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Soll der Andere sich doch zuerst entschuldigen!

Wer um Entschuldigung bittet, erlebt manchmal ein sanft geäußertes Dankeschön oder aber ein ironisches und triumphierendes Grinsen. Übel wäre ein unbarmherziges Abschmettern seiner Bitte um Entschuldigung. "Wie fieß können manche Menschen doch sein?", geht es Jenem durch den Kopf und entschließt sich womöglich, sich in Zukunft lieber nicht mehr bei Jemandem zu entschuldigen, um gar nicht erst in die Lage zu kommen, sich derartig gedemütigt fühlen zu müssen. Und das ist zunächst einmal, würde ich sagen, mehr als verständlich. Zunächst einmal!

Jedoch: Was er mit solch einer sich zugelegten Grundeinstellung anrichtet, ob er sich das vorstellen kann? Die meisten Menschen sind nämlich nicht nur auf eine Entschuldigung angewiesen, um ihr inneres Gleichgewicht wieder finden zu können, sondern sie hungern regelrecht danach, weil sie erstens eine Entschuldigung wie Balsam für ihre Seele erleben und zweitens dankbaren Herzens Entschuldigungen gut annehmen können und sehr fair danach reagieren würden. Würden..., jedoch kommt es so selten vor, dass jemand sie um Entschuldigung bittet.

Naja, und der Grund hierfür ist ja dann wieder der eingangs erwähnte: Aus Angst vor Verletzung und Demütigung trauen sich Viele gar nicht erst, eine Entschuldigung in Worte zu fassen. Hier beißt sich der Hund also selbst in den Schwanz.

Doch es gibt gemäß der Sozialen Kompetenzregeln tatsächlich die(!) Lösung für beide. Voraussetzung ist, dass auch Beide sie kennen, um sie anwenden zu können.

 Mich erreichten Zeilen von Jemandem, die mich noch länger beschäftigten und ich schrieb ihm das Folgende:

Falls du sofort nach einem Fehler von dir (z.B. falls das vorkommt, sich im Ton vergriffen zu haben) deine Partnerin um Entschuldigung bittest und dann mit dem Wunsch zum Analysieren beginnst, dann wäre dein Verhalten wirklich vorbildlich und es wär sehr schade, wenn deine Partnerin sich dann so anstellt.

Doch falls du mit dem Wunsch zu analysieren kommst, OHNE a) zuvor um Entschuldigung gebeten zu haben und ohne b) ihre die Entschuldigung akzeptierende Reaktion abgewartet zu haben, dann ist eine emotional geladene Reaktion deiner Partnerin das Normalste auf der Welt.

Nachdem ich mich oder jemand sich im Ton vergriffen hat, gilt es, sich zu entschuldigen und kein Wort weiter an den Satz zu hängen, bis(!) das Okay von dem Partner kommt, also bis die Enstschuldigung akzeptiert von ihm akzeptiert worden ist. Normalerweise passiert das sofort, 1 bis 2 Sekunden nach der Entschuldigung.

Ohne diese Reaktion abzuwarten und mit der Begründung/Analyse los zu legen (so habe ich es früher leider selbst meistens gehalten) provoziert man den Partner nur noch mehr. So zeigen es auch alle guten an der Realität sich orientierenden Filme.

1. Punkt: Der Fehler (z. B. sich im Ton vergriffen zu haben) ist durch Partner 1 passiert;

2. Punkt: Partner 2 zeigt sich gekränkt;

3. Partner 1 bemerkt seinen Fehler.

4. Partner 1 fühlt den Schmerz von Partner 2 und leidet mit.

5. Partner 1 tut sein Fehler leid.

6. Partner 1 sagt aufrichtig: Es tut mir leid oder entschuldige bitte ohen sonst noch weiter zu sprechen. Punkt aus und Ende. D. h. nach dem "Tut mir leid" kein Wort mehr, bis das Okay kommt.

7. Partner 1 wartet die Reaktion von Partner 2 hoffend auf Augenhöhe ab, ob seine Entschuldigung angenommen wurde.

8. Partner 2 (wenn es z. B. eine Frau ist) zeigt sich durch die Entschuldigung wie geheilt, erleichtert, sanft, dankbar, weil ihr Schmerz wieder weg genommen wurde und sagt etwas in dieser Art Verbindendes oder hat das Bedürfnis, jetzt auch bei sich selbst Fehler zu suchen, um den Fehler von Partner 1 zu minimieren. (Das können sich viele Männer nicht vorstellen, aber genau zu so etwas ist die Frau nach einer Entschuldigung vom Mann fähig.)

9. Partner 1 kann jetzt, nachdem sie sich wieder geheilt fühlt vom Schmerz der Verletzung, damit beginnen, zu analysieren, wobei dies nur gut geht, wenn er jeden Hauch von Vorwurf unterlässt und alles als Empfindung formuliert. Das ist das Geheimnis schlechthin.

"Ich fühlte es so", "ich dachte, es sei so gemeint", "ich verstand dich so", "mir war, als ob...", Am besten leitet man die Analyse mit einem Satz ein wie etwa: Ich kann mich auch irren, korrigiere mich dann bitte, aber folgendermaßen habe ich es verstanden: ...............

 

Wenn jedoch die Wörtchen "O entschuldige bitte" oder "tut mir aufrichtig leid", "das hätte ich nicht sagen dürfen" oder ein aufrichtiges "Entschuldigung" ausbleibt, bzw. wenn es zwar gesagt wird, aber OHNE das Akzeptieren ABZUWARTEN, dann ist die Katastrophe schon vorprogrammiert und nachvollziehbar, selbt für Ärzte und Hirnphysiologen.

Und es ist auch kein Wunder. Denn ohne das heilsame Wörtchen "Entschuldigung" kommt alles andere einer Fortsetzung der eingeleiteten Beleidigung oder Kränkung gleich.

Das habe ich früher nie verstanden. Ich glaube, ich brauchte einige Monate dafür, selbst nachdem ich es gelesen hatte.

Wie weit voraus du mir da bist, lieber Frend, oder ob du gar so denkst wie ich noch früher, und so eine Entschuldigung (im 1. Schritt für sich allein geäußert, also ohne etwas hinten an zu hängen, bis das Aktzeptieren der Partnerin erfolgt ist) nicht zu deinen Gewohnheiten gehört, weiß ich nicht.

Deine Freundin fordert sie. Vielleicht tut sie es ja in o.a. Sinn. Dann würde ein Ausbleiben sie logischerweise emotional sehr provozieren.

Vielleicht aber reagiert sie auch nicht in obigem Sinn und fordert eine Entschuldigung von dir auf primitive dich beherrschen wollende Weise. Das wäre arg und du hättest mein volles Mitgefühl.

Finde vielleicht so objektiv den Unterschied heraus. Und bedenke, der Schein kann trügen. Traue ihr nur die besten Motive zu.

Wie gut aber, dass ein Streit nur sehr selten gemäß deiner Worte vorkommt.

Vielleicht ist es dann die Anstrengung nicht wert, denkst du. Musst du selbst wissen.

Vielleicht bedurfte es meiner Wort diesmal auch gar nicht und die Bedeutung der oben genannten Punkte 1 bis 9 sind dir jeweils Punkt für Punkt längst klar.

Ganz übel, falls du dich zwar an diese Regeln (Soziale Kompetenz) hälst, aber deine Partnerin nie jene Entschuldigung formulieren würde, die sie von dir verlangt. Kann ich aber ja nichts dazu sagen.

Wer sich als Erster im Ton vergreift, ist dran mit dem "Entschuldigung"-Sagen besser noch damit, um Entschuldigung zu bitten.

 

Wer vergreift sich in folgender Szene im Ton?

 

Er sagt zu ihr, um den Standby-Verlust zu minimieren: "Würdest du in Zukunft vielleicht mal endlich daran denken, den Stecker raus zu ziehen? Jedesmal vergisst du das."

Sie: "Idiot!" (Nicht wegen des Inhalts seiner Worte, sondern wegen des Tons, in welchem er es ihr an den Kopf warf.)

Antwort auf die Eingangsfrage, wer sich als erster im Ton vergriffen habe:

Zwar vergreifen sich beide im Ton, maßgeblich ist jedoch, wer sich zuerst im Ton vergriff, heißt, wer als Erster, sich dessen bewusst, die Kränkung verursachte, und dieser ist dran, um Entschuldigung zu bitten.

Dass sie aus Schussligkeit den Stecker raus zu ziehen vergaß, geschah nicht, um ihn zu kränken.

Er also kränkte sie real und ist dran, sich als erster zu entschuldigen.

Es war nicht der Inhalt, sondern die Art, wie er es zu ihr sagte. In jeder Beziehung gilt Vorwurf als Gift für die Beziehung, als Schmerzauslösendes Element.

Wer einen Vorwurf formuliert, hat provoziert und den Anderen gekränkt. Egal, was der Auslöser war. Über den Auslöser kann man nachher noch immer sprechen, sachlich. Doch für den formulierten Vorwurf muss man sich entschuldigen, wenn man die Kränkung wieder gut machen möchte und um die Harmonie möglichst wieder her zu stellen.

Falls der Vorwerfende den Andern jedoch kränken wollte, weil er denkt, damit könne er etwas erreichen, dann irrt sich dieser und sollte über therapeutische Hilfe für sich selbst bzw. über Paarberatung nachdenken.

Ein Vorwurf liegt bereits dann vor, wenn die bekannten Wörtchen "immer wieder", "endlich mal", "schon wieder" usw. gefallen sind. "Hast du schon wieder die Autotür aufgelassen?" "Könntest du endlich mal...." "Immer wieder lässt du das Fenster auf, wenn es regnet."

Derjenige, der zuerst einen Satz in diesem Muster äußert, kränkt den Angsprochenen automatisch. Das wird allgemein so gelehrt und ist kein Gegenstand der Diskussionen mehr. Jemand, der so etwas sagt, ist dran mit der Entschuldigung, die so lauten kann: "O, entschuldige bitte, ich habe mich dir gegenüber im Ton vergriffen." Oder: "Tschuldige bitte." Das genügt manchmal auch schon, wenn man sich besser kennt und weiß, dass die Entschuldigung aufrichtig ist und vor allem, wofür sie gemacht wurde.

Nach der Bitte um Entschuldigung darf wie im vorigen Kapitel angeführt wurde, keine weitere Erklärung oder Rechtfertigung usw. erfolgen. Danach ist kurze und konsequente Pause, solange, bis der Andere die Entschuldigung akzeptiert hat.

Sollte der Andere mit dem Akzeptieren Schwierigkeiten haben, sei es, weil ihm natürliche Demut fehlt oder er den sich um Entschuldigung Bittenden demütigen möchte, dann ist ebenfalls eine Paarberatung nötig oder sogar thearpeutische Hilfe. Manchmal genügt auch ein Freund des Hauses, der als Paarberater wichtige Dienste leisten kann. Sollte dieser Partei ergreifen aufseiten in diesem Beispiel sich unfair verhaltenden Frau, ist dieser nicht geeignet.

Wer aufrichtig um Entschuldigung bittet, dem gebührt die Akzeptanz auf jeden Fall. Wer sie ihm verweigert, aus einem niederen Beweggrund heraus, und daraus auch noch Genugtuung zieht, braucht fachmännische Hilfe.

Es hieß vor Jahren in einem Neurologischen Lexikon, 75 % der Deutschen seien neurotisiert. Solche "Kleinigkeiten" wie im vorigen Abschnitt erwähnt, dürften als neurotisiertes Verhalten kenntlich zu machen sein.

Ich selbst verhielt mich früher nicht so, wie ich es hier empfehle und lernte die Kriterien von sozialkompetentem Verhalten innerhalb Jahren durch Seminare, Vorlesungen, Bücher und Artikel. Ich suchte nicht nach diesen Themen, nein, sie waren mir hier und da zufällig untergekommen. Was ich hier anführte, stammt also nicht von mir, diesmal. Es sind gängige Lehrpunkte, die jedoch vorwiegend an die heran getragen werden, die sich teure Seminare leisten können. Glück haben jene Menschen, die diese Prinzipien schon von Kindsbeinen an gelernt haben, sei es durch die Eltern oder andere gut ausgebildete Pädagogen und Pädagoginnen in Kindergrippen und Schule.

 

 

Regeln und Hilfen, woran Kränkungen zu erkennen und wie sie zu vermeiden sind

Einen offensichtlichen Fehler zugeben, wenn man die Augenhöhe verlassen hat, ist korrekt. Erst hinterher analysieren. Ansonsten hört es sich nach Ausrede an und nach Rechtfertigung und provoziert den Partner, sich wiederum zu rechtfertigen. Wann weicht man von der Augenhöhe ab? Wenn man sich entweder als Opfer aufführt: "Was du schon wieder von mir verlangst?", "Kann ich dir aber auch gar nichts recht machen?" oder wenn man sich als Überlegener oder Belehrender aufführt: "Kannst du nicht mal aufpassen?" "Habe ich dir nicht schon hundert Male gesagt, du sollst..." usw. (Transaktionsanalyse nach Eric Berne) Oder wenn man verletzend sprich zynisch war usw. Verletzt durch Worte hat man entweder den Andern tatsächlich oder der Andere fühlt sich lediglich verletzt.

Und hier wird es nicht selten schwierig. Da läuft es nur mit Demut und grundsätzlicher Bereitschaft zur Einsicht auf beiden Seiten optimal.

Wenn einer von beiden grundsätzlich Recht behalten will, dann geht es fast nur mit einem Seminar oder einer Paarberatung. Vom Partner selbst lässt derjenige es sich nicht sagen, was eigentlich sozialkompetent korrekt ist und was nicht. Doch sehr schön ist es dann, wenn sich heraus stellt, dass der Berater im Grunde das Gleiche sagt wie man selbst immer wieder es versucht hat, jedoch erfolglos. Nachträglich kann der beratene Partner oder die Partnerin nicht anders, als demütig und vielleicht humorvoll zuzugeben, dass das Gleiche doch auch schon immer ihr Partner zu ihr gesagt und sie es aber nie kapiert hatte. Dann ist das Wildpferdchen gezähmt, weil es das Prinzip verstanden hat.

Doch du kannst auch in guten Filmen, die ans Leben ja oft sehr schön angelehnt sind, feststellen, dass der Hauptdarsteller, einer mit wirklich gutem Charakter, sich sofort entschuldigt, sobald er merkt, die Partnerin fühlt sich durch ihn verletzt. Ihm ist es sogar egal, ob sie sich nur verletzt fühlt oder er sie aus Versehen verletzt hat. Sich für alle Fälle bei der Liebsten entschuldigen, ist das Mindeste, auch weil er es nicht ertragen kann, wenn sie, aus welchen Gründen auch immer, leidet und sogleich Abhilfe schaffen möchte.

Oft antwortet sie dann sogar, ihn beruhigend, dass sie selbst allen Grund hat, sich bei ihm zu entschuldigen. Da kommt also der Eine dem Andern zuvor und beeilt sich, den andern nicht länger leiden zu lasssen wegen dessen oder deren Schuldgefühle und kann nicht anders, als ihn oder sie zu trösten.

Somit wäre es ideal, wenn sobald der Andere sich aufregt, sofort zu fragen, habe ich dich mit irgend etwas aus Versehen gekränkt? Dann würde mir das leid tun. Sag mir, was ich in deinen Augen hätte anders sagen oder tun können? Dann nimmt man dem Andern auch die dumme Angst davor, wie er es formulieren soll ohne Vorwürfe. Wenn man quasi um eine Erklärung bittet, wo man etwas falsch gemacht oder getan oder gedacht sogar haben könnte, dann kann es kaum noch schief laufen. Da bekommt das Sprichtwort "Wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden" sehr schön Leben eingehaucht, finde ich. Es geht auf jeden Fall darum, dass es einen selbst schmerzt, wenn der Partner sich durch was auch immer verletzt, gekränkt, irritiert, gedemütigt, falsch verstanden, bevormundet usw. vorkommt. Dann überlegt man kurz, habe ich mich etwa eben gerade aus Versehen im Ton vergriffen? Wenn das so war, sagt man einfach so schnell und aufrichtig wie möglich, dass es einem Leid tut, sich tatsächlich im Ton vergriffen zu haben. Dann wartet man aber zuerst die Reaktion ab und darf nicht gleich nach der Entschuldigung loslegen mit der Begründung, deshalb und deshalb.

Erst wenn der Andere einem ein erleichtertes und dankbares Lächeln geschickt hat wegen der Entschuldigung, erst dann macht es Sinn überzuleiten zum Erklären, wieso und warum. Jede Art von Vorwurf muss, so lernt man es auch überall, vermieden werden, konsequent. Nur die eigenen Gefühle beschreiben ist okay und wie man etwas meint verstanden zu haben.

Also auf keinen Fall sagen sollte man: "Du hast mich von oben herab behandelt,", sondern ich habe mich von oben herab behandelt gefühlt. Man kann auch jeder Erklärung voraus schicken, dass man sich auch irren kann, aber dass man es so oder so empfunden hat. Das Geheimnis ist, aufrichtig in Erwägung zu ziehen, dass man selbst derjenige war, der die Irritation jetzt grade rein gebracht haben könnte, durch ein falsches Wort, eine abwertende Geste oder durch etwas Zurückgehaltenes, das angebracht gewesen wäre.

Wenn der Partner diese Grundeinstellung mitbekommt, dann verliert sich sämtliche Verkrampfung dahingehend, dass man Angst hat, den Andern zu verletzen. Denn diese Angst lässt einen obendrauf auch noch verkrampfter wirken und automatisch gleicht Verkrampfung im Gesicht oder der Körpersprache ein wenig einem Vorwurf, den es aber auf alle Fälle und immer zu vermeiden gilt. Anstatt Vorwurf, also unbedingt stets nur die eigenen Gefühle beschreiben und niemals in behauptender Form, sondern, dass man es so oder so empfand. Aber nicht, dass man es so und so sehe. Das ist schon wieder fast eine Behauptung."Ich kann mich auch irren, ich habe es jedenfalls so und so empfunden...und mich dadurch verletzt gefühlt, weil ich dich so und so verstanden hatte. Doch falls du es anders gemeint hättest, dann tut es mir leid, dass ich dir das zugetraut habe, ich sollte es ja besser wissen, wie fair du doch bist...."

Solche Sätze versöhnen ungemein und laden zu angenehmem Analysieren ein. Falls du das genau so handhabst, deine Partnerin dich dennoch beschneidet, dann wäre das sehr schlimm und nur wirkliche Liebe oder die einem innewohnende Art eines Psychiaters kann damit leicht klar kommen, denke ich, und drüber stehen, wo man eigentlich als Unterlegener sich fühlen dürfte, weil die Frau sich aufblähte.

Falls aber nur eine Sache drunter sei, die du bis jetzt nicht beherzigt hast, dann würde das schon genügen, die Partnerin zu verletzen. Das glauben die Männer meistens kaum. Doch es ist in den meisten Fällen so einfach. Jedes oben genannte Teil kann, wenn es anders gehandhabt wird, den Motor zum Stehen oder Explodieren bringen. Gut, ich musste das auch erst lernen vor Jahren. Wie war ich so gutgemeint rechthaberisch drauf. Dann las ich von Marshall B. Rosenberg "Die Sprache des Friedens sprechen" und fasste es kaum, was der behauptete und wozu er dringend riet. Lange musste ich üben und brauchte lange, um umzudenken. Durch deine Beiträge denke ich bis jetzt jedoch, dass du jeden Punkt, wie oben angeführt, berücksichtigst, von deiner Seite aus oder mir sogar in dem einen oder anderen voraus bist. Warum nicht.

Ist eine prophylaktisch nur halbherzig formulierte Entschuldigung besser als keine?

Diese Frage wurde an mich heran getragen:

>>Zumeist ergibt sich die Problematik ja aus einem reinen Missverständnis das in den eigenen Erfahrenserlebnissen verwurzelt ist und schaukelt sich dann eben hoch.

Die provokante Frage, die sich jedoch konsequenterweise daraus ergibt ist, sollte man zuerst versuchen das Missverständnis aufklären und somit zu analysieren, oder aber gleich vorweg, quasi prophylaktisch sich entschuldigen?<<

 Das ist eine wichtige Frage. Inzwischen wurden mehrere Modelle aus der TA heraus entwickelt.Ich kenne und bevorzuge noch das ursprüngliche Modell und beobachte es auch so in den guten Filmen berücksichigt, die ich schon hier ansprach, in denen Mr. und Mrs. Perfekt ebenso optimal reagieren, was das Bitten um Entschuldigung betrifft.

Als Veranschaulichung: Wenn sich zwei Menschen, Frau A und Mann B, sachlich unterhalten und dabei kein wunder Punkt berührt wird, geschieht dies auf der R-Ebene. R steht für das reflektierende Element.Neben dem R-Element gibt es noch zwei weitere: Das L-Element - das belehrende von "Lehrer" und das K-Element - das kindhafte. Im Kindhaften reagiert man trotzig, schmollend, weinend, gekränkt, schüchtern, resignierend usw.Auf Augenhöhe sein heißt, sich auf beiden Seiten auf der R-Element-Ebene zu unterhalten. Sachlich ohne Irritationen, die aus dem L-Element oder dem K-Element winken.

Sobald einer der beiden Gesprächspartner die Augenhöhe - meist unbewusst und infolge einer passiv empfundenen Kränkung - verlässt verlässt und sich entweder ins L-Element oder ins K-Element begibt, begeht er, so heißt es, automatisch eine Kränkung des Gegenübers. Dieses Gegenüber jesoch braucht sich nicht gekränkt zu fühlen, je nachdem, über wieviel Empathie oder z. B. Humor es verfügt. Solange kein wunder Punkt berührt wird, erfolgt auch meist nicht das Gefühl einer Kränkung. Doch wenn beide Komponenten zusammen fallen, wenn a) der eine von Beiden das R-Element bzw. die reflektierende sachliche Ebene verlassen hat und b) beim Andern dessen wunden Punkt berührt hatte, erlebt mindestens einer von beiden jene Kränkung und sehr wahrscheinlich nach wenigen weiteren Worten oder Sätzen trifft es auch den Anderen.

Beide fühlen plötzlich das Recht, sich durch den anderen gekränkt fühlen zu dürfen. Wie Justin schreibt, ist es hier sehr schwierig, für die Betroffenen heraus zu finden, wer zuerst wen gekränkt hatte. Dennoch gib es nur Einen, der als erstes die Augenhöhe bzw. das R-Element verlassen hat.Natürlich oder nicht unbedingt mit Absicht. Es kommt auf den Einzelfall an. Es kann ohne Absicht passiert sein oder auch mit Absicht. Was jetzt aber keine Rolle spielt, weil wir niemandem böse Absicht unterstellen.Frau A verließ die Augenhöhe z. B. nach unten eindeutig als erste im folgenden Beispiel, indem sie zu ihm sagt: "Ich habe gedacht, du bringst mir mein Lieblingseis mit, du weißt doch, ich mag kein Walnusseis."Hier empfindet sie sich als Opfer. Sie will ihren Mann nicht kränken, doch fühlt sich gekränkt, weil er nicht aufmerksam genug war, sich damals vor drei Monaten gemerkt zu haben, dass sie Nusseis liebt, aber kein Walnuss-, sondern Haselnusseis, und sogar Walnusseis hasst. Normalerweise kann sie das nicht ernstlich erwarten, dass er sich daran erinnern müsste. Sie überfordert ihren Mann dadurch offensichtlich. Doch sie liebt an ihm gerade diese Aufmerksamkeit und stellte schon oft bewundernd fest, woran er sich alles erinnern kann. Sie war sich sicher, dass er ihr damals sehr aufmerksam zugehört hatte, als sie sich über ihr Lieblingseis unterhalten hatten. Egal nun ist, wer sich zuerst gekränkt fühlt. Es kommt, was die Frage des Entschuldigens betrifft, allein darauf an, wer sich zuerst als der den Anderen kränkenden Teil verhält.

 Dies war eindeutig die Frau. Sie wirft dem Mann etwas vor aus ihrem K-Element heraus und schmollt wie ein enttäuschtes Kind. Sie irritiert ihn, bringt ihn aus seiner freudigen Stimmung heraus, bringt ihn aus dem Gleichgewicht. Sein PH-Wert verändert sich nachteilig. Sein Immunsystem wird beeinträchtigt. Sein Blutdruck vielleicht auch noch. Falls dieser Vorwurf von ihr aber in keinster Weise seinen wunden Punkt getroffen haben würde, reagiert er relativ gelassen und kann sich sogar ohne, dass es ihm gegen den Strich geht, bei ihr entschuldigen, sieht ihr also ihr kindisches Verhalten nach. So aber nicht, wenn sie seinen wunden Punkt traf, dann äußert sich dies so, indem er das R-Element verlässt und entweder ins L-Element nach oben ausweicht, also ins Belehrende oder ebenfalls ins K-Element, ins Kindhafte trotzig abrutscht. Sie war allerdings eindeutig diejenige, die ihn als erstes dazu provoziert hat. Somit ist sie an der Reihe, sich dessen schnell zu besinnen und sich zu entschuldigen, selbst, wenn sie diese schmerzliche Enttäuschung in der Brust fühlt. Sie darf, wenn sie fair sein will, ihm nicht einmal Absicht unterstellen oder es ihm zutrauen. Damit würde sie ihn noch mehr kränken. Und er würde es an ihrer Mimik ansehen.

Sie besinnt sich, und erkennt an seinem Gesicht, dass sie ihn offensichtlich gekränkt hat. Sie liebt ihn und drängt ihren eigenen kleinen Schmerz zurück und entschuldigt sich bei ihm. Sie schnattert aber nicht hinterher drauf los, weshalb sie enttäuscht war. Sie sagt nur das Wörtchen Entschuldigung, sonst nichts und schaut ihn an. Was hiernach passiert, kann man sich leicht vorstellen. Sie kam von selbst wieder demütig auf die Augenhöhe zurück nimmt somit die Kränkung zurück. Er fühlt sich wieder rehabilitiert. Er hat auch Achtung vor ihr, weil sie sich entschuldigt hat. Jetzt hat er Luft, aber auch sie, viel mehr sachlich über die Sache nach zu denken. Es hat ja kein Weltuntergang statt gefunden, kein Rauswurf aus der Wohnung, keine Kündigung einer Arbeitsstelle, kein Unfall und nichts wirklich Schlimmes. Es war eine so große Kleinigkeit, dass man vielleicht nicht einmal mit der Freundin traut darüber zu sprechen. Doch es tut, weil es halt der wunde Punkt war, höllisch weh und man weiß nicht einmal, was daraus von beiden gemacht wird, wie weit man sich gegenseitig noch verletzen wird im weiteren Verlauf des Streits. Da liegt die Gefährlichkeit darin, nicht im Anlass. Aus welchem Holz ist man selbst und aus welchem der Partner? Wie primitiv kann es werden oder wie konstruktiv hat man es drauf zu streiten? Man lernt sich und den Anderen auf jeden Fall ein gutes Stück näher kennen, ob zum Guten oder Schlechten ist vielleicht noch offen. Nachdem sie jedenfalls um Entschuldigung bat, braucht er sich nicht mehr zu verteidigen, denn bei jedem Vorwurf an einen Anderen gerichtet, drängt man diesen ja gleichzeitig in die Rolle, sich rechtfertigen zu wollen. Ist doch nur natürlich.

 

Nur sehr wenige schaffen es konsequent und immer, dann demütig über ein vorkommendes kindische Verhalten der Frau hinweg sehend zu reagieren und z. B. ohne Arroganz oder schauzuspielern, zu sagen "O entschuldige bitte. Aber ja, jetzt kommts mir wieder, da war doch was, liebe Frau, jetzt erinnere ich mich, dass du Walnusseis hasst und Haselnusseis dein Lieblingseis ist. Das habe ich doch glatt total verwechselt, ich habe dich wollen überraschen, entschuldige bitte." In dem Fall durfte er nach der Entschuldigung natürlich weiter sprechen, weil keine Rechtfertigung erfolgte, sondern voll die Einsicht beschrieben wurde.So eine Reaktion wäre natürlich optimal und der Traum einer jeden Frau, vor allem, wenn sie öfter mal von der Augenhöhe abrutscht, ob nach unten oder oben und sie daran nicht sehr viel ändern kann.

Nach oben die Augenhöhe verlassen würde sich darin äußern, dass sie belehrend daher kommt, während sie das falsche Eis auspackt. Sie könnte dann sagen: "Das kannst du selber essen. Kannst du denn nie zuhören, wenn ich dir was erkläre? Du musst dich doch daran erinnern, dass ich dir noch vorigen Monat klipp und klar erklärt habe, weshalb ich Walnusseis hasse, dafür aber Haselnusseis liebe!!" Und ein entwürdigendes Kopfschütteln hinterher kränkt den Mann dann natürlich heftig, selbst wenn es keinen wunden Punkt in der Richtung zuvor gegeben haben würde bei ihm.-------------------

Das Ganze andersrum ist natürlch auch möglich. Manche Männer reagieren bereits auf von der Frau informativ gestellte Fragen so, als handle es sich um Forderungen an ihn. Die Frau würde kein Problem mit einem sachlich formulierten Nein haben, doch er bildet sich ein, sie würde kein Nein akzeptieren und wehrt sich im Vorfeld gegen ihre Forderung, die jedoch keine ist. Ha. Wenn er sie dann anschreit und womöglich fragt, was sie denn noch alles von ihm verlange, dann ist es wohl klar, dass sie sich wehrt mit Worten. Und bald darauf fühlt er sich noch mehr überfordert, weil er ihr doch alles Recht machen will, nun aber so viel Undank von ihr entgegen gebracht bekommt und Unzufriedenheit und so alles. Sie aber will ihm, während sie sich nun auch schreiend geworden wehrt, nur versichern, dass sie nichts von ihm will, dass er nur nicht schreien solle, dass es eigentlich kein Probleme gebe, dass nichts passiert sei, dass er nur aufhören solle, zu schreien. Und dass sie dieses Gespräch mit einer normalen Frage begonnen habe, auf das sie eine sachliche Antwort verdient habe, aber keine im schreienden Ton. So habe er sie aber hingestellt, als habe sie ihn angegriffen oder überfordert.

Er besteht darauf, dass sie genau das getan habe. Sie sagt weinend, dass sie doch sein Nein akzeptiert haben würde, wenn es nur sachlich gekommen wäre. Daran stört sie sich, an seinem Ton, nicht an seinem Nein. Er fragt dann, wieso sie denn dann noch so am Rumdiskutieren sei, sie solle gefälligst sein Nein akzeptieren und Ruh ist.Solche Sachen kommen jedoch auch bei Studierten vor, nicht wie ich unten las, nur bei ungebildeten Menschen. Da liegt etwas ganz anderes im Argen. Ein tiefes Missverständnis zwischen Mann und Frau nämlich. Darüber schreiben diese "neuen" Bücher sehr schön. Vor 20 Jahren konnte ich sie noch "neu" nennen, sind sie ja heute nicht mehr. Bis hier her erst mal.

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 27.12.2013

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