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Das Geschenk

Ein Sonntag  hatte wundervoll begonnen. Auf diesen Tag  freute Hanne sich schon seit einiger Zeit, denn die Einlösung ihres Geburtstagsgeschenks stand an.

Kurz nach 13 Uhr wollte sie sich bei ihrer Tochter in deren Studentenwohnung in Köln einfinden. Da Hanne aus Erfahrung wusste, dass ungefähr  Zehn Minuten vor zur vollen Stunde die Bahnen fuhren, machte sie frühzeitig auf.

Der Tag war inzwischen schon recht warm geworden, während der kurzen Autofahrt zum Bahnhof, dachte Hanne: „Hoffentlich funktioniert die Klimaanlage in der Bahn.“

Ohne Schwierigkeiten fand sie einen geeigneten Parkplatz, sodass bei ihrer Rückkehr der Wagen im Schatten stand.

„Huch, da habe ich ja noch genug Zeit“ dabei steckte sie sich beim Gehen eine Zigarette an. Hanne stand noch auf der anderen Straßenseite, als sie das Einfahren eines Zuges bemerkte und ihr Blick glitt zu den Bahnsteigen.

„Whats that! Die ist doch viel zu früh“, ging ihr durch den Kopf.

Schnell blickte Hanne nach rechts, damit sie nicht gerade von einem ankommenden Bus überrollt werden konnte, sputete über die Straße und schmiss kurzerhand die Kippe in den Gully. Im Anschluss stolperte sie die Stufen im Eiltempo hinauf und erreichte noch dem Zug. Vor einigen Türen hatte sich eine Menschentraube gebildet, die alle hinein wollten. Hanne lief einen Waggon weiter, drückte auf den Öffnungsknopf  der Tür. Zwar fand sie dort auch keinen Sitzplatz und  nahm daher  mit der Treppe vorlieb. Hanne hatte Glück, niemand wollte in der Fahrtzeit aussteigen, doch in Köln Süd stiegen viele Leute mit ihr aus.

Hanne nahm den Ausgang zur Zülpicher Straße und machte sich erneut eine Zigarette an, schlenderte den kurzen Weg rund um die Fakultät, bevor sie am Studentenwohnheim angelangte. Nachdem sie geklingelt hatte und auf den Summerton wartete, fiel ihr Blick auf ein Schild, den wohl die Nachbarschaft angebracht hatte. Unwillkürlich musste sie grinsen.

 

Liebe Studierenden,

wir können ja verstehen,

wenn ihr feiern möchtet,

gerade an den Wochenenden,

doch bitte denk auch an unsere Nachtruhe.

Lasst das Grölen und

bittet auch eure Gäste

nicht lärmend durch die Straßen zu ziehen.

Eure dankbaren Senioren von gegenüber.

 

Nix tat sich, also drückte Hanne nochmals auf den Klingelknopf und diesmal kam der Summer. In Ruhe stieg sie die Stufen ins 2. Stock hinauf. An der Wohnungstür wartete Louis, einer der vier Mitbewohner.

„Steff ist nicht da, doch komm herein. Meine Eltern sind gerade da, wir hängen Gardinen auf.“

„Ja macht mal, ich mach es mir auf dem Balkon bequem, sie wird sicher gleich kommen.“

Auf dem Balkon schrieb Hanne Steff eine Whats App.

„Mama, ich dachte, du kommst um Zwei.“, schrieb sie zurück.

„Witzbold, wir sind um eins verabredet gewesen.“

„Bin in 20 Minuten da, nimm dir was zu trinken, rechter Kühlschrank unten.“

Da es sehr warm war, ging Hanne in die Küche und durchforstete den Kühlschrank. Schließlich fand sie Maracujasaft.

 

Keine zwanzig Minuten später erschien Steff mit Sebi im Schlepptau.

Nach der Begrüßung meinte Steff: „Wir haben noch nichts gegessen und ich muss mir noch den Kopf waschen.“

Während Steff sich den Kopf wusch, machte sich Sebi am Herd zu schaffen, dabei unterhielten sich Hanne und Sebi.

Im Eiltempo futterten die Beiden anschließend, sie boten Hanne zwar etwas an, aber sie lehnte dankend ab, weil sie gerade mit ihrem Mann gebruncht hatte.

Um Zwanzig nach Zwei machten sich Hanne und Steff auf den Weg zur Straßenbahnhaltestelle. Während der Fahrt erhielt Hanne von Steff eine kleine private Erklärung, an welcher Kirche sie vorbeifuhren, bis sie schließlich am Heumarkt ausstiegen. Die kurze Strecke bummelten sie gemütlich zum Rheinau Hafen, denn dort erwartete sie das versprochene Geburtstagsgeschenk.

 

Nachdem sie das Hotel betreten hatten, überlegten sie, ob sie an der Rezeption nachfragen sollten,

doch da stieß Steff schon Hanne an und meinte, „Dort drüben, da ist es.“

Gemeinsam betraten sie einen riesengroßen Raum, den man für das Event ein wenig abgeteilt hatte. Sofort wurden sie von der Künstlerin sehr nett empfangen. Während Steff die Formalitäten erledigte, nahm Hanne die Räumlichkeit in Augenschein. Die bodentiefen Fenster zeigten in Richtung Hafen und zum Glück waren diese jetzt auf der Schattenseite, dass die Sonnenhitze nicht den Raum aufheizte, dies beruhigte Hanne gewaltig.

Im vorderen Bereich waren an vier Tischgruppen für je sechs Personen kleine Staffeleien samt Keilrahmen und Pinsel eingedeckt und auf den Stühlen lagen gefaltet schwarze Schürzen. In nördlicher Richtung waren eine Leinwand und davor ein Projektor aufgestellt.

Sofort suchten sich Steff und Hanne Plätze, damit sie das Licht von hinten erreichte.

Alle, die zum Event sich angemeldet hatten, erschienen pünktlich und die Künstlerin, begrüßte sie alle sehr freundlich. Schnell lockerte sich die Anspannung, hier und dort vernahm man ein freundliches Lachen.

 

Alle packten die noch verschweißten Leinwände aus und ein netter junger Mann mit einem Dreitagebart sammelte den Müll in einer großen schwarzen Mülltüte, während die Künstlerin an den Projektor trat.

Sie erklärte einiges über den Bildaufbau und forderte alle auf, wie auf dem erscheinenden Bild auf der Leinwand das Bild einzuteilen. Dazu war bereits auf einem Pappteller ein wenig gelbe und weiße Farbe. Hanne mischte weiß und ganz wenig gelb, die meisten teilten ihr Bild mit dicken gelben Strichen, einer Senkrechten, die das Bild in zwei Teile teilt und zwei Wagerechten etwas unterhalb der horizentalen Mittelinie.

Nun sollten alle den Hintergrund malen, sprich den Himmel und das Wasser. Alle legten los, ein Ansturm auf die bereitgestellten Farben setzte ein, sodass Hanne sich dieses Treiben belustigt verfolgte, wie sich die meisten ihre Pappteller mit den verschiedensten Farben füllten. Nachdem sich der Hauptschwung wieder vor ihre Staffelei gesetzt hatten, holten sich Steff und Hanne etwas Farbe, während die Künstlerin den Teilnehmer erklärte wie sie Himmel gestalten sollten. Steff drehte sich dabei des Öfteren um, weil sie ja sehen wollte, wie die Künstlerin es den Anwesenden mit wenigen Strichen zeigte.

Hanne dagegen legte sich das kleine eingeschweißte Bild neben ihrer Staffelei und legte einfach auf ihrer Art los.

„Mama“, hörte Hanne plötzlich, die in ihrer Arbeit versunken war, „Kannst du nicht mal das machen,was die da vorne erzählt?“

„Wieso?“, fragte Hanne ganz verdattert, die inzwischen den Himmel und das Wasser im Vordergrund gemalt und sich den Horizont angenommen hatte.

„Wir sind doch hier, um was zu lernen!“, konterte sie.

„Was willst du denn? Ich hab doch nur das gemacht, was sie erzählte, ich arbeite halt gerne nass in nass“, versuchte sich Hanne zu verteidigen, legte aber den Pinsel zur Seite, nachdem sie ihm im Wasser ausgedrückt und anschließend mit Zewa abgetrocknet hatte.

Die Künstlerin ging durch die Reihen und half so einigen mit Tipps oder zeigte das ein oder andere Bild hoch, damit die verschieden entstandenen Himmelarten sich zeigten. Hanne griff wieder zum Pinsel, denn sie wollte die harten Kanten an den Übergängen des Himmels kaschieren und das Licht hineinbringen, bevor die Farben getrocknet waren. Um Tiefe ins Bild zu bekommen verdunkelte sie das Wasser im Vordergrund und brachte dort auch die Reflektion des Himmels hinein.

So mancher der Teilnehmer ging durch die Reihen, um sich neue Farbe zu holen, als eine Dame plötzlich hinter den beiden Steff und Hanne zum Stehen kam. „Der Himmel gefällt mir und das Wasser! Wie haben Sie das gemacht?“ Hanne drehte sich zu der Dame um, doch sie brauchte nichts erklären, das übernahm in diesem Moment die Künstlerin und zeigte das Bild in die Runde. Hanne wäre am liebsten im Boden versunken, doch Steff lachte ihr fröhlich ins Gesicht.

 

Nach ein paar Minuten meinte die Künstlerin, man soll bitte eine fünfzehnminütige Pause einlegen, damit die Farben trocknen können, so wäre es viel einfacher die Seerosen aufzubringen.

Hanne ging mit Steff hinaus auf die Terrasse, um ein wenig Luft zu schnappen. An einem kleinen Tisch saß bereits die Dame, die von Hannes Bild beziehungsweise dem Himmel begeistert gewesen war. Die beiden Frauen kamen sofort ins Gespräch. Und erzählten sich, woher sie kamen, nicht nur das, beide hatten dieses Event zum Geburtstag erhalten. Steff rückte ein wenig ab und verdrehte die Augen, da beide sich eine Zigarette anzündeten. Hanne konnte in ihren Augen lesen, ich will aber nicht nach Qualm stinken. Wie rasch fünfzehn Minuten beim Erzählen vorbei gingen, merkten sie, als Hanne von Steff an gestupst wurde und meinte, „ es geht weiter“. Sie standen alle Drei auf und gingen hinein.

 

Kaum dass sie wieder auf ihren Stühlen sassen, erklärte die Künstlerin, dass man besser eine ungerade Zahl von Seerosen einbringen solle.Im Vordergrund eine größere Seerose und nach hinten  sollten diese kleiner werden.

Alle machten sich ans Werk, wiederum  half die Künstlerin mit Tipps.

Und nach einiger Zeit meinte die, dass zum Schluss doch ein Gruppenfoto gemacht sollte.

Ihr Gehilfe machte einige Aufnahmen mit den verschiedensten Handys, damit jeder ein Foto mitnehmen konnte.

 

Danach packten alle ihre Sachen und bedankten sich herzlich bei ihr für ihre Tipps und freuten sich auf ein weiteres Event mit ihr.

 

Steff und Hanne machten sich auf den Rückweg, Steff schaute in der Bahn-App nach, wann eine Bahn Hanne wieder nach Hause bringen könnte. Da musste irgendwas passiert sein, den die Bahnen, die längst durch sein müssten, hatten Verspätung.

So gingen beide nochmals gemeinsam in die Studentenwohnung und tranken in Ruhe ein Gläschen. Nach einiger Zeit machten sie sich auf zum Bahnhof, doch trotzallem mussten sie noch fast eine Dreiviertelstunde auf die richtige Bahn warten. Endlich lief die Bahn ein, Hanne und Steff drückten sich.

„Mama“, schreib wenn du zu Hause bist.“

„Ja mache ich und nochmals ganz lieben Dank für das tolle Geschenk, ich hatte sehr viel Spaß und es hat mir super gefallen.“

Natürlich war der Zug brechend voll, aber Hanne schaffte es hinein.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

Texte: Schnief
Bildmaterialien: eigene Aufnahmen
Cover: Selbstgemalte Acrylbild, Originalgrösse 30 x 30 cm
Tag der Veröffentlichung: 05.06.2019

Alle Rechte vorbehalten

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