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Mörder?
© 2012 K. S. F.
Kurzgeschichte 
Er starrte in den Lauf der Waffe, die direkt auf ihn gerichtet war. Die Mauer dahinter verschwamm, weil er sich so sehr auf die Pistole konzentrierte. Ihm wurde schon schwindelig, weshalb er seinen Blick wieder auf den grauen Beton richtete. Er wusste, dass er nun sterben würde. Diese kalte, trostlose Kellerwand würde das Letzte sein, was er von der Welt sähe. Er schloss die Augen. Dachte noch einmal über sein Leben nach. Und dann ertönte der alles beendende Knall.
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Sie erwachten wegen eines kurzen, aber gewaltigen Schlags. Eine von ihnen schaltete augenblicklich das Licht an, die Blicke beider wanderten erst zur Tür, dann zur Uhr. Es war Punkt Mitternacht. Sie schauten einander in die Augen, Angst stand in den Gesichtern geschrieben. „Was war das?“, fragte die eine im Flüsterton. Die andere antwortete heiser: „Ich weiß nicht.“. Die Stimmen zitterten und waren trotz der trügerischen Stille nach dem Krach kaum hörbar. „Es kam, glaub ich, aus dem Keller“. „Hat sich fast…“, die eine schluckte, „wie ein Schuss angehört.“, vollendete ihr Zwilling die Vermutung. Sie standen fast gleichzeitig auf und tasteten nervös nach der Hand der anderen. „Sollen wir nachgucken?“ Die Antwort war ein Nicken. Sie drückten sich beruhigend die Hände, dann schritten sie leise, aber entschlossen auf die Tür zu. Zögernd drückte die eine die Klinke. Bedacht, um ja kein Geräusch zu machen, tappten sie die Treppe hinunter. Eine zeigte wortlos auf das Telefon. Stumm willigte die andere ein. Sie wählten die Nummer der Polizei.
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Der Polizist presste sich dicht an einen Betonpfeiler, der einzigen verbleibenden Barriere. Die kugelsichere Weste war unangenehm eng, das kalte Metall des Revolvers rutschte ihm fast durch die schweißnassen Finger. Er legte den Kopf in den Nacken, spürte sofort den hohen Kragen der Uniform und – auch durch die Kappe – fühlte er die harte Kälte der schützenden Säule. Der Beamte lugte kurz um die Ecke, zog den Kopf aber in Erwartung eines Schusses sofort wieder zurück. Er blickte zu seinem Einsatzleiter und sah ihm entschlossen in die Augen. Der Kommissar nickte. Der Polizist riss die Waffe hoch und stürzte blitzschnell hinter dem Pfosten hervor.
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Sie war allein. Durch ein kleines, fast blindes Oberlicht drang Mondlicht. Der Saum ihres Kleides war schmutzig geworden. Vor einer, vielleicht zwei Minuten war ein lauter Knall ertönt, bei dem sie sich unwillkürlich in die Schatten zurückgezogen hatte. Dort kauerte sie nun und wartete auf das, was unweigerlich geschehen musste. Sie zitterte. Kurz darauf, oder nach einer halben Ewigkeit, sie wusste es nicht, hörte sie das Geräusch eines näherkommenden Autos. Eine Tür ging auf, oder zumindest glaubte sie das, denn nur ganz kurz war ein Lichtstrahl zu sehen und ein leises Quietschen zu hören, so kurz, dass sie nicht mal sicher war, ob es wirklich passiert war. Dann wirbelte hinter einer Säule eine Gestalt hervor und kam auf sie zu. In der Hand hielt die Silhouette…eine Pistole.
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Er kippte nach links um. Die Muskeln seiner Hand, die die Waffe umklammert hatten, lockerten sich. Er fiel zu Boden, mit schrecklicher Endgültigkeit. Das Aufschlagen der Pistole nahm er schon nicht mehr war.
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Das Telefon war tot. Zitternd stellte die Eine den Hörer wieder in die Ladestation. Sie klammerten sich aneinander und stiegen dann leise die Treppe zu dem Keller hinunter, den sie sich mit den anderen Familien in diesem Haus teilten. Gemeinsam stießen sie die schwere, unverschlossene Türe auf.
Ein buntes Spruchband hing von der Decke quer im Raum, alles war voller Luftballons und als die Zwillinge die Köpfe hereinsteckten, wurde der Keller von einem „Happy-Birthday“- Chor erfüllt.
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Der Polizist sprang hinter ein Auto und schoss auf den dunklen Schatten, der den Verdächtigen darstellte. Die Kugel durchschnitt die Brust der Plastikfigur. Der Übungsleiter kam angelaufen, als der Polizist sich gerade aufrichtete. „Gut gemacht“, sagte der Kommissar und klopfte dem Schützen auf die Schulter.
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Die Gestalt richtete die Waffe auf sie und drückte ab. Quietschend riss sie sich die Hände vors Gesicht und lachte. Der Wasserstrahl durchnässte ihre ein wenig zerzauste Frisur. Sie kicherte und streckte, nachdem ihr Angreifer aufgehört hatte, sie nass zu spritzen, die Hände aus und ihr frisch angetrauter Ehemann zog sie mit Schwung hoch. Sie umarmte ihn glücklich und die beiden kehrten zu ihrer Hochzeitsfeier zurück.

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Tag der Veröffentlichung: 03.04.2012

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