Mit einer leichten Neugier beobachtete ich, wie die Menschen in das Haus gegenüber immer mehr Kisten trugen. Dort zog gerade eine Familie neu ein. Mutter, Vater, zwei Kinder und die Haustiere. Ich hatte die beiden Tiere nur kurz gesehen, aber ich war mir sicher, dass es eine junge Katze und ein junger Hund gewesen war. Kurz räkelte ich mich zu meiner vollen Länge, bevor ich dann von der Fensterbank sprang und nach draußen ging, um unsere neuen Nachbarn zu begrüßen. Das Mädchen der Familie sah mich zu erst auf das Haus zukommen und rief, anscheinend völlig begeistert.
„Mami, Mami sieh nur. Was für einen süße Mieze. Ihr Fell ist ganz schwarz und ihre Augen scheinen grün zu leuchten!“
Ich ignorierte ihr Geschrei einfach und geradewegs in den hinten gelegenen Garten. Dort traf ich die beiden Vierbeiner der Familie bei spielen. Die beiden waren eben noch sehr jung. Ich setze mich ins Gras und beobachtete die beiden Spielenden etwas. Nach einer Weile schienen sie mich bemerkt zu haben, denn sie stellen ihr toben ein. Mit einem leichten Zögern kamen sie auf mich zu. Die junge Katze hatte ein grau-getigertes Fell und ihre Augen waren fast so blau wie der Himmel. Vom Hund konnte ich sogar die Rasse bestimmen. Es war ein Goldenretriever mit kurzem gold-gelben Fell und dunkelbraun Augen. Mit neugierigen Blicken blieben die beiden neuen Bewohner des Hause vor mir stehen. Der Goldenretriever beugte sich etwas vor und schnüffelte an mir. Ich ließ ihn machen, denn ich war das schon gewohnt.
„Wer bist du denn?“, fragte das junge Kätzchen.
„Spielst du mit uns?“, wollte der Welpe wissen und wedelte aufgeregt mit seinem Schwanz.
„Mein Name ist Maya. Ich lebe in dem Haus auf der anderen Straßenseite. Ich bin eigentlich nicht gekommen, um mit euch zu spielen. Eigentlich wollte ich euch nur in unserer Straße willkommen heißen. Und nun sagt mir auch eure Namen.“, antwortete ich und sah die beiden an.
Der Welpe stellte das Schwanzwedeln ein und senkte etwas den Kopf. Er war wohl traurig, dass ich nicht spielen wollte.
„Ich bin Tiger. Und mein großer Freund hier heißt Fly,“ sagte mir das Kätzchen.
Ich nickte kurz.
„Es freut mich euch kennen zu lernen und vielleicht kann ich doch noch etwas mit euch spielen“, sprach ich, da ich den traurigen Blick des kleinen Hundes nicht ertragen konnte.
Dieser bellte sofort fröhlich und wedelte wieder mit dem Schwanz. Was konnte es auch schaden, etwas mit den beiden zu spielen. Wir hatten eine Weile zusammen gespielt, als der Junge der Familie in den Garten kam und nach Fly rief. Dieser rannte auch gleich zu dem Jungen hin und sprang ihn an. Ich musste zugeben, das Fly ein doch recht schöner Name war für einen Hund und um einiges einfallsreicher als der Name Tiger. Meinen Namen mochte ich auch sehr gerne. Maya klang sehr schon, besonders wenn Mrs. Maysen, meine Besitzerin, ihn aussprach. Sie war eine ältere Dame, bei der ich schon seit ich denken konnte lebte. Sie hatte mir einiges beigebracht, was andere Katzen nicht konnten und worauf ich auch recht stolz war.
„Ich sollte langsam zurück nach Hause gehen. Ich bekomme gleich mein Futter“, sagte ich zu Tiger, der sich als ein Katerchen rausgestellt hatte.
„Du musst wirklich schon gehen?“, fragte er mich und er klang etwas traurig.
„Ja ich muss. Aber ich wohne doch direkt gegenüber, also kann ich morgen wieder kommen“, sagte ich noch und verschwand dann aus dem Garten. Zuhause wartete bereits Mrs. Maysen auf mich. In meine hellblau Futterschüssel hatte sie mein Lieblingsfutter gefüllt und ich aß es genüsslich auf.
Als ich am nächsten Morgen meinen allmorgendlichen Spaziergang durch unser kleines Dorf machte, witterte ich etwas seltsames. Ich konnte es nicht direkt einordnen. Doch als der Geruch immer stärker wurde, wusste ich was ich gewittert hatte. Es war Blut gewesen. Vor meinen Pfoten lag O´Malley. Er war der Säufer in unserem Ort und war nur selten nüchtern. Nun war er nüchtern und tot. Am Kopf hatte er eine große Platzwunde. Wahrscheinlich war er daran gestorben. Aus reiner Neugier schnüffelte ich etwas an ihm. Er roch irgendwie sehr seltsam. Nicht wie sonst nach Alkohol, sondern viel mehr nach Mandel. Irgendwo hatte ich doch mal etwas darüber gehört, wenn ein Mensch so roch. Doch meine Gedanken wurden durch einen lauten Schrei unterbrochen. Ich wandte meinen Kopf in die Richtung und sah eine junge Joggerin, die völlig verängstig auf O´Malley starrte. Hier zu bleiben machte jetzt keinen Sinn mehr. Bald würden eine Menge Menschen kommen und dann konnte man nicht mehr in Ruhe nachdenken. Ich machte mich also wieder auf den Heimweg. Währenddessen dachte ich nach, wie der alte O´Malley ums Leben gekommen war. Ich musste mich daran erinnern, wo ich das mit dem Mandelgeruch gehört hatte. Vielleicht war er in einer der Krimis vorgekommen, die Mrs. Maysen mir immer vorgelesen hatte. Ich würde sobald ich zu hause war nach sehen, denn im Gegensatz zu anderen Katzen konnte ich lesen. Das Buch hatte ich zum Glück schnell gefunden und auch die Seite mit den Mandelgeruch.
Zyankali, las ich und wusste nicht so recht, was das war.
Ich wusste aber, dass es tödlich war und eben jenen Mandelgeruch hervorrief. O´Malleys Tod war sicher kein Unfall, was ich zu erst angenommen hatte. Menschen nahmen Zyankali sicher nicht freiwillig zu sich. Ich wollte wissen, was passiert war. Plötzlich hörte ich von draußen laute Rufe.
„Maya!“
Ich sprang auf die Fensterbank und blickte hinaus auf die Straße. Vor dem Haus saßen Tiger und Fly.
„Maya komm raus!“, rief Fly.
Mit einem leisen seufzen sprang ich wieder hinunter und ging nach draußen zu den beiden.
„Was gibt es denn?“, wollte ich wissen.
Um mit den beiden zu spielen, hatte ich jetzt wirklich keine Zeit. Schließlich hatte ich einen Fall zu lösen. So wie die Detektive aus den Büchern von Mrs. Maysen.
„Die Mutter von Lara und Tom hat den beiden verboten heute draußen spielen zugehen und hat zu dem Vater ganz leise etwas von einem Toten gesagt“, sagte Tiger ganz aufgeregt.
Lara und Tom hießen die beiden Kinder also.
„So was spricht sich immer besonders schnell rum“, murmelte ich vor mich hin.
„Dann stimmt es also“, meinte Fly und wedelte wild mit seinem Schwanz hin und her.
„Das ist nichts für Kinder“, sagte ich ernst und sah die beiden an.
„Wir sind keine Kinder mehr“, protestierte der getigerte Kater.
„Genau. Wir sind fast erwachsen“, stimmte der Goldenretriever zu.
Ich verdrehte etwas die Augen. Die beiden würden mich jetzt sicher nicht mehr in Ruhe lassen. Egal auch. Ich musste jetzt endlich mit den Ermittlungen beginnen.
Tag der Veröffentlichung: 05.04.2010
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