Die drei Geister der Schmallenberger Weihnacht
Jakob Mayer war tot, dies stand unüberwunden fest und die Trauergemeinde war sich ebenso darüber klar wie sein langjähriger Geschäftspartner Edwin Schrappe. Bei eiskaltem Wind und starkem Schneefall stand Edwin mit einem kleinen Tröpfchen Menschen, die er nicht kannte, am reich geschmückten Grab und warf einen Büschel ärmlicher Butterblumen auf den Sarg.
Er verabschiedete sich ohne Worte von der Beerdigung und widmete sich noch am gleichen Tag wieder seinen Geschäften. Zurück im Kontor seines Handelshauses, beheimatet in der Oststrrasse seines beschaulichen Heimatortes Schmallenberg, begrüßte er seinen einzigen Angestellten.
“Guten Abend Herr Rickert. Sie haben die Heizung hochgedreht? Was fällt Ihnen ein. Drehen Sie sie sofort herunter. Gibt ja Decken oder ziehen Sie sich ihren Wintermantel an.”, sprach er garstig und setzte sich hinter seinen in die Jahre gekommenen Schreibtisch.
“Tut mir leid um den guten alten Herr Mayer, er hat einen so frühen Tod nicht verdient”, bedauerte Benjamin Rickert, der als Einkäufer und Buchhalter für den unliebsamen Schrappe arbeitete.
“Was? Arbeiten Sie lieber, sonst muss ich Ihnen den Lohn um die Zeit kürzen die Sie für sinnlose Trauerwünsche verplempern. Los an die Arbeit!!”, schaute Schrappe von seinem Auftragsbuch auf und seinen treuen Mitarbeiter eiskalt an. Die Geschichte seines Lebens hatte ihn hart werden lassen, obwohl er alles besaß, was sich ein Mensch nur wünschen kann. Er verfügte über ein großes Vermögen und bewohnte eine schmucke Villa in bester Lage am Waldrand oberhalb Schmallenbergs.
Seine Mitmenschen begegnete er mit Misstrauen und ließ die Freuden des Lebens an sich vorbeiziehen. Die Jahre vergingen nach Jakob Mayers Tod und sein Name auf dem Firmenschild des Handelshauses verschwand Buchstabe um Buchstabe mit der Zeit.
Eines Tages, es war ein Tag vor Heiligabend, widmete sich Edwin Schrappe wie jeden Tag seiner Arbeit und Rickert befasste sich mit dem Jahresabschluss. Im Kontor war es bitterkalt, er bibberte am ganzen Leib und begab sich zum Holzkohleofen, den der geizige Schrappe gegen die kostspielige Elektroheizung ausgetauscht hatte. Er holte ein paar Kohlen aus dem Jutesack neben dem Ofen, als er ein Räuspern vernahm.
“Stochern reicht, mein Gott. Sie verschwenden Geld!”, polterte Schrappe, der wie immer in seinem geliebten schwarzen Mantel und seiner grauen Mütze hinter seinem alten Schreibtisch saß. Seine Lesebrille rückte er zurecht und las dann in seinem Auftragsbuch weiter.
“Sieben Jahre ist es her, dass Jakob Mayer starb. Doch sein Name ist noch immer auf dem Schild draußen zu sehen”, bemerkte Rickert.
“Die Zeit wird seinen Namen vom Schild tilgen. Warum Geld investieren, wenn diese Arbeit durch Wind und Wetter kostenlos erledigt wird?!”, erwiderte er knapp und schaute seinen treuen Angestellten an.
“Ist noch was? Ach ja, morgen ist doch dieses Fest und Sie wollen frei haben, nicht?!”, fragte er Rickert bohrend, der von seinem Bilanzbuch aufschaute und die Frage mit einem leichten Nicken bejahte.
“Ja, morgen ist Heiligabend und den möchte ich gerne mit meiner Familie verbringen”, sprach er mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Der Geizhals legte seinen teuren Füllfederhalter zur Seite und faltete seine Hände zu einer Raute.
“So so, ich soll Ihnen wie jedes Jahr für diesen Unfug frei geben. Normal müsste ich Ihnen dafür 50 DM vom Lohn abziehen aber da Sie schon lange für mich arbeiten nehme ich Abstand davon. Dafür sind Sie aber morgen pünktlich um 7 Uhr
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Andreas Krämer
Bildmaterialien: Andreas Krämer
Tag der Veröffentlichung: 21.12.2013
ISBN: 978-3-7368-2406-5
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