Ein Sonntag im Juni hatte schon mal wundervoll begonnen. Auf diesen Tag hatte ich mlch schon seit einiger Zeit gefreut, denn die Einlösung meines Geburtstagsgeschenks stand an.
Kurz nach 13 Uhr sollte sich ich mich bei meiner Tochter in ihrer Studentenwohnung in Köln einfinden. Da ich aus Erfahrung wusste, dass ungefähr zehn Minuten vor jeder vollen Stunde die Bahnen fuhren, machte ich mich frühzeitig auf den Weg. Der Tag war inzwischen schon recht warm geworden und während der kurzen Autofahrt zum Bahnhof, dachte ich : „Hoffentlich funktioniert die Klimaanlage in der Bahn.“
Ohne Schwierigkeiten fand ich einen geeigneten Parkplatz, sodass bei meiner Rückkehr der Wagen im Schatten stand.
„Huch, da habe ich ja noch genug Zeit“ dachte ich, als ich gemütlich schlenderte. Ich stand noch auf der anderen Straßenseite, als ich das Einfahren eines Zuges bemerkte und mein Blick glitt zu den Bahnsteigen.
„Whats that! Die ist doch viel zu früh“, ging mir durch den Kopf.
Schnell blickte ich nach rechts, damit mich nicht gerade ein ankommender Bus überrollt und sputete über die Straße. Im Anschluss stolperte ich die Stufen im Eiltempo hinauf und erreichte noch den Zug. Vor einigen Türen hatte sich eine Menschentraube gebildet, die alle hinein wollten. Ich lief einen Waggon weiter, drückte auf den Öffnungsknopf der Tür. Zwar fand ich dort auch keinen Sitzplatz und nahm daher mit der Treppe vorlieb. Zum Glück, niemand wollte in der Fahrtzeit aussteigen, doch in Köln Süd stiegen viele Leute mit mir aus.
Da noch viel Zeit war, nahm ich den Ausgang zur Zülpicher Straße und schlenderte den kurzen Weg rund um die Fakultät zum Studentenwohnheim.. Nachdem ich auf den Klingelknopf gedrückt hatte und auf den Summerton wartete, fiel mein Blick auf ein Schild, den wohl die Nachbarschaft angebracht hatte. Unwillkürlich musste ich breit grinsen.
Liebe Studierenden,
wir können ja verstehen,
wenn ihr feiern möchtet,
gerade an den Wochenenden,
denkt doch bitte auch an unsere Nachtruhe.
Lasst das Grölen und
bittet auch eure Gäste,
nicht lärmend durch die Straßen zu ziehen.
Eure dankbaren Senioren von gegenüber.
Nix tat sich, also drückte ich nochmals auf den Klingelknopf und diesmal kam der Summer. In Ruhe stieg ich die Stufen in den 2. Stock hinauf. An der Wohnungstür erwartete mich Louis, einer der vier Mitbewohner.
„Stephi ist nicht da, doch komm herein. Meine Eltern sind gerade da, wir hängen Gardinen auf.“
„Ja macht mal, ich mach es mir auf dem Balkon bequem, sie wird sicher gleich kommen.“
Auf dem Balkon schrieb ich Stephi eine Whats App.
„Mama, ich dachte, du kommst um Zwei., schrieb sie zurück.
„Witzbold, wir sind um eins verabredet gewesen.“
„Bin in 20 Minuten da, nimm dir was zu trinken, rechter Kühlschrank unten.“
Da es sehr warm war, ging ich in die Küche und durchforstete den Kühlschrank. Schließlich fand ich Maracujasaft.
Keine zwanzig Minuten später erschien Stephi mit Sebi im Schlepptau.
Nach der Begrüßung meinte Steff: „Wir haben noch nichts gegessen und ich muss mir noch den Kopf waschen.“
Während Stephi sich den Kopf wusch, machte sich Sebi am Herd zu schaffen, dabei unterhielten wir uns.
Im Eiltempo futterten die Beiden anschließend noch was, sie boten mir zwar etwas an, aber ich lehnte dankend ab, weil ich gerade mit meinem Mann gebruncht hatte.
Um Zwanzig nach Zwei machten Stephi und ich uns auf den Weg zur Straßenbahnhaltestelle. Während der Fahrt erhielt ich von Steff eine kleine private Erklärung, an welcher Kirche wir vorbeifuhren, bis wir schließlich am Heumarkt ausstiegen. Die kurze Strecke bummelten wir gemütlich zum Rheinau Hafen, denn dort erwartete mich das versprochene Geburtstagsgeschenk.
Nachdem wir das Hotel betreten hatten, überlegten wir, ob wir an der Rezeption nachfragen, doch da stieß Stephi mich schon an und meinte, „Dort drüben, da ist es.“
Gemeinsam betraten wir einen riesengroßen Raum, den man für das Event ein wenig abgeteilt hatte. Sofort wurden wir von der Künstlerin sehr nett empfangen. Während Stephi die Formalitäten erledigte, nahm ich die Räumlichkeit in Augenschein.
Die bodentiefen Fenster zeigten in Richtung Hafen und zum Glück waren diese jetzt auf der Schattenseite, dass die Sonnenhitze nicht den Raum aufheizte, dies beruhigte mich gewaltig.
Im vorderen Bereich waren an vier Tischgruppen für je sechs Personen kleine Staffeleien samt Keilrahmen und Pinsel eingedeckt und auf den Stühlen lagen gefaltet schwarze Schürzen. In nördlicher Richtung waren eine Leinwand und davor ein Projektor aufgestellt.
Sofort suchten wir uns Plätze, damit uns das Licht von hinten erreichte.
Alle, die sich zum Event angemeldet hatten, erschienen pünktlich und die Künstlerin begrüßte sie alle sehr freundlich. Schnell lockerte sich die Anspannung, hier und dort vernahm man ein freundliches Lachen.
Alle packten die noch verschweißten Leinwände aus und ein netter junger Mann mit einem Dreitagebart sammelte den Müll in einer großen schwarzen Mülltüte, während die Künstlerin an den Projektor trat.
Sie erklärte einiges über den Bildaufbau und forderte alle auf, wie auf dem erscheinenden Bild auf der Leinwand das Bild einzuteilen.
Dazu war bereits auf einem Pappteller ein wenig gelbe und weiße Farbe. Hanne mischte weiß und ganz wenig gelb, die meisten teilten ihr Bild mit dicken gelben Strichen, einer Senkrechten, die das Bild in zwei Teile teilt und zwei Waagerechten etwas unterhalb der horizentralen Mittelinie.
Nun sollten alle den Hintergrund malen, sprich den Himmel und das Wasser. Alle legten los, ein Ansturm auf die bereitgestellten Farben setzte ein, sodass Hanne dieses Treiben belustigt verfolgte, wie sich die meisten ihre Pappteller mit den verschiedensten Farben füllten. Nachdem sich der Hauptschwung wieder vor ihre Staffelei gesetzt hatten, holten sich Stephi und ich etwas Farbe, während die Künstlerin den Teilnehmer erklärte wie sie den Himmel gestalten sollten. Stephi drehte sich dabei des Öfteren um, weil sie ja sehen wollte, wie die Künstlerin es den Anwesenden mit wenigen Strichen zeigte.
Ich dagegen legte mir das kleine eingeschweißte Bild neben meine Staffelei und legte einfach auf meine Art los.
„Mama“, hörte ich plötzlich, denn ich war in meiner Arbeit versunken, „Kannst du nicht mal das machen,was die da vorne erzählt?“
„Wieso?“, fragte ich ganz verdattert, inzwischen hatte ich den Himmel und das Wasser im Vordergrund gemalt und widmete mich gerade dem Horizont.
„Wir sind doch hier, um was zu lernen!“, konterte sie.
„Was willst du denn? Ich hab doch nur das gemacht, was sie erzählte, ich arbeite halt gerne nass in nass“, versuchte ich mich zu verteidigen, legte aber den Pinsel zur Seite, nachdem ich ihn im Wasser ausgedrückt und anschließend mit Zewa abgetrocknet hatte.
Die Künstlerin ging durch die Reihen und half so einigen mit Tipps oder hielt das ein oder andere Bild hoch, damit die unterschiedlich entstandenen Himmelsformen besser zu sehen waren.
Hanne griff wieder zum Pinsel, denn sie wollte die harten Kanten an den Übergängen des Himmels kaschieren und das Licht hineinbringen, bevor die Farben getrocknet waren. Um Tiefe ins Bild zu bekommen verdunkelte sie das Wasser im Vordergrund und brachte dort auch die Reflektion des Himmels hinein.
So mancher der Teilnehmer ging durch die Reihen, um sich neue Farbe zu holen, als eine Dame plötzlich hinter Stephi und mir zum Stehen kam.
„Der Himmel gefällt mir und das Wasser! Wie haben Sie das gemacht?“
Ich drehte mich zu der Dame um, doch brauchte ich nichts erklären, das übernahm in diesem Moment die Künstlerin und zeigte das Bild in die Runde. Ich wäre am liebsten im Boden versunken, doch Stephi lachte ihr fröhlich ins Gesicht.
Nach ein paar Minuten meinte die Künstlerin, man soll bitte eine fünfzehnminütige Pause einlegen, damit die Farben trocknen können, so wäre es viel einfacher die Seerosen aufzubringen.
Stephi und ich gingen hinaus auf die Terrasse, um ein wenig Luft zu schnappen. An einem kleinen Tisch saß bereits die Dame, die von meinem Bild beziehungsweise dem Himmel begeistert war. Sofort kamen wir ins Gespräch und erzählten uns, woher wir kamen - und stellten fest, dass wir beide dieses Event zum Geburtstag erhalten hatten.
Wie rasch fünfzehn Minuten beim Erzählen vorbei gingen, merkten wir, als ich von Stephi angestupst wurde und meinte, "Es geht weiter“. Wir standen alle Drei auf und gingen hinein.
Kaum dass wir wieder auf unseren Stühlen sassen, erklärte die Künstlerin, dass man besser eine ungerade Zahl von Seerosen einbringen solle.Im Vordergrund eine größere Seerose und nach hinten sollten diese kleiner werden.
Alle machten sich ans Werk, wiederum half die Künstlerin mit Tipps.
Und nach einiger Zeit meinte die, dass zum Schluss doch ein Gruppenfoto gemacht sollte.
Ihr Gehilfe machte einige Aufnahmen mit den verschiedensten Handys, damit jeder ein Foto mitnehmen konnte.
Foto
Die Künstlerin Lisa Düwel, links, und einige Teilnehmer des Artnight Event "Seerosen".
Danach packten alle ihre Sachen und bedankten sich herzlich bei ihr für ihre Tipps und freuten sich auf ein weiteres Event mit ihr.
Stephi und ich machten uns auf den Rückweg, Sie schaute in der Bahn-App nach, wann eine Bahn mich wieder nach Hause bringen könnte. Da musste irgendwas passiert sein, denn die Bahnen, die längst durch sein müssten, hatten Verspätung.
So gingen wir beide nochmals gemeinsam in die Studentenwohnung und tranken in Ruhe ein Gläschen. Nach einiger Zeit machten wir uns zum Bahnhof auf, doch trotz allem mussten wir noch fast eine Dreiviertelstunde auf die richtige Bahn warten. Endlich lief die Bahn ein, Stephi und ich drückten uns.
„Mama“, schreib wenn du zu Hause bist.“
„Ja, mache ich und nochmals ganz lieben Dank für das tolle Geschenk, ich hatte sehr viel Spaß und es hat mir super gefallen.“
Natürlich war der Zug brechend voll, aber ich schaffte es hinein.
PS.
Zum eingefügten Bild:
Aus Gründen des Datenschutzes sind die Gesichter unkenntlich gemacht!
Und aus meiner persönlichen Sicht, ist jedes einzelne Werk von den Teilnehmern ein superschönes Bild
Texte: Schnief
Bildmaterialien: Manuela Schauten
Cover: Manuela Schauten
Tag der Veröffentlichung: 07.07.2019
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