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Das Hauskätzchen


 

Leises, vom sanft über die Bäume streichenden Wind gedämpftes Rascheln erklang inmitten der silbrig glänzenden Felsen, als sich die Silhouette einer massigen, dunklen Gestalt auf einem hoch gelegenen Stein erhob. Der Felsenkessel war in gleißendes, die nächtliche Stille des Waldes wiederspiegelndes Mondlicht getaucht und schien die wispernden Schatten der umliegenden Bäume in den Hintergrund zu drängen, bis eine laute Stimme die mystische Stille durchschnitt: "Ich fordere alle Katzen auf, die alt genug sind, Beute zu machen, sich hier unter der Hochnase zu einem Clantreffen zu versammeln."Erregtes Murmeln erklang und wenig später bahnten sich unzählige dunkler Gestalten ihre Wege durch das Unterholz, bis sie sich unter dem auf einem Felsen stehenden Anführer versammelt hatten. Ab und an erhob sich genervtes Fauchen unter der Menge, woraufhin der riesige, im Mondlicht silbern glänzende Katze seinen Clan mit einem Schwanzschnippen zum Schweigen bringen musste, ehe er zum Sprechen anhob. "Ihr habt sicher bereits bemerkt, dass sich unserer Lage zunehmend verschlechtert und der SchattenClan in nur wenigen Sonnenaufgängen angreifen wird. Nebelsterns Andeutungen auf der letzten Großen Versammlung waren zu offensichtlich.""Wir können nicht kämpfen!", schrie eine ältere Kätzin geräuschvoll, was der Anführer mit einem respektvollen Nicken bestätigte. "Federpelz hat Recht. Wir haben im vergangenen Winter zu viele Krieger verloren und die Beute ist noch immer rar, wir wären zu geschwächt, um uns auf einen Kampf einzulassen, zumal einen, bei dem es um einen Teil unseres Gebietes geht."Ein kleiner, dunkelbraun getigerter Kater, der erst vor wenigen Tagen zum Krieger ernannt worden war, erhob mit wütendem Fauchen die Stimme: "Der SchattenClan soll sich doch ein neues Gebiet suchen, wenn es ihm hier nicht passt!" Doch auf seine Worte folgte nur ein wütendes Zischen, dann fuhr Graustern fort: "Es gibt wohl nur eine Möglichkeit, diesen Kampf zu verhindern. Nebelstern, der Anführer des SchattenClans, muss sterben." Zustimmendes Jaulen ertönte, doch der etwas abseits sitzende, junge Krieger schnaubte kaum hörbar: "Distelstern hätte eine bessere Lösung gefunden." Auch er wollte einen Kampf mit allen Mittteln verhindern, jedoch gäbe es sicherlich eine andere Möglichkeit, bevor eine Katze ihr Leben lassen musste. "Können wir ihn nicht einfach vertreiben?", jaulte er, "dann verlieren sie nicht ihren Anführer und wir haben alle unseren Spaß!""Ich habe da an etwas anderes gedacht, Ahornsturm. Einer unserer Krieger wird sich dem SchattenClan anschließen und sein Vertrauen gewinnen. Dann, nach einiger Zeit, wird er Nebelstern in eine Falle locken. Ich weiß, dass nur wenige Katzen des SchattenClans die Meinung seines Anführers vertreten, deswegen muss er sterben. Doch wer von euch hätte den Mut, dies zu tun?"In diesem Augenblick sprang Ahornsturm auf die Pfoten und erhob unwillkürlich die Stimme, noch ehe er diesen Plan überdacht hatte. "Ich werde gehen!" Nur wenige Kater taten es ihm gleich und suchten, seinen Ruf zu übertönen, doch beinahe der gesamte DonnerClan stieß zustimmendes Jaulen aus. "Graustern, lass das Hauskätzchen gehen!" "Ahornsturm schließt sich dem SchattenClan an, dann sind wir wieder ein vollständiger Krieger-Clan!" "Ahornsturm! Ahornsturm!", miauten die Katzen und schließlich neigte Graustern den Kopf. "Also schön, Ahornsturm wird gehen und diesen Kampf verhindern. Vielleicht beschließen sie ja dann, dich zu behalten.""Ich werde es schaffen!", versprach Ahornsturm und suchte den Ausdruck von Trauer in seinen dunkelblauen Augen zu unterdrücken. Seit er sich vor einigen Monden dem Clan angeschlossen hatte, behandelten ihn diese Katzen wie einen Streuner, als gehörte er nicht zu ihnen. Er war bei Zweibeinern großgeworden, welche ihn jedoch als Junges in den Wald gebracht und seinem Schicksal überlassen hatten. Der DonnerClan hatte ihn zwar bei sich aufgenommen, jedoch würden sie ihn nie als vollwertiges Clanmitglied betrachten, und seit dem Tod ihrer alten Anführerin Distelstern hatte es sich bloß verschlechtert.Dieser Plan jedoch würde seine Gelegenheit sein, sich zu beweisen, obgleich ihn der Gedanke, einer anderen Katze das Leben zu nehmen, schaudern ließ. "Bist du dir sicher, dass du das tun willst?", fragte Graustern und riss ihn somit aus seinen Gedanken."Sehe ich aus wie ein verängstigtes Junges? Ich gehe hin", antwortete er mit fester Stimme, war sich jedoch über das aufgebrachte Funkeln in seinen Augen im Klaren. "In diesem Fall sind wir dir dankbar, weil wir alle wissen, wie schwer dir diese Entscheidung gefallen ist", wisperte Graustern und beinahe glaubte Ahornsturm, auch in seiner tiefen Stimme einen leisen Ausdruck von Bedauern erkennen zu können. Nie zuvor war ein Clan gezwungen gewesen, durch einen solchen Verrat seine Krieger vor einem Kampf zu bewahren, doch in den Augen des Anführers bestand darin ihre einzige Möglichkeit. Würden sie den SchattenClan vertreiben, gäbe es keine vier Clans mehr, müsste das Territorium neu aufgeteilt werden, würde sich das Gesetz der Krieger von ihnen abwenden. Wozu brauchen wir dieses Gesetz überhaupt?

"Schwer gefallen?", antwortete er und versuchte, seine Stimme gleichgültig klingen zu lassen, "ich bin froh, wenn dieser Nebelstern im SternenClan ist!" Bei diesen Worten begann sein dunkel getigerter Schwanz zu zittern und seine Pfoten drohten, unter ihm nachzugeben, doch dann zwang er seine Muskeln, sich zu entspannen. "He, Ahornsturm!", ertönte eine von einem höhnischen Asdruck erfüllte Stimme, woraufhin sich eine hell gescheckte Kätzin mit einem herausfordernden Funkeln in den Augen ihren Weg durch die Katzen bahnte. "Wenn du bei dieser Mission stirbst, denk daran, dass du deinem Clan damit einen Gefallen getan hast. Wir brauchen hier keine Hauskätzchen!" "Denk daran, dass unsere ehemalige Anführerin mit einem Hauskätzchen verwandt war, Mäusehirn!", fauchte er, wirbelte mit den Pfoten eine den hellen Pelz der Kätzin befleckende Staubwolke auf und glitt in den wispernden Schatten des Waldes davon, der Widerhall von dem Rufen seiner Clangefährten wurde mit der Zeit vom Wispern des Windes avongetragen.

 

 

Verbannt


Beinahe lautlos glitt Ahornsturm durch die ihn bergenden Schatten der hoch in den Himmel ragenden Eichen, unter welche sich mit jedem verstreichenden Augenblick mehr Tannen zu mischen schienen, und lauschte aufmerksam durch das hin und wieder ertönende Hauchen des Windes hindurch auf jedes verdächtige Geräusch.

Die Intensität eines fremdartigen, nur selten an die Nase des jungen Kriegers gedrungenen Geruchs nahm merklich zu, woraus dieser die nunmehr geringe Entfernung zur SchattenClan-Grenze schließen konnte. Sobald sich ein Vogel aus dem dichten, das Sternenlicht am Erleuchten des Waldbodens hindernden Geäst erhob, sträubte sich unwillkürlich der dunkel getigerte Pelz des Kriegers, obgleich er sich noch auf seinem Gebiet in Sicherheit befand. "Was sollen sie mir schon antun?", murmelte er an sich selbst gewandt und schob jegliche unangenehmen Gedanken beiseite. Der SchattenClan sowie der DonnerClan hatten sich geändert. Schon oft hatte er den Ältesten bei deren Geschichten gelauscht. Löwenglut, der sich ebenfalls erst kürzlich dem SternenClan angeschlossen hatte, war oft zu den Jungen gekommen und hatte diesen Geschichten von früher erzählt. Feuerstern, der vor vielen Blattwechseln Anführer und selbst ehemaliges Hauskätzchen gewesen war, hatte stets Hauskätzchen sowie Einzelläufer bei sich aufgenommen und Kämpfe vermieden, solange es in seiner Macht stand. Graustern hingegen sowie seine Krieger verachteten jede Katze, in deren Adern nicht das Blut einer Clankatze floss, Kriegerblut, wie sie es nannten. Kriegerblut, dachte Ahornsturm, ich habe keins. Und wenn es bedeutet, sich so mäusehirnig zu verhalten, will ich auch keins.

Er würde sein Leben für das seiner Clangefährten hergeben, jene hingegen waren feige und würden wohl eine andere Katze an ihrer Stelle opfern. Vor vielen Monden war der SchattenClan als blutrünstiger Clan bekannt gewesen, nun hingegen schienen er und der DonnerClan jeweils die Rolle des anderen übernommen zu haben. Viele Einzelläufer hatten sich dem SchattenClan bereits angeschlossen, während ein jeder DonnerClan-Krieger eine fremde Katze, ob krank oder alt, sofort vertreiben würde. Ahornsturm selbst war nur aufgrund des gewaltigen Kriegermangels im Clan aufgenommen worden.

In jenen unerfreulichen Erinnerungen schweifend wäre ihm beinahe der schmale Zweibeinerweg, welcher sich durch die Bäume zog und somit die Grenze zum SchattenClan-Lager bildete, entgangen. Einen nicht lange anhaltenden Augenblick zögerte er und blickte zunächst auf seine die weiche Erde knetenden Pfoten, dann auf den gegenüberliegenden, von langen Schatten durchzogenen Tannenwald. Sein Weg führte zum SchattenClan, dem Clan, den er verraten würde, nur um sich vor seinen ihn ohnehin nicht akzeptierenden Clangefährten zu bewähren. Wie konnte er nur so weit gehen? Sicherlich wäre ein Leben als Einzelläufer angenehmer als ein Leben im DonnerClan, jedenfalls für einen Kater mit Hauskätzchenblut.

Noch ein Mal schloss er die Augen und sog die kühle, einen Hauch von Kieferngeruch mit sich tragende Luft ein und ließ sich mit einem letzten Blick zurück in eine Kauerhaltung sinken, bevor er, mit dem Bauchfell den Boden streifend, über den kiesbedeckten Weg hinüber auf die andere Seite glitt. Unwillkürlich suchte er dort sofort Deckung unter dem herabgefallenen Ast einer hochgewachsenen Kiefer und prüfte die Luft, wobei sich jedoch sein Pelz sträubte. Jener säuerliche, fremdartige Geruch war hier merklich stärker als an der Grenze, doch als er nach ausführlichem Umsehen keine Katze ausmachen konnte, ordnete er ihn als schal ein.

Von unzähligen Pfoten geschaffene Pfade, welche sich ihren Weg durch die am Boden liegenden Zweige sowie hoch in den Himmel ragenden Kiefern bahnten, mussten der direkte Weg zum SchattenClan-Lager sein, und noch immer stand der Mond hoch am Himmel, sodass sich die Krieger sicherlich in ihren Nestern zusammengerollt im Lager aufhalten würden.

Mit einem seltsamen Gefühl der Unsicherheit setzte er seinen Gang fort, nach einigen Pfotenschritten immer wieder die Luft prüfend, und mit jedem Schritt schien der SchattenClan-Geruch stärker zu werden.

Plötzlich ertönte nur wenige Pfotenschritte hinter Ahornsturm ein kaum hörbares, vom Wispern des Windes übertönt zu werden drohendes Miauen, woraufhin sich der junge Krieger sofort auf den Boden sinken ließ.

"Komm, hier lang! Dort drüben ist schon die Grenze!"

Es kostete ihn keine Mühe, das  Alter der absichtlich leise sprechenden Katzen festzustellen; sie konnten noch nicht zu Schülern ernannt worden sein, denn die leisen Pfotenschritte ließen auf ihre geringe Größe schließen. "Ich will aber zurück!", jammerte das zweite Junge, doch ehe das erste etwas antworten konnte, erhob sich Ahornsturm aus seinem Versteck und sprang auf die verängstigt zurückschreckenden Jungkatzen zu. "Hilfe!", schrie eines mit weit aufgerissenen, blauen Augen und wollte fliehen, doch ein herabgestürzter Baumstamm schnitt ihm den Weg ab. "Wohin des Weges?", fragte Ahornsturm und blickte auf die ängstlichen Katzen herab. "Ihr wollt doch nicht aus eurem Territorium fliehen, oder?", wisperte er so leise, dass ihn nur die Jungen verstehen konnten, denn es könnten jederzeit noch mehr SchattenClan-Krieger aus den schützenden Schatten hinauspringen. "N... Nein, wir...", stammelte das andere Junge, wurde jedoch von Ahornsturm unterbrochen: "Hört zu, wenn ihr mich zu eurem Lager führt, verrate ich Nebelstern nicht, was ich gehört habe." Er versuchte vergeblich, seine Stimme fest klingen zu lassen, doch auch in seinem Blick spiegelten sich seine verwirrten Gefühle wieder. Ich darf vor diesen Jungen nicht als Feigling dastehen, dachte er und wandte somit den Blick ab. "Dachtet ihr, ich wollte euch etwas antun, ihr Mäusehirne? Ich..."

Eine weitere Stimme schnitt ihm prompt das Wort ab, dieses Mal jedoch zwang Ahornsturm seine Pfoten, sich nicht zu rühren. "Harzjunges! Borkenjunges! Wo wollt ihr hin?" Die Pfotenschritte näherten sich schnell, wenig später brach eine weiße Gestalt mit besorgtem Glänzen in den Augen durch das Unterholz.

"Was macht ihr denn hier?", miaute die Kätzin mit einer unüberhörbaren Besorgnis in der Stimme und begann, den beiden Kätzchen über die Ohren zu lecken.

"Wir... also...", begannen diese und sahen plötzlich zu Ahornsturm hinüber, welcher sich schnell zu einer entschlossen wirkenden Haltung zwang. 

Die weiße Kätzin folgte dem Blick ihrer Jungen und spannte sofort die Muskeln an, als sie den jungen Krieger entdeckte. "DonnerClan!", fauchte sie und kniff die bersnteinfarbenen, vor Wut glänzenden Augen zusammen. "Du wolltest meine Jungen entführen! Dachtest du, wir wären so mäusehirnig, das nicht zu bemerken?"

"Jedenfalls wart ihr so mäusehirnig, nicht zu bemerken, wie sie sich aus dem Lager schleichen wollten, um den DonnerClan auszuspionieren", antwortete Ahornsturm und verdrehte seine blauen Augen. Gewiss sah es für die Kätzin nun so aus, als habe er die Jungen entführt, und er vermutete, dass die Katzen jenes zu ihrem eigenen Schutz auch behaupten würden. Doch zu Ahornsturms Überraschung spitzten diese mit vor Stolz geschwellter Brust die Ohren und miauten: "Das stimmt! Wir dachten, wir könnten unserem Clan helfen und den DonnerClan ausspionieren. Wir waren so unbemerkt wie echte Krieger!"

"Wie konntet ihr nur so mäusehirnig sein?!", wisperte die Kätzin und schob die kleinen Katzen hinter sich.

"Sie sind halt Jungen", warf Ahornsturm ein, um die Aufmerksamkeit der jungen Königin erneut auf sich zu lenken.

 Diese drehte sich abermals um und musterte den Kater skeptisch. "Und was machst du hier? Du weißt schon, dass das hier SchattenClan-Gebiet ist?!", fauchte sie und tat einen Schritt auf Ahornsturm zu, schreckte jedoch erneut zurück, als sie sah, dass dieser sie überragte. "Ich... bin aus der anderen Richtung gekommen und habe wohl die Grenzen übersehen."

"Aus der anderen Richtung? Wieso so weit weg vom DonnerClan?"

"Kennst du mich denn nicht mehr? Ich bin das Hauskätzchen, das von dieser Bande von zerrupften Mäusehirnen aufgenommen wurde, aber jetzt haben sie mich verbannt."

"Verbannt?", schrie die Königin auf und schien plötzlich einen Funken von Mitleid für Ahornsturm zu empfinden.

"Ja, verbannt", bestätigte dieser beiläufig, "und was wirst du jetzt tun? Mich ebenfalls verbannen kannst du ja nicht."

"Komm mit zu Nebelstern. Ich bin sicher, er wird dir helfen können."

In dem Wissen, dass der Plan gerade aufging, folgte Ahornsturm der jungen Königin und warf einen letzten Blick nach hinten, wo der Zweibeinerweg allmählich in Schatten versank.

Schneeherz


Mit gesenktem Kopf trabte Ahornsturm hinter der weißen Kätzin sowie deren Jungen her, nachdem sie das mit fremden Gerüchen überwucherte Lager erreicht hatten. "Willst du wirklich deinen Anführer wecken? Ich meine, er schläft sicher noch", murmelte er und blickte sich im von nur wenig Sternenlicht, welches kaum durch die Zweige zu dringen vermochte, erleuchteten Lager um. Das einzige, was er zu erkennen imstande war, waren die groben Silhouetten eines Baus, welcher dem Geruch nach die Kinderstube zu sein schien.

"Ich bin froh, wenn er dir helfen kann, und zwar so bald wie möglich."

"Wieso? Gehe ich dir auf die Nerven?"

Die Kätzin blickte ihn mit ihren großen, bernsteinfarbenen Augen an, in welchen sich tiefes Mitleid spiegelte. "Hat dir der DonnerClan immer dieses Gefühl gegeben?", wisperte sie kaum wahrnehmbar und legte den Kopf in den Nacken, um den sternenüberzogenen Himmel zu betrachten, woraufhin sich das silbrige Licht in ihrem Gesicht wiederspiegelte.

"Das Silbervlies", hauchte sie und wurde beinahe vom daherstreichenden Wind übertönt, "so viele Krieger blicken gerade auf uns herab. Die Mutter meiner Mutter, Bernsteinpelz, war die Schwester von dem Anführer des DonnerClans, der vor Distelstern Anführer gewesen war."

"Ziemlich verwirrend", murmelte Ahornsturm, doch die Kätzin sprach bereits weiter: "Brombeerkralle war der Zweite Anführer von Feuerstern gewesen. Feuerstern stammte ebenfalls nicht von Kriegern ab, er war als Hauskätzchen zum DonnerClan gekommen. Ich glaube, einige haben auch ihn nicht direkt akzeptiert. Jedenfalls war er ein guter Anführer, habe ich gehört. Er hat immer Hauskätzchen aufgenommen, ebenso wie Brombeerstern und Distelstern nach ihm. Ich weiß nicht, wieso sich dies so plötzlich geändert hat."

"Es liegt an Graustern, er ist einfach ein Haufen Fuchsdung. Eigentlich war Distelstern damals die einzige gewesen, die mich wirklich aufnehmen wollte, und als sie gestorben ist, hat der neue Anführer die Meinung seiner Krieger vertreten, zu meinem Pech."

"Ich bin mir sicher, dass Nebelstern dich aufnehmen wird. Ich würde es tun, wenn ich Anführer werde."

"Danke". Ahornsturm unterdrückte ein nervöses Schlucken. Diese Kätzin schien ihm bereits ihr Vertrauen geschenkt zu haben, und er würde es brechen, für einen Clan, der ihn immer wie einen Außenseiter behandelt hatte. 

"Wie heißt du eigentlich?", fragte er schließlich, um diesen Gedanken sowie sein schlechtes Gewissen in den Hintergrund zu drängen.

"Ich bin Schneeherz. Vor kurzem noch Schneepfote. Ich weiß, dieser Name passt nicht wirklich zu einer SchattenClan-Kriegerin."

"Du meinst Königin."

Schneeherz legte den Kopf schief und blickte dann auf die beiden Jungen, welche sich vor ihr balgten, herab.

"Oh, nein. Das sind die meiner älteren Schwester. Dachtest du wirklich, ich hätte bereits Junge?"

"Wer weiß...", murmelte Ahornsturm und lächelte dann verlegen. Natürlich war diese Kätzin um einiges zu jung, um eigene Junge zu haben, doch dies hatte er zuvor nicht bedacht.

"Moment!", meinte diese plötzlich mehr an sich selbst gewandt, "dich kenne ich auch! Ich weiß noch, wann ich dich zum ersten Mal gesehen habe. Das war auf meiner ersten großen Versammlung als Schülerin. Ahornjunges, richtig?"

Ahornsturm kniff die Augen zusammen und konnte ein wütendes Fauchen nur schwer unterdrücken. "Inzwischen bin ich Ahornsturm, wie man vielleicht sieht."

"Tut mir leid, Ahornsturm", miaute Schneeherz und verlieh ihren Worten einen seltsamen Ton, als mache sie sich über den jungen Krieger lustig.

"Also, willst du nun zu Nebelstern gehen? Ich würde es ja selbst tun, aber ich denke, er würde sich bei meinem Anblick ziemlich erschrecken", fuhr dieser fort, woraufhin sich die Kätzin schließlich erhob und auf die blass leuchtenden Umrisse eines weiteren Baus zulief, dicht gefolgt von Ahornsturm. Dies musste Nebelsterns Bau sein, und Ahornsturm hoffte, der Anführer würde ihn im SchattenClan aufnehmen.

Im SchattenClan

"Nebelstern?", wisperte Schneeherz und trat in den Bau des Anführers hinein, welcher in einer von Schatten verdunkelten Ecke schlief.

"Nebelstern!", wiederholte sie erneut, dieses Mal lauter, woraufhin dieser mit verstörtem Glänzen in den Augen aufschreckte.  "Was ist...", stöhnte er und erhob sich mühsam auf die Pfoten, doch als er Ahornsturm hinter der weißen Kätzin auftauchen sah, schienen jegliche Anzeichen von Erschöpfung aus seinem Gesicht zu verschwinden. "Ein DonnerClan-Krieger, hier, und das mitten in der Nacht?", miaute er und trat auf Ahornsturm zu, welcher ihm mit entschlossenem Blick in die Augen sah. 

"Das ist Ahornsturm. Ich habe ihn im Wald angetroffen", antwortete Schneeherz, ohne das Verschwinden der Jungen zu erwähnen.

"Ich bin einfach im Wald herumgeirrt und habe dann die Grenzen übersehen", verteidigte sich Ahornsturm.

 Der Ausdruck des Anführers war skeptisch, seine Stimme jedoch blieb ruhig. "Und was suchst du um diese Zeit im Wald? Du solltest in deinem Clan sein."

"Vor drei Sonnenaufgängen hat der DonnerClan mich verbannt und von nun an bin ich ein Einzelläufer. Sie... wollten keine Hauskätzchen mehr in ihrem Clan."

"Und Schneeherz glaubte, du könntest dich dem SchattenClan anschließen?"

"Sie hat mich sozusagen hierhergeschliffen!"

"Was hältst du selbst denn von dieser Idee?"

Ahornsturm zögerte und suchte nach den Anführer überzeugenden Worten. "Ich bin so gut wie immer eine Clankatze gewesen. Ein Einzelläufer zu sein wäre schlimmer."

Nebelstern und Schneeherz wechselten einen kurzen Blick, bis sich der Kater schließlich erneut an Ahornsturm wandte: "Du kannst bleiben, aber für diese Nacht bleibst du am besten hier. Die Krieger würden sich sicher erschrecken, wenn sie plötzlich einen DonnerClan-Krieger in ihrem Bau entdeckten."

"Vielen Dank, Nebelstern. Hier ist man ja eher willkommen als im DonnerClan!"

"Der DonnerClan ist ja auch ein Haufen Fuchsdung", wisperte Schneeherz, woraufhin die jungen Krieger ein leises Schnurren nicht unterdrücken konnten.

"Ahornsturm", unterbrach Nebelstern die beiden Katzen, "sollte es irgendwelche Probleme geben, lass es mich wissen. Und wenn du Probleme machst, werde ich es auch erfahren."

"Ich mache euch bestimmt keine Probleme. Vielen Dank, Nebelstern."

Was mache ich da nur?

"Also dann, ich gehe wieder zurück in meinen Bau", miaute Schneeherz und entfernte sich schließlich mit einem letzten Blick auf Ahornsturm, welcher sich von Unsicherheit erfüllt umsah. "Diese Höhle ist groß. Wenn du bis ans andere Ende gehst, findest du dort einen perfekten Schlafplatz, und morgen werden wir dann weitersehen", sprach der Anführer an den braunen Kater gewandt und deutete mit einer Schwanzgeste in die Richtung, wo sich dunkle Schatten auftaten.

 

"Ich fordere alle Katzen auf, die alt genug sind, Beute zu machen, sich zu einem Clan-Treffen zu versammeln!" Die laute Stimme des Anführers ließ Ahornsturm aufschrecken; es dauerte einige Augenblicke, bis sich der junge Krieger erinnerte, wo er sich befand und was geschehen war. Er stieß ein langes Gähnen aus und streckte sich ausgiebig, ehe er aus der kargen Höhle hinaustrat. Auf der von hohen Kiefern gesäumten Lichtung hatte sich bereits der gesamte SchattenClan eingefunden, auch einige Jungen wagten einen Blick aus der Kinderstube hinaus.

Das aufgeregte Murmeln des Clans hallte über die Lichtung und der Kater vernahm einige Male seinen Namen in der Menge. Sicher hatte Schneeherz bereits dem gesamten Clan von ihm erzählt.

Wieso tust du das, Ahornsturm? Sie vertraut dir! Und du benimmst dich wie ein elender Haufen Fuchsdung.

Ich kann mich nicht einen Krieger nennen- Ich bin ein Verräter, ein elender Feigling, aber ganz sicher kein wahrer Krieger!  

Jene unangenehmen Gedanken wurden von dem erneuten Miauen Nebelsterns unterbrochen: "Es kann sein, dass Schneeherz euch bereits mitgeteilt hat, was vorgefallen ist. Letzte Nacht hat Schneeherz, als sie zufällig auf der Suche nach den Jungen ihrer Schwester war, im Wald einen jungen Kater getroffen. Ahornsturm erzählte mir, er sei aus dem DonnerClan vertrieben worden, aufgrund seinr Herkunft." Der Anführer zögerte einen Augenblick, während seine klaren Augen zu dem braunen Krieger hinüberwanderten.

Dieser vermutete beinahe eine unangenehme Reaktion der Katzen, welche seine Hauskatzenherkunft  inzwischen ahnen konnten,  doch dann erhob sich ein aufgeregtes Murmeln, woraufhin ein hell getigerter Krieger vortrat und sprach: "Wieso hat sich der DonnerClan so verändert? Es ist nicht gerecht, eine Katze ihrer Herkunft wegen zu verurteilen!"

"Es zählt nur, ob in einer Katze das Blut eines wahren Kriegers fließt- ob sie nun von Hauskatzen abstammt oder nicht", ertönte die helle Stimme einer Kätzin, welche Ahornsturm jedoch nicht ausmachen konnte.

"Du hast es gehört, Ahornsturm", fuhr Nebelstern erneut fort und bedeutete ihm mit einem Winken des Schwanzes, zu ihm auf den kargen Stein zu kommen, "meinetwegen könntest du bei Dachsen großgeworden sein- Der SchattenClan heißt jede Katze willkommen."

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 30.12.2013

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