Endlich war der letzte Tag vor dem Beginn der Semesterferien angebrochen. Der alte Hörsaal war schlecht klimatisiert, trotzdem war unsere Stimmung ausgelassen. Den ganzen Tag schon hatte keiner mehr richtig der Vorlesung gelauscht. Wir schmiedeten Ferienpläne. Morgen sollten mein Freund Hannes und ich ein Praktikum in der Marienapotheke antreten. Wir waren beide Pharmaziestudenten im vorletzten Semester und unser Professor Schmiedinger hatte uns die Stelle besorgt. Der alte Pharmazierat Marek, der Besitzer der Marienapotheke, war ein Studienkollege vom Professor. Endlich beendete Schmiedinger sein Referat und verabschiedete uns mit der Mahnung uns ja gut aufs neue Semester vorzubereiten. Ich verabschiedete mich von Hannes und lief zum Supermarkt um für heute abend ein paar Lebensmittel und Wein einzukaufen. Und natürlich ein paar Rosen, um bei Carola um gut Wetter zu bitten. Wir hatten uns gestern abend heftig gestritten. Ich war im Streit in die nächste Kneipe gelaufen, sehr spät nach Hause gekommen und wortlos auf dem Sofa im Wohnzimmer eingeschlafen. Heute früh hatte ich mich in aller Hergottsfrühe aus dem Hause geschlichen, ohne mit Carola noch ein Wort zu wechseln. Jetzt schleppte ich meinen Einkauf zur Rossauer Lände, wo ich meine Ente heute früh geparkt hatte. Um das Institut herum war es kaum möglich einen Platz zu finden, also lief ich jeden Tag die wenigen hundert Meter. Beschwingt und vollgepackt mit Tüten voller guter Sachen stürmte ich das Stiegenhaus hinauf. Vor der Tür stoppte ich abrupt. Auf dem Treppenabsatz standen zwei Koffer und ein paar Beutel, offensichtlich meine Habseligkeiten. Ich war sprachlos. Mit dem Ellenbogen drückte ich den Klingelknopf. Frau Havratil, unsere Wirtin, öffnete und empfing mich gleich mit einem Wortschwall. Sie hatte mich noch nie leiden können. Ihr rundliches Gesicht bebte, und ihr Mund grinste triumphierend: „Endlich hat das Fräulein Carola sie vor die Tür gesetzt, sie Windhund. Ich habe ihr immer wieder gesagt, dass sie kein Umgang für das Fräulein sind. Sie lässt ihnen ausrichten, sie sollten sie endgültig in Ruhe lassen. Fräulein Carola will nichts mehr von ihnen wissen. Nehmen sie ihre Sachen und verschwinden.“ Dann schlug sie mir die Tür vor der Nase zu. Jetzt war guter Rat teuer. Wo sollte ich heute Nacht bleiben. Da fiel mir ein, hatte nicht Hannes Wirtin noch ein Zimmer frei? Ich könnte Frau Vacek leicht mit einer Flasche Wein bestechen, einem solchen Angebot würde sie nicht widerstehen. Irgendwie verstaute ich mein Gepäck in der Ente und fuhr zur Klosterneuburger Strasse. Ich klingelte Sturm, Hannes schlurfte den Flur entlang und öffnete. Er grinste mich an, „Hat sie dir endlich den Laufpass gegeben“, fragte er mit einem anzüglichen Grinsen. „Red nicht so dumm und lass mich rein. Das kleine Zimmer ist doch noch frei? Außerdem habe ich einen guten Roten dabei, den können wir heute abend niedermachen. Die eine Flasche ist für deine Wirtin, also lass die Finger davon. Die Frau Vacek mag doch gerne einen Roten?“ Ich drückte mich an ihm vorbei und schleppte meine Habseligkeiten in das kleine Eckzimmer. „In einer halben Stunde komm ich zu dir rüber. Zu essen hab ich genug dabei.“ Erschöpft warf ich mich aufs Bett. So wie es aussah, war die Sache mit Carola vorbei. Egal, schau nach vorn, sagte ich mir, Carola war eh zu kostspielig in ihren Ansprüchen. Anscheinend war ich ein wenig eingeschlafen, denn plötzlich schüttelte mich Hannes an der Schulter und rief „He, Alter, wach auf. Ich habe Lust auf einen guten Tropfen.“ Ich schüttelte mich kurz, sprang auf und marschierte den Gang entlang zu Hannes` Zimmer, es bot viel mehr Platz. Hier hatten wir schon manche Flasche Wein ausgeleert und uns gegenseitig unseren Kummer mit den Weibern ausgeschüttet. Das war regelmäßig sehr spät geworden, und der Brummschädel am nächsten Tag war garantiert. Die mitgebrachten Köstlichkeiten waren schnell vertilgt. Gegen elf Uhr kam Frau Vacek von einem Besuch bei ihrer Schwester nach Hause. Sie steckte ihr Gesicht mit ihrer spitzen Nase durch den Türspalt und sagte ganz trocken zu Hannes „Ein Glas trinke ich mit euch Jungs mit, es ist doch noch etwas Wein für eine alte Frau übrig?“ Und schon zwängte sie sich neben Hannes aufs Sofa, legte ihre Hand wie zufällig auf sein Knie, ließ sich von mir einschenken und prostete uns zu. „Zwei so attraktive junge Männer im Hause, das lass ich mir gefallen. Was ist eigentlich mit ihnen Herr Peter, sind das ihre Koffer im Eckzimmer? Hat ihre Freundin sie wohl rausgeworfen?“ Sie kicherte und verschluckte sich beinahe dabei. „Sie können gerne bei mir einziehen. Legen sie mir den Mietzins morgen auf den Küchentisch. Zweitausend Schilling, weil sie es sind. Und baden nur samstags, duschen können sie jeden Tag, aber nicht nach zwanzig Uhr. Und räumen sie ihre Sachen hinterher wieder weg. Keine Damenbesuche über Nacht." Frau Vacek kicherte. Endlich räumte die Alte mit ziemlicher Schlagseite das Feld, nicht ohne noch eine Flasche Rotwein mitgehen zu lassen. Um zwölf Uhr gähnt Hannes demonstrativ. „Morgen müssen wir früh raus, der alte Marek achtet sehr auf Pünktlichkeit. So hau ab, leg dich aufs Ohr und träum schön von Carola.“ Ich mühte mich aus dem Ohrensessel, warf ihm noch ein Kissen an den Kopf, murmelte etwas wie Dämlack und verschwand auf mein Zimmer. Ich angelte mir unterwegs noch eine Dose Bier aus dem Kühlschrank in der Küche, riss den Nippel auf und stürzte die kalte Brühe in einem Zug durch meine Kehle. Dann pellte ich mich aus meiner Jeans, zog das T-Shirt über den Kopf und haute mich in meiner Unterwäsche aufs Bett. Schnell schlief ich tief und traumlos ein. Am anderen früh sprang ich auf, und schlurfte nur mit meinem, zugegeben etwas knappem Slip bekleidet ins Bad. Unterwegs prallte ich ausgerechnet mit der alten Vacek zusammen. Sie klammerte sich haltsuchend an mir fest, musterte mich unverschämt von oben bis unten und kicherte, während sie mit ihrer Hand scheinbar unabsichtlich kurz über meine Hüften streifte. „Aber sie brauchen doch nicht gleich rot zu werden. Sie könnten mir auch noch einmal gefährlich werden, Herr Peter. Ein so knackiges Mannsbild würde ich nicht von der Bettkante schubsen.“ Ich machte mich entgeistert los, stotterte kurz „Ich muss mich beeilen, sonst komme ich zu spät“ und eilte fluchtartig ins Bad. Nachdem ich die Badtür verschlossen hatte, schüttelte ich mich ganz perplex und atmete tief durch. Dann streifte ich meinen Slip ab und duschte ausgiebig heiß und kalt. Plötzlich klopfte es energisch an die Tür. „Schau zu das du fertig wirst, es ist schon sieben. Andere Leute wollen auch ins Bad.“ Hannes rief energisch. Ich trocknete mich ab, öffnete die Tür einen Spalt und rannte in mein Zimmer, ohne der Alten zu begegnen. Schnell hatte ich mich in meine verwaschenen Jeans gezwängt und mein T-Shirt übergestreift, als mir einfiel, dass in der Apotheke möglicherweise Anzug gefragt ist. Also, wieder runter mit Shirt und Jeans, rein in den Anzug, Krawatte um, kurz gekämmt und schon war ich fertig. Hannes hockte in der Küche, schlürfte seinen Kaffee, biss in eine Semmel und sagte mit vollem Mund „Du darfst die alte Vacek nicht ernst nehmen, das ist so ihre Art. Sie zieht dich nur auf. So jetzt aber los, wir fahren mit deiner Ente, ich bin noch nicht zum Tanken gekommen.“ Während ich meinen Kaffee herunterstürzte und mich beinahe an meinem Hörnchen verschluckte, schlurfte Frau Vacek in die Küche und gab uns noch mit auf den Weg „Seid liebe Jungs und bringt mir heute Abend eine Flasche Rotwein vom Krämer mit, den Blaufränkisch trinke ich am liebsten. Vergessen sie den Mietzins nicht, Herr Peter.“ Bis ich einen Parkplatz in der Nähe der Apotheke gefunden hatte, war es bereits kurz vor acht. In letzter Minute traten wir durch die Tür. Der Anblick, der sich uns bot, ließ uns andächtig stehen bleiben. Vor der raumhohen dunklen Regalwand mit den unzähligen Schüben lehnte eine Leiter. Und auf der Leiter stand eine junge Frau, stand fast auf den Zehenspitzen und reckte sich, um an die obere Schubreihe zu gelangen. Sie trug einen kurzen weißen Kittel und blaue enge Jeans, Jeans, die ein paar Beine umschmeichelten, Beine, endlos lang, schlank und sich dann um einen reizenden Po spannten. Das war ein Anblick, der auf mich so viel Erotik ausstrahlte, dass ich nur wortlos und gebannt schaute. Wir brauchten ein paar Augenblicke, um wieder zu Verstand zu kommen. Dann eilte ich um den Tresen herum, kletterte hinter ihr auf die Leiter, legte meinen Arm um ihre Hüften und fragte „Kann ich ihnen behilflich sein, Fräulein?“ Sie erstarrte, holte tief Luft, rief laut um Hilfe und versetzte mir bei dem Versuch sich loszumachen einen Nasenstüber, der mich von der Leiter warf. Ich konnte mich gerade noch fangen, stützte mich auf den Tresen und wusste nicht, ob ich zuerst meine blutige Nase oder mein blaues Auge bedauern sollte. Empört schimpfend stieg sie die Leiter herunter, drehte sich zu mir um und erschrak doch etwas, als sie mich sah. „Was fällt ihnen ein, mich so zu überfallen. Wer sind sie überhaupt?“ Ihre Augen blitzten. „Warten sie, ich hole Taschentücher und etwas zum Blut stillen. Sie sehen ja schlimm aus. Setzen sie sich da hin.“ Ein älterer grauhaariger Herr mit buschigen schwarzen Augenbrauen betrat den Verkaufsraum durch einen Vorhang. „Was ist denn los, Fräulein Doktor, haben sie um Hilfe gerufen, und wer sind diese Männer“, wollte er mit seiner tiefen dunklen Stimme wissen. Hannes erschrak und murmelte verlegen „Wir sind die Praktikanten, Herr Pharmazierat, einen schönen Gruß von Professor Schmiedinger sollen wir ausrichten. Ich bin Johannes Hertling und der lädierte Bursche da heißt Peter Steinhartinger.“ „Was, Fräulein Doktor? Das ist ja eine schöne Ärztin, die ihre Patienten verprügelt, um sie dann wieder zusammenzuflicken“, brachte ich hervor. Mit blitzenden Augen funkelte Sie mir empört zu, zischte ein „Flegel“ und rauschte ab ins Hinterzimmer. „Fräulein Doktor Brandner ist keine Ärztin. Sie hat letztes Jahr ihren Doktor in Pharmazie gemacht. Eva Brandner ist die Nichte von Frau Palfner, meiner ersten Kraft.“ Der Pharmazierat lächelte. „Aber jetzt an die Arbeit meine Herren. Herr Hertling, sie werden Fräulein Doktor Brandner zur Hand gehen. Sie, Herr Steinhartinger bleiben besser im Offizin, Frau Palfner wird sie einweisen.“ Hannes warf mir einen triumphierenden Blick zu und eilte nach hinten. Während ich mich seufzend in mein Schicksal fügte und auf Kundschaft wartete. Die ganze Woche würdigte mich Frl. Dr. Brandner keines Blickes, obwohl ich meinen ganzen Charme ausspielte und mich bestimmt tausendmal entschuldigte. Aber alles half nichts. Hannes grinste immer unverschämter, er hatte mich anscheinend ausgestochen. Heute früh hatte ich bei Blumen Winkler einen großen Strauß dunkelroter Rosen gekauft und war schon viertel vor acht in der Marktapotheke. Ich hatte mich bis über beide Ohren verliebt. Die Blumen legte ich auf ihren Arbeitsplatz im Labor und schrieb "Von ihrem Verehrer" auf ein Blatt Papier. Den Zettel faltete ich zusammen und schob ihn in das Bukett. Dann lümmelte ich mich am Tresen und täuschte geschäftiges arbeiten vor. Fünf Minuten vor acht schwebte sie zur Tür herein, natürlich mal wieder ohne mich eines Blickes zu würdigen. Ich erwartete..., ja was erwartete ich eigentlich? Das sie mir um den Hals fallen würde, oder so ähnlich? Kurz nach acht hastete Hannes zur Tür herein, er schaute mich kaum an und verschwand im Labor. Seit wir in der Apotheke waren, redeten wir kaum noch miteinander. Ehrlich gesagt, ich war stinksauer auf ihn, ich war eifersüchtig wie Othello. Kurze Zeit später kam Frl. Brandner auf mich zu, zeigte mir die Blumen, meine Blumen und sagte zu mir „Sind die Rosen nicht wunderschön. Die sind von Herrn Hertel. Ja, es gibt noch Kavaliere, nicht alle Männer sind solche Flegel.“ Dabei schaute sie mich an, wie man ein lästiges Insekt mustert. Ich war sprachlos. Jetzt hatte sich dieser hinterhältige Kerl auch noch mit meinen Rosen gebrüstet. Und so etwas nannte sich Freund. Wütend knallte ich das Arzneibuch auf den Tresen. Das war ja zum heulen. „Was haben sie denn, Peter? Fühlen sie sich nicht gut, haben sie Kummer?“ Frau Palfner schaute mich mit schräggehaltenem Kopf an, ihre warme anteilvolle Stimme tat mir gut. Am liebsten hätte ich mich bei ihr ausgeheult. Sie war ein sehr mütterlicher, warmherziger Typ, und sie war außerdem ihre Tante. „Ich glaube, ich habe mich hoffnungslos verliebt. Aber ich habe keine Chancen, sie schaut mich noch nicht einmal an“, klagte ich. „In Eva, nicht wahr? Warum laden sie Eva nicht einmal zum tanzen ein. Eva tanzt leidenschaftlich gern. Ich glaube, sie mag sie auch. Warum sind sie nur so schüchtern?“ „Sie schaut mich ja nicht mal an“, murmelte ich. „Ach, Unsinn. Sie wartet auf ihre Einladung. Mit Hannes will Eva sie nur etwas eifersüchtig machen. Über die Rosen hat sie sich sehr gefreut. Wissen sie was, am Samstag ist eine Tanzveranstaltung im Grünen Baum in Grinzing. Laden sie Eva doch einfach ein.“ „Meinen sie“, fragte ich ungläubig. Dann fiel ich Frau Palfner um den Hals und drückte ihr einen dicken Kuss auf die Wange. Überglücklich pfiff ich vor mich hin. „Vögel, die am morgen pfeifen, holt am Abend die Katz“, hörte ich plötzlich ihre Stimme. „Warum so fröhlich, sonst sind sie doch immer so ein Miesepeter?“ „Weil ich heute Abend mit meiner Liebsten ausgehe“, entgegnete ich lachend.
Eingeschnappt fauchte sie mich an „Da wünsche ich aber viel Vergnügen. Kenne ich die Dame?“ „Sie steht neben mir“, erwiderte ich fröhlich. „Darf ich sie für heute Abend einladen, Frl. Doktor“, fragte ich zaghaft. „Im Grünen Baum spielt die Radstädter Blues Co.. Ich würde mich freuen, wenn sie mit mir kommen.“ Misstrauisch und überrascht schaute sie mich an. „Ist das ihr Ernst, und warum sagen sie eigentlich immer Frl. Doktor zu mir? Ich weiß noch nicht, vielleicht. Kommen sie doch um acht Uhr zu meiner Tante, oder rufen sie an.“ Errötend drehte sie sich abrupt um und eilte ins Labor. Ich könnte die ganze Welt umarmen vor Freude. Der Tag konnte gar nicht schnell genug vorüber gehen. Gott sei Dank war heute Samstag und die Apotheke schloss um eins. Ganz happy fuhr ich mit meiner Ente nach Hause. Immer zwei Stufen auf einmal nehmend eilte ich die Stiege hinauf. Hoffentlich ist die alte Vacek nicht zu Hause, die hätte mir gerade noch gefehlt. Ich hatte Glück, niemand da. Hannes machte heute Bereitschaftsdienst und Frau Vacek hatte einen Zettel hinterlegt. - Bin bei meiner Schwester, komme erst spät. – - Erst einmal stöberte ich in meinem Schrank und schaute nach einem gebügelten Anzug. Dann suchte ich Hemd und Krawatte, frische Wäsche und Socken heraus. Ich zog mich aus, nahm ein frisches Handtuch und meine Unterwäsche und lief nackt durch den Flur zur Dusche. Das mal kalte und mal heiße Wasser prasselte auf meinen Körper. Ich schäumte mich ein, schrubbte mich von Kopf bis Fuß, wusch meine Haare, dann spritzte ich mich lauwarm ab und sprang aus der Duschkabine heraus. Immer noch splitternackt musterte ich mich kritisch vorm Wandspiegel. Bis auf Bauch und Hüften, wo sich etwas Speck angesetzt hatte, war ich soweit zufrieden mit meinem Anblick. Neulich hatte mich Carola musternd in meine Hüften gekniffen und grinsend gemeint, du kriegst bestimmt mal einen fetten Arsch. Jetzt wurde das Rasiermesser gewetzt für eine 1a Rasur. Gott sei Dank ohne größeres Blutvergießen. Gerade war ich fertig, als draußen die Tür ging. Die Vacek wird doch nicht früher gekommen sein, da hörte ich auch schon ihre süßliche Stimme „Herr Peter, sind sie im Bad?“ Schon lugte auch ihre neugierige Nase durch den Türspalt. Gerade noch konnte ich mein Handtuch schnappen und vor meinen Körper halten. „Sind sie verrückt, können sie nicht klopfen? Ich habe nichts an.“ „Das sehe ich“, grinste sie anzüglich und schaute gebannt in den Wandspiegel hinter mir. „Ein schöner Rücken kann auch entzücken. Mein verstorbener Mann war hintenrum auch so knackig beieinander, zum anbeißen“, schwärmte sie und grinste immer breiter. „Sie brauchen nicht rot zu werden. Ich habe schon mehr nackte Männer gesehen.“ Entsetzt merkte ich erst jetzt, dass sie meine nackte Rückseite in voller Pracht im Spiegel sehen konnte. „Raus, sofort raus“, brüllte ich sie an. Die Vracek kicherte nur und ging absichtlich langsam, den Blick in den Spiegel gewandt aus dem Bad. Diese lüsterne Alte brachte mich noch zur Verzweiflung. Ich band mir das Handtuch um die Hüften, schnappte meine Wäsche, lugte vorsichtig um die Ecke und rannte in mein Zimmer. Ich hörte sie kichernd in der Küche hantieren. Die Alte ist verrückt, aber hoffentlich harmlos, dachte ich bei mir, und das Zimmer ist billig. Nachdem ich in meinen Anzug geschlüpft war, die Krawatte gebunden und die Schuhe angezogen hatte, fiel mir ein, dass ich vergessen hatte, einen Strauß Blumen zu kaufen. Jetzt aber los, am besten am Friedhof, die haben länger geöffnet.
Kapitel 2
Mit einem großen Strauß dunkelroter Rosen bewaffnet, klingelte ich bei Frau Palfner. Ihr Haus lag am Grinzinger Steig, etwas versteckt hinter einer hohen Buchsbaumhecke. Ich öffnete das schmiedeeiserne Tor, darüber spannte sich ein Rosenbogen, der über und über mit weißen Kletterrosen bewachsen war und betrat den Garten. Bis zum Haus waren es ca. 50 m. Links und rechts neben dem kiesbestreuten Weg erstreckten sich sorgsam gepflegte Blumenrabatten. Daneben verschiedene Obstbäume und Beerensträucher, Frau Palfner hatte offensichtlich einen grünen Daumen. Der Garten war sehr gepflegt und geschmackvoll. Ich lauschte dem Summen der Insekten, die Blumen dufteten, es war Sommer und ich bin über beide Ohren verliebt. Frau Palfner schien mich beobachtet zu haben, sie öffnete die Tür, ging die paar Stufen herunter und kam mir entgegen. „Herr Peter, sie träumen ja. Eva ist noch nicht ganz fertig. Kommen Sie, wir gehen ums Haus zur Terrasse. Oh, sind das schöne Rosen.“ Verlegen zupfte ich am Blumenpapier. Ich hätte Frau Palfner natürlich auch Blumen mitbringen sollen. Ich nestelte am Papier, aber sie bemerkte meine Verlegenheit und sagte mit ihrer warmen Stimme „Da wird sich Eva aber freuen. Sie ist schon den ganzen Nachmittag so aufgeregt. Sie haben ihr ganz schön den Kopf verdreht. Ich hoffe nur, dass sie es ehrlich mit ihr meinen. Sie ist schon einmal bös enttäuscht und sehr verletzt worden. Wenn sie ihr weh tun, bekommen sie es mit mir zu tun.“ „Ich liebe Eva, Frau Palfner. Ich habe mich in sie verliebt, als ich sie das erste Mal gesehen habe.“ Plötzlich ertönte Evas helle Stimme, „Da seid ihr ja, ich bin gleich fertig, muss mich nur noch kurz kämmen.“ Schon war sie wieder im Haus verschwunden. Wir setzten uns in die Polstersessel und Frau Palfner schenkte mir Kaffee ein und bot mir selbstgebackenen Kuchen an, einen Rührkuchen mit Kakao, mein Lieblingskuchen. „Langen sie nur tüchtig zu, in ihrem Alter kann man das noch vertragen.“ Dabei legte sie mir zwei große Stücke auf den Teller und gab noch ordentlich Schlagobers oben drauf.
Dann lächelte sie mir aufmunternd zu. Der Kuchen schmeckte ausgezeichnet, ich hatte den ganzen Tag noch nichts gegessen. Endlich kam Eva, und sie sah einfach bezaubernd aus. Eva lehnte sich zurück, die Rundung ihrer Hüfte zeichnete sich deutlich unter ihrem weißen Kleid ab. Einfach geschnitten floss es weich an ihrem Körper herunter und betonte ihre aufregend weibliche Figur. Dazu hatte Eva sich eine schwarze Stola umgehängt. Sie merkte, dass ich sie ganz überwältigt anstarrte und eine leichte Röte der Verlegenheit überzog ihr Gesicht. „Ich bin fertig“, sagte sie leise, „wir können gehen.“
Ich war noch immer ganz benommen von Evas zauberhaften Anblick. Sie nahm meinen Arm und wir verabschiedeten uns. Frau Palfner sah uns seufzend hinterher. Schwungvoll, ich hatte mich wieder gefangen, öffnete ich die Tür meiner Ente und half Eva ins Auto. Sie lächelte mich strahlend an und sagte „Ich freue mich schon auf unseren Abend. Ich tanze für mein Leben gern.“ „Hoffentlich trete ich ihnen nicht auf die Füße, ich bin nämlich nicht in Übung“, entgegnete ich etwas kleinlaut. „Ich bringe ihnen das schon bei“, lächelte Eva mich an. Der Grüne Baum war schon recht voll, aber ich hatte beim Ober einen schönen Tisch im Eck bestellt. Ich nahm Eva die Stola ab, rückte den Stuhl zurecht und setzte mich ihr gegenüber. „Was möchten sie trinken“, fragte ich und legte ihr die geöffnete Weinkarte hin. Wir suchten uns einen trockenen Burgenländer heraus und ich bestellte beim Ober. Die Musiker der Radstädter Blues Company betraten die Bühne und legten los. Die Musik fuhr uns sofort in die Beine. Gerade als ich Eva auffordern wollte, schenkte der Ober uns den Wein ein. Wir schauten uns lange in die Augen und prosteten uns dann zu. „Auf unsere Freundschaft“, sagte ich heiser. „Auf uns“, entgegnete Eva und wurde etwas rot dabei. Dann nahm ich sie bei der Hand und wir gingen zur Tanzfläche. Eva fühlte sich so leicht an, und die Wärme ihres Körpers übertrug sich auf meine Hände. Die Tanzschritte fielen mir wider Erwarten leicht und je länger wir tanzten, desto größer wurde die Harmonie zwischen uns beiden. Ich weiß nicht wie mehr lange wir auf der Tanzfläche waren und die Welt um uns vergaßen, Dann machten die Musiker eine Pause. Wir schauten uns an. Evas Gesicht war leicht gerötet und ihre Augen leuchteten. Auch ich war etwas außer Atem, als ich Eva zu unserem Tisch zurückführte. Eva trank hastig einen großen Schluck. „Ich habe einen ganz trockenen Hals“, flüsterte sie und sah mich dabei lange an. Eva setzte sich enger neben mich. Ich gab mir innerlich einen Ruck, fasste Mut und legte meinen Arm leicht um sie. Eva legte ihren Kopf an meine Schulter. Dann küsste ich sie.
Zuerst war es nur eine zarte Berührung. Nach kurzem Zögern erwiderte Eva meinen Kuss. Wir küssten uns lange und intensiv. Irgendwann mussten wir Luft holen und ich nützte die Gelegenheit und sagte ihr. „Eva, ich habe mich in dich verliebt. Gleich vom ersten Moment als ich dich sah.“ Eva lächelte nur und verschloss mir wieder mit ihrem Mund die Lippen. „Lass uns wieder tanzen. Es ist so schön.“ Die Musiker heizten ein. Der Rhythmus fuhr sofort in die Beine und ins Blut. Wir tranken noch einen Schluck Wein, dann legte ich meinen Arm um Evas Taille und führte sie wieder auf die Tanzfläche. Wir versanken ganz in der Musik. Der Sänger brachte jetzt langsame Schmusesongs. Eva kuschelte sich eng an mich und wir vergaßen unsere Umgebung und die Zeit. Plötzlich schaute ich auf, die Musik spielte nur noch für uns. Die Zeit stand still. Erhitzt und glücklich gingen wir wieder zu unserem Tisch, als die Band ihre Instrumente auf die Seite stellte. Ich bestellte noch eine Flasche Wein. Wir stießen miteinander an, und Eva prostete mir zu. Wir erzählten gegenseitig von uns und busselten zwischendurch immer wieder. Eva hatte einen leichten Schwips.
„Ich bin so müde Peterl . Ich kann nicht mehr, lass uns nach Hause gehen.“ Ich rief den Ober, bezahlte und er bestellte uns ein Taxi. Der Ober legte Eva mit einer Verbeugung die Stola um, und wir gingen engumschlungen nach draußen. Die Nacht war sehr mild, die Sterne leuchteten, der volle Mond schien und ich war glücklich. Wir setzten uns nach hinten. Ich gab dem Taxifahrer Evas Adresse. Eva legte ihren Kopf an meine Schulter und schlummerte ein. Ein leiser Seufzer und dann die gleichmäßigen Atemgeräusche verrieten mir, dass sie schlief. Wir erreichten das Haus ihrer Tante. Der Taxifahrer half mir, die festschlummernde Eva bis zur Haustür zu bringen. Was sollte ich jetzt tun? Ich konnte und wollte Eva nicht allein lassen. Frau Palfner war bei einer Freundin zum Bridge. Ich nahm Eva auf meine Arme und trug sie vorsichtig die Treppe hinauf in ihr Zimmer. Eva seufzte als ich sie auf ihr Bett legte. Vorsichtig zog ich ihr das Kleid und die Schuhe aus. Wie sie da so vor mir lag, überkam mich ein kaum bezwingbares Verlangen nach Eva.
Aber ich wollte und durfte die Situation nicht ausnutzen. Ich zog ihr Strümpfe, das Hemd, ihren BH und ihr Höschen aus und küsste sie zärtlich. Lange betrachtete ich Eva in ihrer verlockenden, süßen Nacktheit. Ihre kleinen festen Brüste hoben und senkten sich mit ihrem Atemrhythmus, ebenso ihr flacher Bauch. Die sanft geschwungene Kurve, die sich von ihrer Taille zu ihrem Po wölbte, erregte mich. Ich wollte mit ihr schlafen, aber nicht jetzt ihre Hilflosigkeit ausnutzen. Meine Hand strich über das weiche, warme Fleisch ihrer Hüfte. Ich atmete tief durch, dann streifte ich ihr das Pyjamaoberteil und
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Wolfgang Hengstmann
Bildmaterialien: Wolfgang Hengstmann
Tag der Veröffentlichung: 08.06.2013
ISBN: 978-3-7554-3347-7
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Als der liebe Gott die Welt erschaffen hatte, machte er den Menschen mit der toskanischen Küche ein ganz besonderes Geschenk.