Teufelstochter
Noch einmal zog sie kräftig am Schnürwerk ihrer schwarzroten Korsage, ehe sie in den großen Spiegel blickte und sich vergewisserte, dass ihr heller Puder das Veilchen unter dem linken Auge verbarg. Hades sollte ihre Verletzung unter gar keinen Umständen entdecken. Ansonsten würde er solange mit ihr diskutieren bis sie ihm den Namen und den Grund des Täters nannte. Doch genau das, nämlich das der Teufel seine Tochter verprügelte, damit sie sich nicht mit dem Herrscher der Unterwelt treffen konnte, würde dazu führen, das sie ihn nie wieder sehen konnte. Dazu kannte sie ihren Geliebten viel zu gut. Zwar liebte er ihr schwarzes, kräftiges und langes Haar, ihre blasse, fast weiße Haut mit dem silbrigen Schimmer und ihren roten Augen, aber sobald er sie in Gefahr brachte oder seinen Ruf geschädigt wurde, nahm er lieber Abstand. Sein Stolz war das einzige was Demonia an ihm störte und natürlich seine Frau, die Persephone, Göttin des Todes und der Unterwelt zugleich. Obwohl die Frau des Hades von dieser Beziehung wusste, sah sie es nicht ein, sich so einfach von der Teufelstochter, dem Schlammblut wie sie Demonia nannte, vertreiben zu lassen. „Irgendwann bekommt sie ihre Strafe.“, knurrte Demonia vor sich hin, während sie ihre Gedanken abschloss und ihre Kammer verließ. Schnellen Schrittes hetzte sie durch den dunklen Säulengang an dessen Wänden die Fackeln rote Schimmer hinterließen. Hastig blickte sie immer wieder über ihre Schulter, ehe sie schließlich die schmale, in den dunklen Stein gehauene, Wendeltreppe hinunter hechtete, sofort rechts abbog und die zweite schwere Holztür aufschloss. Dahinter verbarg sich ein in dunklem Nebel liegender Garten, ein Steingemäuer bildete eine Art Gang, die Querbalken waren aus Holz, geziert von roten Rosen. Verträumt tastete sie nach den Dornen der Rosen, strich leicht darüber, ehe sie an einem der Pfosten gelehnt stehen blieb. Es dauerte nicht lange, da spürte sie kalte Hände um ihre Taille und einen eiskalten Kuss im Nacken. Langsam drehte Demonia ihrem Liebsten den Kopf zu, ehe ihre Hände um seinen Nacken legte und seine bläulich schimmernden Lippen versiegelte.
Nach einer Weile beendete sie den innigen Kuss und blickte in seine bläulich grauen Augen, in denen man einen See vermuten konnte. „Wie du weißt ist es im Menschenreich immer noch Frühling und Persephone wird erst im Winter wieder bei mir sein. Da sie mir bisher immer noch kein Kind geschenkt hat, gebe ich nun dir die Chance mir einen Sohn zu schenken. Erfüllst du diese Bestimmung, so werde ich meine Gemahlin verbannen und dich zur Frau nehmen.“, sprach er mit bebender Stimme, sogleich vergrub Demonia ihren Kopf in seinen Armen und lächelte.
Grade hob sie ihren Kopf aus seinem Griff und wollte ihm antworten, doch ein bekanntes Geräusch riss sie zurück in die Realität. Die schwere Holztür, welche sie bei ihrem Eintreten in den Garten passiert hatte, schnellte mit einem tosenden Geräusch auf, dahinter, in grauen Nebel getunkt der Teufel. Seine rote Haut, die schwarzbehaarten Beine, die kleinen Hufen an deren Ende und die kleinen, geschwungenen, schwarzen Hörner an seiner Stirn waren von Schweiß übersät. Seine schwarzen Augen funkelten das Paar böse an, mit einem Schnauben rannte er auf beide zu, jeder Muskel in seinem Körper schien angespannt, bereit zu vernichten.
Mit angstgeweiteten Augen blickte Demonia zu Hades empor, welcher verwirrt erst zu ihr und danach zum Teufel sah, welcher immer näher kam. „Ich nehme das Angebot an, bitte bleib hier und versuche mit Vater zu reden!“, flüsterte Demonia dem Herrscher der Unterwelt zu. „Es tut mir leid Demonia. Ich kann das nicht. Verzeih mir.“, mit diesen Worten wandte er sich von ihr ab und verschwand in einem bläulich grauem Nebel.
Traurig und sich von allein gelassen fühlend blickte Demonia nun in die schwarzen, fast glühenden Augen ihres Vater, welcher unmittelbar vor ihr stand. „Was denkst du dir eigentlich dabei dich jedes Mal mit diesem Kerl zu treffen, wenn du doch deinen Aufgaben nachzugehen hast!“, brüllte er, holte aus und verpasste ihr einen Faustschlag in die Seite. Als sie sich vor Schmerzen windend immer noch nicht dazu äußerte hagelte es noch ein paar Hiebe, ehe er mit seiner Strafe fortfuhr. „ Damit du nun endlich merkst was deine Aufgabe ist und wohin du in der Rangstellung gehörst, werde ich dich mit einem der Todesengel ins Menschenreich schicken. Dort wird dir das Lachen dann schon vergehen. Bis zum neuen Jahr musst dort nun hausen, eher lasse ich dich nicht zurückkehren. Und nun wasch dich und kleide dich normal an. Semio wartet im Tal der Seelen auf dich. Nimm ausnahmsweise mal Pilgrim, er ist schneller als dein Pferd.“, mit diesen Worten ließ er sie auf dem Boden liegen, warf ihr noch einmal einen kalten Blick zu, ehe er mit einem kräftigen Schlag die Tür hinter sich zuschlug.
Ein kurzer Wimpernschlag ließ Demonia vermuten, das sie nun wieder soweit fit war, das sie sich aufmachen konnte um den Anweisungen ihres Vaters zu folgen. Vorsichtig stützte sie sich auf ihren Armen ab und setzte sich auf. Ihr Schädel brummte, war sie doch mit voller Wucht auf den Steinboden geschlagen worden. Erschrocken bemerkte sie ihre blutigen Hände und fasste sich sofort aus Reflex an die noch blutverschmierte Nase. „ So ein Mist.“, fluchte sie leise, ehe sie sich emporhob und den Garten schwankend verließ.
In ihrem Zimmer angekommen ließ sie sich lauwarmes Wasser in ihre in den schwarzen Stein gehauene Wanne ein. Müde und mit den Nerven am Ende, ließ sie die Kleidungstücke von ihrem Körper gleiten und stieg hinein. Der weiße Schaum brannte leicht auf einer kleinen, etwas älteren Wunde. Mit den Gedanken bei Hades letzten Worten wusch sich die Teufelstochter, ehe sie in ein schwarzes, langes einfaches Kleid schlüpfte, darüber eine schwarze Mönchskutte zog, wessen Kapuze ihr Gesicht verbarg. Ihren kleinen Dolch, zusammen mit dem Amulett ihrer Mutter, verstaute sie in einer kleinen Gürteltasche welche sie sich nun umlegte. Unruhig verließ Demonia nun ihre Kammer, lief den Säulengang herunter, bog links ab und nahm die nächste Tür. Dahinter befanden sich die teuflischen Stallungen ihrer Familie und des Heeres. Pilgrim, der schwarze Friese ihres Vaters, welcher in einer Schacht einst ein Auge verlor, wartete schon ungeduldig darauf, das sich Demonia auf seinen blanken Rücken schwang und mit ihm davon preschte. Da der Rappe bereits seinen Zaum trug, führte ihn Demonia schnell heraus auf den Vorhof der Festung, inmitten der dunklen Grotte und schwang sich auf dessen Rücken. Mit einem schrillen wiehern stieg Pilgrim, als Demonia ihm ihre Fersen in die Flanken stieß. Mit donnerndem Hufschlag galoppierten sie hinaus aus der Festung, über ehemalige Schlachtfelder auf denen verbrannte Reste von einem Wald zu sehen waren, hinab zum Tal der Seelen.
2. Kapitel
Heiße Tränen aus Trotz und Trauer liefen ihre Wangen entlang, während der edle Hengst über den verkohlten Boden eilte und schließlich zum stehen kam. Langsam hob Demonia den Blick und sah an Pilgrims rechter Seite eine schwarze Gestalt stehen, welche ihr die Hand reichte.
"Du musst wohl Demonia sein. Wenn ich mich vorstellen darf, ich bin Semio, der Todesengel, der dich den Rest des Jahres betreuen muss." und schlug seine Kaputze zurück. Zum Vorschein kamen schwarze strubbelige Haare, ein markantes Gesicht, blaue Augen sowie eine blasse Haut. " Jawohl, mein Name ist Demonia, wie ihr schon sagtet.", mit diesen Worten zog sie ebenfalls ihre Kaputze vom Kopf und nickte ihm zu. "Und was werden wir jetzt tun?",sprach die Teufelstochter überlegt aus. " Dein Vater will, das ich dich mit ins Menschenreich nehme. Dort sollst du dann zuerst einmal miterleben was ich täglich tue.", erklärte ihr Semio, während er seine Kaputze wieder in sein Gesicht zog und ihr den Rücken zuwandte. " Menschen töten also.", riet Demonia die Aufgabe des Todesengels. "Nein. Sterben tun sie schon von allein. Nur muss sie jemand in die Hölle oder das Totenreich bringen. DAS ist meine Aufgabe.", erklärte er , während er auf ein dunkelgraues kräftiges Pferd stieg und dieses neben Pilgrim lenkte. Als die Teufelstochter Semio nun abermals von hinten sah, musterte sie ihn dieses mal sorgfältiger und ihr fiehlen dabei die starke Wölbung an seinem Rücken auf, dort, wo vermutlich seine Flügel saßen. Seine Figur war gut durchtrainiert und wohl geformt, er war groß und schlank, aber nicht zu sehr. "Kommst du?", riss sie die sanfte, aber fordernde Stimme von Semio, Demonia aus ihren Beobachtungen aufschrecken und bemerken, das er schon einige Meter von ihr entfernt ritt." Ich komme!", versicherte sie schnell und galoppierte auf ihn zu, worauf dieser seinem Pferd ebenfalls Power gab, sodass es eine ganze Weile im gestreckten Galopp an ätzenden Mooren vorbei oder durch dunkle Nadelwälder mit Fledermäusen sowie Schneeeulen ging. Hin und wieder warf Semio ein Auge auf seine Begleiterin um sich zuvergewissern, das sie auch sicher an der Pforte zwischen den beiden Welten ankommen würde.
Nach dem mehrstündigen Ritt war es nun endlich soweit, zwei Sensenmänner im Skelett und leeren Augen standen neben einem alten verrostetem, schön geschnorkeltem Tor und musterten die beiden ankommenden Gestalten. Semio stieg vom Pferd um sich mit den beien Wächtern der Pforte zu verständigen, während Demonia sich ein wenig verängstigt in die Mähne des geliebten Pferdes krallte. Sie konnte zwar sehr gut die Unnahbare spielen, in Wirklichkeit hatte sie aber große Angst vor dem, was ihr nun bevor stehen mochte. Erleichtert atmete sie schwer aus, als Semio nun endlich wieder neben ihr auf sein Pferd stieg und durch das nun geöffnete Tor passieren durfte.So langsam kam es Demonia vor, als ob sie sich nur noch in der Gegenwart von Semio sicher fühlen konnte.
Auf der anderen Seite des Tores kam dunkler grauer Nebel auf. Neugierig sah Demonia sich um und erkannte die Umrisse eines kleinen Gehöftes, andessen umliegenden Feldern sie grade vorbeiritten."Wen holen wir denn ab?", erkundigte sie sich bei Semio, um wieder einmal seine beruhigende Stimme zu hören. "Den Bauern Klöpel. Er ist schon seit ein paar Tagen an der Pest erkrankt, seine Familie, Frau und 5 Kinder, haben es ebenfalls, sie stehen als nächstes auf unserer Liste.", entgegnete ihr Semio kühl, während er sein Pferd vorwärts trieb. " Und wohin wird er kommen? In die Hölle oder ins Totenreich?", wollte Demonia von ihm wissen, ehe sie die Pferde hinter dem Haus anbanden. Semio schwieg als sie um das einfache Haus herumliefen, zur Eingangstür. Davor räusperte er sich und antwortete nun:" Wenn jemand in die Hölle kommt, werden wir von einem Sensenmann begleitet." und klopfte an die Tür.
Mit einem vorsichtigen Blick öffnete ein kleiner Junge in zerissenem, viel zu großem Hemd die Tür, durch den Türschlitz konnte man sehen das es drinnen bereits dunkel war und die Familie wohl bereits geschlafen hatte. "Was wollt ihr?", fragte der Junge und sah sie mit großen Augen an. "Führ uns zu deinem Vater, Edmund.", bat ihn Semio mit sanfter und liebevoller Stimme, das Demonia nicht ganz wusste was sie von ihm halten sollte. Vorhin beim berichten seiner Aufgabe war er total kühl und herzlos gewesen und nun erweckte es den Anschein, als ging das ihm hier alles sehr nahe.
Kurz zögerte der Junge, ehe er die Tür öffnete und voran lief. Semio trat ein, während sich Demonia unsicher umsah, schließlich aber doch eintrat. Mittlerweile hatte der kleine Edmund auch schon seine Mutter geweckt, welche mit einer fast abgebrannten Kerze neben dem Bett ihres Mannes saß und dessen Hand hielt. Im Rest des Raumes lagen zwei Kleinkinder zusammen auf einem Strohsack, ein älterer Junge stand hinter der Mutter, hatte dessen Hand auf ihrer Schulter liegen, ein etwas älteres Mädchen saß zu deren Füßen, während Edmund sich zu ihr setzte und sich an sie kuschelte. Der Mann, den wir holen sollten sah wirklich alles andere als lebendig aus. Er war bis zum Hals in Kartoffelsäcke gehüllt, die ihm als Decken dienten, zitterte am ganzen Körper und litt wohl unter starkem Fieber, die Augen stark geweitet. Vorsichtig trat Semio an ihn heran, legte seine Hand auf das Herz des Mannes. Binnen ein paar Sekunden schloss dieser die Augen, sein Leben war besiegelt. Die zerbrechlich wirkende Frau des Bauern weinte stumm und streichelte die Wange des Mannes, ehe sie Semio für dessen Erlösung dankte und mit den Kindern das Haus verließ.
Mit einem Schnipsen über dem Kopf des Bauern stand dieser auf und folgte den Beiden nach draußen, wo er dann hinter Semio auf dem Rücken seines Pferdes platz nahm. Traurig blickte Demonia nocheinmal zur Familie, welche sich aufgestellt hatte und ihnen nachblickte, ehe sie sich wieder auf den Rücken von Pilgrim schwang. Bei Nacht und Nebel würden sie nun den Bauer Klöpel ins Totenreich bringen.
Kapitel 3
Auf dem Weg zur Pforte schien der Bauer ziemlich entspannt und vertraute Demonia, sowie Semio blind. Dies gab Demonia jedoch zu denken. " Sagt Bauer, wie kommt es, das ihr uns nicht fürchtet?", erkundigte sie sich bei ihm. " Vor einem Jahr hat dieser Engel unser Lenchen geholt, sie war in den Brunnen im Dorf gefallen und ertrunken. Gelitten haben wir damals, das könnt ihr mir Glauben, Hoheit. Ich denk, ich werde sie jetzt wieder sehn.", sprach der Bauer Klöpel mit ernster und tiefsinniger Miene aus und drehte sich dabei zu Demonia um, welche hinter Semio ritt.
An der Pforte angekommen befanden sich auch auf dieser Seite zwei Sensenmänner mit den furchtbaren Augen, die nun auch dem Bauer Angst machen zu schienen. Sobald Semio abermals abstieg und den Wächtern mitteilte, sie sollten das Tor öffnen, stieg er ebenfalls von dem kräftigen Grauschimmel und ging auf Demonia und Pilgrim zu. Ängstlich drehte er Semio und den Sensenmännern den Rücken zu, während der den Hals unter Pilgrim langer Mähne streichelte. „Da, da, das ist ein prr...prr…prächtiges Pferd. Milady.“, stotterte er vor Angst und zitterte wie Espenlaub. Hastig sah er sich mutig über die Schulter, erschrak, da just in diesem Augenblick einer der Sensenmänner in seine Richtung blickte. „ Aber sagt, was ist mit seinem Auge passiert? Ist dies etwa das Werk dieser Kreaturen?“, fragte er Demonia und er schien inständig zu befürchten, sie würde ihm Recht geben. „Pilgrim‘s Verletzung wurde ihm von einer Bestie zugeführt, in einem der Kriege, die mein Vater bestritt.“, klärte ihn die Teufelstochter auf und sah rasch nach Semio. Während sie sich im Sattel umwandte, glitt ihre Kapuze nach hinten und ihre schwarzen Haare wehten im Wind, ihre helle Haut wurde vom Mond bestrahlt, sodass sie noch silbriger schimmerte als sonst.
Doch der Engel war immer noch beschäftigt und so wandte sie sich abermals dem immer noch ängstlich dreinblickenden Bauer Klöpel zu. „Dann muss euer Vater ein sehr mächtiger Mann sein. Wie lautet sein Name?“, interessierte sich der Bauer nun für den Teufel. „ Mein Vater ist…“, weiter kam die hübsche junge Frau nicht, da ihr Semio das Wort abschnitt: „ Auf Bauer Klöpel, steig auf unser Pferd, es wird Zeit das sie ihr neues Reich beziehen.“ Verwirrt blickte Demonia in Semios Augen, denn sie war verwundert über die Unfreundlichkeit ihres Betreuers. Dieser sah sie mit einem zornigen Blick an und gab seinem Pferd die Waden, nachdem der Bauer Platz genommen hatte. Demonia verstand: Die Menschen sollten nichts von ihrem Vater erfahren!
Im gestreckten Galopp preschten sie durch den kargen, kleinen Wald, hinauf zum Gebirge. Auf halber Strecke wurden sie von einem Rudel Wölfe entdeckt und den Rest des Weges von diesen begleitet. Die grauen Tiere wussten genau, dass sie sich zu benehmen hatten, ansonsten würden die Höllenhunde ihnen wortwörtlich die Hölle heiß machen. Sobald sie am höchsten Punkt des Berges angekommen waren, liefen sie Kinder der Nacht laut jaulend davon. Sie mieden das Totenreich und ebenso seinen Eingang vor dem sie nun standen.
Der Bauer sollte sie nun verlassen und bekam einen Schlüssel von Semio. Doch es war weit und breit kein Tor oder ähnliches zu sehen, nur ein flacher Abgang in ein Tal, das grau im Nebel und der leicht gelblichen Morgensonne lag. Ein paar Flüsse schlängelten sich von den umgehenden Bergen hinab, dunkle karge Wälder erstreckten sich in der Ferne. „Wofür soll mir dieser Schlüssel nützen Herr?“, erkundigte sich der Bauer nur zu Recht bei dem Todesengel, welcher ihn hier hergebracht hatte. „ Schließ die Augen und überlege dir, wo du deinen Tod verbringen willst. Wenn du dich entschieden hast, öffne sie und ein Tor wird erscheinen durch das du dein Totenreich erreichen kannst.“, erläuterte Semio freundlich und blickte kurz zu Demonia, danach aber schnell wieder zum Bauern, der inzwischen die Augen geschlossen hatte. Kaum hatte er sie wieder geöffnet, erschien tatsächlich ein Tor im Nebel und konnte von seinem Besitzer einwandfrei aufgeschlossen werden. „Lebt wohl, euch sei gedankt.“, verabschiedete sich der Tote und lief hinter dem Tor durch ein lila Lavendelfeld, auf ein kleines, mit hellem Stein gebautes, einfaches Haus zu, aus dem Rauch ausstieß. Eine ältere Frau mitsamt einem Mann empfingen den Bauern freudig mit Umarmungen und Küssen.
„Jetzt ist alles wieder so wie früher.“, meinte Semio lässig, während er sein Pferd wendete. „Wie meinst du das?“, fragte ihn Demonia neugierig, da sie hoffte sie würde nun etwas Näheres über den mysteriösen Todesengel erfahren und wendete Pilgrim ebenfalls. „ Er wurde in der Provence geboren und ist dort aufgewachsen. Seine Eltern hatten dasselbe Totenreich wie er gewählt, deshalb sind sie nun wieder vereint.“, verriet der Engel, während er sich auf den steilen Abhang konzentrierte. „ Jetzt haben wir erst mal Zeit für uns. Ich weiß zwar nicht wie es dir geht, aber ich habe Hunger.“, schlug Semio vor und wandte sich an Demonia.
Kapitel 4
"Mir geht es genauso. Weißt du wo wir etwas hier in der Nähe auftreiben können? Die Pferde scheinen es nicht mehr lange durchzuhalten in diesem Tempo zu reisen.", stellte die Teufelstochter fest. " Hier unten im Tal gibt es eine Lichtung auf der wir übernachten können und wir alles finden was wir brauchen. Komm, das letzte Stück traben wir noch!", erklärte Semio und ließ sein Pferd den letzten Teil des Hügels hinunter traben. Ohne das Demonia etwas zu tun brauchte, folgte Pilgrim dem Pferd wurde aber übermütig und galoppierte mit wilden Kopfgeschüttel an Semio und seinem Pferd vorbei, begann zu bocken und zu steigen. Doch Demonia kannte den eigenwilligen Hengst und hielt sich im Sattel. Nach einer Weile beruhigte sich das Pferd des Teufels und wurde wieder brav wie ein Lamm. Da Demonia die verwunderte Miene Semios bemerkt hatte klärte sie ihn auf. " Er ist manchmal ein wenig wild aber ich habe von Vater gelernt damit umzugehen. Ansonsten wäre er ja auch nicht das Pferd des Teufels oder?" und lenkte den Friesen neben Semio. "Da hast du Recht. Schau dort ist es!", erkannte Semio die Lichtung, die er ihr vorhin noch beschrieben hatte.
Auf der Lichtung angekommen hörte man den kleinen Fluss blätschern, welcher direkt neben der Lichtung lag. Die Lichtung selbst war erstaunlich groß und von grauem Gras und Büschen gesäumt welche schwarze Beeren trugen. Semio und Demonia stiegen von den Pferden, sattelten diese ab und banden sie an Pflöcken fest, welche sie in den Boden schlugen. Der Wind rauschte durch die nahen Tannen, ein Uhu war zu hören, wessen gelben Augen Demonia entgegen leuchteten, als sie ihr Lager aufschlugen. "Ich werde in den Wald gehen um ein wenig zu Jagen. Hier gibt es viele Wildschweine, ich denke ich habe ein leichtes Spiel eines zu finden. Pass du solange bitte auf das Lager auf.", entschied der Todesengel und verschwand mit einer Armbrust bewaffnet im tief schwarzen Wald. " Wenigstens hat er bitte gesagt", murmelte Demonia, während sie sich um ein Feuer bemühte. Sie war es nicht gewohnt, dass ein Mann,außer ihr Vater, so mit ihr sprach. Hades hätte nicht im Traum daran gedacht so mit ihr zu reden! Dafür war er viel zu gut erzogen und hatte ein zu hohes Bild von ihr. Doch Semio schien sich noch nicht ganz entschieden zu haben wie er Demonia finden sollte, das spürte sie. Während sie das gesammelte Reisig auf die geplante Feuerstelle gelegt hatte, holte sie tief Luft und binnen weniger Sekunden spuckte sie eine große Feuerflamme, welche gut gezielt das Ziel traf. Kurz hustete Demonia, während ein wenig Rauch aus ihrem Mund stieß, als sie den ersten normalen Atemzug tat. Schon lange hatte sie kein Feuer mehr gespuckt, genauer gesagt das letzte Mal vor vier Jahren, bei der Bestattung ihrer Mutter. Beim Teufelsclan galt ein altes Ritual bei dem die Familienmitglieder gemeinsam mit ihren Flammen den Sarg des Verstorbenen verbrannten und danach die Reste von der Festung hinab in die Schlucht warfen, wo dann das letzte Mal der Geist dessen tanzte, der nun endgültig im Totenreich Einzug gehalten hatte.
Mittlerweile war aus dem Waldrand ein Rascheln und Schleifgeräusche zu vernehmen bei denen es sich nur um die Rückkehr des Todesengels handeln konnte. Und tatsächlich trat dieser einige Augenblicke später hervor, genau in den Schein des Feuers. Demonia bemerkte das er den schwarzen Umhang nicht mehr trug und man nun seine großen und kräftigen, schwarzen Flügel erblicken konnte. Aber das war nicht alles, was Demonia zum staunen brachte. Der Rest seiner Erscheinung, seinen gut gebauten und durchtrainierten Oberkörper, seine blauen Augen die sie nun so anstrahlten wie die feinst geschliffensten Diamanten, gaben ihr den Rest und sie musste sich ein. „ Umwerfend!“, verkneifen und sah stadtdessen auf das Wildschwein, welches Semio neben sich her gezogen hatte.
„ Das nenne ich mal ein Prachtstück oder?“, fragte Semio nun Demonia, da er merkte das sie Unbehagen plagte, während er das tote Tier in den Schein des Feuers zog. „ Ja, das sieht ganz gut aus.“, erwiderte Demonia fast gleichgültig. Typisch Männer, dachte sie. Kaum haben sie etwas erlegt wollen sie eine Bestätigung haben wie toll sie doch sind. Das war nicht die Antwort die Semio erwartet hatte, daher machte er sich daran das Tier zu häuten und bereit für den Grillvorgang zu machen. Dabei wandte sich Demonia angewidert von ihm weg. Allein der Geruch der Innereien des Tieres ließ ihren Magen protestieren. „ Ich geh mal ein bisschen spazieren, ehe das Fleisch gar ist.“, beschloss die Teufelstochter und sah Semio kurz fragend an. „ Geh nur, aber bleib in der Nähe des Lagers.“, bat er sie, ehe er sich wieder dem Eber zuwandte, oder eher dem, was davon noch zu erkennen war. Rasch drehte sich Demonia um, ging noch einmal kurz zu Pilgrim um dem treuen Tier über die Stirn zu streicheln und betrat den Wald.
Ein Käuzchen flog laut schreiend kurz über ihrem Kopf hinweg, sodass sie verängstigt zusammen zuckte und kurz aufschrie. In diesem Teil des Landes bin ich noch nie gewesen, dachte Demonia, ehe sie einen alten dicken kleinen hohlen Baumstumpf sichtete, welcher aufrecht im Boden steckte. Darauf hatten sich zwei Raben niedergelassen, welche Demonia betrachtete. „Karax? Kortax?“, fragte die Teufelstocher die Vögel der Dunkelheit. Sogleich begannen die Vögel freudig zu krächzen, wobei sie den Kopf in den Nacken warfen. Schnell eilte Demonia zu ihren ehemaligen Haustieren und Briefboten, welche seit ein paar Monaten unauffindbar gewesen waren. „Wo habt ihr nur gesteckt?“, fragte Demonia, wohl wissend, das sie keine Antwort bekommen würde. Liebevoll schmiegten die Raben ihre Köpfe gegen ihre Hand, doch als sie die vertrauten Freunde wie gewohnt auf den Arm setzen lassen wollte, fiel ihr auf, das diese mit jeweils einer Kette an dem Baumstumpf befestigt waren. Irritiert blickte Demonia um sich und erkannte einige Meter neben ihr eine dunkle Gestalt die sie anscheinend die ganze Zeit beobachtet hatte. „Oh nein das ist eine Falle. Ich bin verloren, dachte Demonia angsterfüllt
Just in diesem Moment streckte der Dämon seine nebeligen Arme nach ihr aus, Demonia schrie wie am Spieß und drehte sich um, wollte zurück zum Lager laufen, prallte jedoch gegen Semio, der plötzlich hinter ihr stand. Irgendetwas packte sie, Demonia ging zu Boden, ihr wurde schwarz vor Augen und sie spürte nur noch wie sie von irgendjemandem aufgefangen wurde.
Als sie wieder die Augen öffnete, spürte sie einen nassen Lappen auf ihrer Stirn. Mit schmerzendem Kopf versuchte sie sich zu erheben, doch ihre Arme schafften es nicht ihrem Gewicht standzuhalten und sie ließ sich wieder auf den weichen Untergrund fallen. „Shht, bleib noch eine Weile liegen, du bist zu schwach.“, ertönte eine sanfte Stimme von einer gewissen Entfernung, doch Demonia konnte sie sofort Semio zuordnen. Gehorsam schloss sie wieder die Augen und ehe sie es sich versah umgab sie erneut vollkommene Dunkelheit. Wenige Stunden später erwachte sie erneut und wurde von der aufgehenden Sonne an der Nase gekitzelt. Murrend versuchte sie ihr Gesicht mit den Händen zu verdecken, doch diese waren noch ganz schwach und leblos. Dennoch hievte sie sie zu sich hinauf und legte ihre Arme um ihre Taille. „Oh du bist wach. Guten Morgen, wie fühlst du dich?“, erkundigte sich ihr Retter und kniete sich hinter sie, hievte ihren Oberkörper auf seine Oberschenkel und legte ihr ein neues Tuch auf den Kopf. „ Es geht, ich fühle mich nur so…leer und kraftlos. Was ist genau passiert?“, wollte Demonia nun von dem Todesengel wissen und schielte zu ihm hinauf. Durch das Neigen seines Kopfes waren ein paar seine schwarzen Haarsträhnen nach vorn gefallen und hingen ihm so nun ins Gesicht, verwehrten Demonia jedoch nicht den Anblick seiner traumhaftschönen Augen. Sorgenvoll strich er über seine Stirn und überlegte anscheinend wie er anfangen sollte, das Geschehene zu erklären.“ Du wolltest ein wenig spazieren gehen und bist in den Wald gelaufen, aber auf einmal hast du geschrien und ich bin zu dir geeilt, konnte grade noch den Dämon davon abhalten deine Seele zu stehlen. Trotzdem hat dich ein Fluch von ihm getroffen, welcher dich jetzt so schwach macht. Es wird wohl noch ein paar Tage dauern bis du wieder vollkommen fit bist.“, erklärte er ihr im ruhigen Ton und die Teufelstochter sah währenddessen in sein markantes Gesicht und musterte seine spitzen Wangenknochen. Wie hübsch er eigentlich aussah, das war ihr vorher nie so sehr aufgefallen wie jetzt. Dennoch erinnerte sie sich wieder an den Grund ihres Schreies, den Nebeldämon und ihre beiden Raben. „Wo sind die Raben hin?“, erkundigte sie sich besorgt und wollte sich aufsetzen. Sanft drückte Semio sie wieder zurück auf seine Knie und beruhigte sie. „Sie sitzen dort hinten in einer Tanne. Die ganze Zeit über haben sie ihren Platz nicht verlassen und haben auf dich aufgepasst.“, sprach er bewundernd aus und sah zu den beiden Raben. „Und wie wird es jetzt weiter gehen?“, erkundigte sich Demonia neugierig und versuchte sich alleine zuhalten und stellte erleichtert fest, das ihr dies, wenn auch unter einem leichten zittern, gelang. „Ich werde dich nach Halon bringen, dort gibt es genug Magier die dich wieder stärken können und einen Schutzbann über dich sprechen. Außerdem können sie deine magischen Fähigkeiten aus dir heraus locken. Jedes Mitglied der teuflischen Familie hat sie soweit ich weiß. Wir brechen in zwei Stunden auf und werden in einem nahen Wirtshaus speisen und übernachten. Danach geht es weiter nach Halon, die dunklen Soldaten werden uns zu unserem Schutz begleiten. Aber nun ruhe dich noch ein wenig aus.“, mit diesen Worten entfernte sich Semio von Demonia und schürte das Feuer weiter an.
Nach ein paar Stunden Schlaf fühlte sich die Teufelstochter ein bisschen besser und stark genug die kurze Strecke reiten zu können. Vornehm half Semio ihr auf Pilgrim, da sie darauf bestanden hatte den Hengst zu reiten. Zuerst hatte sich Semio geweigert und ihr sein ruhiges Pferd angeboten, doch als er Pilgrim bestieg, ging das Temperament und der Stolz mit dem edlen Tier durch und Semio fiel sobald zu Boden. Nun saß jeder auf seinem Pferd, Demonia hatte ihre Kapuze über ihr Haupt gezogen und wollte mit einem Mal nur noch weg von diesem Ort an dem der Dämon sie heimgesucht hatte. Die beiden Raben flogen hinter ihr her und auch Semio hielt nun wieder mit ihr Schritt. „Wollt Ihr euch nicht schonen?“, schlug er vor, doch Demonia antwortete ihm nicht und ließ Pilgrim in einen schnellen Galopp fallen. „Jeh schneller wir dort sind, desto schneller muss ich nicht mehr hilflos zusehen wenn ein Angriff passiert.“, gab sie ihm zu denken und drehte sich dabei im Sattel um. Ihre roten Augen leuchteten bedrohlich und duldeten keine Wiederworte. Auch Pilgrim schien seine Herrin bestens verstanden zu haben und kürze so gut es ging ab. Dennoch erreichten sie erst im Dunkeln das mit Fackeln gesäumte, laute Wirtshaus. Sogleich kam ein Stallknecht heraus und nahm ihnen die Pferde ab, anmutig schlug Demonia die Kapuze zurück und streckte ihren rechten Arm aus, auf dem sogleich die Raben Platz nahmen. Höflich öffnete Semio ihr die Tür und ließ sie zuerst passieren. Sobald sie ihren Fuß über die Schwelle gesetzt hatte, hörte man nur noch ein leises Murmeln aus dem vorher so gut betagten Haus. An den vielen runden Steintischen saßen Orgs und Trolle, kleinere Riesen und Sensenmänner, aber auch vereinzelt Hexen und Magier, die aber eher im hinteren Teil des Wirtshauses saßen. Sogleich kam der schlaksige Wirt auf die Teufelstochter zu, verbeugte sich tief und sprach ehrwürdig und wagte es nicht sie anzusehen: „ Eure Hoheit! Was sind eure Wünsche?“ Demonia sah sich zuerst einmal kurz im Raum um, ehe sie antwortete: „Ich wünsche ein Zimmer für die Nacht und ebenfalls ein Zimmer für meinen Begleiter. Ebenso bring uns eine Abendspeise. Das nächste Getränke dieser Kreaturen geht auf meine Rechnung.“, mit diesen Worten verzog sie ihre Mundwinkel zu einem vornehmen Lächeln und wartete darauf, dass der Wirt voraus ging. Der ganze Saal grölte und feierte die Teufelstochter, welche sich nun viel besser vor kam. Dieses Volk hatte schon viel unter den Kriegen ihres Vaters leiden müssen, da wollte sie ihnen wenigstens eine kleine Freude machen.
Im oberen Stockwerk angekommen, bezogen Semio und Demonia ihre beiden Zimmer und der Todesengel bedankte sich für das eigene Reich sowie das Essen. „Das ist das mindeste was ich dir schulde.“, mit diesen Worten betrat sie ihre kleine Kammer und ließ die Raben auf eine für sie angebrachte Stange fliegen. Kurz sah sie sich in dem großen Raum um und ließ sich sobald auf das Himmelbett mit dem roten Baldachin fallen und schloss die Augen, atmete tief ein und schon beim ausatmen wurde sie ruhiger und schlief ein.
Bald gehts weiter ! Ihr werdet dann informiert.
Am nächsten Morgen wurde Demonia schon früh vom Wirt geweckt sodass sie und Semio ungestört von den anderen Gästen zuerst frühstücken konnten. Die Teufelstochter genoss die Stärkung, doch Semio drängte zur Weiterreise, er wirkte sehr gestresst, anscheinend lief etwas nicht nach Plan. Kurze Augenblicke später klopfte es an der Tür und ein großer breiter Soldat in schwarzer Rüstung trat ein. Ergeben setzte er seinen Helm ab und zum Vorschein kamen lange graue Haare und ein mit Narben durchzogenes hartes Gesicht mit eisblauen Augen. „ Kommandant Turis zu Ihren Diensten Hoheit.“, sprach er, während er niederkniete. „Guten Morgen Kommandant, wie ich hörte begleiten Sie uns auf dem restlichen Weg nach Halon. Nun denn, lassen Sie uns aufbrechen. Mein Begleiter will noch vor Sonnenuntergang die Stadt erreichen.“, mit diesen bestimmenden Worten tupfte sich Demonia den Mund mit einer Servierte ab und erhob sich, schritt am Kommandant vorbei ins Freie. „Eure Hoheit verfolgt einen klaren Plan wie es scheint.“, tuschelte Turis zu Semio, welcher Demonia ebenfalls nachsah. „Ja das hat sie. Aber Ihr müsst wissen, freiwillig tut sie dies alles nicht. Angeblich dient das hier dazu sie von anderen Nichtigkeiten abzuhalten, laut der Aussage eurer Majestät.“, erklärte Semio und folgte nun seiner Begleiterin, welche schon auf Pilgrim saß und ihn auffordernd ansah.
Das Heer bestand aus gut 40 Soldaten, welche einen Schutzwall um den Todesengel und die Teufelstochter bildeten. In dieser Konstellation kamen sie gut voran und da das Gebirge so friedlich, wenn auch leblos wirkte, fragte sich Demonia so langsam wieso sie die Eskorte benötigten. „Ganz einfach Milady. Hier in den Bergen lauern die schlimmsten Banditen des Landes. Sie leben in Höhlen im Fels und kommen daher manchmal wie aus dem Nichts. Mit diesen Halunken ist nicht zu spaßen. Einst griffen sie eure Tante bei einem Besuch eures Vaters ab und hätten sie fast verschleppt, wäre nicht ein Posten des Heeres zufällig hier gewesen und unsere Truppe alarmiert. Lasst mich überlegen, es ereignete sich genau hier.“, mit diesen Worten deutete der alte Kommandant auf einen Felsvorsprung kurz vor ihnen und Demonia lief es eiskalt über den Rücken, sie spürte richtig das jemand anderes bei Ihnen war. „Lassen sie uns hier so schnell wie möglich verschwinden!“, aus Angst getrieben gab Demonia Pilgrim die Sporen und stob aus der Formation hinaus, voraus und um die nächste Biegung durch die Felsenformationen. Pilgrim schien von Galoppsprung zu Galoppsprung nervöser zu werden und warf nervös den Kopf empor, während Demonia versuchte ihn zu beruhigen, achtete sie nicht auf ihre Umgebung. Mit einem Mal sprang ein kleinerer Mann mit einem vermummten Gesicht vor ihr aufs Pferd und zückte seinen Dolch. Die Tochter des Teufels reagierte blitzschnell und brachte ihr Pferd zum steigen, stellte sich im Sattel auf und zog so schnell sich der Bandit versehen hatte den kleinen Dolch aus seinem Schaft an ihrem Gürtel und stach gezielt zu. Mit einem Schrei sackte der Mann in sich zusammen, als auch schon der Rest der Formation die Teufelstochter erreicht hatte und nur noch einen leblosen Männerkörper vom Friesen des Teufels rutschen sahen. Sogleich schloss Semio zu ihr auf und erkundigte sich nach ihrem Zustand und redete ihr ins Gewissen. Zu stolz um ihren Fehler einzugestehen setzte sich Demonia ans hintere Ende der Formation und sprach von nun an kein Wort mehr, in Stille dachte sie über ihr Handeln nach und stellte missmutig fest, dass sie tatsächlich zu leichtsinnig gehandelt hatte. In Zukunft würde es keine solchen Kurzschlussreaktionen mehr geben, die das Wohl von der Gruppe oder ihr gefährdeten, das schwor sie sich.
Nach einiger Zeit kam ein leichter Nebel auf und es fröstelte leicht, was Demonia neugierig machte. Die Teufelstochter spürte eine Veränderung und setzte sich wieder an die Spitze des Trupps, als sie vor sich die Umrisse eines alten verfallenen Tempels ausmachten und kurz vor ihr ein graues Licht, ähnlich eines Irrwichtes schwebte. Vornehm fragte sie den Kommandant um Erlaubnis und so sonderte sich ein kleiner Teil der Truppe ab um dem sich bewegenden Licht zu folgen. Als sie das im Nebel liegende verfallene Gebäude betraten spürte die junge Frau eine andere Energie in sich hochsteigen. Doch diese war nicht wie beim Dämonenangriff negativ, sondern äußerst positiv. Aus ihren Augenwinkeln entdeckte sie, dass der graue Irrwicht nun über einem gewissen Punk im Tempel schwebte. Neugierig ritt Demonia auf ihn zu und erschrak kurz, als sich daraufhin etwas Mittelgroßes langsam aus dem Schatten eines Steines bewegte. Die Männer hinter ihr zogen blitzschnell die Schwerter und machten sich bereit. Doch als die Gestalt in den hellen Nebel getreten war, erkannte man die Gestalt eines Wolfes, welcher seelenruhig stehen blieb und Demonia in die Augen sah. Das Fell des Tieres war grau schwarz und leicht struppig, die Pfoten waren zierlich und die Schnauze lief leicht spitz zu und endete mit einer schwarzen Nase. Freundlich und mit gespitzen Ohren schritt nun Pilgrim auf den Wolf zu und leckte ihm zum überraschen aller anwesenden über den Kopf. Brav ließ der Wolf dies über sich ergehen und rieb danach liebevoll den Kopf gegen die Nüstern des Hengstes. Gerührt von der Vertrautheit der Beiden, begab sich Demonia vom Pferd und schritt langsam und ruhig redend auf den Wolf zu. Interessiert spitze er die Ohren und blickte ihr mit seinen gelben Augen in die ihren. Mutig hielt sie ihm ihre Hand hin, welche das Tier treu ableckte und sie ihn daraufhin streichelte. „Können wir ihn mitnehmen? Ich denke er würde einen guten Begleiter abgeben.“, erkundigte sich die Teufelstochter und sah prüfend zu Semio. „Wenn es Euer Wunsch ist, werden wir ihn mitnehmen. Aber auf eure Verantwortung.“, beantworte er kühl ihre Frage und wandte sich wieder den anderen Soldaten zu. Erfreut nun einen neuen Begleiter zu haben, begab sich die Teufelstochter wieder auf ihr Pferd und schloss sich dem Trupp erneut an. Brav folgte ihnen der Wolf und schien fast schon wie ein Hund. Während sie Semio bei seinem Gespräch beobachtete, viel ihr auf, wie unterschiedlich er nun mit ihr umging, seitdem sie in Begleitung des Heeres waren. Die ganze Vertrautheit schien wie weggewischt und stattdessen blieben Distanz und Ehrfurcht. Obwohl Demonia nicht ganz damit umgehen konnte, das Semio so viel Respekt vor ihr hatte oder einfach haben musste. In ihm sah sie viel eher den Leiter dieser Reise und des gesamten Auftrages. Sie fühlte sich eher ihm untergeordnet, doch da er diesen Posten anscheinend nun nicht mehr für sich beanspruchen wollte, würde sie dies nun übernehmen.
Kurz bevor sie Halon erreichten überkam sie ein fürchterlicher Schneesturm. Die Ritter zogen ihre Visiere ins Gesicht und auch Demonia und Semio schützten sich mit Tüchern vor dem senkrecht wehendem Schnee. Demonia fror nicht, da in ihren Adern heißes Blut floss, doch die Ritter und Semio schien die Kälte einiges auszumachen und so waren sie allesamt sehr erleichtert als sie kurz darauf die Steinbrücke überquerten, die in die Stadt Halon hineinführte. Dort standen viele hohe Palaste, alles bereits leicht vom weißen Schnee bedeckt, nur die Gassen die sich durch die Stadt schlängelten waren frei und aschgrau.
Kommandant Turis führte sie am Marktplatz vorbei, wo Händler und Zauberer ihre Waren anboten sowie Waffenschmiede ihr Handwerk präsentierten. Bald darauf bogen sie links ab und kamen an ein herrschaftliches Haus, das ein wenig der Form eines großen Klosters ähnelte. Dort hielten sie an und stiegen von den Pferden. Sogleich kam ein Knappe und nahm der Teufelstochter Pilgrim ab, während sich die Eingangstore öffneten und ein Mann in einem seltsam grau gewickeltem Mantel und einer Glatze den Weg zu ihnen fand. „Herzlich Willkommen im Magiertempel von Halon Prinzessin Demonia. Ich bin der Magiermeister Junas . Folgt mir, ich führe euch und euren Begleiter herum.“, seine Stimme war ölig und klang sehr schmeichelnd, aber auch weise und anmutig.
Neugierig folgte Demonia dem Magiermeister und auch der Wolf ging aufmerksam in den Tempel. Semio betrachtete die große Halle durch die sie nun liefen genau. Überall am Rand des Ganges standen Figuren, von Drachen oder anderen magischer Wesen. Die Decke war kunstvoll bemalt und über einer Treppenempore befand sich eine Glaskuppel.
Junas führte sie durch viele Zimmer, in einem großen übten grade die Magierlehringe, in einem anderen wurden Zauberränke gebraut, in einem anderen züchtete man Kräuter.
Schließlich führte er sie in ihre Gemächer und wünschte ihnen eine angenehme Nacht, am nächsten Morgen sollten sie sich mit ihm unter der Glaskuppel treffen.
Glücklich endlich wieder ihre eigenen privaten vier Räume zu haben packte Demonia ihren Koffer aus. Der Wolf machte es sich in einem extra für ihn beschafften Kissen auf dem Boden gemütlich und die Raben saßen auf ihrer Stange. Neugierig sah Demonia aus dem Fenster ihres Zimmers und sah grade einen Ochsenkarren vorbei fahren. Wenn sie sich so recht entsinnte war diese Reise ihre erste seit vielen vielen Jahren indenen sie das Schloss nicht verlassen hatte. Daher genoss sie die fremde Umgebung und sog alle neuen Eindrücke in sich auf. So sah sie sich nun auch ihr Zimmer genauer an. Es lag in einem Turm und war daher rundgebaut, die Steinmauern waren weißgrau gestrichen, das Himmelbett aus weißem Holz, das Bettzeug wie fast alles in Halon grau. Ein großes Bücherregal stand links vom Bett, rechts davon ein Kleiderschrank. Rechts neben dem Bett stand ein kleiner Schreibtisch und ein Stuhl, Briefpapier und Umschläge sowie Wachs standen dort für königliche Briefe bereit.
Der Wolf winselte und sah Demonia bittend an. Sofort kniete sie sich zu ihm und streichelte ihn. „Mir fällt ein, du hast noch gar keinen Namen. Du scheinst ein Weibchen zu sein, hm wie wäre es mit Luna? Passt doch zu einem Kind des Mondes.“, benannte sie ihre Begleiterin. Total glücklich nun nicht mehr alleine zu sein, drehte sie sich wie ein Kreisel in ihrem Zimmer, doch mit einem Mal zuckte sie zusammen, fiehl auf die Knie. Es war als hätte eine höhere Macht von ihr Besitz ergriffen. Vor ihrem Inneren Auge sah sie folgende Bilder:
„Eine Frau mit Pechschwarzen Haaren hechtete durch das Schloss, welches Demonia sofort erkannte, es war die teuflische Festung. Die Frau hechtete und brustete, rannte Treppen hinunter bis sie die Stallungen erreicht hatte. Sie schnappte sich in Todesangst ein graues Pferd und ritt mit ihm davon. Als sie den Hof verließ sah der Teufel vom Turmfenster aus das Geshehen und sah wie eine dunkle Gestalt seiner Frau folgte, welche grade floh. Schnell hechtete er hinunter und befahl seine Wachen, welche hastig in Bewegung waren und auch der Teufel selbst schwang sich auf Pilgrim.
Der Trupp preschte durch den Wald und sie hatten schließlich die Spur des Wesens und folgten dieser. Die Suche endete an einem Wasserfall, andessen Ende das graue Pferd der Königin graste. Im Wasser schwamm etwas. Sofort sprang der Teufel vom Pferd und hechtete ans Wasser. „ Silena.....SILENA. Nein, nein das kann nicht sein.“, flüsterte er zuerst und schrie es dann voller inbrunst heraus, als er den toten Körper seiner Frau aus dem Wasser fischte....“
Demonia öffnete ihre Augen, welche sich heiß anfühlten und rieb sich übers Augenlied. Warme Tränen kullerten über ihre Wangen als sie an den Moment dachte, indem ihr Vater ihr damals vom Verlust ihrer Mutter erzählte. Demonia war damals 5 Jahre alt gewesen. Für sie war eine Welt zusammengebrochen, hatte sie davor doch mit ihrem Vater nie wirklich viel unternommen, zu beschäftigt war der Teufel gewesen. Und nun sollte sie alleine mit ihm leben? Heute, 15 Jahre später fehlte ihr noch immer so sehr die Mutter an ihrer Seite, denn es war schwer mit ihrem Vater klar zu kommen.
Luna trat auf sie zu und tröstete sie, schmiegte ihren Kopf an ihre Wange und leckte ihre Hand ab. In dem Moment sah ihr Demonia in die Augen und erkannte nun zum ersten Mal die Augen ihrer Mutter darin. Konnte es sein? Hatte ihre Mutter ihr Luna als ihr Totem geschickt? Demonia sah hinauf und lächelte, umarmte Luna und schluchtzte nocheinmal.
Als sich Demonia wieder gefasst hatte, klopfte es an ihrer Tür. „Herein.“, sprach sie scharf und ein Diener brachte ihr soeben das Essen herein. „Das Frühstück wird morgen früh im Speisesaal serviert. Guten Apetit Majestät.“, berichtete der Diener und verließ sie wieder.
Am nächsten Morgen war Demonia immer noch befangen von ihrer Vision und hatte sich vorgenommen Junas in einem Gespräch unter vier Augen darüber zu informieren. Dazu hatte sie nach dem gemeinsamen Frühstück die Gelegenheit, währenddessen sie Semio besorgt gemustert hatte. Junas führte sie in einen der Trainingsräume, dessen Boden mit Matten versehen war. Eine lange Spiegelwand ziehrte seine Seite des Raumes, die Fenster zur Straße hin waren mit leichten Vorhängen verschleiert. Fakeln hingen an den Wänden und viele Sitzkissen lagen umher. Ein wenig unsicher nahm sie neben Junas Platz, welcher ihr anbot neben ihm auf einem anderen Sitzkissen Platz zu nehmen.
Aufmunternd sah der Magiermeister sie mit seinen braunen Augen an, ehe er fortfuhr. „Ist dir etwas ungewöhnliches passiert letzte Nacht mein Kind? Du wirkst leicht verstört. Wenn du darüber reden möchtest, nur zu. Es bleibt alles unter uns.“, nahm er sich ihrer an und lächelte leicht. Demonia wusste nicht wieso, ob es einfach die Art war wie freundlich und ebenwürtig dieser Mensch mit ihr kommunizierte sie dazu brauchte sich zu öffnen oder weil sie es einfach nicht besser wusste. Jedenfalls begann sie zu erzählen.
„Das ist normal, jeder der den Tempel das erste Mal betritt wird mit seiner ersten Begegnung mit Demonen konfrontiert. Dies lässt sich nicht vermeiden, da dieser Tempel durch diese Erlebnisse einen Schutzbann aufrechterhalten kann, der durch solche gesammelten Erlebnissen erschaffen wurde. Die schwarze Gestalt die deine Mutter getötet hat war der Erzdämon. Daraufhin ist dein Vater in den Krieg gezogen auf der Suche nach ihm. Er hat alle Söhne des Dämons vernichtet, aber nicht den Erzdämon selbst. Dieser ist noch irgendwo da draußen und wartet seinen Moment ab. Hab aber keine Angst, solange du dich in diesen Mauern aufhälst, bist du in Sicherheit.“, erklärte ihr der Magiermeister und Demonia schluckte. Ihr war nicht wohl zu mute bei dem Gedanken, den Dämon der sie ihm Wald angegriffen hatte, war womöglich dieser Erzdämon vondem Junas gesprochen hatte.
„Ich werde dich nun endgültig vom Demonenfluch reinigen. Schließ bitte die Augen.“, Junas stand auf und schloss die Augen, sprach Worte in einer anderen Sprache und Runenzeichen und grüne und rosane Lichtstrahlen schwirrten um Demonia, ihr war als wurde ihr wieder leicht ums Herz und sie fühlte sich endlich wieder normal. „ Du kannst die Augen nun öffnen.“, sprach ihr Heiler und Demonia tat wie befohlen. „Nimm meine Hand und steh auf.“, bat er und streckte ihr seine Hand entgegen. Zaghaft legte die Teufelstochter die ihre hinein und ließ sich aufhelfen und danach vor die Spiegelwand führend. „Siehst du deine roten Augen? Sie sind das Zeichen dafür das wie in jedem Mitglied der Teufelsfamilie eine Gabe in der lebt, die nur darauf wartet geweckt zu werden. Sprich mir folgende Sätze nach: „Erwache du Uralte Macht die meine Familie sich zu Nutzen gemacht. Bewahre mich vor dem Bösen und beschütze was mir lieb und teuer ist.“ Wie in Trance sprach Demonia die Worte nach und spührte als würde etwas in ihrem Kopf explodieren, ein kurzes Zucken und sie hörte Worte in ihrem Kopf, Worte die in Junas Stimme sprachen. „Ich bin gespannnt welche Gabe sie haben wird.“, dachte er wohl grade und Demonia schlug die Hand vor den Mund. „Ich kann gedanken lesen“, flüsterte sie und sah den Meister mit großen Augen an.
„Das dachte ich mir bereits, diese Gabe war ziemlich am Ende der Familienkette und müsste nun so langsam wieder erscheinen. Sage niemandem von deiner Gabe, sonst kannst du sie nicht voll nutzen. Ich habe die Schweigepflicht und werde dein Geheimnis hüten Prinzessin.“, dabei lächelte er sie stolz an und auch Demonia blickte stolz in den Spiegel. Diese Gabe konnte sie sehr gut gebrauchen.
Tag der Veröffentlichung: 13.07.2010
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