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Es gab einmal vor langer Zeit, nahe der Küste Australiens eine kleine Insel. Diese Insel hieß Myklophia. Dort lebten die hundertarmigen Riesen, die bösen Myklophen. Auf Myklophia gab es einen tiefen, dunklen Wald, den Myklophia-Wald. Er war der ganze Stolz der Myklophen. Deshalb bauten sie eine magische Schutzwand um die Insel. Kein Lebewesen würde jemals die Schutzwand durchbrechen, ohne von einem reißenden Strudel unter Wasser gerissen zu werden und einen schmerzhaften Tod zu erleiden. Diese magische Schutzwand, das Myklophiadreieck wurde bald bekannt in der ganzen Welt.

Als auch ein reicher König vom Myklophiadreieck erfuhr, wollte er unbedingt wissen, was sich hinter der magischen Schutzwand befand. Er schickte einen Diener, der versuchen sollte, die magische Schutzwand zu durchbrechen. Doch der Diener kam nicht wieder. Da schickte der König drei weitere Diener, die den ersten suchen sollten. Doch sie kehrten auch nicht zurück. Nun schickte der König seine letzten und besten sieben Diener los. Als diese bei der australischen Küste angelangt waren, sah man nichts als Wasser. Die Diener mieteten sich ein Boot und fuhren in Richtung Myklophiadreieck.

Doch der jüngste von ihnen blieb an Land. Er, Pharanes wollte sehen warum und wo die anderen Diener des Königs verschwunden waren. Plötzlich sah der junge Diener, wie seine Mitgefährten von einem heftigen Strudel unter Wasser gezogen wurden. Er merkte sich die Stelle, wo die anderen Diener verschwunden waren und legte sich schlafen.
In der Nacht hatte er einen seltsamen Traum:
Eine wunderschöne Prinzessin sprach zu dem jungen Diener:
„Ich heiße Rani. Ich bin auf der Insel Myklophia gefangen. Dort leben die bösen Myklophen. Du, Pharanes kannst mich aber befreien, in dem du das Myklophiadreieck durchbrichst. Es schützt nur vom Meer aus. Aber wenn du dich bei Vollmond an den Strand setzt, von den Mondstrahlen beleuchtet wirst und ganz fest auf die Stelle guckst, wo deine Mitgefährten ertrunken sind, wird ein verzaubertes Boot dich abholen und nach Myklophia bringen. Dann gehst du schnell zum Myklophia-Wald. Am Waldrand steht ein silberner Hase, der dir den Weg zu mir zeigen wird.“

Mit diesen Worten löste sich Rani in Luft auf. In der folgenden Nacht war Vollmond. Pharanes suchte sich eine mondbeschienene Stelle am Strand und starrte auf den Punkt, wo die anderen Diener verschwunden waren. Plötzlich erhob sich aus der Dunkelheit ein Boot. Es war von einem merkwürdigen blauen Licht umhüllt. Es schwebte auf Pharanes zu und hielt dicht vor ihm an. Er bestieg das Boot und sie erhoben sich in die Lüfte. Als sie über der Stelle schwebten, wo Pharanes’ Mitgefährten verschwunden waren, tauchte plötzlich die riesige Insel Myklophia auf. Dort setzte das Boot Pharanes ab, bevor es wieder im Boden versank. Ohne auf die möglichen Gefahren zu achten, ging Pharanes zum Waldrand. Plötzlich versperrten ihm zwei große Bäume den Weg. Er fiel vor Schreck hin, als er nach oben sah, und in das Gesicht eines Riesen guckte. Der Riese hob Pharanes mit einem seiner hundert Armen auf und betrachtete ihn misstrauisch.
„Du bist ein komisches Wesen“, stellte der Riese fest.
„Verrate mir, was du für ein Lebewesen bist.“
Pharanes antwortete: „Ich bin ein Mensch.“
„Also hast du das Myklophiadreieck durchbrochen?“ fragte der Mykloph erschrocken.
„Ja!“ antwortete Pharanes stolz.
Der Riese viel mit einem lauten Donnern ohnmächtig um. Pharanes nutzte die Gelegenheit und sprang vom Körper des Riesen. Dann lief er schnell zum Waldrand. Dort wartete der silberne Hase schon auf ihn.
„Da bist du ja endlich!“ rief er Pharanes zu. „Ich habe schon auf dich gewartet. Folge mir einfach.“
Und der Hase hüpfte Pharanes voraus in den Wald. Im Wald war nur spärliches Licht. Man musste sich ans-trengen, um überhaupt etwas zu sehen.
„Darf ich meine Taschenlampe anmachen?“ fragte Pharanes den Hasen, der darauf antwortete:
„Tu ’s lieber nicht, aber wenn du sie unbedingt anmachen willst, dann bitte!“
Und so holte Pharanes seine Taschenlampe aus der Hosentasche und schaltete sie an, was ihm einen furcht-erregenden Anblick bot:
Die Bäume waren aus Knochen, die Blätter aus Haaren und die kleinen Bäche aus Blut. Überall wimmelte es von Schlangen, Skorpionen, Giftspinnen und anderen gefährlichen Tieren. Schnell schaltete er die Taschen-lampe wieder aus. Unbehaglich folgte Pharanes dem silbernen Hasen. Plötzlich kamen sie an eine Lichtung. Der Hase hob eine kleine Kristallkugel auf, die von einem merkwürdigen grünen Rauch umhüllt war.
„Da drin ist Prinzessin Rani gefangen. Aber nur ein Mensch kann diese Kugel öffnen.“ sagte der silberne Hase.
„Um sie zu öffnen, musst du die Kugel in einem bestimmten Winkel an die Mittagssonne halten, so dass sich die Kugel erwärmt. Dann ist die Prinzessin erlöst und die bösen Myklophen werden vernichtet.“
Der Hase und Pharanes machten sich mit der Kugel auf den Rückweg. Als sie an den Waldrand kamen, schien ihnen die Mittagssonne entgegen. Sie kletterten auf einen kleinen Felsen und warteten dort, bis die Sonne ihren höchsten Punkt erreicht hatte. Dann stellte sich Pharanes hin und hielt in einer Hand die Kristall-kugel empor. Er suchte den richtigen Winkel zwischen der Kugel und der Sonne, bis der grüne Rauch, mit dem die Kugel umhüllt war, errötete und ein heller Strahl in den Himmel schoss und ihn erstrahlen ließ. Es kam dichter Nebel, der alle zu betäuben schien. Und endlich öffnete sich langsam die kleine Kristallkugel und es schien sich jemand daraus zu winden – bis plötzlich Prinzessin Rani vor Pharanes und dem silbernen Hasen stand. Sie fiel ihnen um den Hals.
Die Insel verwandelte sich aber in ein weißes Märchenschloss, die Myklophen wurden zu den Türmen des Schlosses und die Knochen des Myklophia-Waldes bekamen wieder ihren Körper zurück.
Bald darauf feierten Prinzessin Rani und Pharanes in dem Märchenschloss Hochzeit.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann feiern sie noch heute.

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Tag der Veröffentlichung: 07.03.2009

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