Ein rotgelbes Glühen durchbrach bedrohlich den aschgrauen Himmel und in beängstigter Geschwindigkeit sauste es direkt auf die Erde zu. Seine Größe schien zu wachsen, je näher es dem Boden kam und plötzlich ertönte ein ohrenbetäubender Knall. Das donnerartige Geräusch hallte bis in die kleinsten Ritzen der Felsen. Durch den Aufprall sprangen Steinbrocken und staubige Erde in verschiedenste Richtungen. Langsam legte sich die Staubwolke, als der zitternde Boden sich beruhigte und es kam ein Krater zur Vorschein. In ihm stand ein tränenförmiges Raumschiff, dessen Glühen erlosch und stattdessen glänzte die metallische Hülle blausilbern hervor. Das dunkle Brummen der Düsentriebe, die sich unter den halbmondförmigen Flügeln verbargen, verstummte. Direkt unter der schwarzen Fensterfront öffnete sich die Tür zischend wie ein Mund. Kaum berührte das Ende der Rampe den Boden, kamen aus den Inneren menschenähnliche Gestalten heraus. Die vorderste Person blieb auf dem vertrockneten Boden stehen, sterngoldene Augen schauten wachsam umher und die Kiemen an seinem Hals begannen die Luft zu filtern. Sie wurden vor der verseuchten Luft gewarnt, doch sie schien entgegen der Befürchtungen sauber zu sein. So schlossen sich die feinen Kiemen und die zwei Schlitze im Gesichtsmitte nahmen weiter die Luft auf. Die ellenlangen Fühler schwangen auf seinem Kopf träge hin und her, so nahmen sie dabei die Stimmungen der Umgebung auf. Es drohte ihnen keine Gefahr und er drehte sich zu seiner Gruppe um, Jeder kennt seine Aufgabe, lasst uns keine Zeit verlieren. Die Antworten der Gruppe plätscherten in seinem Kopf, zwei würden zurückbleiben und auf das Raumschiff aufpassen. Juruk löste sich mit einem weiteren Mitglied von der Gruppe und gemeinsam kletterten sie geschickt über das Geröll, das durch den Aufprall entstanden war. Eine kahle Landschaft erstreckte sich vor ihnen, überall schien der Boden vertrocknet und unfruchtbar zu sein, kein Lebenszeichen war zu erkennen. Ich denke nicht, dass wir Leben finden werden, Scimitar nahm eine Handvoll Erde und ließ sie zwischen den langen Fingern rieseln. Gibt nicht gleich die Hoffnung auf, sie zählen auf uns, entschlossen ging Juruk weiter. Unter seinen Stiefeln knirschten die Steine und er musste sich an die andere Schwerkraft gewöhnen. Das zusammengebundene dunkle Haar wippte an seinem Rücken zum Takt seiner Schritte und die mandelförmigen Augen begannen sich zu schärfen, sodass er in einigen Metern einen kleinen Gegenstand entdecken konnte. Es schien nicht zur Umgebung passen zu wollen und Juruk wollte dem auf den Grund gehen. Ich habe in Richtung Südosten was entdeckt, informierte er seinen Freund und daraufhin entdeckte Scimitar ebenfalls den schwarzen Gegenstand. Unter den Stiefeln leuchtete es plötzlich grünlich und die hünenhaften Männer schwebten auf einmaleinen halben Meter über den Boden. Sie begannen zu laufen und es schien, als würden sie unsichtbar Rollschuh fahren. Juruk erreichte als Erster die Stelle und seine Stiefel nahmen wieder die Schwerkraft der Erde an. Seine behandschuhte Hand zog den schwarzen Gegenstand aus dem Boden heraus und neugierig musterte er den Fund. Was ist das?, Scimitar kniete sich neben ihn und eine nachdenkliche Falte erschien auf seiner breiten Stirn. Das finden wir gleich heraus, Juruk zog den dünnen Handschuh aus. Feine Härchen waren über die kupferfarbene Haut verteilt. Mit dieser Hand berührte er den scheinbar halbzerstörten Gegenstand und die Tasthaare nahmen die Geschichten, die an dem Teil hafteten, in sich auf. „Smarrrtphone“, rollte der Name des Gerätes über die dunklen Lippen und er wandte sich zu den Anderen, es ist ein Kommunikationsgerät. Dieses Gerät wurde von den Menschen erschaffen. Das Ding muss mehr als 300 Jahre alt sein, stellte der Angesprochene fest. Nichts verschwindet auf ewig, Juruk verstauchte vorsichtig den Fund in seiner Tasche. Bist du dir da sicher? Denn ich sehe kein Leben, widersprach ihm Scimitar. Er seufzte und einen Moment lang lag eine tiefe Traurigkeit in seinen Augen, die Menschen selbst hatten ihren eigenen Planeten durch Habgier zerstört und irgendwann hatte sich die Erde gerächt. Die Zurückgebliebenen mussten ins Weltall flüchten und wurden von seiner Art aufgelesen. Jetzt lebten die Nachfahren auf seinem Planeten Florena und warteten hoffnungsvoll eines Tages wieder auf ihren Heimatplanet zurückkehren zu können. Aus diesem Grund waren Juruk und seine Gruppe hier, sie wurden als Erkunder ausgewählt und ihre Mission lautete die Lebensqualität der Erde zu überprüfen.Lasst uns weitergehen, entschied sich der Flore'aner und sie liefen nach Südosten weiter. Berge ragten in der Ferne wie Riesen in die Höhe und Scimitar entdeckte über die Spitzen einen dunklen Fleck, der sich in einem Kreis bewegte. Da hinten ist was, mit der Hand deutete er die Richtung an und Juruk folgte ihm mit dem Blick. Ja, es sieht nach einem Flugtier aus, er spürte einen Anflug von Aufregung und die Hoffnung die Mission würde ein voller Erfolg werden. Ich weiß nicht, Scimitar blieb skeptisch und um seine Worte zu unterstreichen, stampfte er einmal auf den bröckeligen Boden und Staub wirbelte auf. Erneuert seufzte Juruk, schüttelte den Kopf und aktivierte seine Stiefel auf Flugmodus. Eilig folgte ihm sein Freund, gemeinsam sausten sie durch die unnatürliche Stille und sie brauchten eine ganze Stunde bis sie endlich den Fuß des Berges erreichten. Juruk legte den Kopf in den Nacken, seine Augen suchten einen Weg nach oben. Er zog dabei die Augenbrauen zusammen bis sie das Anermal berührten. Dieses tränenförmige Mal war bei ihm mondsilbern, während Scimitars dunkelrot wie das menschliche Blut war. Scimitar stupste auf einmal seinen Arm an und deutete diesmal mit den Kinn die Richtung an, Dort! Da sind ein paar Vorsprünge, auf denen wir klettern können. Prüfend musterte Juruk die Vorsprünge, sie sahen ungefährlich aus und daher nickte er zustimmend. Nacheinander begannen sie zu klettern. Hier oben wurde es etwas kühler und der Wind pfiff leise in die spitze Ohren, die durch das plötzliche Geräusch kurz zuckten. Das Klettern war für die Beiden keine körperliche Anstrengung, ihre Körpern wurden so aufgebaut, dass sie beinahe jede Widrigkeit überbrücken konnten und somit waren ihre Überlebenschancen höher, als die eines Menschen. Versehentlich griff Juruk nach einem losen Stein, Dieser fiel in die Tiefe und die zurückgebliebene Stelle war dunkel. Neugierig tippte er auf die Stelle und schnupperte leicht daran, die Erde war feucht und wies einen leichten moderigen Geruch auf. Zwischen den Ritzen sind Moose, hörte er Scimitar leicht erstaunt sagen und er beugte sich sofort zu dem dunkelgrauen Gestein hinunter, tatsächlich wuchs in den Ritzen etwas Dunkelgrünes. Die Beiden packte die Euphorie, rauschend strömte sie durch ihre Körper und sie überwanden die letzten Kletterhindernisse mit Leichtigkeit. Bei den Sternen und Göttern, hauchte Scimitar im Gedanken Juruks ehrfürchtig.Juruks Lippen formten sich zu einem Lächeln, unter ihnen lag ein großes Tal und es lebte. Ich habe gewusst, dass die Erde nicht verloren ist, er konnte die Zufriedenheit über seine vage Vermutung nicht verbergen und dann entdeckte er den kreisenden Fleck. Es war ein Flugtier, der Wind trug seine mächtigen Flügel und sein Schnabel sah messerscharf aus, von ihm kam ein durchdringender Schrei. Es schien als wollte das Wesen sagen, dass das Tal sein Revier war. Ein Adler, erinnerte sich Juruk an die Geschichten über Lebensformen des Planeten Erde. Er sieht kleiner aus als unsere Flugtiere und auch etwas anders, stellte Scimitar fest und atmete tief ein. Juruk tat es ihm gleich, hier oben schien die Luft noch frischer zu sein und belebte seine Lungen. Aus der Tasche holte er einen kleinen Gegenstand, er sah wie eine Glasplatte aus und der Rahmen glänzte blausilbern. Er hielt die Platte so, dass er durch sie ins Tal sehen konnte und dabei berührten seine Finger nur den Rahmen. Sein Daumen kam kurz auf die Oberfläche der Glasplatte und plötzlich wurde es ganz hell. Doch das Licht verschwand so schnell, wie es gekommen war und auf der Platte war das Bild von dem Tal erschienen. Vorsichtig steckte Juruk sie zurück in seine Tasche und sein Blick blieb an den riesige Bäume haften. Ich glaube das Tal war einst ein Vulkan gewesen und scheinbar konnte durch seine Mineralien nach der Verseuchung und Naturkatastrophen hier etwas wachsen, meinte er nachdenklich. Aber wie konnten die Lebewesen es überlebt haben? Sie galten für ausgestorben, schüttelte Scimitar den Kopf, Und was ist eigentlich mit den ganzen Dreck? Juruk rieb kurz sein Kinn, wie es aussieht konnten doch ein paar Tiere überleben und sich der neue Welt anpassen. Und der Dreck ist wahrscheinlich unter der Erde verschwunden und verrottet vor sich hin, wie die Städte. Die Erdbeben, die Vulkanausbrüche, Stürme und Meeresüberschwemmungen haben kaum was von den Menschen übrig gelassen. Wir können nur hoffen, dass die Menschen von uns gelernt haben und ihre Fehler nicht wiederholen, wenn sie hier wieder ansiedeln können. Scimitar nickte ernst, die Erde hatte genug gelitten und eine zweite Zerstörung würde sie nicht mehr standhalten können, man sieht, dass die Natur nicht überall wachsen kann. Vielleicht gibt es noch andere fruchtbare Orte auf der Welt und vielleicht ist das Meer so sauber wie die Luft. Juruks Augen bekamen wieder den traurigen Ausdruck, es war für ihn unvorstellbar ein Planeten mit seiner Herrlichkeiten und Wundern selbstsüchtig zu zerstören. Die Wunden dieses Planeten waren noch tief, es würden Narben bleiben und Scimitar hatte Recht, eine zweite Zerstörung würde der Planet nicht überstehen können. Aber er wollte keine dunklen Gedanken hegen, sondern die Hoffnung neu aufblühen lassen und daher nahm er sein Kommunikationsgerät in die Hand, um mit den Anderen den Kontakt aufzunehmen. „Wir haben ein Tal mit Lebensformen entdeckt, wir haben es bereits dokumentiert und den Standort lokalisiert. Wir kehren zurück“, berichtete er. Gemeinsam brachen die zwei Flore'aner auf und kehrten auf dem gleichen Weg zu dem Raumschiff zurück. Es dämmerte, als sie ihr Flugobjekt erreichten und Juruk schaute zum düsteren Himmel hoch. Weder die Sterne, noch der Mond waren zu erkennen, dies lag an den dichten Wolken. Er vermutete, dass diese Wolken sowas wie eine Ansammlung von Schmutz waren und dass diese durch die natürliche Säuberung der Pflanzen beseitigt werden konnten, aber dafür brauchte die kahle Landschaft erstmal viele Bäume und Sträucher. Die Anderen waren ebenfalls beim Raumschiff und Nela trat auf Juruk zu, wir haben eine Probe aus der tieferen Erdschicht genommen. Die oberen Schichten sind trocken und nicht fruchtbar, jedoch zeigen sich in den unteren Schichten Mikroorganismen. Das ist ein gutes Zeichen, meinte Juruk erleichtert zu ihr. Er dachte an die Menschen auf seinem Heimatplanet, wie sehr sie sich über diese frohe Botschaft freuen würden. Das hier habe ich gefunden, es ist ein „Aufbewahrer“, sie gab ihn einen Gegenstand. Er nahm es entgegen, es war groß wie seine Handfläche und sah auf den ersten Blick wie eine unauffällige Dose aus. Die Hülle war in einem matten Grau, nur der goldene Knopf an der Seite erregte Aufmerksamkeit. Er drückte darauf. Auf der Oberfläche öffnete sich eine kleine Öffnung und ein bläulicher Lichtstrahl kam zum Vorschein. Das Licht flackerte unruhig, als hätte es eine Störung und Juruk vernahm eine fremde Melodie von diesem Gerät. Erst dann erschien in dem Licht ein bewegtes Bild in bunten Farben. Ein kleines Mädchen war zu erkennen, noch wackelig auf ihren Beinen und lachte Juruk an. „Pap', guck!“, stolz zeigte sie ein krakeliges Bild auf einem Tablet und die Szene wiederholte sich. Das Mädchen erinnerte ihn ein wenig an Emma, eine Menschenfreundin. Er beschloss ihr den „Aufbewahrer“ zu schenken, vielleicht war dieses kleine Mädchen ihre Vorfahrin gewesen. Er schaltete ihn aus und packte ihn sorgfältig in die Tasche. Kommst du? Wir wollen gleich starten, gab Scimitar ihm Bescheid und Juruk nickte. Er warf einen letzten Blick über die Schulter, sah nur das Geröll und wusste dahinter lag die kahle Landschaft. Und doch hatte sich in dieser Landschaft eine neue Terra verborgen. Er ging als Letzter in das Innere des Raumschiffes hinein und die Rampe schloss sich hinter ihm langsam zu. Die Düsentriebe begannen laut zu brummen, der Boden zitterte leicht unter ihm und lose Steine wurden herumgewirbelt. Das Raumschiff hob sich langsam ab und schwebte einige Sekunden regungslos über den Boden bis es plötzlich in hoher Geschwindigkeit zum aschgrauen Himmel flog. Es durchbrach die Erdatmosphäre und begann gelbrötlich zu glühen. Das Raumschiff wurde im Weltall immer kleiner bis es nicht mehr von den Sternen zu unterscheiden war. Die Flore'aner würden auf ihrem Planeten die gute Nachrichten bringen und für die Menschen würde es eine neue Zukunft geben. Einen Neuanfang.
Texte: Rin D.
Bildmaterialien: pixabay
Tag der Veröffentlichung: 29.12.2017
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