Wie jedes Jahr machte sich der Weihnachtsmann nach seinem Urlaub im Herbst auf, um seine Elfen in einem kleinen Dorf zu besuchen. Dieses kleine Dorf lag in unmittelbarer Nähe ihrer Werkstätten, in denen sie das Spielzeug für die Kinder herstellten.
Der Weihnachtsmann wunderte sich, dass er überhaupt keine Elfen auf der Straße, noch in ihren Gärten sah, obwohl es ein wunderschöner Herbsttag mit blauem Himmel und angenehmen Temperaturen war. So betrat er das Gemeinschaftshaus, in dem verschiedene Feste und einfach so sich versammelt wurde. Ein lautes Stimmengewirr schallte aus dem großen Saal, das überhaupt nicht fröhlich klang, sodass dem Weihnachtsmann Angst und Bange wurde.
Mit einem Schwung öffnete er die große Schwingtüre und trat ein. Die Elfen bemerkten sein Eintreten nicht, denn sie waren so sehr in ihren Diskussionen gefangen. Sogar seinen fröhlichen Gruß „Hallo meine lieben Elfen, seid mir ganz herzlich gegrüßt!“ nahmen sie nicht wahr, stattdessen diskutierten sie lauthals weiter. „Gib dem Fortschritt endlich eine Chance“ - „Welchen Fortschritt, sie drieften in den Treibsand ab!“ „Du fantasierst, Treibsand!“
Ein giftiges Lachen erscholl. „Elfe, lass endlich den Einheitsbrei, den will keiner mehr!“ „Doch, du …“ „Nein guck dich doch an, 16. Jahrhundert, du Langohr.“ „Ich bin kein Langohr, du bist gemein!“
Kein Wunder, dass dem Weihnachtsmann Angst und Bange wurde, jedes Jahr freute er sich sehr, nach seinem Urlaub den ersten besonderen Kakao und leckere Kekse von den Elfen vorgesetzt zu bekommen. Voller Wehmut dachte er an die vergangene Zeit. "Doch so kann es nicht weitergehen", dachte er und entschlossen wiederholte er seinen Gruß „Hallo liebe Elfen!“. Dieses Mal aber wesentlich lauter, sodass die Elfen zusammenzuckten und ihn seltsam anstarrten. Nur aus der linken hinteren Ecke hörte er noch leise entrüstete Worte „Was bin ich, du Langohr?!“, doch es gab keine Antwort.
„Was gibt es zu erzählen und welche Pläne habt ihr für das kommende Fest?“ fragte der Weihnachtsmann nun in einen höflichen Ton.
Antonius, einer der jüngeren Elfen hatte sich am schnellsten gefangen und antwortete: „Viele Wunschzettel sind noch nicht eingegangen, doch das kann auch an der Pandemie, welche die Menschen plagt, liegen. Doch eins ist uns bereits aufgefallen, die Kinder wünschen sich elektronisches Spielzeug, unser liebevoll vorgefertigtes Holzspielzeug findet kaum Anklang.“
„Der Fortschritt ist halt nicht aufzuhalten!“, ergänzte Alberto, einer der jüngeren Elfen, dabei grinste er Antonius frech an.
„Das ist die Chance!“, rief Hansito, um seinen Freund Alberto den Rücken zu stärken. Doch bevor der Weihnachtsmann antworten konnte, kam Viktor mit einem riesigen Tablettwagen hinein. Auf dem Tablettwagen stand ein riesiger Kessel und eine große Schüssel mit duftenden Keksen.
Alle nahmen den herrlichen Duft wahr und beeilten sich an dem großen schweren Tisch zu kommen und setzten sich auf den auf beiden Seiten des Tisches gepolsterten Bänke. Der Weihnachtsmann wartete einen Moment, bis sich die herumwirbelnden Elfen gesetzt hatten, erst dann nahm er auf den Hocker Platz, der am Kopfende stand.Die Elfen und auch der Weihnachtsmann griffen bei den Plätzchen zu, es wurde lauthals geschmatzt und alle genossen den ersten Weihnachtskakao, der eine ganz besondere Mischung besaß. Dicht gedrängt und ohne Abstand saßen die Elfen beieinander, schwatzten plötzlich fröhlich, lachten und wurden wieder zu einer besonderen Einheit, die der Weihnachtsmann so mochte, seine helfenden Elfen.
Wenige Minuten später ergriff der Weihnachtsmann das Wort, fragte nochmals, was es denn so Neues nach dem letzten Weihnachtsfest, im Frühjahr und dem Sommer ereignete. Klausius, der Elfe erzählte, dass unendlich Menschen von einem Virus befallen wurden, der sich rasend schnell über die ganze Erde ausgebreitet habe. Unbelehrbar seien trotz der Gefahr viele Menschen und dieses bis zum heutigen Tag. Sie demonstrieren, spielen diese Pandemie herunter, obwohl sehr viele Menschen, auch ganz viele kleine Kinder durch den Virus und seinen Folgen ihr Leben verloren. Eine Vorsehung zu dem Virus, welches Ausmaß er hat, gab es ja leider nicht, doch zum Glück sind die meisten Menschen einsichtig, auch wenn ihre sogenannte Freiheit ein wenig eingeschränkt wird und das zum Wohl der Allgemeinheit.
„Aber etwas Gutes hat dieser Virus, der diese Pandemie ausgelöst hat, doch gebracht“, warf plötzlich Hansius ein. „Was hat es denn gebracht?“, wollte nun der Weihnachtsmann wissen.
„Den Kindern, die sich im letzten Jahr wünschten, dass ihre Eltern mehr Zeit mit ihnen verbringen, hat sich erfüllt“, antwortete Hansius mit einem breiten Lächeln.
„Witz, viele der Kinder wurden doch einfach vor dem Fernseher gesetzt, damit die Eltern, die im Homeoffice arbeiteten, ihre Ruhe hatten. Statt sie mit Bauklötzen, Lego oder anderem kreativen Spielzeug zu beschäftigen“, warf nun Christopferius ein.
Wieder begann eine Diskussion über das für und wider über das Spielzeug. Zum Schluss einigte man sich, dass man für die kleinen Kinder Bauklötze, Pferdewagen, Puzzle sowie Bilderbücher, dagegen für die älteren Kinder neben dem Elektronischen ebenfalls Puzzle, Bücher und Experimentierkästen herstellte.
„Gibt es noch Etwas, das wir besprechen sollten“, wollte nach einiger Zeit der Weihnachtsmann wissen, der inzwischen bereits seinen dritten Becher Kakao geleert hatte. Die Elfen schauten sich an, ihnen fiel so gar nichts richtig ein, da fragte der Weihnachtsmann:
„Sagt mal, als ich heute in den Saal eingetreten bin, da gab kleinere bis größere Wortgefechte, die mir so gar nicht gefielen und erinnerten mich eigentlich an die Menschen und dass sicher nicht nur bei den Kleinen.“
Der Weihnachtsmann machte eine kleine Pause, da aber niemand etwas sagte, sprach er weiter: „Wie bei den Menschen, ich dachte, ihr wärt schon darüber hinweg.“
Wiederum Stille und die Elfen schauten sich betroffen an.
„Eigentlich müssten wir es ja besser wissen, dass wir nicht das machen, was zum Beispiel in vielen Schulen bei den Menschenkindern passiert. Ich glaube ich werde es an dem Beispiel von Kevin erklären“, meinte Schlauius, der sofort verstanden hatte, worauf der Weihnachtsmann hinauswollte.
„Kevin kommt aus einer ärmlichen Familie, natürlich ist seine Kleidung nicht die Neuste, sondern er muss die Kleider seiner älteren Brüder auftragen. Deshalb wurde er oft gehänselt, man nannte ihn Lumpensack und niemand wollte sich neben ihm setzen oder gar in den Pausen mit ihm spielen. Da er auch nicht unbedingt der Schlauste war, wurde er auch wegen seiner Fehler veräppelt. Man grenzte ihn aus. Kevin war sehr traurig, sodass er sich immer mehr von ihnen entfernte und eines Tages sah man ihn gar nicht mehr.“
„Wieso sah man ihn denn nicht mehr?“, wollte nun Gebius wissen.
„Kevin hat es nicht überwunden und hat sich etwas angetan.“
Eine bedrückende Stille herrschte eine Zeitlang im Saal, da meinte der Weihnachtsmann:
„Kevin besucht inzwischen eine andere Schule, zum Glück hat er dort Freunde gefunden. - Aber es fängt immer mit den Kleinigkeiten an, sei es, wie ich es hörte, mit Langohr!“
Texte: Schnief
Bildmaterialien: Manuela Schauten
Cover: Manuela Schauten
Tag der Veröffentlichung: 08.10.2020
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