. Tatsächlich aber hatte Ben recht: Sie war nicht mehr dieselbe, seit sie in der Provence lebte. Sie hatte jegliche Härte des Nordens verloren, ihre Verbissenheit, ihre Nüchternheit. Hier war alles nur Licht und Gerüche, Savoir Vivre und Laissez-faire. Sie hatte sich schnell daran gewöhnt.

„Dann bin ich gespannt, wie du die Preise für unsere eigenen Produkte festsetzen willst.“

Laura setzte sich auf. Benjamin war in letzter Zeit ziemlich angespannt. Seit sie Andrés Lavendelfarm gekauft hatten, lag eine riesige Aufgabe vor ihnen: Das marode Haus musste renoviert werden, die Pension aufgebaut werden, damit Geld hereinkam und schließlich mussten große Teil des Kerngeschäfts, die Lavendelfelder, neu angelegt werden, um dem zerstörenden Bakterium ein Schnippchen zu schlagen, das sich in den vergangenen Jahren in der Provence ausgebreitet hatte und die Ernte vernichtete. Sie hatten ihre gesamten Ersparnisse in das Projekt gesteckt. Den Winter über konnten sie nur Dinge in die Wege leiten, Pflanzen bestellen, im Haus aufräumen, kleine Dinge verrichten, wenn der Mistral gnädig gewesen war und nicht an den Fensterläden gezerrt hatte. Nun im Frühling gab es kein Warten mehr, es war alles bereit, um loszulegen. Stress und Vorfreude zugleich. Und dann war da noch die Sache mit der Hochzeit.

„Entspann dich mal, Schatz. Immerhin sitzen wir gerade beim ersten Mondscheinpicknick des Jahres.“ Sie lächelte ihn an. Silbriges Licht hob sie alle drei aus der Schwärze der Nacht und lud geradezu dazu ein, den Alltag zu vergessen und das pure Leben in ihren Venen zu spüren. Benjamin, Lou und Laura. Die perfekte Kombination. Bens Tochter Lou war ihr ans Herz gewachsen, ein kluges Mädchen mit witzigen Ideen. An diesem Abend hatte sie die Regie über den Picknickkorb übernommen und nur Dinge eingepackt, die sie mochte und die sie sich ausgedacht hatte. Butterkeks-Sandwiches mit Lavendel-Trüffel-Creme. Fougasse-Brot mit Oliven und Madeleines mit Smarties. Zweifellos hatte ihr Bens Mutter Sophie geholfen. Immer öfter verbrachte Lou Zeit in ihrer Bäckerei und kam mit tollen Kreationen nach Hause. Die nächste Generation grandioser Bäckerinnen war gesichert.

„Hier, probier mal! Aber du musst die Augen zumachen und raten, was es ist.“ Lou hielt Laura etwas unter die Nase, das zuckrig roch und auch so schmeckte, mit einer Note Salat darin.

„Ich habe keine Ahnung." Irgendetwas Blättriges blieb ihr zwischen den Zähnen hängen.

„Das sind kandierte Gänseblümchen, schmeckt man doch!“ Lou teilte ihr und Ben weißliche Zuckerklumpen mit etwas drin zu. „Eigentlich war das ein Unfall. Ich hatte Blumen gesammelt und dann sind sie in den Zucker gefallen, aus dem Sophie Calissons machen wollte. Aber mir schmecken sie.“

Gut, vielleicht musste Lou noch ein bisschen üben, bis sie in etwa zwanzig Jahren Sophies Bäckerei übernehmen konnte, aber die Richtung stimmte.

„Weißt du, Laura“, sagte Ben nach einer Weile. „Ich frage mich, ob wir nicht die Hochzeit verschieben sollten.“

Laura starrte ihn an. Er war es gewesen, der nicht schnell genug heiraten konnte. Er hatte ihr ja sogar einen Antrag gemacht, noch bevor sie überhaupt zusammen gewesen waren. Und jetzt bekam er kalte Füße?

„Und fragst du dich das nur, oder hast du auch schon eine Antwort?“ Sie klang härter als sie wollte. Vielleicht hing da doch noch ein Rest Hanseatin in ihr.

Er ging nicht darauf ein. „Es ist nur ein bisschen viel, jetzt im Frühling. Die Farm, die Pension, das Haus. Ich hätte gerne mehr Ruhe, schließlich soll es ein besonderer Tag werden.“

Laura wusste, dass das nicht der wahre Grund war.

„Es geht um deinen Vater, richtig?“ Sie hatte in letzter Zeit immer mal wieder versucht, etwas über seine Familie zu erfahren. Denn wann immer er über sie sprach, war da nur Sophie, bei der er aufgewachsen war, und noch seine Oma Jeanette, eine winzige alte Dame mit riesigen Ohren und einem Spazierstock mit Falkenkopf. Laura hatte mehrfach nach seinem Vater gefragt, einfach so, aber überraschenderweise machte Ben da immer dicht. Kein Wunder, dass Laura immer wieder darauf zu sprechen kam, wenn er selber daraus ein solches Geheimnis machte. Das schrie geradezu danach, ausgekundschaftet zu werden.

„Ach, Quatsch“, wehrte Ben ab und stand auf. „Es ist der Stress, das ist alles. Aber wenn du willst, machen wir es wie geplant.“ Er begann die Decke zusammenzufalten. Lou protestierte, immerhin hatten sie noch gar nicht von ihren Smartie-Madeleines gekostet. „Es ist spät, wir sollten gehen.“

Das erste Mondscheinpicknick des Jahres endete gänzlich unromantisch und schuld daran war diese Hochzeit, die für sie beide wie das größte Projekt schien.

Kapitel 2: Scherben

„Ich bin Lavendelkönigin! Was soll ich auf dem Kirschblütenfest?“ Laura verschränkte die Arme hinter ihrem Kopf und sah finster in den blauen Himmel.

Benjamin seufzte. „Es gibt nicht genug hübsche Frauen im Dorf, um auch noch eine Kirschblütenkönigin zu wählen, das weißt du doch.“ Er grinste Laura an und wenn er sie so ansah, konnte sie ihm nicht lange böse sein.

„Na gut, ich mach‘s. Aber wenn noch einmal jemand mit einem Terminvorschlag für mich zu dir kommt“, sie betonte das 'für mich' und das 'zu dir' besonders, „dann fragst du mich bitte vorher.“

„Pardon, Laura. Aber du bist jetzt meine Verlobte. Was meinst du, wie das erst wird, wenn ich dein Ehemann bin. Dann bin ich dein Vormund und daher können wir ruhig jetzt schon üben, wie das wird. Wenn du also das nächste Mal Geld von deinem Konto abheben möchtest, fragst du mich vorher, in Ordnung?“

Laura versetzte ihm einen Fausthieb in die Seite, was nur halb so schmerzhaft wurde wie beabsichtigt, denn sie beide lagen im weichen Gras unter dem Kirschbaum hinter dem Farmhaus, der in wilden weißen Flammen stand und den Frühling eingeläutet hatte. Laura wusste, dass Ben das nur im Scherz gesagt hatte, aber sie ahnte auch, dass er sie auf die Meinung einiger traditionsbewusster Bürger vorbereiten wollte. „Die Provence ist nicht Hamburg“, sagte er immer wieder, wenn sie einen Schritt zu schnell war für das behäbige Landleben. Wenn sie ihre Frau stand und Helfern Anweisungen gab, ohne dass Benjamin seine Zustimmung gegeben hatte. Oder wenn sie sich im BricBrico-Markt nach Bohrmaschinen und Betonmischern erkundigte und sich einen skeptischen Blick des Verkäufers Addy einhandelte. So sehr man hier ihre Art zu schätzen gelernt hatte und ihre blonden Haare bewunderte, so wenig traute man ihr etwas zu, was die anderen, provenzalischen Frauen schließlich auch nicht taten.

„Es gibt so viel, das ich nicht verstehe. Warum sind die Menschen so verbohrt?“ Laura fing mit der Hand eine Kirschblüte, die auf einer Windwoge zu Boden segelte.

„Hier mahlen die Mühlen langsamer. Kein Ort ist perfekt, Schatz. Dafür gibt es hier Natur und herzliche Menschen und Lavendel. Wind. Kirschen. Man kann nicht alles haben. Du bist eine emanzipierte Frau, das ist großartig und glaube mir, keiner ist darüber froher als ich. Aber hier machen andere die Regeln. Du kannst nicht alles von heute auf morgen umkrempeln. Sonst wird es hier ziemlich ungemütlich für uns.“

Laura dachte an die alten Damen und Messieurs auf der Place de la République, die im Schatten der Platanen ihren nachmittäglichen Petit Café oder ein Glas Pastis genossen. Die keine andere Welt kannten als diese hier, die sich seit Jahrhunderten kaum geändert hatte. Vielleicht hatte Ben recht, dachte sie. Man war noch nicht bereit für die Moderne und man konnte nicht alles haben, aber sie würde es weiter versuchen.

„In Ordnung. Ich lächele hübsch auf dem Kirschblütenfest und ich werde eine so traditionelle Braut wie möglich sein, auch wenn mir eine simple Zeremonie lieber wäre, wie du weißt. Aber ich werde auf gar keinen Fall in der Kirche heiraten.“

Benjamin entfuhr ein leises Stöhnen. Er setzte sich auf. „Laura! Wir haben schon zig Male darüber diskutiert. Nicht in der Kirche zu heiraten, heißt gar nicht zu heiraten.“

„Aber vor dem Gesetz gilt nur die standesamt...“

„… Das Gesetz in Paris geht den Leuten hier am Hintern vorbei! Wenn du eine traditionelle Braut sein willst, so wie du es meiner Mutter versprochen hast, dann heißt das, dass du auch eine katholische Braut sein wirst. Punkt, aus.“

Laura ärgerte sich über seine Vehemenz und dass er sich nicht gegen die ungeschriebenen und für Laura unlogischen und bescheuerten Regeln des Dorfes zur Wehr setzte. In den letzten Tagen, seit sich die Kirschblüte angekündigt hatte, haben sie jeden Nachmittag in einer ruhigen Stunde unter dem Baum gelegen und zugesehen, wie immer mehr Blüten aufgegangen waren. Es war Lauras liebste Stunde in einer turbulenten, arbeitsreichen Zeit. Aber heute war Ben unausstehlich.

„Heiratest du deine Mutter oder mich?" Sie sah ihn dunkel an und wartete nicht auf eine Antwort. "Ich mache jetzt in der Pension weiter. Wir sehen uns heute Abend. Pass auf, dass dich kein Skorpion erwischt. Wobei – giftiger als du kann der gar nicht sein.“ Sie sprang auf und stapfte davon. Von der Stunde, die Ben und sie sich von ihrem Arbeitstag für ihr gemeinsames Treffen unter dem Baum abknapsen konnten, waren nicht einmal zwanzig Minuten vergangen.

„Laura! Warte doch mal!“

Sie winkte ab und verschwand in der Tür des Bauernhauses und musste sich zwingen, sie nicht zuzuknallen. Denn das hätte die klapprige Tür nicht ausgehalten.

Nachdem Laura und Ben Andrés baufällige Lavendelfarm gekauft hatten, war ihre To-Do-Liste auf mehrere Seiten voll von Lauras krakeliger Schrift angewachsen. Abgearbeitet hatten sie erst wenige Punkte. Das Geld hatte nur gereicht, um die ausgebrannte Scheune wiederherzustellen, in der André Lavendel getrocknet und destilliert hatte. Von dem Geld, das Laura von ihrem Vater zu Weihnachten bekommen hatte, hatten sie die Wohnräume neu gestrichen und ein Klingelschild für die Pension kaufen können. Benjamins Stimme klang Laura noch im Ohr.

„Ein Klingelschild? Das ist so ziemlich das Letzte, was wir jetzt brauchen. Meinst du nicht, dass es erst die Pension geben sollte, bevor es ein Klingelschild gibt?“

Laura hatte eingewandt, dass das Geld für mehr noch nicht reichte, biss sich dabei aber auf die Lippe. Benjamin hatte recht und Laura hasste es, nicht selber recht zu haben. Jedes Mal, wenn sie nun an dem Klingelschild vorbeiging, schämte sie sich und wurde von dem lavendelfarbenen Ton-Ding an die vielen kleinen Streitereien erinnert, die sie

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: N.Rusch
Bildmaterialien: Pexels
Tag der Veröffentlichung: 18.04.2019
ISBN: 978-3-7487-0191-0

Alle Rechte vorbehalten

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