Träumte mal wieder
Gedankenverloren saß Hanna einige Zeit auf dem Fensterbrett und schaute in den Nachthimmel, ihre Gedanken kreisten. Als sie vor wenigen Tagen erfuhr, dass ihr heißgeliebter Großvater für immer die Augen geschlossen hatte, lief sie wie in einem Märchen schusselig herum. Sie kam einfach nicht damit zurecht und die Krise der heutigen Zeit, hatte es nicht erlaubt, dass sie sich von ihrem Großvater verabschieden konnte. „Er war doch noch gar nicht so alt“, kam es ihr in den Sinn und „Warum er? Weshalb musste er dieses elendige Zeug bekommen? Konnte er nicht stattdessen in einen der Körbe mit Hundehaare fallen, die Oma oft vergaß wegzuräumen, wenn sie die Hunde in ihrem Hundesalon geschorren hatte?“
Niemand gab ihr eine Antwort, so starrte sie aus dem Fenster, die Uhr auf dem nahen Kirchturm zeigte fast halb Drei Uhr an. Sie fühlte sich zwar etwas müde, aber ihre Gedanken ließen sie nicht zur Ruhe kommen. Ihr Blick blieb an einem besonders hellen Stern hängen, es kam ihr vor, als würde sein Geist ihr zuwinken. Ihr Magen knurrte und sie griff wie automatisch in die kleine Schale mit Erdbeeren, welche sie sich heute Nachmittag auf dem Markt durch einen Zufall kaufte. In dem Moment als sie die Erdbeere in den Mund schob, stieg eine Erinnerung in ihr hoch. Seinerzeit musste sie etwa 5 Jahre alt gewesen sein. Hanne befand sich mit ihrem Großvater auf einer kleinen Wanderung und fühlte sich wie in einem Wunderland, wenn sie gemeinsam etwas unternommen hatten. Am Rande einer Lichtung nahe eines kleinem Bachs entdeckte sie viele kleine rote Beeren und wollte von ihm wissen, was das sei.
„Das sind Walderdbeeren, die wachsen an vielen Stellen im Wald.“ „Darf man die essen?“, wollte sie wissen. „Sicher kann man die Beeren essen, wir machen uns ein Schälchen voll und nehmen sie der Großmutter mit. Zu Pudding schmecken die Erdbeeren besonders lecker. Was hältst du davon?“ „Ja“, rief Hanna begeistert.
Sie sah sich in dem Moment, wie sie sich beim Füllen des Schälchens trotzallem viele Beeren in den Mund schob und sah den Großvater liebevoll ihr zulächeln. Auf dem Heimweg, als sie den Wald verlassen hatten, nahm er sie auf seine Schultern und trug sie ein gutes Stückchen des Weges, danach spielte er noch Engelein flieg mit ihr.
Mit einem Lächeln auf den Lippen lehnte sie ihren Kopf an die Glasscheibe und fiel in einen leichten Schlummer.
Bildmaterialien: Manuela Schauten
Tag der Veröffentlichung: 08.06.2021
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